Inklusion an der Schule – Behindert sein und werden

Inklusion an der Schule

  1. Welche Modelle von Behinderung sind Ihnen in Ihrer eigenen Bildungsbiografie und den schulischen Erfahrungen als angehende Lehrkraft begegnet? An welchem Zuweisungspraktiken (z.B. durch Äußerungen) machen Sie das fest? (zum Weiterlesen: Waldschmidt, 2005)

In meiner Grundschulzeit besuchten zwei Asperger Autisten meine Klasse. Dabei ist zu erwähnen, dass die beiden Schüler unterschiedlich stark ausgeprägte Autisten sind. Der eine wäre wohl kaum aufgefallen, hätte unsere damalige Klassenlehrerin diese Besonderheit unerwähnt gelassen. 

Der andere Schüler ist schon ziemlich auffällig gewesen: Größere Gruppen nahm er als chaotisch war und er konnte die Maße an Reizen und Information nicht verarbeiten. Auch im zwischenmenschlichen Bereich hatte er kommunikative Schwierigkeiten, was dazu führt, dass er eher mit den Mitschüler*innen der befreundet war als mit den anderen Schüler*innen. 

Ich war damals, und bin es noch, sein Nachbar, sodass wir uns von Anfang an kannten und gut verstanden. Jeder wusste eben um die Besonderheiten bezogen auf beispielsweise soziale Weltsicht. Deshalb gab es zwischen uns keine Streitigkeiten oder Ähnliches. Kinder stellen sich eben keine Grundsatzfragen wie: Passt der Mensch überhaupt zu mir? 

Für zählten nur gemeinsam Interessen. 

Im Rückblick reflektierend denke ich, dass die Erwachsenen damals teilweise problematisch gehandelt haben: Die Lehrkräfte haben seinen Asperger Autismus zum problematischen Tabu erklärt, über das keiner offen reden sollte. Dabei waren für mich zunächst unverständliche Reaktion auf soziale Situationen seinerseits kein Problem mehr, als ich wusste, wie und warum er so handelte, sich so verhielt. An dieser stelle verweise ich auf die Folie 9 der 10 Ringvorlesung, auf der genau der Unterschied zwischen: Die Person ist behindert und die Person wird behindert geschildert wird. 

Ich denke also, dass zur wirklichen Inklusion nicht nur die Lehrkräfte aufgeklärt werden müssen, sondern auch die Mitschüler*innen und der*die „Betroffene“. Soziale Gruppen basieren auf Kommunikation und diese bedingt Verständnis und angemessenes Deuten von Reaktionen und Antworten. 

Diese Erkenntnis werde ich mitnehmen und brauchen für meine zukünftige Tätigkeiten als Lehrkraft.

 

2.  Bitte reflektieren Sie die Erfahrungen mit Exklusion und Inklusion in der Bildungsbiografie der beiden Gäste (Frau Dittmann und Herr Palkowski) vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Erfahrungen:

Gab es Punkte in meiner Bildungsbiografie, an denen mein Bildungsweg befördert wurde? An denen er begrenzt wurde? Was spielte hierbei eine Rolle? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für mich als angehende Lehrkraft?

 

Zunächst ist zu erwähnen, dass Frau Dittmann taub geboren wurde und Herr Palkowski durch einen Unfall körperlich eingeschränkt wurde. Beide haben an verschiedenen Stationen ihrer Bildungsbiografie sowohl angemessene Unterstützung von Schule, Ausbildungsstätte und Klassenkamerad*innen erhalten. Allerdings schildert beispielsweise Frau Dittmann Ausgrenzung ihrer Mitschüler*innen, als sie das Gymnasium besuchte. 

Die beiden Fälle zeigen, dass Inklusion mehrebig stattfinden muss: Einmal müssen die wirtschaftlichen und schulischen Institutionen an einem Strang ziehen, die Gesellschaft muss das recht auf Inklusion einfordern und vor allem müssen die politischen Vertreter Gelder für beispielsweise Barrierefreieanpassungen bereitstellen. Diese Ebenen sind unabdingbar um wahre Inklusion und eine gleichberechtigte Teilhabe der Betroffenen an Gesellschaft, Wirtschaft und letztendlich am Leben selbst zu realisieren.

Dafür ist es in erster Linie für uns als angehende Lehrkräfte wichtig Inklusion nicht als unnötig und zusätzliche Kosten zu begreifen, sondern als Handlung der Empathie und vor allem als Investition in Menschen, die Hilfe brauchen und die, wenn ihnen geholfen wurde, einen unverzichtbaren Beitrag an die Gesellschaft leisten können. So finde ich, ist es unsere Pflicht als angehenden Lehrkräfte diese Gedanken und Ansichten zur Inklusion in die Klassenzimmer zu bringen.

 

3.  In der Vorlesung wurde auch die Perspektive von Eltern angesprochen. Bitte schauen Sie sich das Video zum Engagement von Eltern (Gespräch mit Elke Gerdes) an: https://uni-bremen.de/themen/engagement-von-eltern/:

Welche Meinung haben Sie zum Elternwahlrecht? Was sind Vor- und Nachteile?, Welche Bedeutsamkeit messen Sie der Zusammenarbeit mit Eltern bei und was sind zentrale Gelingensbedingungen? (zum Weiterlesen: Wocken, 2017)

 

Wocken definiert das Elternwahlrecht als „das Recht der Eltern von Kindern mit Behinderungen […], zwischen einer inklusiven Unterrichtung an einer allgemeinen Schule und einem Unterricht an einer separierenden Sonder- oder Förderschule frei zu wählen“ (Wocken, 2017).

Prinzipiell finde ich das Elternwahlrecht als richtig und wichtig. Der einzige Aspekt, der bei der Schulwahl zählen darf, ist das Kindeswohl. Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich durch eigene Erfahrung – ich arbeite an einer Schule – weiß, wie desaströs manche Schulen ausgerüstet und wie eng Budgets für inklusive Maßnahmen gefasst sind. Deshalb habe ich im vorherigen Teil des Beitrages auf die Politik verwiesen: Damit Eltern eine wirkliche Wahl haben und wirklich Inklusion stattfinden kann, müssen ausreichend finanzielle Mittel für Schulen und Ausbildungsstätten vorhanden sein. Das lässt sich am Beispiels aus Aufgabe 2 kennen, als die Schule Herrn Palkowskis keine Brandschutztüren angeschafft hat – vermutlich wegen fehlenden finanziellen Mitteln. Das ist für mich ein unaushaltbar desaströser Zustand und eine Verletzung der Integrität der Menschlichkeit. Zusammenfassend bestehe ich auf das Elternwahlrecht mit gleichzeitiger Prämisse des radikalen politischen Umdenkens, wenn es um die Förderung von Inklusion geht.

Zentrale Gelingensbedingungen bei der Schulwahl sind allerdings nicht nur diese beiden Voraussetzungen, sondern ebenfalls, dass die Eltern die Möglichkeit bekommen, sich von Experten beraten zu lassen. Beispielsweise Ärzte, Psychologen, sonderpädagogische Lehrkräfte, etc.

Außerdem sollte ab einem gewissen Zeitpunkt das Berufsziel beziehungsweise auf eventuell Berufsoptionen hingearbeitet werden, damit jede*r die Möglichkeit hat, den individuell richtigen Schulabschluss machen zu können.

Quellenverzeichnis

Gerdes, Elke: Engagement von Eltern. URL: https://path2in.uni-bremen.de/themen/engagement-von-eltern/ (Zugriff: 17.06.2021)

Schwarzenberg, Eileen (2021): „‚Also die Rahmenbedingungen sind absolut entscheidend‘- Junge Menschen mit einer Behinderung berichten retrospektiv über ihre Erfahrungen in der Schulzeit“ (Zugriff: 17.06.2021)

Wocken, Hans (2017): Wer andern eine Falle stellt, tappt selbst hinein! Über die unfreiwillige Demaskierung des Elternwahlrechts durch die „Inklusionsfalle“, S.1-11.

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