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RV06 – Inklusive Schularchitektur und Raumgestaltung

Ich habe mich im Folgenden mit dem Bereich 12. „ Inklusive Schularchitektur und Raumgestaltung“ beschäftigt und mit dem Interview-Video „Christine Carstens – Schularchitektur und Raumgestaltung gearbeitet. Um die Thematik besser nachvollziehen zu können, habe ich die Fragen sowie meine Notizen zum Interview mit angefügt.

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  1. Welche theoretischen Bezüge aus Ihrem bisherigen Studium passen zu den Inhalten des Videos (oder sind widersprüchlich)?

Ich habe den Bereich 12. „Inklusive Schularchitektur und Raumgestaltung“ bewusst ausgewählt. Zum einen, weil er im bisherigen Studium (noch) nicht so umfassend behandelt wurde, für mich aber einen wichtigen Baustein in inklusiver Unterrichtsgestaltung darstellt. Zum anderen, weil ich während meiner Schulpraktika / Zusammenarbeit mit Schulen sehr unterschiedliche Erfahrungen zu diesem Thema gemacht habe.

Was aber mit meinem bisherigen Studium übereinstimmt, ist der Fakt, dass die Inklusion oder hier die Schularchitektur bzw. Raumgestaltung auf verschiedenste Weise umgesetzt werden kann und es keine konkrete Anleitung, kein Erfolgsrezept gibt. Vieles muss ausprobiert, erfahren werden, um sich dann weiterzuentwickeln oder ggf. auch verworfen bzw. geändert zu werden. Aber es gibt bestimmte Richtlinien und Anforderungen an die Umsetzung, die zur Orientierung helfen. Inklusion und inklusive Schularchitektur / Raumgestaltung sind notwendig, um den Schüler*innen die bestmögliche Unterstützung in ihrer persönlichen und schulischen Entwicklung zu geben.

 

  1. Welche eigenen Praxiserfahrungen sind Ihnen zum Thema des Videos in den Sinn gekommen? Es können konträre oder vergleichbare Aspekte sein.

Mir ist bewusst, dass das Thema Inklusion und deren Umsetzung immer noch „neu“ ist für viele Schulen und sich auch nicht so schnell bzw. in dem Umfang wie gewünscht umsetzen lässt. Dies gelingt sicher nur den wenigsten Schulen. Und so sind meine persönlichen Erfahrungen in Bezug auf inklusive Schularchitektur und Raumgestaltung sehr unterschiedlich.

Mein erstes Schulpraktikum (Orientierungspraktikum, 6-wöchig) habe ich an einer Bremer Schule im Ortsteil Schwachhausen absolviert. Die Schule war schon sehr gut ausgerüstet, gerade in Bezug auf Barrierefreiheit und die Ausstattung mit digitalen Medien. So gab es z.B. einen neuen Aufzug für gehbehinderte Schüler*innen und modernste PC-Räume oder Klassensätze IPads. Die meisten Klassenräume hatten zusätzliche Differenzierungsräume, die ständig genutzt wurden. Schularchitektur und Raumgestaltung waren im inklusiven Kontext eingebunden und teilweise bewusst gestaltet und gefördert worden.

Bei meinem zweiten Praktikum (POE-Praktikum, 3-wöchig) an einer Schule im Stadtteil Blockdiek habe ich gegenteilige Erfahrungen gemacht. Hier waren bzw. konnten noch nicht alle inklusiven Gestaltungsmöglichkeiten umgesetzt werden, gerade auch weil es die bauliche Substanz / Infrastruktur nicht ohne Weiteres und ohne den Einsatz erheblicher finanzieller Aufwendungen hergibt. Hier gab es noch keine Aufzüge (Barrierefreiheit) und nicht jeder Raum hatte einen eigenen Differenzierungsraum.

Dennoch haben beide Schulen, ungeachtet ihrer Ausstattung, versucht, die Klassenraumgestaltung auch unter inklusiven Anforderungen zu gestalten.

 

  1. Welche Fragen an Ihre (zukünftige) Praxis ergeben sich aus dem Video? Fokussieren Sie auf sich als Lehrperson.

In dem Video wird die inklusive Klassenraumgestaltung einer Klasse ab dem 5. Schuljahr geschildert. Dort finden viele Prozesse bei der Gestaltung und Erhaltung des Klassenraums auf Basis selbstständiger Entscheidungen / Verfahren statt. Diese funktionieren größtenteils sehr gut. Hier bleibt zu klären, inwiefern diese Leistung der selbständigen Prozesse und Entscheidungen auch schon von Grundschülern getragen / erbracht werden können, bzw. in welchem Umfang.

Die Ansätze von Frau Carstens gefallen mir persönlich sehr gut und sicher sind auch einige Ansätze wie z.B. der vermehrte Einsatz von digitalen Medien oder die generelle Absprache mit den Schüler*innen über die Gestaltung des Klassenraum ohne Weiteres umzusetzen.

Eine weitere Frage könnte sein, inwiefern sich eine so selbständige Klassenraumgestaltung und Nutzung mit jeder Schulleitung vereinbaren lässt, gerade auch mit Bezug auf Belegungspläne.

 

 

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Mitschrift: Interview mit Christine Carstens – Schularchitektur und Raumgestaltung

 

https://path2in.uni-bremen.de/2020/02/21/schularchitektur-und-raumgestaltung/

 

Was ist das Besondere an Eurer Raumgestaltung?

Raum ist gewachsen mit der Klasse zusammen. Leer am Anfang bis auf die Grundausstattung). Alles andere hat sich weiterentwickelt; wurde mit den Kindern weiterentwickelt. Ein Raum muss alles können. Für verschiedene Zwecke nutzbar sein.

 

Kannst Du Beispiele nennen, was wann dazugekommen ist?

Bei der Gestaltung gab es kein Konzept von Anfang an.

Leseecke: Bequem, nicht nur schulisch Lesen – Finanzierung durch Spenden, Hilfe Buchladen. Regale, Sofa & Bücher – konnten sich die Schüler thematisch aussuchen.

Schlagwand aus Spende – Schüler nicht nur sagen, er soll tief durchatmen, nicht aggressiv sein. Stattdessen Handlungsalternativen: hier mit Handschuhen auf die Wand hauen; Aggressionen rauslassen. Sandsack kein Platz.

Sessel folgten, Picknickgarnitur, Kicker.

Auch bei besonderen Wünschen der Kinder erst mal gucken, ob es nicht doch umsetzbar ist.

 

Wie ist die Identifikation der Schüler*innen mit dem Raum?

Schüler achten sehr auf ihren Raum, sind sehr eigen damit. Es entsteht ein heimisches Gefühl. Klasse wird als sicherer Raum gesehen und von den Schüler*innen gepflegt.

 

Inwieweit gibt es Klassenregeln bei Euch?

Es gibt keine Klassenregeln. Werte statt Regeln. Bzw. Werte vermitteln. Regeln machen gerade für Jugendliche nicht immer Sinn.  Schüler sollen nachvollziehen, warum etwas nicht möglich ist, unpassend ist, nicht angebracht ist. Anstatt von Verboten umgeben zu sein. Anfangs gab es Regeln, wie z.B. den Blumen-Dienst, Fege-Dienst. Hatte aber eher zur Folge, dass die Verantwortung abgegeben wurde. Somit: Jeder macht alles. Probleme, die man selbst beheben kann, soll man erledigen. Auch wichtig für die Zukunft, im Job.

Konzept funktioniert.

 

Unterscheidet sich Eure Raumgestaltung von anderen Klassen an dieser Schule?

Gemeinsamkeit: Sitzecken. Andere Sachen, wie Tischkicker, gibt es woanders. Klasse nutzt den Raum so viel wie möglich, fast ausschließlich. Kassenraum ist aber dadurch nicht besser als andere.

 

Welche Ideen haben die Schüler einbringen können?

Viele Ideen für den Raum kommen aus der Klasse / Klassenrat. (Tischkicker, Kuschelecke). Dann wird zusammen überlegt ob, bzw. wie es umgesetzt werden kann. Mit zunehmendem Alter immer selbstständiger von den Schüler*innen. Auch die Lehrerin bringt eigene Ideen mit ein.

 

Sind Probleme bei der Gestaltung aufgetreten?

Ganz wenig. Eher anfänglich. Besonders bei der Fremdnutzung des Raumes durch andere Klassen. Schüler die einen Klassenraum mitgestalten, entwickeln eine andere Verbundenheit / Verantwortung mit / für den Raum, als fremde Schüler ohne Kontext.

 

Was sind besondere Elemente in der Raumgestaltung, aus Deiner Sicht?

Sesselecke. Langjähriges Projekt aus Zusammenarbeit mit einem Flüchtlingsheim. Geld wurde verdient und davon die Sessel gekauft. Anfängliche Skepsis darüber, ob beige Sessel lange durchhalten in einer Schulklasse. Klassenraum dient auch als Zufluchtsort / Ort der Erholung. Schränke werden tagsüber nicht abgeschlossen (auch mit Laptops / Beamer)

Raum muss alles können (wandelbar sein) und es muss schnell umgesetzt werden können.

 

Kannst Du ein Beispiel für pädagogische Ideen bei der Gestaltung nennen?

Picknicktisch – entstanden aus der Zusammenarbeit mit einer Sonderpädagogin. Kinder können so auch in Kleingrupppen arbeiten, ohne den Unterricht zu stören und ohne die Klasse verlassen zu müssen. Tisch wird darüber hinaus für alles genutzt, ob Spiele, zum Frühstücken etc. Somit keine Stigmatisierung – Tisch für die Doofen.

 

Inwieweit seid Ihr autark bei der Gestaltung eures Klassenraums?

Brauchen nicht für alles eine Genehmigung und haben einen großen Gestaltungsspielraum.

Viel in Absprache mit der Schule. Auflagen bei Themen wie Sicherheit / Brandschutz.

 

Wie habt ihr die Finanzierung gestaltet?

Sachspenden, Klassenkasse. Aktionen wie Verkauf von Sachen. Jeder kann sich finanziell einbringen wie er kann und möchte. Lehrerin beteiligt sich auch finanziell. Thema Geld in dem Schulstadtteil ein Thema und wird diskret behandelt. – Kein Vergleich / keine Verlegenheit, wer was gegeben hat.

 

Was ist bei den Schüler_innen besonders gefragt? Gibt es eine Funktion des Raums, die häufiger genutzt wird als andere?

Tischkicker und Sessel sind die Hauptspots. Kicker eher laute Zone – Sesselecke eher zum Zurückziehen oder zum Diskutieren in Gruppen. Letztendlich werden alle Bereiche angenommen / genutzt – ansonsten würden Sie umgestaltet oder entfernt werden. Raum muss sinnvoll <-> funktional bleiben.

 

Gibt es Raumelemente, wo Du sagen würdest, dass sie pädagogische Prozesse besonders befördern?

Im Prinzip ist jedem Element eine pädagogische Funktion zuzuordnen. Je nach Situation und Anspruch (z.B. Gruppentisch im Unterricht)

 

Welche Möglichkeiten der Differenzierung bietet der Raum?

Je nach Anspruch und Aufgabe verschieden (z.B. Gruppentisch als Differenzierungsbereich)

Einsatz von verschiedenen Medien; Materialien ohne den Raum verlassen zu müssen. Stationenlernen. Klasse als Ganzes lassen.

 

Inwieweit bietet der Raum Möglichkeiten für unterschiedliche Sozialformen des Lernens?

Durch den Aufbau. Vom klassischen Unterricht bis hin zur Partnerarbeit, Gruppenarbeit oder Einzelarbeit (z.B. beim Lesen – Leseecke)

 

Inwiefern wird selbständiges Lernen durch den Raum unterstützt?

Unterstützung vorrangig durch das Material (selbst / Weiterbildung / Differenzierung oben + unten) Alles nutzbar im eigenen Klassenraum. Viele Interaktionsmöglichkeiten schaffen. Nicht nur SOL-Lernen.

 

Inwieweit spielt Digitalisierung in Deiner Klasse eine Rolle?

Verwendung digitaler Medien mit dem Ziel: praktikabler Weg, Sachen interaktiv, schnell anschaulich zu machen. Großer Einsatz von Präsentationssoftware mit dem Ziel, dass sich Kinder daraus möglichst viel erschließen können. Teilweise auch in Verbindung mit analogen Lernmitteln. Einsatz von Gif / Filmen zur Unterstützung.

Anfangs Handy-Verbot. Wurde gekippt – Ziel: einen angemessenen Umgang mit dem Medium finden. Handy / Tablet auch als Hilfsmittel / Bestandteil beim Einsatz von Digitalen Medien. Ziel: Schüler_innen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Handys zu zeigen (nicht nur soziale Netzwerke / Spiele)

Keine klaren Regeln zur Handynutzung: Es versteht sich von selbst, wann, wofür und in welchem Umfang das Handy genutzt werden soll. Klappt nicht immer – Gespräch über die Situation.

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