„I’m an Alien… (Mika)

…I’m a legal alien, I’m an Englishman in New York.”

Ich bin zwar weder ein Mann, noch komme ich aus England und New York ist Bremen nun auch nicht gerade. Aber als ich den Song kurz nach meinem Umzug wieder im Radio gehört habe, konnte ich zum ersten Mal wirklich nachvollziehen, was „Sting“ bei diesen Zeilen im Kopf gehabt haben muss.

Dass sich die gewohnte Umgebung ein wenig ändert, wenn man aus einer Kleinstadt in den Tiefen niedersächsischer Flora und Fauna in den Stadtstaat Bremen zieht, war mir zwar klar. Aber leichter machet es die Navigation in der Großstadt auch nicht: Überall Verkehr, Autos, Busse, Bahnen. So viel, so laut. Überall Menschen, beim Einkaufen, auf dem Weg zu Uni. In der SBahn hat man selten Platz. Zum Sitzen ohnehin nicht, zum Stehen, wenn man Glück hat. Kopfhörer rein, Podcast an. Auf die vorbeirasende Umwelt vor dem Fenster konzentrieren, den Lärm ausblenden. Jeden Tag zur Uni. Eine Stunde hin, eine Stunde zurück.

„Be Yourself, no matter what they say.”

Wie schafft man es, sich selbst treu zu bleiben, wenn man keine Zeit mehr für sein altes Leben, für Hobbies und Aktivitäten hat. Nach der Uni den Abwasch machen, aufräumen, Texte lesen, so viele Texte lesen. Obwohl der Kopf schon voll vom Material der Vorlesungen ist und man am liebsten einfach schlafen will…
Wie schafft man es, selbst treu bleiben, wenn man alle seine Freunde zurücklässt. Wenn man in eine neue Stadt zeiht, ohne jemanden zu kennen. Fremde Gesichter, fremde Stimmen in der Stadt, im Supermarkt, im Vorlesungssaal.

Einatmen, ausatmen.

Wie habe ich es geschafft, mir selbst treu zu blieben?
Einatmen, ausatmen. Die Situation akzeptieren, Emotionen wahrnehmen und zulassen.
Ja, es ist schwierig in eine fremde Großstadt zu ziehen. Ja, es ist schwierig niemanden zu kennen. Ja, es ist schwierig gewohnte Routinen und Abläufe hinter sich zu lassen und mit Neuem konfrontiert zu sein. Verdammt schwierig sogar. Ich wusste, dass mir der Auszug schwerfallen wird, also habe ich mir vor dem Auszug ein Ziel gesetzt: Ich will zwei Wochen in Bremen bleiben und zur Uni gehen. Zwei Wochen nur. Einfach nur in der neuen Wohnung sein und zu den Veranstaltungen gehen. Keine weiteren Ansprüche. Nach den zwei Wochen kann ich immer noch abbrechen, kann ich immer noch zurück nach Hause ziehen.
Die zweite Vorlesungswoche ist jetzt um. Ich habe mein Ziel erreicht und bin dageblieben. Und jetzt? Ich habe neue Menschen kennengelernt. Ich habe die Stadt und den Campus kennengelernt. Ich habe angefangen neue Routinen zu entwickeln, neue Strategien zu bilden, um mit der noch ungewohnten Situation klarzukommen.
Ich werde mein Studium nicht abbrechen und auch nicht wieder nach Hause ziehen. Das wusste ich auch schon vor zwei Wochen. Ich hatte es nie wirklich vor. Aber es hilft sich kleine Ziele zu setzten. Zwei Wochen sind deutlich leichter zu schaffen als drei Jahre. Jetzt, wo ich die ersten zwei Wochen überstanden habe, werde ich auch die nächsten zwei Wochen schaffen. Und die nächsten und die nächsten. Und vielleicht die nächsten drei Jahre. Vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.

Was ich weiß, ist, dass ich mir und meiner Liebe zum Lernen treu geblieben bin. Wissenschaft fasziniert mich jeden Tag aufs Neue. Nach jeder Vorlesung, so fertig ich auch bin, denke ich: „Ich weiß, warum ich hier bin. Ich will mehr lernen, mehr Erfahrungen sammeln, mehr verstehen.“ Wie Hank Green, amerikanischer Videoblogger, Autor und Wissenschaftskommunikator in einem seiner besten Songs sagt: „I Fucking Love Science!“.

 

 


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