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RV06: Meint Inklusion wirklich alle? Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung

1. Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

Die Vorlesung zum Thema „Meint Inklusion wirklich alle?“ präsentiert mehrere theoretische Aspekte, welche sich mit der Fragestellung näher befassen. Hierbei sind m.E. die folgenden Aspekte besonders interessant und bemerkenswert:

Für die Verwendung des Begriffs Inklusion im Bildungssystem müssen die Begriffe Exklusion, Separation/Segregation, Integration und Inklusion klar voneinander abgegrenzt werden. Exklusion weist auf den Ausschluss der Schüler/innen mit einer Behinderung hin, während Separation/Segregation Schüler/innen mit einer Behinderung in abgetrennten Bildungseinrichtungen sieht. Bei der Integration von Schüler/innen mit einer Behinderung werden sie in Regelschulen beschult und dabei sonderpädagogisch unterstützt. Schließlich geht es um eine Inklusion, wenn alle Kinder unabhängig von ihren Beeinträchtigungen Regelschulen besuchen. Somit zeigt die Abgrenzung, dass Integration nicht gleich Inklusion bedeutet.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bietet der Begriff „Inkludierende Exklusion“. Denn obwohl alle Schüler/innen ein Recht auf die Teilnahme an Bildung und Erziehung in Institutionen haben, werden sie trotzdem durch die Organisation sowie deren Interaktionen darin ausgegrenzt. Somit ist der Begriff Inklusion im heutigen noch immer mehrgliedrigen Schulsystem irreführend, da Schüler/innen mit sonderpädagogischem Bedarf oftmals durch das Angebot an Sondereinrichtungen und Sonderbehandlungen eher exkludiert werden.

Der sonderpädagogische Förderbedarf ist zentral für diese Exklusion sowie Inklusion im Erziehungs- und Bildungssystem. Denn dies wird im schulischen Kontext diagnostiziert und anhand der Diagnose werden Schüler/innen entsprechend ihrer Beeinträchtigungen gefördert. Dabei werden in den Schwerpunkten verschiedene Bereiche betrachtet. Diese sind: Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Schüler/innen mit besonderen Krankheitsbildern.

Ferner zeigt der aktuelle Stand der schulischen Inklusion in Deutschland, dass die Frage „meint Inklusion wirklich alle?“ nicht mit einem einfachen “ ja“ beantwortet werden kann.   Denn das mehrgliedrige Schulsystem verhindert die Inklusion aller Schüler mit Beeinträchtigungen. Vielmehr ist der Begriff „inkludierende Exklusion“ meiner Meinung nach für die Beschreibung des deutschen Bildungssystems besser geeignet.

2. Lesen Sie bitte die Fallbeispiele (unten als Datei angehängt; auch auf Stud.IP im Dateiordner RV06 zugänglich) und beantworten die Fragen.
Reflektieren Sie bitte anschließend Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen:

Finn:

Finn scheint familiäre Probleme zu haben, die ihn sehr belasten und sich dementsprechend auf sein Verhalten in der Schule negativ auswirken.

Sein Förderschwerpunkt liegt im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung.

Finn benötigt eine ruhige Arbeitsatmosphäre und eine Lehrkraft, die viel Geduld zeigt. Gruppenarbeit, sowie die Zusammenarbeit mit einzelnen Mitschüler/innen kann auch die soziale Entwicklung fördern.

Hanna:

Der Förderschwerpunkt liegt bei Hanna im Bereich Lernen. Sie ist trotz ihrer diagnostizierten Dyskalkulie sehr ambitioniert und zielstrebig.

Hanna benötigt mehr Zeit als ihre Mitschüler/innen beim Lösen der Aufgaben im Mathematikunterricht.  Dabei ist es wichtig, dass sie nicht aufgrund ihrer Beeinträchtigung von den anderen abgetrennt wird. Dazu benötigt Hanna ähnlich wie Finn eine ruhige Arbeitsatmosphäre, um konzentriert zu arbeiten.  Bei Hanna ist es auch besonders wichtig, dass die Lehrkraft sie lobt und auch motiviert, da sie schnell frustriert wird und aufgibt.

Malik:

Der Förderschwerpunkt bei Malik liegt im Bereich der geistigen sowie Wahrnehmungs- Entwicklung. Er scheint ein visueller Lerner mit einem guten Erinnerungsvermögen zu sein.

Demzufolge eignet sich visuelles Lernmaterial für die Förderung von Malik.

Lena:

Lena hat eine sehr starke Beeinträchtigung. Der Förderschwerpunkt liegt im Bereich der geistigen sowie körperlichen Entwicklung. Sie benötigt sowohl in der Schule als auch im Alltag einen Assistenten.

Wichtig bei Lena ist die Förderung ihrer bereits vorhandenen Fähigkeiten mit dem Ziel, sie Stück für Stück zu erweitern. Dabei muss die Lehrkraft Lena besonders motivieren und auch Spielen mit Lernen verknüpfen.

a) Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (u.a. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

Ich hatte während meiner Schulzeit einige Mitschüler/innen, die aufgrund von Dyskalkulie Schwierigkeiten im Mathematikunterricht hatten. Allerdings wurden diese Schüler/innen nicht besonders von den Lehrkräften gefördert. Die Schule selbst hatte nur im Bereich Lese- und Rechtschreibschwäche Förderprogramme eingesetzt.  Deshalb haben Schüler/innen, die gut in Mathematik waren sowie Nachhilfelehrer die Schüler/innen mit Dyskalkulie unterstützt.

Weiterhin liegen meine Erfahrungen eher im Bereich der Integration von nichtdeutschen Schüler/innen in die Klassengemeinschaften. Denn der Förderschwerpunkt Sprache ist besonders zentral für die Inklusion sowie Integration der nicht deutschsprachigen Schüler/innen in der Schule. Deshalb versuchte meine ehemalige Schule mit verschiedenen Projekten sowie Programmen diese Gruppe zu fördern. Sicher ließe sich anhand dieser und ähnlicher Beispiele die „inkludierende Exklusion“ an den Schulen in verschiedenen Dimensionen beobachten.

b) Welchen Meinungen sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Ich habe während meiner Schulzeit mehrere Praxiserfahrungen im Bereich von Grundschule sowie Kindergarten gesammelt. Jedoch habe ich während dieser Praktika die Inklusion von Schüler/innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf nicht direkt begleiten können.  Allerdings habe ich Diskussionen über das Thema beobachtet. Diese zeigten für mich persönlich, dass die pädagogischen Lehrkräfte Schwierigkeiten mit der Inklusion der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben.

Ich bin der Auffassung, dass das mehrgliedrige Bildungssystem in Deutschland die Inklusion der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht ermöglicht und auch nicht besonders unterstützt. Dies zeigt sich auch bei der Ausbildung der Lehrkräfte, denn dieses Thema wird in deren Ausbildung meiner Meinung nach nicht intensiv genug behandelt. Somit haben auch die jungen Lehrkräfte ebenfalls Schwierigkeiten mit der Inklusion der Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das betrifft nicht nur den direkten Unterricht, sondern auch die Einbindung in die Klassengemeinschaft.

3. Formulieren Sie bitte eine Beobachtungaufgabe für den inklusiven Unterricht für zukünftige Praktika.

Wie wirkt sich die Inklusion auf das Verhalten der Schüler/innen in der Klassengemeinschaft aus? Wie gehen Schüler/innen miteinander um? Wie kann die Lehrkraft didaktische Methoden verwenden, um die Arbeitsatmosphäre in der Klassengemeinschaft für jeden Einzelnen darin zu optimieren?

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Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für den Mathematikunterricht

1. Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen dies bezüglich zu?

Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern hinsichtlich ihrer Leistungen, ihrer Motivationen usw. gehören m.E. in den Alltag einer Klassengemeinschaft. Jede bzw. jeder von ihnen kommt mit heterogenen Lernvoraussetzungen in die Schule. Unterschiede aufgrund von Alter, Geschlecht, kultureller und sozialer Herkunft sind noch kein Grund zur Sorge, ebenso wenig wie die unterschiedlichen Interessen, Motivationen und feststellbaren Leistungsfähigkeiten und Kompetenzen der Schüler/innen. Auch das Thema Zeit spielt eine große Rolle, jede/r Schüler/in hat einen eigenen Rhythmus und lernt in einem anderen Tempo als die Mitschüler/innen. Leistungsunterschiede zeigen sich schon in der ersten Klasse und nehmen tendenziell im Verlauf der Grundschule noch zu (Heinze et al. 2007).

Diese Erkenntnis ist allerdings besorgniserregend, weist sie doch darauf hin, dass diese Unterschiede sich auf die Leistungsentwicklung des Einzelnen im weiteren schulischen Verlauf auswirken.

Im Mathematikunterricht werden diese Unterschiede im Leistungsniveau schnell deutlich. Grundlegende mathematische Fähigkeiten und insbesondere Rechnen haben für das berufliche und private Alltagsleben einen bedeutenden Stellenwert, dementsprechend wird Mathematik auch als Hauptfach an Schulen unterrichtet.

Durch die Förderung und Unterstützung der Schüler/innen mit Lernschwierigkeiten kann dieser Prozess beeinflusst werden.

Hierbei ist es wichtig, dass Schüler/innen mit Lernschwierigkeiten – besonders in Mathematik – bereits im jungen Alter alle Hilfe erhalten, die das Bildungssystem anbietet.

In diesem Zusammenhang haben viele Bundesländer inzwischen Maßnahmen zur Verringerung der Differenzgrade zwischen den Leistungen der Schüler/innen ergriffen. Ein wichtiger Schritt war die Abschaffung des dreigliedrigen Bildungssystems in den meisten Bundesländern und dabei die Streichung der Hauptschule, die zuletzt nur noch als „Restschule“ ein negatives Dasein hatte.

Das zweigliedrige System in Bremen verfolgt den Ansatz, den unterschiedlichen Leistungskompetenzen der Schüler/innen besser gerecht zu werden. Das Ziel ist, eine Chancengleichheit und einen angemessenen Umgang mit Heterogenität während der Schulzeit zumindest strukturell zu ermöglichen.

Durch das zweigliedrige Schulsystem soll ein Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler/innen geschaffen werden. Die Über- oder Unterforderung der Schüler/innen soll damit vermieden werden.

Weiter kann durch die heterogene Lernatmosphäre Wissen möglichst individuell vermittelt werden. Die in der Vorlesung erwähnte PISA-Studie 2012 zeigte, wie sich die Leistungskompetenz der Schüler/innen in den letzten 10 Jahren besonders in Mathematik und im Lesen stetig verbessert hat. Dies wurde unter anderem auf die Schulreformen und die Neugliederung des Schulsystems zurückgeführt.

Es ist anzumerken, dass hieraus nicht automatisch bessere Lernergebnisse folgen. Vielmehr müssen Lehrkräfte und Eltern sich abgestimmt engagieren und auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler/innen eingehen, um die Kompetenzentwicklung der Schüler/innen langfristig zu verbessern.

2. Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersicht weisen einbezieht.

Spielen im Mathematikunterricht kann als eine effektive Lernmethode eingesetzt werden, trotz oder sogar gerade wegen der Leistungsunterschiede innerhalb einer Klassengemeinschaft. Schüler/innen bieten sich dabei viele Möglichkeiten, voneinander zu profitieren.

Diejenigen mit einem hohen Leistungsniveau werden ihr Wissen festigen und überprüfen können, in dem sie anderen Schüler/innen helfen. Schüler/innen mit geringerem Leistungsniveau können oftmals von Gleichaltrigen im Spiel besser lernen als im Unterricht. Die Schüler/innen können sich gegenseitig motivieren und sie agieren miteinander, auch wenn es vielleicht nur um den individuellen Sieg geht.

Somit kann sich eine angenehme Lernatmosphäre für alle Schüler/innen entwickeln, und im Fall von Problemen und Fragen findet die Hilfe untereinander statt, ohne für leistungsschwächere Schüler/innen einen zusätzlichen Leistungsdruck aufzubauen.

Aus Schülersicht kann Spielen im Mathematikunterricht sehr hilfreich sein, da es eine abwechslungsreiche Alternative zum selbständigen Lernen und aktiven Zuhören im Unterricht darstellt.

Durch die Verbindung von Spaß und Lernen können Schüler mit Lernschwierigkeiten, die sich vielleicht aufgrund ihrer Angst nicht trauen, im Unterricht aktiv mitzuarbeiten, in einer kleinen Gruppe arbeiten und sich mit wenigen Personen austauschen.

Dabei ist wichtig, dass im Spiel auch das Arbeitsthema oder Lernthema im Fokus bleibt und nicht im Spiel verloren geht. Die Lehrkräfte sind in besonderem Maße gefordert, bei Unverständlichkeiten und offenen Fragen, die von den Schüler/innen selbst nicht lösbar sind, unterstützend einzugreifen und auch gegebenenfalls die Gruppe zum Thema zurückzuführen.

3. Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz. Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.

  1. Wie engagieren bzw. verhalten sich die Schüler/innen während des Spiels? (Beteiligen sich alle Schüler/innen und denken sie alle aktiv mit, sind sie interessiert am Thema bzw. zeigen sie Neugier und Interesse?)
  2. Können sich die Schüler/innen das zu vermittelnde Wissen durch das Spiel erschließen? Ist bzw. wird den Schüler/innen klar, welche Ziele mit dem Spiel verfolgt werden?

4. Benennen Sie zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

Es ist sinnvoll, nach dem Spiel den Spielablauf sowie die Ergebnisse zu reflektieren. Dabei kann ich als Lehrkraft versuchen, die in Frage drei gestellten Fragen mit den Schüler/innen gemeinsam zu beantworten. Somit können offene Fragen, die während des Spiels entstanden sind, beantworten werden. Unteranderem kann auch der Wissensstand der Schüler/innen nach dem Spielen überprüft werden. Somit wird für mich als Lehrkraft sichtbar, ob es sinnvoll war, ein Spiel im Themenzusammenhang einzusetzen oder ob sich bessere Alternativen anbieten, um den Schüler/innen das Wissen zu vermitteln.

Gruppenarbeit wäre eine weitere mögliche Alternative. Schüler/innen können ihr Vorgehen während des Spielens untereinander diskutieren und reflektieren. Damit haben sie die Möglichkeit, in einem Austausch untereinander eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie können dabei auch im Sinne einer Metabeobachtung über ihr eigenes Spielverhalten nachdenken und alternative Vorgehensweisen diskutieren.

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Weltgesellschaft, Migration und Schule (RV02)

1. Was ist gemeint mit einer ’nationalen Orientierung des Bildungssystems‘? Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen, Inhalte/Fächer, Strukturen? (denken Sie hier auch an ihre eigenen Erfahrungen aus der Schulzeit zurück)

Ein national orientiertes Bildungssystem kann als ein System verstanden werden, in dem das Bildungswesen auf die Aufrechterhaltung und das Wachstum der Nation zielt. Schüler/innen mit einem Immigrationshintergrund gehören damit zunächst nicht in die Zielgruppe. Dies bedeutet weiter, dass sich die unterrichteten Fächer auf Themen konzentrieren, die für die Nation von großem Wert sind.

Zum Beispiel konzentrieren sich deutsche Schulen auf deutsche und europäische Geschichte. Den deutschen Schüler/innen werden wenig Kenntnisse über die Geschichte der anderen Kontinente und deren Kulturen vermittelt.

Dahingegend konzentrieren sich Schulen im islamisch geprägten Mittelmeergebiet auf Religionsgeschichte, die sehr eng mit der Geschichte der dort lebenden Menschen verbunden wird. In der Religionsgeschichte wird wenig über die europäische Geschichte und Kultur informiert.

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung als Schülerin mit Migrationshintergrund stimme ich grundsätzlich der Aussage zu, dass das deutsche Bildungssystem eine sehr nationale Orientierung hat.

Während meines Schulbesuchs in Mecklenburg-Vorpommern habe ich die mangelnde Vielfalt des in der Schule gelehrten Themenkanons festgestellt. Zum Beispiel in den Fächern wie Geschichte, Sozialkunde, Philosophie und Geographie waren die Themen und das Material, das während des Unterrichts verwendet wurde, vorrangig deutsch- oder europaorientiert.

Außerdem wurden Schüler/innen, die die deutsche Sprache nicht beherrschten, von den deutschsprachigen Schüler/innen getrennt, um an einem sehr intensiven Sprachkurs teilzunehmen, damit sie dem an deutschen Schulen üblichen Unterricht folgen können. Die Integration der Schüler/innen mit Migrationshintergrund in das nationale Bildungssystem war offensichtlich das Ziel.

Trotz der großen Zuwanderungsquoten in den letzten Jahren gibt es kaum Anzeichen dafür, dass das Schulcurriculum an die Vielfalt der Gesellschaft angenähert oder gar angepasst wurde.  

Allerdings ist eine nationale Orientierung des Bildungssystems nicht nur in Deutschland, sondern in wohl allen Ländern zu finden, die ein Bildungssystem aufgebaut haben. Da jede Nation ihren zukünftigen Generationen die für sie wichtigen Werte vermitteln will.

2. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ‚Migration als Herausforderung für die Schule‘ und über sog. ‚Schüler mit Migrationshintergrund‘ als Informationen wahr und welche (neuen?) Perspektiven hat die Vorlesung dazu für Sie eröffnet?

Aus dem öffentlichen Diskurs über „Migration als Herausforderung für die Schule“ und meinen persönlichen Erfahrungen lassen sich die großen Schwierigkeiten im Umgang mit nichtdeutschen Schüler/innen ableiten.

Es beginnt schon bei der Ausbildung zum Lehramt. Lehrer an deutschen Hochschulen und Universitäten werden mit Blick auf die nationale Orientierung des Bildungssystems ausgebildet. Denn „in Nationalgesellschaften wird stillschweigend davon ausgegangen, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein einziges Bildungssystem – nämlich das des Landes der Geburt – durchlaufen.“ (Schroeder, Joachim/ Seukwa, Louis Henri 2018, S. 141)

Hinzu kommt die Gefahr einer bewussten oder auch unbewussten Diskriminierung während und auch außerhalb des Unterrichts. Daher könnten sich nichtdeutsche Schüler/innen diskriminiert, stereotypisiert und gelegentlich auch missachtet fühlen.

Die Vorlesung bot neue Informationen, die eine Perspektive hervorheben, die mir nicht bekannt war. Beispielsweise, ist die fehlende Unterscheidung zwischen den Begriffen „Ausländer“, „Fremde“ „Migranten“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ in analytischen Schulbüchern und ihre Verwendung als Synonyme für einander sehr problematisch.

3. Inwiefern kann das folgende Beispiel (nächste Folie) von Betül
(Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie von Martina Weber) als Ausdruck von ‚DoingCulture‘ durch Lehrer*innen handeln im Unterricht herangezogen werden? Erinnern Sie sich aus ihrer eigenen Schulzeit an ein Beispiel für ‚DoingCulture‘ im Lehrer*innenhandeln?

Die Interaktion zwischen Betül und ihre Deutschlehrerin ist ein Beispiel für „DoingCulture“, denn die Lehrerin ordnet Betül bestimmte Eigenschaften aufgrund ihres Migrationshintergrunds zu. Insbesondere die Annahme fehlender Entscheidungskraft der Frau in der islamistischen Kultur hat einen starken stereotypisierenden Effekt und durch die Übertragung auf die Schülerin, nimmt sie diese nicht mehr in ihrer Persönlichkeit wahr.

Das Verhalten der Lehrerin wird dadurch sehr ignorant und auch unprofessionell, da ihr Feedback an Betül ausschließlich auf diesem Stereotyp basiert, mit dem sich Betül jedoch nicht identifizieren kann. Darüber hinaus wird die sehr konservative Meinung der Lehrerin zur nationalen Identität sehr klar. Es scheint, als ob sie die Möglichkeit einer multikulturellen Identität grundsätzlich ausschließt. Die Lehrerin hat Betül zuerst stereotypisiert und ihr dann ein negatives Feedback gegeben, weil sie sich in ihrem Aufsatz nicht wie ein „typisches“ türkisches Mädchen artikuliert hat.

Die Situation wäre besser geregelt worden, hätte die Lehrerin Betül ermutigt, über ihre Wurzeln zu schreiben und darüber, wie eine Frau, deren Geschichte in der Türkei wurzelt, mit diesem Thema umgehen kann. Die Situation hätte auf beiden Seiten viel Lernpotential. Die Klasse und die Lehrerin hätten durch die Einbindung von Aspekten der türkischen Kultur einen zusätzlichen Blick auf die deutsche und europäische Kultur erhalten und Betül hätte mehr über ihre Wurzeln erfahren.

Ich habe während meiner Schulzeit einige Interaktionen mit Lehrern erlebt, die diesem Beispiel ähnlich sind. Beispielsweise haben Gespräche sowie Diskussionen über das Tragen eines Kopftuchs, die Ausübung bestimmter Religionen und die dazu gehörigen Rituale, gezeigt, wie die persönlichen Überzeugungen der Lehrer den Umgang mit ihren Schüler/innen beeinflussen können. 

So zeigten manche Lehrer wenig Verständnis für das Tragen eines Kopftuches während des Sportunterrichts und auch nicht für die fehlende Energie der Schüler/innen während der Fastenzeit –„Ramadan“.  „DoingCulture“ wurde auch dann sichtbar, wenn Lehrer/innen nichtdeutsche Schüler/innen als konservativ und dogmatisch statt religiös kategorisierten