Abschlussreflexion

22. Juli 2020

Umgang mit Heterogenität – Abschlussreflexion

Die Eindrücke, die ich im Laufe dieses Semesters in der Veranstaltung Umgang mit Heterogenität erlangen konnte, waren sehr vielseitiger Natur. Teilweise konnte ich an Vorwissen anknüpfen, andere Erkenntnisse haben mir ein neues Betrachtungsspektrum eröffnet und mich zum Nachdenken angeregt.

Die theoretischen Erkenntnisse, die ich aus den Ringvorlesungen mitgenommen habe, sind zum einen die verschiedenen Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind und in der Ringvorlesung acht in Anlehnung an Greiner (2019) aufgegriffen wurden.

So problematisiert das Differenzstärkungsdilemma die Maßnahmen, die an inklusive Schulen ergriffen werden, um eine Balance zwischen den verschiedenen Förderbedarfen einzelner SuS zu schaffen. So erhalten SuS unter Berücksichtigung ihres individuellen Leistungspotentials unterschiedliche Aufgabenformate  oder mehr Zeit zur Bearbeitung von Aufgaben. Durch solche durchaus sinnvollen Differenzierungsmaßnahmen, die der individuellen Förderung Einzelner dienen, wird jedoch gleichzeitig die Heterogenität innerhalb der Klasse unterstützt und eine Art Vergleichsdifferenz unter den Schüler entsteht, die mit Abwertungs- oder Beschämungsgefühlen einhergehen kann. Dieses theoretische Dilemma anzuerkennen und einen konstruktiven Umgang damit in der Praxis zu finden, sehe ich als insgesamt als generelle erziehungswissenschaftliche Herausforderung an. Dies zeigt sich auch in dem von mir studierten Fach Englisch zeigt. Im Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule spiegelt sich dieses Dilemma besonders deutlich: SuS mit unterschiedlicher Vorbildung was beispielsweise den Umfang des Vokabelrepertoires angeht, treffen in der weiterführenden Schule aufeinander und die Lehrkraft ist konfrontiert mit heterogenen Leistungspotentialen und -ständen. Auch unabhängig vom Fach Englisch begegnet uns im Unterrichtsalltag beispielsweise im Sportunterricht auf ganz unterschiedliche Art und Weise das Differenzstärkungsdilemma. Hier geht es weniger um Wissensstände sondern eher um das soziale Miteinander, welches bei SuS aufgrund ihres häuslichen Umfeldes, des Einflusses der Eltern oder ihrer individuellen Sozialisation unterschiedlich ausgebildet ist.

Eine weitere theoretische Erkenntnis ist die der nationalen Orientierung des Bildungssystems und die damit verbundene Priorisierung nationaler Unterrichtsinhalte in den Bildungsplänen (Fend, 2009, S.49). Dies wird beispielsweise im Fach Deutsch deutlich, was der Blick für die Wahl von Unterrichtslektüren belegt. Oftmals geht es primär um Autoren, Normen und Inhalte die sich an typischen nationalen Kontexten orientieren. Anders gestaltet sich diese Priorisierung im Fach Religion, das durchaus internationale Weltanschauungen und Kulturen beleuchtet. Auch hier zeigt sich die generelle erziehungswissenschaftliche Herausforderung, die durch die kulturelle Vielfalt den Unterrichtsalltag beeinflusst und gestaltet.

 

Umgang mit Heterogenität zeigt sich im Schulalltag beispielsweise im Rahmen der Genderdynamik. Inszenierung und Zuschreibung sind hierbei zwei Komponenten, zwischen denen oft ein Spannungsfeld entsteht. Während sich die Inszenierung auf die interaktive Selbstdarstellung einer Person bezieht und auf unterschiedlichste Arten nach Außen getragen werden kann, meint die Zuschreibung das, was oft – bewusst oder unbewusst – durch andere und häufig auch im Vorfeld mit einer Person oder einem Geschlecht verbunden oder assoziiert wird. In diesem Zusammenhang treten in Bezug auf Genderdynamik und -pädagogik oft eben genau solche Zuschreibungen auf: So sind es oftmals  Jungs, die mit männlicher Sozialinkompetenz (Kaiser, 195) verbunden werden, während Mädchen tendenziell eher Eigenschaften wie Ruhe, Aufmerksamkeit und Disziplin (Stalmann, 54) zugeordnet werden. An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass nicht nur SuS einer solchen Zuschreibung ausgesetzt sind sondern auch Lehrer*innen werden häufig in Hinblick auf ihr Geschlecht stereotypisiert werden.

 

Die erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die mich bisher besonders angesprochen haben und mich auch in Hinblick auf den weiteren Verlauf meines Studiums interessieren beziehen sich zum einen auf den Umgang mit multikultureller Vielfalt. Zum anderen spricht mich vor allem die Genderdynamik und die Möglichkeiten, die der Raum Schule bietet, um sie konstruktiv in den Unterrichtsalltag zu integrieren.

Ich hätte mir gewünscht, dass während des Seminars mehr auf die Handlungsmöglichkeiten seitens der Lehrkraft eingegangen wird. Auch wenn das immer situationsabhängig und  auch eine subjektive Angelegenheit ist, hätte ich es hilfreich gefunden solche möglichen Szenarien zu diskutieren.

1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.

Während meiner Schulzeit hatte ich keine zwischenmenschlichen Berührungspunkte mit Antisemitismus, bin aber dadurch, dass ich das Geschichtsprofil besuchte und wir den zweiten Weltkrieg behandelten, in diesem Zusammenhang mit dieser Thematik in Berührung gekommen.

Meine Geschichtslehrerin war sehr darauf bedacht, uns genau darüber zu informieren, wie die Situation der Juden damals aussah und auch wie sie sich gegenwärtig verhält. Durch das Halten von Referaten und das Anschauen von Filmen haben wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt. Wir haben in der neunten Klasse eine Klassenfahrt nach Berlin gemacht, während derer wir nicht nur das Denkmal, sondern auch einige Museen besuchten. Diese im Unterricht vorgenommene Aufklärung, hatten einen gewissen präventiven Charakter, denn entgegen einiger in der Vorlesung aufgeführter Aussagen, wurde das, was den Juden damals widerfahren ist, nicht unter den Tisch zu kehren versucht, sondern thematisiert, problematisiert und darauf aufmerksam gemacht, dass Antisemitismus auch heute noch ein gesellschaftliches Problem darstellt.

2. Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?

In erster Linie stellt sich mir die Frage, wie ich meine Schüler aufklären und zu kritischem Denken animieren kann, die nicht nur einmal Thema im Unterricht sind, sondern wirklich etwas mit einigen Schülern machen.

Außerdem frage ich mich, wie man als Lehrkraft mit Situationen umgeht, in denen  Antisemitismus zum Ausdruck gebracht wird – ob nun verbal oder eventuell sogar auf körperlicher Ebene. Wann muss ich mich an Vorgesetzte oder Eltern wenden und wie ist bei einer solchen Problematik ein sensibler Umgang mit den Eltern zu hegen?

3. Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

Was sich bereits durch diesen Blogbeitrag zieht, ist das Konzept der Aufklärung, welches auch an dieser Stelle der erste Weg wäre, den ich als Lehrkraft wählen würde. Natürlich muss das unter der Berücksichtigung dessen, was der/die betroffene Schüler*in und die Eltern sich wünschen, geschehen. Durch das Zeigen von Dokumentationen oder Filmen, das Organisieren von Workshops oder Vorträgen, die Zeitzeugen bereit wären zu halten, kann man so viel erreichen und eventuell auch den „Täter“ in diesem Fallbeispiel zum Nachdenken anregen. Zudem würde ich mir die Meinungen anderer Kollegen einholen, um andere Anreize berücksichtigen zu können, die ich als Lehrkraft vorher vielleicht nicht betrachtet habe.

 

 

1) Greiner (2019) formuliert verschiedene Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind. Nehmen Sie zu dreien Ihrer Wahl Stellung.

Kategorisierungsdilemma
Durch präzise Individualdiagnostik und Individualförderung soll es zur Inklusion kommen, so sollen SuS also ihren Bedürfnissen gemäß unterrichtet und gefördert werden. Das Kategorisieren oder auch Schubladendenken, wird innerhalb dieses inklusiven Konzepts abgelehnt. Doch genau hier entsteht das von Greiner geschilderte Dilemma. Wie kann durch die Anwendung solcher Differenzierungsmaßnahmen eine Kategorisierung vermieden werden? Sind diese beiden Aspekte einander nicht unweigerlich ausgesetzt?

Differenzstärkungsdilemma
Da in inklusive Schulen der Förderbedarf unter den SuS stark variieren kann und diese Differenzen oftmals ausgeprägt zu Tage treten, werden vermehrt differenzierende Maßnahmen ergriffen. Dies äußert sich beispielsweise in dem Verteilen unterschiedlicher Aufgaben oder darin, dass Schüler mit einem größeren Förderbedarf mehr Zeit zur Bearbeitung der Aufgaben erhalten.
Einerseits sehe ich die Notwendigkeit, die hinter der individuellen Förderung der SuS steht, anderseits stärken diese Differenzierungsmaßnahmen die Heterogenität innerhalb der Klasse und es entsteht eine Vergleichsdifferenz, die oftmals mit Beschämungs- und Abwertungsgefühlen einhergeht. Die Schädigung des Selbstbewusstseins von SuS, die Bedarf an Förderung haben, ist meiner Meinung nach eine repräsentativ für den Leistungsdrucks, der vielen SuS, ob Förderbedarf oder nicht, zusetzt. An dieser Stelle ist es die Aufgabe der Lehrkraft, in Zusammenarbeit mit den SuS ein Klima herzustellen, in dem die unterschiedlichen Leistungspotentiale anerkannt und nicht als Problem behandelt werden.

Autonomiedilemma
Autonomes Lernen fördert leistungsstarke SuS, erschwert hingegen das Lernen für SuS, die leistungsschwächer sind. Auch hier stehen Abwertungsgefühle und das frustrierende Gefühl, dem Lerninhalt einfach nicht gerecht werden zu können im Vordergrund. Vergleicht man gemeinsam am Ende des Unterrichts die Ergebnisse und sogt dafür, dass alle SuS danach gewissermaßen den gleichen Ausgangspunkt zum Erlernen dieser Inhalte haben, kann man einer solch negativen Entwicklung, wie sie im Autonomiedilemma beschrieben wird, entgegenwirken.

2) Die Vermittlung und Reflexion der deutschen Sprache ist nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. Wo sehen Sie in Ihrem (ggf. zweiten) Fach Möglichkeiten, um
A) Vielsprachigkeit als Ressource zu nutzen,
B) gendersensibel Unterrichtsgegenstände auszuwählen und Aufgaben zu konstruieren. (ACHTUNG! Ein * genügt dafür nicht!)

A) Meiner Meinung nach ist die Vielsprachigkeit der SuS im Englischunterricht ein sehr unterschätzter Aspekt. Vielsprachigkeit kann in diesem Zusammenhang beispielsweise genutzt werden, um die unterschiedliche Grammatik zu vergleichen oder auch, falls die SuS dazu bereit sind, die Sprachen und deren Entwicklung oder Kulturen zu betrachten oder miteinander zu vergleichen. Als Lehrkraft könnte man auch auf historisch-linguistischer Ebene ansetzen und gemeinsam den SuS erarbeiten, wie sich die unterschiedlichen Sprachen gegenseitig beeinflusst haben.

B) Grundsätzlich finde ich es wichtig, den Unterricht gendersensibel zu gestalten und darauf zu achten geschlechtsorientierte Stereotypisierungen zu vermeiden. So kann beispielsweise auf konkrete Lektüre zurückgegriffen werden, die auf das Thema „Gender“ aufmerksam macht. Zudem kann die Lehrkraft Aufgabenstellungen konstruieren, die diese Thematik aufgreifen oder problematisieren, indem man anstelle von „Laura and Maria spent hours at the nail salon“ eventuell sagt „Laura and Maria spent hours at the skate park“ – solche vermeintlich kleinen Abänderungen, signalisieren den SuS, dass keine Stereotypisierung stattfindet und es keinen Grund gibt, Kategorien wie „Das machen nur Mädchen“, „ Das machen nur Jungs“ bestehen zu lassen. .

1) Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler_innen mit Förderbedarf.

Die Aussonderung von Schüler_innen mit Förderbedarf hat sowohl positive als auch negative Konsequenzen: Einerseits sehe ich in der Aussonderung eine Chance, sich intensiv mit dem betroffenen Schüler zu beschäftigen, ihn individuell zu fördern und auf seine ganz eigenen Bedürfnisse, Stärken und Schwächen einzugehen. So können immer noch Lernerfolge erzielt werden, die aber fern ab von dem Druck, mithalten zu müssen, zu Tage treten.

Andererseits ist es an dieser Stelle wichtig festzuhalten, dass es sich hierbei um eine Art der Selektierung handelt, die mit einer Kategorisierung von Schüler*innen einhergeht. Es gibt also gewissermaßen das „gute“ Lernniveau bzw. SuS mit dem „gleichen“ Lernstand und, dem entgegenstehend, das „weniger gute“ Lernniveau“ bzw. SuS mit abweichendem Lernstand, die ausgesondert werden. So geht der Austausch zwischen den SuS mit unterschiedlichen Lernentwicklungen untereinander verloren und das Gewinnen von Lernvorbildern ist in dieser Hinsicht nicht mehr möglich, wäre aber durchaus an einteigen Stellen sehr hilfreich für Motivation und Ansporn.

2) Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler_in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Grundsätzlich geben diese Diagnosen Lehrkräften eine gewisse Richtung an, an derer sich der Inhalt der Beschulung orientieren kann, in dem der Förderbedarf eines Schülers/Schülerin einer übergeordneten Kategorie zugeordnet wird. Der „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ thematisiert hierbei beispielsweise mehr motorische und sensorische Aspekte, in denen Förderung benötigt wird. Der „Förderschwerpunkt Lernen“ zielt mehr auf den Prozess des Lernens ab, ohne sensorische oder motorische Einschränkungen zu berücksichtigen.

Anzumerken ist hierbei, dass SuS individuell zu betrachten sind, also nicht immer in Kategorien zugeordnet werden können. Daher ist es als Lehrkraft wichtig individuelle Wünsche, Zielsetzungen und Bedürfnisse mit in die Förderung einzubeziehen.

3) Wie können Sie im Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Um die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien zu verbessern, kann man als Lehrer im Unterricht beispielsweise auf die Repräsentationsebenen nach Bruner (1971) zurückgreifen. Diese unterscheiden die enaktive, handelnde Ebene, die ikonische, bildhafte Ebene und die symbolische, sprachliche Ebene. Neben diesen Ebenen gibt es auch die basal-perzeptive Ebene, die das Wahrnehmen mit allen verfügbaren Sinnen in den Vordergrund stellt. Auch die Verbesserung der Anschaulichkeit durch Videos trägt, wie auch die anderen Ebenen zur Verbesserung der Zugänglichkeit von Medien/Materialien bei. In diesem Zusammenhang ist es von großer Wichtigkeit, dass Lehrer und Lehrerinnen sich untereinander austauschen, um ihre Ideen und Ansätze in Bezug auf diese Thematik zu verbreiten oder auch zu verbessern und neue Anreize von Kollegen zu erlangen.

4) Wählen sie eines der Lernvideos aus path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für die Komiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Das Video, in dem Carina Kühne, die Trisomie 21 hat, von ihren Erlebnissen und Erfahrungen aus ihrer Zeit in einer Regelschule berichtet, war für mich sehr aufschlussreich. Die Probleme, die sie schildert, traten bereits in der Grundschule auf und äußerten sich insbesondere in Unterschätzung und Ausgrenzung seitens der Lehrerin. Für mich überraschend, war der Alltag mit ihren Mitschülern hingegen geprägt von Unterstützung. Carina Kühne appelliert im weiteren Verlauf des Interviews an Lehrer*innen und auch angehende Lehrer*innen, einen weniger vorurteilsbehafteten Umgang mit Schüler*innen, deren Förderbedarf ausgeprägter ist als der anderer SuS, zu pflegen.

Die Gefühle und Wünsche, die Carina Kühne nicht nur gegenüber der Vergangenheit sondern auch gegenüber zukünftiger Lehrer hat, haben für mich verdeutlicht, dass es wichtig ist, innerhalb des umfangreichen, komplexen Bereichs der Inklusion zuzuhören und Rücksicht zu nehmen, anstatt zu kategorisieren und auszusondern.

  1. Grundsätzlich ist unter „nationaler Orientierung des Bildungssystems“ die inhaltliche und sprachliche Ausrichtung eines Bildungsapparats auf das Land, in dem er angewendet wird, zu verstehen. Um diese einschlägige Schultheorie zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, einen Blick auf die Bildungspläne zu werfen, an denen sich die Unterrichtsinhalte orientieren. Es zeigt sich deutlich, dass sich diese sowohl im Geschichts- als auch im Wirtschafts- und Politikunterricht schwerpunktmäßig auf nationaler Ebene bewegen. Aus meiner eigenen schulischen Erfahrung ist mir allerdings der Religionsunterricht als ein Fach in Erinnerung, das sich teilweise Themenbereichen geöffnet hat, die deutlich über den nationalen Kontext hinausgehen. Trotzdem zeigen die gängigen Bildungspläne eine deutliche Priorisierung national orientierter Unterrichtsgegenstände, durch die folglich Werte und Wissen vermittelt werden, die sich durch die Generationen ziehen und somit zum Erhalt der nationalstaatlich verfassten Gesellschaft (Fend 2009, S. 49) beitragen. Dem Aspekt der Migration wird hierbei keine maßgebliche Rolle zugeschrieben.

 

  1. Aus dem öffentlichen Diskurs geht hervor, dass die zunehmende Migration die zuvor erläuterte, nationale Ausrichtung des Bildungssystems ins Wanken bringt und Anpassungen des Schulsystems an die Realität fordert. Die Vorlesung hat allerdings gezeigt, dass sich die Umsetzung  der Inklusion zugewanderter SuS in der Praxis für Schulen schwierig gestaltet. Nach wie vor werden vorwiegend selektive Sondermaßnahmen genutzt, um einerseits eine Eingliederung der zugewanderten Schüler zu ermöglichen und andererseits eine Kollision mit den bestehenden Strukturen zu vermeiden. Ziel dieser Exklusion ist es, die zeitliche sowie auch die räumliche Kontinuität des Bildungssystems nicht zu stören und somit das Weiterbestehen der nationalstaatlich verfassten Gesellschaft zu wahren. Die  Vorlesung hat aber auch gezeigt, dass ein Paradigmenwechsel seit 1996 in Gang gesetzt wurde, dessen Ziel es ist und mehr Vielfalt der Kulturen, Traditionen und Religionen anzuerkennen und im schulischen Rahmen umzusetzen. Die Vorlesung hat verdeutlicht, welche Relevanz dieser Thematik obliegt und dass Migration ein Phänomen ist, mit dem man sich als Lehrer kontinuierlich beschäftigen muss, um positiv zu der Inklusion von zugewanderten SuS und/oder SuS mit Migrationshintergrund beizutragen und neben der Herausforderung, die dieser Anspruch stellt, nicht die Chance, die in ihm liegt, aus den Augen zu verlieren.

 

  1. Das angeführte Beispiel verdeutlicht die Problematik von ‚DoingCulture‘ sehr deutlich und zeigt die Erwartungshaltung der Lehrerin gegenüber den Mädchen mit Migrationshintergrund. Sie reduziert Betül und ihre ausländischen Klassenkameradinnen beinahe auf ihre Annahme, dass es aufgrund ihrer Herkunft ein Muss wäre, zu erwähnen, dass Betül mit dem Gedankengut konform geht, das einige Türken teilen. So zeigt sich ganz klar die Stereotypisierung, die die Deutschlehrerin hier vornimmt, ohne zu berücksichtigen, dass Betül genauso wie viele andere türkischstämmige Zuwanderer, die in Deutschland geboren sind, nicht verpflichtet ist automatisch so zu denken, wie es der Meinung der Lehrerin nach angesichts Betüls Herkunftslandes angemessen wäre.

Tatsächlich waren ich, selber Kind mit Migrationshintergrund und meine vier weiteren Mitschüler, die unterschiedlichste Migrationshintergründe hatten, oftmals mit dem konfrontiert was als ‚DoingCulture‘ beschrieben wird. Früh schon hieß es „Und, wie ist das denn bei euch zuhause?“, „Ist es nicht problematisch für deinen Vater, wenn du einen Freund hast?“ oder „Wie? Das stört deine Eltern nicht?“ und „Deine Eltern lassen dich kein Kopftuch tragen?“

Jeder ertappt sich, meiner Meinung nach sicherlich mindestens ein Mal dabei, wie er selbst ‚DoingCulture‘  betreibt, ohne irgendwelche bösen Absichten oder irgendeine besondere Intention zu verfolgen. Es ist ein normaler Prozess, der oft abläuft, ohne dass man es bemerkt, einfach – weil man intuitiv – bestimmte Werte, Ansichten und Konventionen mit einer Kultur verbindet. Dabei sollte jedoch immer Rücksicht darauf genommen werde, dass nicht jede Person das vertritt, wofür ihr Herkunftsland steht, was auch grundsätzlich nicht hinterfragt oder in Frage gestellt werden sollte.

  1. Heterogenität ist unmittelbarer Gegenstand schulischen Alltags und aufgrund vieler Faktoren eine Herausforderung. Lehrer sind gefordert der Vielfalt individueller Leistungspotentiale der Schüler/innen gerecht zu werden. Dies kann sich durchaus als problematisch herausstellen, da oft und teilweise auch unbewusst ein homogenes Lernumfeld als wesentlich leichter zu händeln empfunden wird. Auch in Bezug auf die Didaktik stellt die Heterogenität eine wesentliche Herausforderung dar, denn die Binnendifferenzierung fordert logistische, pädagogische sowie organisatorische Konzepte für den Unterricht. Dabei ist es stets Aufgabe der Lehrenden, eine pauschale Klassifizierung der Schüler/innen zu vermeiden und sie nicht in „Schubladen“ einzuordnen.
  2. Heterogenität hat Konstruktionscharakter, weil sie von bestimmten Maßstäben, die eine Institution wie beispielsweise ein Gymnasium zugrunde legt, kategorisiert wird. Dabei bestimmen die – teilweise subjektiv und somit unterschiedlich wahrgenommenen – Abweichungen von dieser Norm das Maß, mit dem die Heterogenität einer Gruppe gemessen / konstruiert wird.
  3. Während meiner Schulzeit wurde ein Schüler mit nicht deutscher Muttersprache, nachdem er die IVK-Klasse erfolgreich absolviert hatte,  in meine Regelklasse   Während des Unterrichtsgesprächs meldete sich der neue Schüler, um seine Meinung kund zu tun. Aufgrund eines kleinen Versprechers , machten sich meine Mitschüler laut über ihn lustig, was seinerseits zu Verunsicherung  führte. Unser Lehrer nahm dies sofort wahr, unterbrach seinen Unterricht und  problematisierte mit der Klasse gemeinsam,  wie schwer es sei, eine neue Sprache zu lernen. Er betonte, wie weit es der Schüler bereits geschafft habe und dass niemand das Recht habe, jemanden auszulachen, der bereits so viele Fortschritte in so kurzer Zeit gemacht habe. Meiner Meinung nach war das Eingreifen des Lehrers in dieser Situation genau richtig und hat auch den gewünschte Effekt erzielt.

Hallo Welt!

4. April 2020

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