RV14 – Abschlussreflexion

1. Benennen Sie die für Sie zentralsten (mindestens zwei verschiedene) theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich als besonders prägnant mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret sowohl Bezug auf:
a.) die unterschiedlichen, fachdidaktischen Aspekte und übertragen Sie diese in der Ringvorlesung gewonnenen Erkenntnisse auf die Didaktiken der von Ihnen studierten Fächer. Beziehen Sie sich hierbei auch auf didaktische Erkenntnisse mindestens eines Fachs, das Sie nicht selbst studieren.
b.) generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht.
Bitte benennen Sie für diesen Aufgabenteil dabei konkret mindestens zwei relevante Literaturquellen (Autor*innen, Jahr, Titel).

2. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte, Lehrer*innenhandeln)), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen im Rückblick auf ihre eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Berichte aus der Praxis, ggf. auch schon eigene Praxiserfahrungen) den Schulalltag besonders stark – und warum? Hier können Sie aus Ihrer Sicht besonders gelungene oder auch weniger gelungene Beispiele geben. Inwiefern helfen Ihnen die Inhalte der Vorlesung, eine solche Einschätzung vorzunehmen? Nehmen Sie konkret Bezug auf entsprechende Begriffe, Theorien, Konzepte, die Sie jetzt kennengelernt haben.

3. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium in Bezug auf das Modulthema UMHET? Welche haben Sie vermisst? Bitte begründen Sie Ihre Wahl.

1. Durch die Ringvorlesung ist mir noch deutlicher geworden, von welcher Wichtigkeit Heterogenität im Schulalltag sowie im privaten Leben ist. Mir war bewusst, dass Heterogenität als Begriff die Vielfalt der Schüler*innen (ethnisch, kulturell, etc.) beschreibt, jedoch wurden in der Vorlesung viele neue interessante Felder geöffnet, welche mir in dieser Form zuvor nie begegnet sind. Daran erkennt man, wie wichtig es ist, sich im Unterricht und im Alltag mehr mit dem Thema Heterogenität zu befassen. Meiner Meinung nach muss dieses Thema aktiv behandelt und im Lehrplan aufgenommen werden.

Sehr prägnant waren für mich vor allem die Erkenntnisse der Vorlesungen RV02 von Yasemin Karakasoglu, in der es zentral um den Migrationsbegriff an sich und die Veränderung der Schule durch Migration ging, die RV03 von Barbara Roviró, welche die Stereotypisierung von Gesellschaften und Kulturen, besonders auf den Fremdsprachenunterricht bezogen, thematisiert hat und die RV10, wo es um das Thema Antisemitismus in der Schule ging.

Zunächst gehe ich auf die gewonnen Erkenntnisse aus der Vorlesung RV02 „(Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf schulpolitische Hintergründe, Strukturen und Konzepte“ ein. Migration trägt zur Veränderung der Gesellschaft bei, welche jedoch häufig als negativ und weniger als positiv aufgefasst wird. Auch in der Institution Schule ist immer noch eine Entwicklung zu erkennen, welche eine Ungleichheit zwischen Schüler*innen ohne Migrationshintergrund und Schüler*innen mit Migrationshintergrund widerspiegelt. Der Migrationshintergrund wird häufig in Deutschland mit einem niedrigen sozialen Status verknüpft, was zu Benachteiligungen und Diskriminierungen führt. Für mich ist diese Erkenntnis erschreckend, da wir in einer aufgeklärten Zeit leben und es gerade im Schulsystem nicht zu solchen Situationen kommen sollte. Ich studiere Geographie, ein Fach, welches sich nicht nur auf die geographische Lage der Länder dieser Welt richtet, sondern auch soziale und kulturelle Aspekte behandelt. Auch in diesem Fach ist es wichtig, sich mit den Kulturräumen und den Prozessen der Migration zu beschäftigen und diese im Unterricht zu behandeln.

Ich komme nun zur RV03 „Sind „andere“ Gesellschaften und Kulturen plausible Lerngegenstände im Fremdsprachenunterricht?“. Im Fremdsprachenunterricht kommt es häufig zu einer sogenannten „Stereotypenfalle“, was bedeutet, dass sich die Lehrinhalte häufig nach Stereotypen richten und die Schüler*innen auf diese Weise unzureichend und inkorrekt über die Fremdsprache und ihre Gesellschaft sowie Kultur belehrt werden. Auch ich studiere Spanisch als Fremdsprache und habe in meiner Schulzeit solche Erfahrungen sammeln können, da in den Lehrmaterialien im Fach Spanisch häufig Stereotype wiedergefunden werden konnten. In Stereotypen denken kann zu Beginn hilfreich sein, wenn es darum geht, das fremde Land zu erkunden, jedoch kann man auch schnell in die Falle geraten und es können Vorurteile entstehen. Dies sollte verhindert werden, weshalb es wichtig ist, den Schüler*innen einen tiefgründigen Blick in die Fremdsprache zu verschaffen.

Zu guter Letzt möchte ich mich den Erkenntnissen der RV10 „Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu?“ widmen. Antisemitismus ist immer noch ein sehr aktuelles Thema, auch im Schulalltag vieler Schüler*innen. Doch auch über dieses wird viel zu selten gesprochen, häufig wird es sogar tabuisiert. Die betroffenen Schüler*innen müssen aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit schlechte Erfahrungen durchmachen. Daher ist es auch in einem Fach wie Religion, welches ich nicht studiere, wichtig, den Schüler*innen zu verdeutlichen, dass alle Weltreligionen toleriert werden müssen und keiner aufgrund seiner Glaubensrichtung ausgegrenzt bis hin zu diskriminiert werden darf.

Als sehr interessant empfand ich aus der RV02 die Kontinuitäten (zeitlich/räumlich), wenn es um die Migration geht. Die zeitliche Kontinuität beschreibt die gesellschaftliche Erwartung, dass das Bildungssystem ohne Unterbrechung durchlaufen wird. Bei der räumlichen Kontinuität wird davon ausgegangen, dass ein einziges Bildungssystem im Land der Geburt durchlaufen wird (vgl. Schroeder, Joachim/Seukwa, Louis Henri 2018, S. 14). Diese Erwartungen zeigen die falsche Herangehensweise mit einigen sensiblen Themen, darunter auch das Thema Migration. Solange solche Strukturen bewahrt werden, kann im Unterricht mit Heterogenität nicht korrekt umgegangen werden und es werden immer Schüler*innen aufgrund ihrer Ethnie, Kultur, Religion etc. ausgegrenzt und diskriminiert.

Auch die verschiedenen Dilemmata nach Greiner aus der RV02 empfand ich als sehr wissenswert, da diese sich auf die sich entwickelnden, stufenförmigen Verhältnisse beziehen, welche einer Hierarchie nahekommen. Das >Differenzierungsdilemma< zeigt auf, dass die Heterogenität dadurch deutlicher wahrgenommen wird, dass stärker in Leistung und Verhalten differenziert wird. Eine extreme Heterogenität erfordere eine „komplexe Differenzierung“ (vgl. Gonzalez et. al. 2016, S. 135). Dies führt bei Schüler*innen mit Problemen zu Beschämungs- und Abwertungserfahrungen, welche letztlich zu Ungleichheit und Ausgrenzung führen.

2. Der Aspekt der Mehrsprachigkeit aus der RV11 von Prof. Dr. Andrea Daase hat mich persönlich sehr angesprochen, da ich selbst mehrsprachig aufgewachsen bin und auch während meiner Schulzeit Praxiserfahrungen sammeln durfte. Über mehrere Sprachen zu verfügen ist eine Fähigkeit, die wertgeschätzt werden soll. Diese Wertschätzung sollte den Schüler*innen im Unterricht übermittelt werden. Der Erwerb mehrerer Sprachen ist ein dynamischer Prozess, jedoch verläuft dieser bei jedem/jeder unterschiedlich und beginnt ab einem bestimmten Alter, welches individuell variiert. Auch die Nutzung der Sprachen unterscheidet sich je nach unterschiedlichen Zwecken, in unterschiedlichen Domänen und Umgebungen. Die Sprachenvielfalt an sich trägt zur Heterogenität bei und sollte daher mehr Beachtung im Unterricht finden. Außerdem sollten Kinder und Jugendliche, deren Erstsprache nicht die deutsche Sprache ist, unbedingt aktiv unterstützt werden und nicht aufgrund ihrer fehlenden Sprachkenntnisse benachteiligt sein. Diese Aspekte sind mir durch die Ringvorlesung, vor allem auch, als es um das Thema Migration ging, noch bewusster geworden. Zudem bin ich durch meinen persönlichen Hintergrund während meiner Schulzeit immer wieder mit Mehrsprachigkeit in Berührung gekommen, da mich häufig Lehrer*innen und Mitschüler*innen auf meine kulturelle Vielfalt angesprochen haben und auch im Unterricht darüber gesprochen wurde, wer mehrsprachig aufgewachsen ist und welche Bereicherung dies für unsere Gesellschaft darstellt. Diesbezüglich habe ich also sehr positive Erfahrungen machen können, worüber ich sehr froh bin. Jedoch findet die Mehrsprachigkeit von Schüler*innen in der Schule häufig keinen Gebrauch, was ich durch die Vorlesung erfahren konnte. Das finde ich persönlich sehr schade, nicht nur aufgrund meiner Erfahrungen, sondern weil ich es als sehr wichtig empfinde, als Lehrkraft die Schüler*innen im Gebrauch mehrerer Sprachen zu bestärken und ihnen die Vorteile der Mehrsprachigkeit zu zeigen.

3. Heterogenität ist ein sehr komplexes, umfangreiches Thema mit sehr vielen unterschiedlichen Dimensionen. Das hat mir die Ringvorlesung insgesamt gezeigt. Es war sehr bereichernd in diese hineinzublicken und die vielen wichtigen Themen der Vorlesungen näher kennenzulernen, mit welchen man sich vor allem als angehende Lehrkraft sehr intensiv beschäftigen muss.

Jedoch kommen noch einige Fragen auf, in welchen man sich nicht zu hundert Prozent sicher fühlt und höchstwahrscheinlich nicht fühlen kann, da man nicht auf alle Situationen vorbereitet sein kann und einfach schlichtweg die Erfahrungen fehlen.

Vor allem stellt sich mir die Frage, wie man mit Schüler*innen korrekt umgehen soll, welche beispielsweise Leistungsschwächen haben oder beeinträchtig sind. Einerseits möchte man den Unterricht für alle Schüler*innen möglichst gleich gestalten und niemanden benachteiligen, andererseits gestaltet es sich jedoch als schwierig, den Unterricht für alle einheitlich zu gestalten, da sich die Bedürfnisse und Niveaus der Schüler*innen individuell unterscheiden. Wie soll der Unterricht in diesem Fall am besten gestaltet werden?

In der Vorlesung wurde häufig von gendersensiblen Inhalten gesprochen. Mir ist immer noch nicht ganz klar geworden, wie genau man einen Unterricht gendergerecht gestalten kann, ohne, dass Zuschreibungen erfolgen. Dazu würde ich gern mehr erfahren.

Literaturverzeichnis:

Greiner 2019 aus RV08

Schroeder, Joachim/Seukwa, Louis Henri (2018): Bildungsbiographien: (Dis-)Kontinuitäten im Übergang, in: von Dewitz, Nora/Terhart, Henrike/Massumi, Mona (Hrsg.): Neuzuwanderung und Bildung, Beltz, Juventa, S. 141-157.