Im Waschsalon (Marie)

Ein Waschsalon ist eines der vielen neuen Dinge, die ich erst in Bremen richtig kennengelernt habe. Ursprünglich komme ich aus der Nähe von München und Waschsalons gibt es dort zwar auch, aber besuchen musste ich noch keinen.

Nach eineinhalb Wochen in einem kleinen Apartment, indem ich für meine ersten drei Wochen in Bremen gewohnt habe und das keine Waschmaschine hatte, fiel mir auf, dass ich keine frischen Sockenpaare mehr hatte. Also ging ich auf Google Maps um herauszufinden, wie weit der nächste Waschsalon von mir entfernt ist. 2,3 Kilometer und laut der App nur neun Minuten mit dem Fahrrad, aber nach eineinhalb Wochen habe ich schon gelernt, dass die Fahrzeit meist sehr optimistisch berechnet ist.

Nach fünfzehn Minuten Fahrradfahren war ich da, habe mein Fahrrad abgesperrt und dann zum ersten Mal ein meinem Leben einen Waschsalon betreten. Es war noch eine andere Person im Raum, die auf einer der Bänke auf ihre Wäsche wartete. Ich ging erstmal zu einem Automaten, an dem man zwischen einer der Waschmaschinen und einem der Waschgänge wählen konnte, und war schon überfordert. Es gab große und kleine Maschinen, Waschgänge bei verschiedenen Temperaturen und mit oder ohne Vorwäsche. Als ich mich dann endlich für eine kleine Maschine bei 60 Grad und ohne Vorwäsche entschieden habe, musste ich feststellen, dass ich nicht genügend Münzgeld dabei hatte, um zu bezahlen. Also wieder aus dem Waschsalon heraus und in den nächstgelegenen Laden, um mir einen zehn Euro Schein wechseln zu lassen.

Zurück im Waschsalon, diesmal mit genügend Kleingeld ausgestattet, habe ich eine Maschine beladen und am Automaten bezahlt. Das Waschmittel gab es daneben in einem kleinen pinken Messbecher und musste noch irgendwie in die Maschine. Wieder eine Herausforderung für mich, da ich keine kleine Schublade, wie bei allen Waschmaschinen, die ich zuvor in meinem Leben gesehen habe, fand. Mit dem kleinen pinken Messbecher in der Hand vor der vollen bezahlten Waschmaschine sah ich scheinbar so verloren aus, dass der Mann, der auch im Salon war, mir zur Hilfe kam, und mir die Klappe auf der Waschmaschine zeigte, wo das Waschmittel eingefüllt werden sollte.

Dann hatte ich 35 Minuten bis ich die Wäsche in den Trockner umladen musste, also beschloss ich ein bisschen in der Gegend zu spazieren. Dass meine Klamotten in der Waschmaschine einfach geklaut hätten werden können, wurde mir dann erst im Nachhinein klar. Aber als ich von meinem Spaziergang zurückkam war meine Wäsche glücklicherweise noch in der Maschine. Mit dem Trockner hatte ich dann immerhin keine Probleme mehr, nur musste ich nochmal 36 Minuten totschlagen. Diesmal blieb ich da, bewachte meine Wäsche und beobachtete geprobte Waschsalongänger:innen bei ihren routinierten Arbeitsschritten.

Es ist warm, es riecht nach frischer Wäsche und im Hintergrund läuft leise Radiomusik, es gibt schlimmere Orte…

Das nächste Mal als ich da war, kam ich mit genügend Kleingeld für Waschmaschine und Trockner, wusste wo das Waschmittel hineingehört und konnte sogar schon anderen hilflosen Menschen, die wohl auch zum ersten Mal in ihrem Leben einen Waschsalon betraten, weiterhelfen.


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Kommentare

2 Antworten zu „Im Waschsalon (Marie)“

  1. Avatar von Lillith
    Lillith

    Der Beitrag ist dir obwohl es um eine eigentlich sehr langweilige und eintönige Sache geht, so witzig und unterhaltsam gelungen, ich bin ganz begeistert. Auch ich muss wahrscheinlich in nächster Zeit mal den ein oder anderen Waschsalon aufsuchen, aber jetzt weiß ich auf jeden Fall worauf ich bei meinem ersten Besuch achten muss (nicht weggehen zum Beispiel haha).

  2. Avatar von Finja
    Finja

    Hi,
    ich habe deinen Beitrag sehr gerne gelesen, da ich die Thematik mega nachvollziehen kann. Auch wenn ich noch nie in einen Waschsalon musste, bin ich mit dem Gefühl der Übervorderung, das du beschreibst sehr vertraut. Ich fande es sehr tröstlich zu sehen, dass auch andere mit den vielen neuen Situationen zu kämpfen haben und ich freue mich, dass du die Herausforderung so gut gemeistert hast!

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