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RV14: Abschlussreflexion

  1. Benennen Sie die für Sie zentralsten (mindestens zwei verschiedene) theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich als besonders prägnant mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret sowohl Bezug auf:
    • die unterschiedlichen, fachdidaktischen Aspekte und übertragen Sie diese in der Ringvorlesung gewonnenen Erkenntnisse auf die Didaktiken der von Ihnen studierten Fächer. Beziehen Sie sich hierbei auch auf didaktische Erkenntnisse mindestens eines Fachs, das Sie nicht selbst studieren.
    • generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht.

Bitte benennen Sie für diesen Aufgabenteil dabei konkret mindestens zwei relevante Literaturquellen (Autor*innen, Jahr, Titel).

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Die Ringvorlesung über den Umgang mit Heterogenität bietet eine Vielzahl von Unterthemen, die die unterschiedlichen Aspekte der Lehrtätigkeit hervorheben. Die Themen „Empirische Forschung zu Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht: Felder und Maßnahmen“ sowie „Gendersensible Pädagogik“ möchte ich nachfolgend besonders hervorheben, da sie für mich besonders prägnante theoretische und fachdidaktische Erkenntnisse aufzeigten.

Der Vortrag von Dr. Christoph Kulgemeyer hat viele Erkenntnisse über die Leistungsheterogenität von Schüler*innen vermittelt. Diese Erkenntnisse sind für die Lehrtätigkeit wichtig, denn aus fachdidaktischer Sicht müssen Lehrkräfte in der Lage sein, durch Differenzierungen sowie individualisierten Unterricht mit der Leistungsheterogenität von Schüler*innen umzugehen. Denn „das fachliche Lernen wird durch viele sehr individuell ausgeprägte Eigenschaften beeinflusst, vor allem in den drei Bereichen Kognition (Wissen), Affektion (Emotionen) und Metakognition (Lernstrategien)“ (Dr. Christoph Kulgemeyer, 2014).

Obwohl der Vortrag sich auf Physikdidaktik bezieht, ist das vermittelte Wissen für alle unterrichteten Fächer relevant. Zum Beispiel vermittelt die Vorlesung, dass die vier bekannten Lerntypen von Vester (1975) (auditorisch, optisch, haptisch, theoretisch) nicht bewiesen werden können. Es gibt keine Beweise für ihre Existenz oder ihre Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler*innen (Looß, 2001; Pashler, McDaniel, Rohrer & Bjork, 2009). Deshalb hebt der Vortrag das Multimedia-Prinzip hervor, welches das Sprechen und Demonstrieren im Unterricht effektiv kombiniert. Die Differenzierung des Lernmateriales nach diesen Lerntypen ist für Schüler*innen also nicht sinnvoll. Weiterhin unterstreicht Dr. Kulgemeyer die Wichtigkeit der Tiefenstrukturen eines Unterrichts, wo durch klare Instruktionen, kognitive Aktivierung sowie konstruktive Unterstützung eine gute Lernumgebung für Schüler*innen geschaffen werden kann. „Viele Metastudien sehen „direkte Instruktion“ als für fachliches Lernen erfolgreichste Unterrichtskonzeption.“ (Hattie, 2005; Bohl et al., 2012).

Ferner bietet die Vorlesung über „Heterogenitätskategorie Geschlecht/Gender in Schule“ erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse, die m.E. für das Lehrer*innenhandeln besonders wichtig sind. Da das Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik nicht nur den Umgang mit Schüler*innen, sondern auch die Gestaltung und Durchführung von Unterricht beeinflusst. Lehrer*innen „(…) orientieren sich häufig – und oft gegen die erklärte eigene Absicht – an den herrschenden Geschlechterstereotypen und steuern damit schulische Interaktionsprozesse eher in Richtung Anpassung an herrschende Rollenmuster.“ (Hannelore Faulstich-Wieland, Marianne Horstkemper, 1995). Somit schränkt Doing-Gender die Interessen und Weiterentwicklung von Schüler*innen eher ein. Laut Hannelore Faulstich-Wieland und Marianne Horstkemper behindert diese Geschlechtertypisierung Schüler*innen bei der Erweiterung ihrer Fähigkeiten sowie ihrer individuellen Identitätsentwicklung. Deshalb besteht die Aufgabe der Lehrkräfte vor allem darin, Schüler/innen dabei zu helfen, individuelle Interessen und Stärken unabhängig von den Geschlechterrollen und der inszenierten und zugeschriebenen Genderdynamik zu erkennen.

Literatur

Kulgemeyer, Christoph: Heterogenität im Physikunterricht, MINT-Zirkel, 3 (11/12), 2014, S. 10.

Hannelore Faulstich-Wieland, Marianne Horstkemper: „Trennt uns bitte, bitte nicht!“: Koedukation aus Mädchen- und Jungensicht, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Leske u. Budrich, 1995, S. 256-260.

II. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte, Lehrer*innenhandeln)), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen im Rückblick auf ihre eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Berichte aus der Praxis, ggf. auch schon eigene Praxiserfahrungen) den Schulalltag besonders stark – und warum? Hier können Sie aus Ihrer Sicht besonders gelungene oder auch weniger gelungene Beispiele geben. Inwiefern helfen Ihnen die Inhalte der Vorlesung, eine solche Einschätzung vorzunehmen? Nehmen Sie konkret Bezug auf entsprechende Begriffe, Theorien, Konzepte, die Sie jetzt kennengelernt haben.

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Einige Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität, die in der Vorlesung thematisiert wurden, spiegeln meine vergangene Schulzeit wider. Denn das Lehrer*innenhandeln sowie die von den Lehrkräften ausgewählten Unterrichtformen prägten meine schulischen Erfahrungen besonders stark.

Nach dem Besuch dieses Seminars fällt der Rückblick auf meine Schulzeit etwas moderater aus, denn ich kann nun etwas mehr Verständnis für das Handeln einiger meiner ehemaligen Lehrer*innen aufbringen. Zum Beispiel verstehe ich jetzt, warum einige Lehrer*innen häufig dazu neigten, die Gruppen basierend auf den unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler*innen zu bilden. Die Erkenntnisse aus einige Vorträgen dieser Ringvorlesung (z.B. RV12), die vermitteln, dass Schüler*innen in heterogenen Gruppen besser lernen und dass homogene Gruppen tendenziell weniger Vorteile für die Lernatmosphäre in der Klasse haben, waren zu meiner Schulzeit offenbar nicht relevant.

Dazu habe ich durch den Vortrag über die mathematischen Leistungsunterschiede von Schüler*innen einen besseren Einblick in die Planung und Durchführung des Unterrichts gewonnen. Zum Beispiel stellte meine ehemalige Mathematiklehrerin oft ein Thema vor und löste mit uns einige Beispiele. Anschließend mussten wir für die verbleibende Zeit die restlichen Übungen und Aufgaben selbst lösen, während sie von einem Tisch zum anderen ging und uns Hilfe anbot, wenn wir Probleme hatten. Dieser Ablauf erscheint mir jetzt als durchaus effizient – obwohl ich dieses als Schülerin als langweilig empfand – da dieses die Heterogenität der Klasse mit individualisierten Unterricht verbindet, in welchem Schüler*innen in ihrem eigenen Tempo lernen konnten.

Dagegen habe ich für das Handeln meiner ehemaligen Lehrer*innen im Zusammenhang mit Migration und Inklusion weiterhin wenig Verständnis. Viele der Lehrer*innen hatten Schwierigkeiten bei der Inklusion von Schüler*innen mit Migrationshintergrund. Denn „in Nationalgesellschaften wird stillschweigend davon ausgegangen, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein einziges Bildungssystem – nämlich das des Landes der Geburt – durchlaufen.“ (Schroeder, Joachim/ Seukwa, Louis Henri 2018, S. 141). Lehrer*innen an meinen ehemaligen Schulen waren hiermit offensichtlich überfordert, da sie sich vielleicht wenig mit dieser Problematik auseinandergesetzt hatten.

Obwohl ich mir der Herausforderung bewusst bin, die dieses Thema mit sich bringt, gibt es m.E. keine Rechtfertigung dafür, die Unterstützung dieser Schüler*innen zu vernachlässigen. Ich habe während meiner Schulzeit Lehrer*innen erlebt, die sich nur sehr wenig Mühe gaben, um sicherzustellen, dass Schüler*innen im Unterricht und bei außerschulischen Aktivitäten wie z.B. Ausflügen und Projekten inkludiert waren.

Schließlich hat mir die Ringvorlesung über den Umgang mit Heterogenität dabei geholfen, eine neue Perspektive auf die Vielfältigkeit von Schule als Ort des Lernens und Lehrens zu entdecken. Denn ich habe mich zuvor mit Heterogenität im schulischen Kontext nicht auseinandergesetzt. Weshalb meine Einschätzungen und Beurteilungen sehr beschränkt waren, da mir nur die Schüler*innensicht bekannt war. Daher haben die neuen Kenntnisse dazu beigetragen, mein Urteils-und Einschätzungsvermögen über das Handeln der Lehrer*innen zu erweitern.

III. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium in Bezug auf das Modulthema UMHET? Welche haben Sie vermisst? Bitte begründen Sie Ihre Wahl.

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Ich habe vor, mich mit den Themen Inklusion und Migration vertiefend auseinanderzusetzen. Beide Schwerpunkte berühren mich auch aufgrund meines Migrationshintergrunds ganz besonders. In beiden Themen wird die Komplexität des Unterrichtens deutlich, ohne dabei die besonderen Bedürfnisse der Schüler*innen in ihrer Individualität zu vernachlässigen.

Inklusion betont unteranderem, wie Ausgrenzungsbegriffe (z.B. Migration und Antisemitismus) das Schulleben beeinflussen. Denn obwohl Schule ein Bildungsinstitut ist, sind soziale und politische Themen sehr präsent und spiegeln sich auf der Lehr- und Lernumgebung wider. Beispielsweise ist Antisemitismus ein soziales und politisches Problem, das auch in Schulen und Klassen anzutreffen ist.

Daher finde ich persönlich diese Themen als angehende Lehrerin von großer Bedeutung für meine zukünftige Arbeit, da Schulen voraussichtlich immer heterogener werden.

Nachfolgend sind einige der Fragen benannt, die ich gerne intensiver behandeln möchte:

Kann eine Klassengemeinschaft ohne Inklusion aufgebaut werden?

Wie kann die Lehrkraft die Inklusion von Schüler/innen mit Migrationshintergrund in die Klassengemeinschaft fördern? Wie kann die Lehrkraft Ausgrenzungen innerhalb der Klassengemeinschaft aufdecken und entgegensteuern?

Ist Antisemitismus und Inklusion vereinbar? Bzw. entwickelt sich Antisemitismus aufgrund fehlender Inklusion? Wie kann die Lehrkraft mit antisemitischem Handeln auf Seiten der Eltern und des Kollegiums umgehen?