Jens Scheer
Jens Scheer (*30.05.1935-†18.07.1994) war Professor für Atomphysik an der Universität Bremen. Nach seinem Studium in Hamburg und Heidelberg habilitierte Scheer in Berlin, wodurch er die Lehrberechtigung in Bremen erhielt. Er zog 1971 nach Bremen und beteiligte sich schon in ihren Anfangsjahren am Aufbau der Universität. Außerdem engagierte sich Scheer in der Anti-Atomkraft-Bewegung, war viele Jahre Mitglied des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“ (SDS) und war Teil der „Roten Zelle Physik“, die 1971 in den Kommunistischen Studentenverband (KSV) aufging.
Berufsverbot
Das Berufsverbot für Jens Scheer ist einer der bekanntesten Fälle an der Universität. Scheer war jahrelang vom Radikalenerlass betroffen: Bereits am 23.10.1973 wurde das erste Disziplinarverfahren gegen ihn veranlasst. Ihm wurde vorgeworfen, sich an der Störung einer Veranstaltung des RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten) durch Studierende beteiligt zu haben (Gräfing 2012: 105). In den kommenden Jahren folgten weitere Ermittlungsverfahren. Dabei wurde ihm etwa vorgeworfen, für die KPD einzutreten (30.09.1974) und in Gröpelingen plakatiert zu haben (21.05.1973). Diese Vorwürfe, so hieß es, seien nicht mit seiner Beamtenpflicht vereinbar. (Gräfing 2012:105).
Exemplarisch zeige ich die Reaktionen verschiedener Hochschulgruppen der Universität Bremen aus dem Jahr 1975, die sich sowohl mit Jens Scheer solidarisierten, als auch Kritik an ihm und seinen Aktionen ausübten.
KSV: Kommunistischer Studentenverband
„Weg mit der Suspendierung des kommunistischen Kernphysikers Prof. Scheer – solche Wissenschaftler braucht das Volk!“
Die KSV solidarisierte sich mit Scheer und warf dem MSB Spartakus und der KPD vor, dass sie eine “Verleumdungskampagne” gegen Jens Scheer organisiert haben. Denn sie wollten Professor Scheer nicht mehr an der Universität haben. Der KSV betonte jedoch, dass besonders die Klima- und Anti-Atomkraft-Bewegungen Jens Scheer bräuchten. Sie sagten auch, dass Jens Scheer viel internationale Unterstützung wie von “People against the Atom”, „Stiftung über Kernenergie und Strahlengefahr“, Nobelpreisträger Alfven und viele weitere Gruppen und Personen bekomme. Es ging dem KSV nicht nur um Scheer, sondern um alle kommunistischen Arbeiter*innen die auf Grund ihrer politischen Einstellung vom Verfassungsschutz beobachtet und suspendiert wurden.
KSB: Kommunistischer Studentenbund
„keine Entlassung von Jens Scheer! Senat hat Suspendierung Scheers beschlossen“
Die KSB solidarisierte sich mit Jens Scheer, trotzt “schwerwiegenden” politischen Differenzen. Doch dem KSB war klar, dass der Senat mit den Maßnahmen gegen Scheer wie auch Mützelburg das gleiche Ziel verfolgte: “Die Kritik und der Aufruf zum Widerstand gegen die staatliche Schikane soll von den Hochschulen verbannt werden“. Sie forderten einen endgültigen Schluss des Radikalenerlasses.
DKP: Deutsche Kommunistische Partei
„Die Verantwortung für die Suspendierung haben einzig und allein J. Scheer und seine maoistischen Provokateure zu tragen“
Die DKP schrieb, dass die KSV und Jens Scheer viele provokative Aktionen an der Universität durchgeführt haben. Dazu zählte sowohl das Überkleben und Kaputtschlagen von Schildern der SPD und DKP, als auch das Schreien von Parolen wie “Raus mit der neuen Hitlerjugend aus der Uni. Raus mit SHB und MSB aus dem ASTA”. Die DKP schrieb über die KSV, dass sie nichts mit dem Kommunismus zu tun hätten, weil der “echte” Kommunismus die demokratischen Rechte des Grundgesetzes aktiv verteidigen müsse. Zu Jens Scheer äußerte sich die DKP, dass Scheer selber ein Berufsverbot für Mitglieder der DKP forderte und deshalb jeglichen Anspruch auf Solidarität der DKP verloren hat.
Literatur:
Gräfing, Birte (2012): Tradition Reform. Die Universität Bremen 1971 – 2001. Bremen: Donat Verlag.