Spurensuche – Politische Kämpfe um das Bremer Modell

von | Mai 31, 2021

 Das Bremer Modell

Nur wenig erinnert noch an die wilde Anfangszeit in den 1970er-Jahren, wenn wir von heute auf die Bremer Universität schauen, an die revolutionären Konzepte von Lehren und Lernen und an die von Gleichheit getragene Form des wissbegierigen Miteinanders. Allein der staubige Name ‚Bremer Modell‘ taucht noch ab und zu auf vergilbten Flugblättern in irgendwelchen Archiven auf.

In dieser Ausstellung wollen wir – ein Team aus Uni-Angehörigen – euch das Versprechen und die Hoffnung, die sich mit diesem Modell verbanden, ebenso näher bringen wie die Geschichte seiner Entkernung – und nicht zuletzt geht es auch darum, die Anschlussmöglichkeiten, die das Bremer Modell heute noch bietet, greifbar zu machen!

Eine Universität mitten in der Gesellschaft, die Wissenschaft für die Gesellschaft betreibt und sie kritisch begleitet. Eine Universität, die die disziplinäre Vereinzelung überwindet zugunsten eines fächerübergreifenden, gemeinschaftlich verantworteten Projektstudiums. Und nicht zuletzt eine Universität, die sich – in einer Art Vorgriff auf die angestrebte egalitäre Gesellschaft – auf die (meist rote) Fahne schreibt, dass sich die Menschen in ihr auf Augenhöhe begegnen sollten. Das war die Idee des Bremer Modells.

Nach einer etwas längeren Vorgeschichte wurde die Bremer Uni 1971 gegründet. Auch inspiriert vom Geist der 1968er war sie ein Gegenentwurf zur in Deutschland dominierenden Ordinarienuniversität, in der im Wesentlichen die Professoren (und ganz wenige Professorinnen) und der Staat das Sagen hatten. Das zeigte sich vor allem im Ansinnen, dass das Lernen und Leben an der Universität als kooperativer Prozess zwischen Gleichberechtigten verstanden werden sollte. In der Lehre sollten durch das gemeinsame Arbeiten in Projekten Hierarchien ebenso aufgebrochen werden wie in der Selbstverwaltung durch die sogenannte Drittelparität (paritätische Beteiligung von wissenschaftlichem Personal, nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und Studierenden).

Auch nach außen, in die Bremer Stadtgesellschaft hinein, sollten Hierarchien abgebaut und Klassenunterschiede überwunden werden. Deswegen kam es etwa zu Veränderungen der Zulassungsbedingungen und zur Zusammenarbeit mit der Bremer Arbeiterkammer. Kaum überraschend entwickelte die Bremer Universität eine große Anziehungskraft für progressive Menschen aus ganz Deutschland.

Zugleich wurde das Projekt zum Feindbild der bürgerlichen Presse, allen voran der FAZ, die sich auf die sogenannte ‘rote Kaderschmiede’ einschoss. Stand die SPD-dominierte Bremer Landespolitik anfangs noch hinter dem Reformprojekt, zeigten die konstanten Angriffe letztlich doch Wirkung. Unter Rückgriff auf den sogenannten Radikalenerlass von 1972 wurden “linksextreme” Lehrende und andere Mitarbeiter*innen auf Distanz zur Uni gehalten. Zugleich versuchte man, einige der hochschulpolitischen Entscheidungen zurückzudrehen. Besonders einschneidend war 1976 die (auch von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit verursachte) Beendigung der Drittelparität, obwohl diese von den Beteiligten allgemein sehr positiv bewertet wurde.

Diese Ausstellung versucht, die Kämpfe um den Aufbau und Erhalt des Bremer Modells nachzuzeichnen. Dabei blickt sie aus verschiedenen Perspektiven auf die unterschiedlichen Widrigkeiten und Herausforderungen, die dem Bremer Modell gegenüber standen. Wir hoffen, dass wir euch mit dieser Ausstellung mit in die damalige Zeit nehmen können, euch zum Nachdenken, Hinterfragen und vielleicht auch ein wenig zum Schmunzeln anregen können und ihr mit uns gemeinsam einen Blick in die Zukunft der Universitäten wagen wollt, denn unter dem Pflaster liegt der Sandstrand – damals wie heute.

Wegweiser

Das Bremer was?

Was genau hat es mit dem Bremer Modell auf sich, was macht es aus und wie ist es entstanden?

Wo und worum wurde gekämpft?

Von Beginn an war das Bremer Modell nicht unumstritten. Aber war an den politischen Kämpfen um die Universität beteiligt un in welchen Arenen wurden sie ausgetragen?

Perspektiven

Wie kann man das Bremer Modell einordnen? Interviews, Kunst, Perspektiven – um welche Ideale ging es?

Reaktionen aus der Presse

Die sogenannte “rote Kaderschmiede” – oder was die bürgerliche Presse so schrieb.

Das Projekt Spurensuche

Die digitale Ausstellung ist im Rahmen des Projekts „Spurensuche“ entstanden. Wer dahinter steckt und was es damit auf sich hat, erfahrt ihr hier.

Zum Glossar

K-Gruppen oder Statusgruppe? Hier gehts zum Glossar!

Dieses Projekt wird unterstützt durch die Universität Bremen im Rahmen des Projektfonds „50 Jahre Universität Bremen“.

*Digitale Ausstellungsführung - Montag 14.06.2021 - 18 Uhr*

Damit die Ausstellung auch in Zeiten von Corona greifbarer und lebendiger wird, werden wir am Montag, den 14.06.2021 um 18 Uhr eine digitale Ausstellungsführung über Zoom machen, die ihr über folgenden Link erreicht: 
Meeting-ID: 811 658 4195
Kenncode: AEJZG3