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Abschlussreflexion

1. Benennen Sie die für Sie zentralsten (mindestens zwei verschiedene) theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich als besonders prägnant mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf:

a. Die unterschiedlichen, fachdidaktischen Aspekte und übertragen Sie diese in der Ringvorlesung gewonnenen Erkenntnisse auf die Didaktiken der von Ihnen studierten Fächer. Beziehen Sie sich hierbei auch auf didaktische Erkenntnisse eines Faches, was Sie nicht selbst studieren.

b. Generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht

Insgesamt habe ich durch die Beiträge der Ringvorlesung einen umfangreichen Einblick in die Vielfältigkeit und Relevanz von Heterogenität erhalten. Zuvor war mir nicht bewusst, wie wichtig und herausfordernd der richtige Umgang mit Heterogenität als Lehrperson sein kann. Daher konnte ich viele neue Erkenntnisse in den Bereichen Schule und Unterricht mitnehmen. Dazu gehört auch die Bedeutung des Begriffs Heterogenität, der mir erst durch die Vorlesung deutlich geworden ist. Der erste Vortrag hat uns zunächst gezeigt, was Heterogenität überhaupt meint. Im schulischen Bereich kann der Begriff auf Grundlage des Textes von Walgenbach in vier Dimensionen unterteilt werden. Zum einen legt die Organisation des Schulsystems Homogenität fest, indem beispielsweise Lehrer*innen die Schüler*innen nach einem einheitlichen Curriculum unterrichten sollen. Wiederum besteht diese Schülerschaft nicht aus einer solchen Homogenität. Sie ist im Gegenteil durch heterogene Schüler*innen mit individuellen Eigenschaften, wie Geschlecht, Religion oder auch Migration, gekennzeichnet (vgl. Walgenbach 2017: 36f.). Zu dem stellt sich die Frage, wie man mit dieser Heterogenität didaktisch sinnvoll umgeht beziehungsweise von welchen Methoden dies beachtet wird. Nach Walgenbach müssen diese Unterschiede von der Lehrperson didaktisch sowie pädagogisch berücksichtigt werden (vgl. ebd.: 51). Dadurch wurde mir bewusst, dass die heterogene Schülerschaft die Lehrperson immer wieder vor verschiedenen Herausforderungen stellt. Zum anderen ist die Heterogenität auch eine soziale Konstruktion, die sich aus der Gesellschaft herleiten lässt und in der Schule rekonstruiert wird. Ferner kann Heterogenität laut Walgenbach daher auch als ein Produkt sozialer Ungleichheit verstanden werden (vgl. ebd.: 29). Diese Dimension wird ebenfalls durch die Studie von Gerkmann und Rose aus der vierten Sitzung verstärkt, die die Entstehung und Reproduktion dieser Unterschiede im Unterricht thematisiert (Gerkmann/Rose 2015). Letzteres kann sich Heterogenität im schulischen Kontext nach Walgenbach auch als Chance, Herausforderung oder als Belastung auszeichnen (vgl. ebd.: 26ff.). Dies wird meiner Meinung nach exemplarisch in den Fremdsprachen veranschaulicht, wie beispielsweise Englisch oder Spanisch. Meines Erachtens kann der Fremdsprachenunterricht als Chance angesehen werden, der die Möglichkeit bietet, die Heterogenität mit einzubeziehen. Dies wurde ebenfalls in dem Vortrag der dritten Sitzung und dem darin aufgeführten Modell zur interkulturellen kommunikativen Kompetenz (Byram 1997) dargestellt. Demnach sollen Lehrer*innen sprachliche Kompetenzen und Wissen (saivor) vermitteln sowie darüber hinaus auch interkulturelle kommunikative Kompetenzen schaffen. Daher glaube ich, dass der Fremdsprachenunterricht eine große Bandbreite an verschiedenen fremden Kulturen aufzeigen und somit auch die Vielfalt der interkulturellen Schüler*innen mit einbinden kann.

In Bezug auf meine Studienfächer ist mir besonders der Beitrag zur Migrationsgesellschaft und die Reaktion von der Schule prägend in Erinnerung geblieben. Dabei spielt die nationale Orientierung des Bildungssystems eine wichtige Rolle. Es wurde mir aufgezeigt, dass das Bildungssystem prinzipiell stark an national relevante Inhalte orientiert ist und migrationsgesellschaftliche Fakten in der Schulpraxis oft außer Acht gelassen werden (vgl. Fend 2009: 49). Besonders in meinem Studienfach Deutsch entstehen schnell solche nationalen Orientierungen. Beispielsweise besitzen nicht alle Schüler*innen die gleichen Voraussetzungen in der Sprachbarriere. Dennoch werden diese Grundkenntnisse im Bildungssystem vorausgesetzt und sollen im Deutschunterricht geleistet werden. Aufgrund dessen erhält die migrationsgesellschaftliche Normalität in einem solchen Schulsystem kaum eine Chance. Deshalb ist es besonders wichtig, auf diese Sprachdefizite einzugehen und bei nicht-deutschsprachigen Familien keine differenzierten Handlungen vorzunehmen, um somit zu den Schüler*innen und zu den Eltern eine Bindung aufbauen zu können (vgl. Karakaşoglu/Mecheril 2019). Auch in meinem weiteren Studienfach Politik trägt die Migrationsgesellschaft eine hohe Bedeutung. Ebenfalls ist es äußerst relevant, dass man als Lehrkraft die eigenen didaktischen Mittel und Unterrichtsmaterialen kritisch reflektiert und diese so auswählt, dass sie den Umgang mit Migration berücksichtigen (vgl. Karakaşoglu/Mecheril 2019). Demzufolge sollte der Politikunterricht nicht nur auf das deutsche Regierungssystem ausgerichtet werden, sondern breitflächig auf internationale Themen ausgeweitet werden, wie beispielsweise Nah-Ost-Konflikte oder auch auf die EU-Politik.

 

2. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte, Lehrer*innenhandeln), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen im Rückblick auf Ihre eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Berichte aus der Praxis, ggf. auch schon eigene Praxiserfahrungen) den Schulalltag besonders stark  und warum?

Rückblickend auf meine eigenen Praxiserfahrungen bin ich der Meinung, dass die Inklusion ein wesentlicher Bestandteil in der Schulpraxis ist. Zwar bin ich in meiner eigenen Schulzeit leider nur wenig mit der Thematik in Kontakt getreten, jedoch konnte ich durch mein freiwilliges soziales Jahr an einem Gymnasium einige Erfahrungen sammeln. Der Vortrag aus der sechsten Sitzung zeigte mir, dass sich das Risiko einer „inkludierenden Exklusion“ noch stark im Schulalltag auszeichnet (vgl. Stichweh und Windolf 2009). Nach der Grafik von der KMK aus 2018 hat sich zwar die Inklusion im Schulsystem deutlich verbessert, jedoch sind die Anpassungen an sonderpädagogische Förderbedarfe deutlich verbesserungswürdig (KMK 2020). Solche inklusiven Fördermaßnahmen habe ich ebenfalls in meinem Praxisjahr erlebt. So war beispielsweise die Schule mit mehreren Differenzierungsräumen oder auch mit einem schuleigenen Förderunterricht ausgestattet. Demnach gehörte es regelmäßig zu meinen Aufgaben, mit Kindern verschiedener Herkunftsländer und heterogener Leistungsfähigkeit in differenzierten Einzel- und Kleingruppen zu arbeiten. Hinzukommend habe ich täglich mit Lehrer*innen und Sozialpädagog*innen zusammengearbeitet, wobei ich sie methodisch sowie didaktisch im Unterricht unterstützt habe. Aus meiner eigenen Schulzeit kenne ich solche Fördermaßnahmen auf diese präsente Art und Weise nicht. Die Schulen, die ich besuchte, waren beispielsweise nicht mit Differenzierungsräumen oder Sonderpädagog*innen ausgestattet. Ebenfalls habe ich durch meine Arbeit in den Sprachanfängerklassen gelernt, wie wichtig heutzutage die Inklusion von Schüler*innen mit einem Migrationshintergrund ist. So wurden beispielsweise an dieser Schule die einzelnen Schüler*innen dieser Klasse bei einer guten sprachlichen Entwicklung in die Regelklassen integriert. Dabei habe ich sie weiterhin begleitet und sie bei der neuen Herausforderung unterstützt.

Rückblickend ist mir ebenfalls durch den Vortrag zur Vielsprachigkeit und Gender als Herausforderung bewusst geworden, wie präsent der Umgang mit Schüler*innen im Schulalltag ist, die Deutsch als Zweitsprache erlernen. Dabei ist mir besonders das Konzept der Sprachaufmerksamkeit (Language awareness) im Gedächtnis geblieben. Während meines Praxisjahres hatte ich die Möglichkeit, parallel zum Unterricht für Kleingruppen Aktivitäten zur Sprachförderungen sowie eine Lese-Rechtschreibförderung anzubieten. Im Nachhinein denke ich, dass mir dieses Konzept den Einstieg noch mehr erleichtert hätte und ich hätte mich damit noch individueller auf die Fähigkeiten der einzelnen Schüler und den jeweiligen Migrationshintergrund einstellen können. Zusätzlich bin ich der Meinung, dass sich die Schüler*innen ebenfalls an diesem Konzept erfreut hätten und man bei ihnen schneller Lernerfolge erzielen hätte können.

 

3. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema UMHET? Welche haben Sie vermisst? Bitte begründen Sie ihre Wahl.

Grundlegend finde ich es wichtig und richtig, dass wir uns als angehende Lehrkräfte mit den facettenreichen Dimensionen von Heterogenität beschäftigen. Doch gerne würde ich mich intensiver mit der gendersensiblen Sprache sowie mit dem Sprechen über Migration beziehungsweise Migrationsgesellschaft auseinandersetzen wollen. Ich finde es besonders spannend zu sehen, wie wir Menschen unsere Sprache verwenden. Oftmals bemerke ich selber an meinem sprachlichen Ausdruck, dass ich unbewusst bestimmte Begriffe verwende, die auf andere stereotypisierend wirken oder sogar rassistisch gedeutet werden können. Aufgrund eines Workshops zu diesem Thema habe ich bereits begonnen darauf zu achten, wie man unbewusst die Sprache oder auch Ausdrücke verwendet. Ich denke, dass es noch zu wenig Schulen gibt, die Rassismus in die Tiefe thematisieren oder migrationsgesellschaftliche Themen miteinbeziehen. Dabei ist gerade dies eine Sache der Erziehung und der Bildung. Daher muss man sich besonders als Lehrkraft die Bedeutung und die Anwendung bestimmter Begriffe wie „Migrant“ oder „Menschen mit Migrationshintergrund“ bewusst werden (vgl. Karakaşoglu/Mecheril 2019).

Des Weiteren glaube ich, dass der Aspekt der gendersensiblen Sprache ein essenzieller Bestandteil der heutigen Gesellschaft ist. Diesen erlebe ich wiederum nur selten außerhalb der Universität und kannte dies aus meiner eigenen Schulzeit zuvor überhaupt nicht. Aber auch hierbei ist es von hoher Relevanz, dass Lehrpersonen mit dieser Art der Sprache bewusst umgehen. Daher denke ich, dass es notwendig ist, dass auch die Heterogenitätskategorie ‚Gender‘ weiter intensiv thematisiert wird.                                Aus diesem Grund empfinde ich eine selbstkritische Reflexion sowie eine weitere Vertiefung hinsichtlich der Sprache von großer Bedeutung, da die Sprache das wesentliche Kommunikationsmittel zwischen Lehrkraft und Schüler*innen ist.

 

Literaturverweis:

Fend, Helmut (2009), Neue Theorie der Schule. 2., durchgesehene Aufl., VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.

Gerkmann, Anna und Rose, Nadine (2015), Differenzierung unter Schüler_innen im reformorientierten Sekundarschulunterricht, Zeitschrift für Qualitative Forschung 16 (2), S. 191-210.

Karakaşoglu, Yasemin und Mecheril, Paul. (2019), Pädagogisches Können. Grundsätzliche Überlegungen zu Lehrer*innenbildung in der Migrationsgesellschaft, In: Doreen Cerny und Manfred Oberlechner (Hrsg.), Das Professionsfeld Schule in der Migrationsgesellschaft. Budrich, Opladen, S.17-32.

Kultusministerkonferenz (2020), Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2009 bis 2018.

Stichweh, Rudolf und Windolf, Paul (2009), Inklusion und Exklusion: Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichtheit, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.

Walgenbach, Katharina (2017), Heterogenität – Intersektionalität – Diversity in der Erziehungswissenschaft. 2., durchgesehene Aufl., utb., Opladen und Toronto.

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Doing it wrong, doesn’t make it wrong – Inklusive Pädagogik und ihre Umsetzung

1. Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf?

Eine Aussonderung von Schüler*innen mit Förderbedarf kann einige gravierende Folgen mit sich bringen. Grundsätzlich kann es zu einer Desintegration und einer ungleichmäßigen Verteilung der Chancengleichheit führen. Bereits aus der vorherigen Vorlesung zum Thema Inklusion haben wir erfahren, dass Bildung ein Grundrecht ist, was für alle gleichermaßen zugänglich sein sollte. Jedoch würde eine grundlegende Ausgrenzung den Schüler*innen und deren Eltern die Chance nicht ermöglichen, sich selbst für eine angemessene Schulform zu entscheiden. Hinzukommend besteht die Gefahr, dass man aufgrund einer Separation Stereotype entwickelt und Sçhüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf stigmatisiert werden. Zum einem werden sie nicht gleichbehandelt und sind dem Risiko ausgesetzt, eventuell auch soziale Benachteiligungen widerfahren zu müssen, da gewisse „Sonderbehandlungen nicht immer positiv von anderen Schüler*innen wahrgenommen werden. Zum anderen werden ihnen nicht die gleichen Bildungschancen gewährt, die besonders für Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf essenziell sind. Darüber hinaus wird ihnen die Existenz von Vorbildern entzogen, weshalb Entwicklungsschwerpunkte wie Sprachentwicklung, motorische Entwicklung und Lernentwicklung eingeschränkt werden können. Des weiteren wird auch die emotionale-soziale Entwicklung eingegrenzt, da ihnen der Umgang mit Schüler*innen ohne Förderbedarf fehlt, an denen sie sich orientieren oder mit ihnen agieren können. Das Schul- und Bildungssystem setzt erste Grundsteine für das zukünftige Leben der Schüler*innen, weshalb eine Aussonderung in der Schule bereits dazu führen kann, dass Schwierigkeiten bei der Integration sowie Anpassungsvermögen auftreten können. Somit wäre eine inklusive Gruppengestaltung wirkungsvoller, da Schüler*innen mit und ohne Förderbedarf ein Umgang mit Heterogenität entwickeln können.

 

2. Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Nützt die Diagnose Down-Syndrom Ihnen als Lehrer*in mehr? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Die Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung“ respektive „Förderschwerpunkt Lernen“ gibt den Lehrpersonen lediglich die Information, dass sich gewisse Defizite beziehungsweise Rückstände in der Entwicklung des/der Schüler*in erkennen lassen. Dabei erstreckt sich die Bandbreite dieser Diagnose über verschiedene Möglichkeiten von Beeinträchtigungen. Allgemein lässt sich sagen, dass die Schüler*innen unter Konzentrations- sowie Verständigungsschwierigkeiten und einem verlangsamten Arbeitsprozess leiden. Doch über den/die Schüler*in individuell sagt die Diagnose nur wenig aus. Daher ist es besonders wichtig, an detaillierte Informationen über die Person selbst und dessen individueller Beeinträchtigung zu gelangen, um den Unterricht möglichst angemessen gestalten zu können. Dies gelingt bereits bei einem Austausch mit dem/der Schüler*in selbst, den Eltern oder mit ehemaligen Lehrer*innen. Zum einen kann dadurch erfragt werden, welche Fördermöglichkeiten beziehungsweise Unterstützungsmaßnahmen genutzt wurden und welche sich als hilfreich herausgestellt haben. Zum anderen kann die Lehrperson aber auch den/die Schüler*in persönlich, die Interessen und den familiären Hintergrund begegnen. Daraufhin kann eine individuelle Arbeitsgestaltung entwickelt werden. Ebenfalls können auch die Eltern mit einbezogen werden, in dem sie durch Vor- oder Nachbereitungen des Unterrichts den Lernprozess des/der Schüler*in und die Lehrkraft unterstützen.

 

3. Wie können Sie in Ihrem Unterricht die Zugänglichkeit und Anschaulichkeit von Medien/Materialien verbessern? Welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Die Unterrichtsgestaltung trägt in einer heterogenen Klassengemeinschaft eine hohe Bedeutung und kann individuell auf unterschiedlicher Weise erfolgen. Dafür ist grundsätzlich eine vertraute Beziehungsarbeit zwischen Lehrkraft und Schüler*in als auch Eltern sowie die Zugänglichkeit der Unterrichtsmaterialien für jede/n Schüler*in essenziell. Ebenfalls ist es wichtig, die Interessen und Stärken der Schüler*in zu kennen und diese hervorzuheben. Verschiedene Möglichkeiten der Anschaulichkeit können dazu beitragen. Diese gliedert man in enaktiv (handelnd), ikonisch (bildhaft) und symbolisch (sprachlich). Eine Methode der Unterrichtsgestaltung wäre beispielsweise das Modell des erweiterten Lese- und Schreibbegriffs, wobei ein Text durch Piktogramme oder durch Videos visualisiert werden kann. Eine weitere Option ist die Einbeziehungen der Schüler*innen, die durch Dokumentationen in verschiedenster Form ihre Erfahrungen und Meinungen teilen können. Darüber hinaus kann auch die Raumgestaltung sowie die Zusammenarbeit in inklusiven Gruppen zu einem verstärkten Kollektivgefühl führen, sofern sich die Mitschüler*innen gegenseitig unterstützen und sie sich als Verbündete zusammenschließen. Dabei ist es besonders relevant, keine Absonderungen durchzuführen. Daher besteht die idealste Lösung darin, das Angebot der Unterrichtsmaterialien auf verschiedene Niveaus auszubreiten und somit den Schüler*innen die Chance ermöglichen, sich selbst für eine Variante zu entscheiden. Da sich die Vielzahl der Methoden mitunter aufgrund der Digitalisierung und technischer Hilfsmittel immer mehr erweitert, kann ein Netzwerk zwischen den Lehrkräften konstruktiv sein. Die Lehrkräfte können sich dadurch untereinander austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Beispielsweise würde ein Fond an Unterrichtsmethoden und -inhalten, der für alle lizenzfrei zur Verfügung steht, dazu beitragen die eigene Unterrichtsgestaltung kritisch zu hinterfragen, zu überdenken und neue Methoden, die das Lernverhalten eventuell sogar verbessern, durchzuführen. Zusätzlich kann sich eine fächerübergreifende Verständigung der Lehrkräfte über die Lernfortschritte eines/r Schüler*in vorteilhaft auswirken.

 

4. Wählen Sie eines der Lernvideos auf path2in.uni-bremen.de aus, schauen Sie es sich an und schreiben Sie kurz eine begründete Empfehlung für Ihre Kommiliton_innen, warum es sich ggf. lohnt sich das Video anzusehen.

Ich habe mir den Podcast zum Thema Inklusion in der Sekundarstufe – ein Interview über Zijush Djeladin und Muhannad Sarha angehört. Die Auswahl dafür traf ich sehr schnell. Ich bin der Meinung, dass man auch der Sichtweise der Schüler*innen eine hohe Bedeutung zutragen sollte, da sie diejenigen sind, die wesentlich von dem Themenbereich Inklusion in Schulen betroffen sind. Die beiden Schüler im Interview besitzen offensichtlich einen Migrationshintergrund und sprechen darüber, wie sie damals in die Klassengemeinschaft aufgenommen wurden. Sie teilen mit uns ihre positiven Erfahrungen und erzählen uns, dass sie sich bei einem neuen Mitschüler*in gegenseitig vorstellen, sich über ihre Interessen austauschen und die Person herzlich in ihre Klassengemeinschaft aufnehmen. So sagt beispielsweise einer der beiden Schüler: „man ist nie alleine“.Ich finde, dass sich hieran gut erkennen lässt, dass eine inklusive Klassengemeinschaft wirkungsvoll ist. Darüber hinaus sprechen sie über die Raumgestaltung ihres Klassenraums und über ihre Projektarbeit. Es stellt sich heraus, dass die Lehrerin ihre Schüler*innen regelmäßig mit einbindet. Sie dürfen alle gemeinsam an der Gestaltung ihres Klassenraums teilnehmen und dürfen eigene Entscheidungen treffen. Somit ist der Klassenraum seit der 5. Klasse mit ihnen gemeinsam gewachsen und sie behaupten selbst von sich, eine besondere Klasse zu sein. Ebenfalls auffällig für diese Klasse ist die vielzählige Projektarbeit, die sich vermehrt an der Flüchtlingsarbeit orientiert. Dadurch können die Schüler*innen fremde Kulturen kennenlernen und es könnte erreicht werden, Vorurteile und Benachteiligungen entgegenzuwirken. Hierbei lässt sich gut feststellen, dass ein starkes Zugehörigkeitsgefühl aller Schüler*innen und eine gute Beziehungsarbeit zwischen Lehrkräften und Schüler*innen in einer inklusiven/heterogenen Gruppe durchaus möglich ist.

Generell finde ich das Projekt sehr empfehlenswert, besonders für angehende Lehrer*innen. Man erhält die verschiedensten Sichtweisen von mehreren Personen zu dem Thema und man kann sich somit einen Eindruck darüber verschaffen. Ich finde es wichtig, sich Meinungen von anderen Menschen anzuhören, auch wenn diese von der eigenen abweichen. Man sollte in der Lage sein, seine eigene Meinung auch hinterfragen zu können und sich somit weiterzuentwickeln. Dennoch ist das Thema Inklusion nicht mit einem Video oder Podcast abgeschlossen. Es ist wichtig, sich darüber hinaus weiterhin mit der Thematik auseinander zu setzen, da Inklusion ein Prozess ist, der von der Gesellschaft konstruiert wird. Jeder kann dazu beitragen, dass die Entwicklung der Inklusion einen positiven Verlauf nimmt, in dem jeder über seine Einstellung nachdenkt und sich weiterbildet.

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Meint Inklusion wirklich alle? – Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung

1. Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und
begründen Sie die Auswahl.

Die zentrale Aussage der Vorlesung besteht darin, dass Inklusion mehr als nur dabei sein und mehr als nur das Gleiche für alle bedeutet. Inklusion meint dabei nicht, ein Kennzeichen einer einzelnen Person, sondern ein Prozess, der sozial konstruiert wird. Entscheidend dafür ist es, eine Behinderung nicht als persönliches Problem wahrzunehmen. Der Weg zur Inklusion erfolgt dabei in fünf Phasen. Die Exklusion (der Ausschluss von Kindern mit einer Behinderung) soll durch eine Separation mit sogenannten Förderschuleinrichtungen folgend von einer Integration in den Regelschulen abgeschafft werden. Dabei werden die Kinder in das bestehende Schulsystem integriert, hingegen sich das System nicht an die neuen Verhältnisse anpasst. Daher wird die Integration erweitert und optimiert, sodass alle Kinder mit einem sonderpädagogischen Bedarf Regelschulen besuchen können. Dahinter steckt der Rechtsanspruch, dass Bildung ein Grundrecht ist, weshalb alle Schüler*innen den Anspruch auf eine Beschulung außerhalb von Förderzentren besitzen. Trotz dessen, dass eine Entwicklung der Vielfalt zur Normalität sichtbar wird, ist dennoch ein gewisser Grad der Exklusion weiterhin erkennbar. Es besteht die Gefahr, dass Inklusionsmaßnahmen zur erneuten Desintegration führen. Anschaulich wird dies mitunter an der schulischen Organisation wie Sondereinrichtungen und Sonderlehrpläne oder unteranderem auch durch Sonderbehandlungen in Form von pädagogischen Assistenzen oder differenzierter Unterricht in separaten Räumen. Darüber hinaus ist für das Inklusionsverständis ausschlaggebend, nicht nur Sonderförderungsbedarfe zu betrachten, sondern auch alle weiteren Heterogenitätsdimensionen (Ethische Herkunft, Geschlecht und soziokultureller Hintergrund) einzubeziehen und Zusammenhänge herzustellen. Des weiteren sollte das System so inklusiv gestaltet sein, dass räumliche und sachliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, wodurch die Schüler*innen nicht mehr behindert werden können. Eine Dekategorisierung und ein Ausbau des schulischen Inventars sind dafür wesentlich relevant.

Worüber ich besonders erstaunt war, ist die prozentuale Verteilung der Förderschwerpunkte, die 2018 von der KMK ermittelt wurde. Als größter Förderschwerpunkt stellt sich dabei das Lernen mit 34,6 % heraus. Hinzukommend ist bemerkenswert, dass der Anteil der Schüler*innen mit sonderpädagogischer Förderung an Regelschulen um 22,5 Prozentpunkten im Gegensatz zum Jahr 2009 gestiegen ist. Beide Aspekte hätte ich so nicht erwarten respektive erahnen können.

 

2. Lesen Sie bitte die Fallbeispiele (siehe unten) und beantworten die Fragen. Reflektieren Sie bitte anschließend Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen:

Wie bereits erwähnt, ist das Risiko der „inkludierenden Exklusion“ noch ein großer Bestandteil in den meisten Unterrichtsformen. So hat sich zwar die Inklusion im Schulsystem deutlich verbessert (Grafik von der KMK aus 2018), jedoch ist eine Anpassung an sonderpädagogische Förderbedarfe noch deutlich verbesserungswürdig. Solche Differenzen werden auch in den einzelnen Fallbeispielen deutlich aufgezeigt. Anhand des ersten Fallbeispiels wird bereits ersichtlich, dass notwendige räumliche sowie sachliche Rahmenbedingungen in Regelschulen nicht ausreichend gegeben sind. Damit Finn konzentriert arbeiten kann, benötigt er einen ruhigen Arbeitsplatz, jedoch sind gewisse Differenzierungsräume nicht in allen Schulen vorhanden. Hinzukommend sind dafür auch weitere Lehrkräfte erforderlich, die den Unterricht begleiten und auf die Bedürfnisse der Schüler*innen individuell eingehen. Wie das vierte Fallbeispiel zeigt, kann eine solche individuelle Unterstützung besonders im Bereich der geistlichen und körperlichen Entwicklung hilfreich sein. Wiederum können solche Inklusionsmaßnahmen auch zu Ausgrenzungen führen. So zeigt das zweite Fallbeispiel, dass Sonderbehandlungen nicht immer positiv von den Schüler*innen wahrgenommen werden. Hannah würde viel lieber an dem Regelunterricht teilnehmen, anstatt spezielle Aufgaben bearbeiten zu müssen. Dies zeigt, dass Förderbedarfe individuell eingesetzt werden müssen und Fördermaßnahmen nicht immer den erwünschten Effekt mit sich bringen oder eventuell sogar die Leistungen abschwächen. Das dritte Fallbeispiel könnte diese Annahme verstärken und zeigt auf, dass man die individuellen Stärken der Schüler*innen fördern sollte und sie somit an den neuen Herausforderungen wachsen können.

a. Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (u.a. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, muss ich sagen, dass ich nur wenig mit dem Thema Inklusion im schulischen Bereich in Kontakt getreten bin. Solang ich mich zurückerinnern kann, gab es lediglich nur einen Schüler aus meiner Grundschulklasse, bei dem sich ein sonderpädagogischen Förderbedarf vermuten lassen konnte. Er hatte Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und hat sich oft gegenüber Lehrpersonen und uns Mitschüler*innen aggressiv verhalten, weshalb wir uns häufig vor ihm fürchteten. Er saß grundsätzlich an einem Einzeltisch und erhielt andere Aufgaben, als der Rest der Klasse. Kurz bevor er die Schule gewechselt hat, wurde er von einer pädagogischen Assistenz begleitet. Im Nachhinein denke ich, dass diese Methoden, wie das Sitzen am Einzeltisch, eine Ausgrenzung sowie unsere Angst vor ihm verstärkt haben. Ebenfalls finde ich es schade, dass er von einem auf dem anderen Tag nicht mehr in unser Klasse war und uns Schüler*innen kein Grund dafür genannt wurde. Ich bin der Meinung, dass man uns Schüler*innen mit dem Thema hätte konfrontieren sollen, da so vermittelt wird, dass eine Andersartigkeit nicht in den Regelschulbetrieb „reinpasst“.

b. Welchen Meinungen sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Ich habe nach dem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr an einem Gymnasium absolviert, wodurch ich deutlich mehr Erfahrungen und Eindrücke in dem Bereich Inklusion sammeln konnte. Mein Aufgabengebiet ähnelte dabei zum Teil sehr der Tätigkeit einer pädagogischen Assistenz. An der Schule gab es eine Alphabetisierungsklasse in der ich ebenfalls eingesetzt wurde. Meine Aufgabe in der Klasse war es, einige leitungsschwächeren Schüler*innen individuell zu unterstützen, was meistens separat in Differenzierungsräumen stattfand. Ich wurde aber auch in den Unterricht von Regelklassen mit eingebunden. Beispielsweise hat sich ein Schüler aggressiv gegenüber einer Lehrerin verhalten, woraufhin ich den Unterricht als weitere Person an der Seite des Schülers begleiten sollte. Des weiteren wurde bei einem anderen Schüler frühkindlicher Autismus diagnostiziert, weshalb ich ihm als „pädagogische Assistenz“ zur Seite gestellt wurde. Die Intention der Lehrerin war es, dadurch feststellen zu können, ob der Schüler eine individuelle Unterstützung annimmt, um dann eine professionelle pädagogische Assistenz zu engagieren. Dabei ist mir aufgefallen, dass der Schüler im Unterricht maßgeblich überfordert ist und man nicht in der Lage war, die Wissenslücken in der Zeit aufzuholen, ohne dabei die Mitschüler*innen zu stören.

Ich persönlich bin bei der Frage der Inklusion von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Oberschulen und Gymnasien etwas zwiegespalten. Auf der einen Seite finde ich Inklusion in Schulen grundsätzlich wichtig und richtig.  Auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass eine Inklusion bei maßgeblicher Überforderung der Schüler*in nicht unbedingt die idealste Lösung ist. Während meines Freiwilligenjahr habe ich vermehrt Situationen erlebt, dass Eltern oft nach ihrer eigenen Auffassung über ihre Kinder entschieden haben, ohne dabei die Meinungen und Wünsche ihrer eigenen Kinder zu berücksichtigen. Meiner Meinung nach sollte man sich daher individuell nach den Bedürfnissen und Wünschen der Kinder für eine angemessene Schulform entscheiden.

 

3. Formulieren Sie bitte eine Beobachtungaufgabe für den inklusiven Unterricht für zukünftige Praktika.

Eine Frage, die man sich stellen könnte, um die Handlungen der Lehrkräfte zu beobachten, wäre beispielsweise:

Wie reagiert die Lehrkraft auf Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf? Welche Mittel und Methoden werden für die inklusive Gestaltung des Unterrichts eingesetzt?

Des weiteren könnte man sich folgende Beobachtungsfragen stellen, um auch die Schülerperspektive zu betrachten:

Werden Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf von ihren Mitschüler*innen erkannt beziehungsweise wahrgenommen? Wie werden sie von ihren Mitschüler*innen behandelt und werden sie in Gruppenarbeiten integriert? Welche Reaktionen werden gegenüber den „Sonderbehandlungen“ von den Schüler*innen selbst und deren Mitschüler*innen geäußert?

Aus aktuellem Anlass kann auch eine weitere Beobachtungsaufgabe gestellt werden:

Hat sich der Fortschritt der Inklusion aufgrund der Corona-Pandemie verändert? Haben sich die Differenzen zwischen den Schüler*innen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf zu den Schüler*innen mit sonderpädagogischen Förderbedarf vergrößert?

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„Lässt sich ‚Heterogenität‘ im Klassenzimmer beobachten und was sieht man, wenn man so guckt?“

1. Wie begründen die Autor*innen, dass sie nicht ´Differenz´ sondern ´Praktiken der Differenzierung` untersuchen wollen? Können Sie hier auch Bezüge zur Einführungsvorlesung über „Heterogenität“ herstellen?

Die beiden Autor*innen Rose und Gerkmann fokussieren sich in ihrer Studie nicht auf ‚Differenzen‘, sondern vielmehr auf die ‚Praktiken der Differenzierung‘. Dies begründen sie, in dem sie den Begriff ‚Differenz‘ definieren und erklären, dass ihnen die Bedeutung des Begriffs nicht ausreicht. So meint Differenzierung allgemein gesagt eine vereinfachte Darstellung von Unterschieden. Allerdings existieren diese Unterschiede nicht ohne Grund, sondern werden erst durch das Differenzieren eindeutig und veranschaulicht (Gerkmann/Rose 2015: 193). Aus diesem Grund ist das Ziel dieser Studie nicht nur die offenbaren Unterschiede im Klassenraum darzustellen, sondern einen Prozess aufzuzeigen, wie diese Unterschiede entstehen und wie diese von den Schüler*innen selbst wahrgenommen beziehungsweise selbst konstruiert werden. Laut Rose und Gerkmann sind Differenzierungen von der Gesellschaft sozial konstruiert worden und von den intersubjektiven Norm- und Wertvorstellungen abhängig (Gerkmann/Rose 2015: 193). Dies verstärkt mitunter auch rotierendes Verhalten und expliziert, dass praktische Differenzen immer im Verhältnis zum normenbezogenen Maßstab stehen.

Diesbezüglich werden Parallelen zu dem Begriff der Heterogenität deutlich. Heterogenität ist ebenfalls eine soziale Konstruktion und lässt sich aus Sicht der Gesellschaft herleiten. Generell meint Heterogenität die Differenzen zwischen Personen in Bezug auf soziokulturelle Merkmale, wie Geschlecht oder auch ethische Herkunft. Dabei werden diese gleichermaßen in Bezug zur gesellschaftlichen Norm gesetzt. Auch im schulischen Bereich stellt Heterogenität die Lehrpersonen immer wieder vor didaktischen und pädagogischen Schwierigkeiten.

Daher sollen die Praktiken der Differenzierung in einem schulischen Kontext ermittelt werden.

 

2. Die Studie befasst sich mit individualisiertem Unterricht in der Sekundarschule und analysiert Kommunikationsprozesse zwischen Schüler*innen in der Gruppenarbeit im Projektunterricht. Inwiefern spiegelt sich in diesen Prozessen die „soziale Konstruktion von Leistungen“ wider? Anders gefragt: Wie stellen die Schüler*innen leistungsbezogene Differenz her?

Die Ausgangssituation der Studie ergibt sich dergestalt, dass die Klasse eine Aufgabenstellung in Gruppenarbeit bearbeiten soll. Dabei werden zwei Gruppen explizit betrachtet und untersucht.

Die erste Gruppe setzt sich aus zwei Mädchen und zwei Jungen zusammen, wobei diese Gruppenkonstellation zunächst nicht freiwillig entstanden ist. Erst auf Nachfrage der Lehrpersonen setzt sich die Gruppe zusammen, wobei sich die Lehrperson nur an die beiden Mädchen richtet. Schnell wird deutlich, dass die beiden Mädchen die Besetzung der Rollen sowie die Umsetzung der Aufgaben in die Hand nehmen. Die beiden Jungs hingegen lassen sich anleiten und folgen den beiden Mädchen ohne großen Widerspruch. Allerdings unterscheiden sich die Positionen der beiden Jungs. Zwar werden beide Jungs in eine distanzierte Rolle eingeordnet, wiederum nimmt Leon im Gegensatz zu Hatif gar keinen Einfluss auf die Gruppengestaltung und ist daher als Mitglied dieser Gruppe ersichtlich. An diesem Arbeitsteilungsprozess wird deutlich, dass innerhalb der Gruppe ein engagiertes Paar und ein eher distanziertes Paar existiert, wobei die Mädchen aufgrund von bereits vorher festgelegten und sozialen Umständen den Jungs gegenüber dominieren. Hierbei steht weniger im Mittelpunkt der schulischen Leistungsnorm gerecht zu werden, sondern vielmehr gemeinschaftlich und gerecht als Gruppe zu interagieren. Somit steht die soziale Norm der Kollegialität im zentralen Kontext.

Die zweite Gruppe besteht aus zwei Mädchen und einem Jungen, wobei schnell deutlich wird, dass sich das eine Mädchen die Monopolstellung selbst zuspricht und die Hauptverantwortung übernimmt. Die anderen beiden Gruppenmitglieder beteiligen sich mehr oder weniger an der Gruppenarbeit, obwohl der Junge sich zum Teil gegen die Aufforderung zur aktiven Beteiligung wehrt. Bei dieser Konstellation wird das gemeinschaftliche Arbeiten außer Acht gelassen, dagegen steht die schulische Leistung im Zentrum. So soll die leistungsbezogene Norm erfüllt werden.

An beiden Gruppen lässt sich erkennen, dass eine Arbeitsteilung innerhalb der Mitglieder entsteht. Ebenfalls wird deutlich, dass die Gruppen von der sozialen sowie der leistungsbezogenen Norm angeleitet werden, obgleich die Gewichtung der Normen unterschiedlich stattfindet (Gerkmann/Rose 2015: 204). Dies veranschaulicht auch die Mimik und Gestik der einzelnen Schüler*innen. So wird Hatif, der weiter entfernt vom Tisch sitzt, eine zurückhaltende Rolle zugeschrieben als im Gegensatz zu den beiden Mädchen, die unmittelbar vor dem Arbeitsblatt sitzen.

Es ist festzuhalten, dass gewisse schultypische Differenzierungen entstehen. Leistungsbewertung steht im zentralen schulischen Kontext und nimmt einen großen Bestandteil der Kommunikation im Unterricht ein (Gerkmann/Rose 2015: 206). Die Schüler*innen werden von den Lehrpersonen nach Leistung differenziert und sind sich einer ständig möglichen Leistungsbewertung bewusst. Ausschlagend jedoch ist, dass anhand der Studie nachgewiesen werden kann, wie die Schüler*innen selbstständig diese Differenzen rekonstruieren (Gerkmann/Rose 2015: 206).

Sie nehmen die sozialen sowie leistungsbezogenen Unterschiede gegenüber ihren Mitschüler*innen wahr, positionieren ihre Rolle dementsprechend innerhalb der Gruppe und hierarchisieren sich selbst untereinander.

 

3. Erläutern Sie, inwiefern sich die von Rose und Gerkmann festgehaltenen Beobachtungen von schultypischen Differenzierungen (nicht nur bezogen auf Leistung) innerhalb von Gruppenarbeiten mit Ihren eigenen Erfahrungen decken. Diskutieren Sie Ihre eigenen Erfahrungen vor dem Hintergrund des Textes!

Wie bereits Rose und Gerkmann darlegen, ist eine solche Arbeitsweise in Gruppenkonstellationen nicht ungewöhnlich, weshalb sich meine Erfahrungen mit den Ergebnissen der Studie decken.

In meiner Schulzeit waren Gruppenarbeiten schon immer ein umstrittenes Thema. Einige meiner Mitschüler*innen haben diese befürwortet, andere haben versucht sich demgegenüber zu widersetzen. Meine persönliche Sichtweise war auch nicht immer positiv gegenüber Gruppenarbeiten gestimmt. Da ich mitunter immer die Rolle der Hauptverantwortlichen eingenommen haben, empfand ich Gruppenarbeiten nicht immer als besonders produktiv. Letztendlich habe ich die meiste Last davongetragen, in dem ich die Arbeit meist alleine erledigt habe. Allerdings habe ich mich auch bewusst in diese Rolle positioniert, da ich oftmals gut organisiert sowie strukturiert die Aufgaben möglichst schnell erledigen wollte. Ebenfalls habe ich versucht, meine Gruppenmitglieder zu motivieren. Blicke ich jedoch jetzt im Nachhinein auf einige Gruppenarbeiten zurück, so frage ich mich, ob ich an einigen Stellen nicht zu voreilig gehandelt habe und ich meinen Gruppenmitgliedern erst eine Chance hätte geben sollen.

Insgesamt kann ich die Funktion und Intention von Gruppenarbeiten nachvollziehen, jedoch stellte sich die Umsetzung in meiner Schulzeit als fraglich heraus. Oftmals dafür ursächlich waren zentrale Einteilungen der Gruppen, wodurch die Erfüllung beider Normen schwer realisierbar wurde. Rückblickend kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen sagen, dass die Gruppenarbeiten während der Oberstufe eher von der leistungsbezogenen Norm dominiert wurden, da es für die Meisten essenziell war, eine gute schulische Leistung zu erbringen. In jüngeren Jahrgängen empfand ich das Arbeiten in Gruppen solidarischer und gemeinschaftlicher, sodass im Fokus stand, dass alle Mitglieder bestmöglich die Aufgabe bestehen. Aber letztendlich kann man sagen, dass Gruppen (auch im außerschulischen Kontext) immer sozial konstruiert sind und es Rollen aktiver beziehungsweise zurückhaltender Mitglieder geben wird.

 

Literaturverweis:

Gerkmann, Anne/Rose, Nadine (2015): Differenzierung unter Schüler_innen im reformorientierten Sekundarschulunterricht – oder: warum wir vorwiegend ‚Leistung‘ beobachten, wenn wir nach ‚Differenz‘ fragen. In: ZQF Heft 2, S. 191-210.

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Sind „andere“ Gesellschaften und Kulturen plausible Lerngegenstände im Fremdsprachenunterricht?

1. Bei der Veranstaltung zur Sprachenwahl für die 2. Fremdsprache sind Sie als Klassenlehrer einer 5. Klasse anwesend und stellen fest, dass die FS-Kolleg*innen in ihrer Präsentation für die Eltern auf Stereotypen zurückgegriffen haben. Äußern Sie sich den Kolleg*innen kritisch gegenüber und verweisen Sie dabei auf das Byram Modell.

 Liebe Kollegen und Kolleginnen,

vorerst möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, den Eltern meiner Schüler*innen die verschiedenen Fremdsprachen zu präsentieren. Meiner Meinung ist es Ihnen gut gelungen, die wichtigsten Informationen des Inhalts weiterzugeben und diese mit Sicherheit als Orientierung weiterhelfen.

Dabei ist mir jedoch etwas aufgefallen, das ich gerne mit Ihnen teilen möchte. Vielleicht sind Sie sich diesem gar nicht bewusst beziehungsweise haben es selbst nicht bemerkt, dass sie während Ihrer Präsentation in der Darstellung der Kultur und in Ihrer Sprechweise einige Stereotypen verwendet haben. Besonders dadurch entsteht die Gefahr, diese Stereotypen zu verinnerlichen und somit fälschlicherweise eine Kultur zu charakterisieren. Um diese Problematik zu verdeutlichen, möchte ich auf das Modell zur interkulturellen kommunikativen Kompetenz (ICC-Modell) von Michael Byram verweisen. Demzufolge ist es unsere Aufgabe als Lehrer*innen, die sprachlichen Kompetenzen und das Wissen (saivor) zu vermitteln. Darüber hinaus müssen wir aber auch als Lehrer*innen interkulturelle kommunikative Kompetenzen schaffen und das erlernte Wissen immer wieder kritisch in Betracht ziehen, da wir oft dazu neigen auf Verallgemeinerungen zurückzugreifen. Nach dem Modell ist der Auftrag an uns, die Diversität verschiedenster Kulturen auf eine möglichst aufgeschlossene Arte und Weise zu übermitteln. Daher wäre es doch wünschenswert, die Wissensvermittlung so zu gestalten, dass eine individuelle Wahrnehmung der Kultur ermöglicht und ein Anreiz geschaffen wird, dass sich die Schüler*innen auch außerhalb der Schule (Location of Learning) für einen interkulturellen Austausch interessieren.

Daher ist es besonders als Lehrperson wichtig, sich diesen Stereotypen bewusst zu sein und zu wissen, wie man mit diesen sprachlich und sowohl auch im Unterricht umgehen sollte. Ein kleiner Vorschlag meinerseits dazu wäre, dass Sie eventuell zukünftig in der Präsentation auch außerschulische Lernorte, wie beispielsweise Schüleraustausche um die Wichtigkeit des praktischen Austausches betonen. Ich hoffe, dass sie meinen Hinweis nachvollziehen können und es ihnen vielleicht auch eine neue Sichtweise gegenüber der Verwendung von Stereotypen eröffnet hat.

 

2. Erinnern Sie, welche kulturellen Inhalte Bestandteil ihres Fremdsprachenunterrichts in der Schule gewesen sind und mit welchem Ziel diese behandelt worden sind. Stellen Sie dabei den Konnex zu der heutigen Sitzung.

Denke ich an den Fremdsprachenunterricht meiner Schulzeit zurück, so fällt mir direkt wieder ein, dass sich der Englischunterricht hauptsächlich auf Großbritannien beschränkt hat. Neben dem Erlernen der britisch englischen Sprache und der Vermittlung der grammatischen Grundlagen, stand auch die Kultur Englands weit im Vordergrund. So wurde uns Schüler*innen größtenteils klischeehafte Traditionen Englands präsentiert. Mehrere Kapitel in Lehrbüchern handelten von dem englischen Königshaus sowie der Queen und immer wieder wurde die Hauptstadt London als das Aushängeschild Englands dargestellt. Auf andere englischsprachige Länder wurde selten hingewiesen, wenn überhaupt nur wenn es darum ging, einige Vokabeln zum amerikanischen Englisch zu differenzieren. Erst in der Oberstufe durfte ich die Erfahrung machen, dass eine Erweiterung des kulturellen Bewusstseins im Englischunterricht stattfand. Demnach wurde ein halbes Schuljahr Australien und die Kultur des Landes thematisiert. Wiederum wurde auch dort die Kultur nur auf die wichtigsten Städte und auf das Outback reduziert.

In meiner zweiten Fremdsprache Latein lag der Fokus wesentlich mehr auf das kulturelle Bewusstsein im Gegensatz zum Englischunterricht. Dadurch, dass Latein nicht unbedingt eine gängig „gesprochene“ Sprache ist, war es unserer Lateinlehrerin sehr wichtig, uns die Entstehung Roms und die griechischen sowie römischen Mythologien näherzubringen. Dies tat sie in dem sie beispielsweise mit uns ein Theaterstück einübte, welches wir vor der ganzen Schule aufgeführt haben.

Rückblickend finde ich es schade, dass mir aus meinem Fremdsprachenunterricht, neben der Fähigkeit die Sprache zu sprechen, nur die Stereotypen der Länder respektive der Kultur in Erinnerung geblieben sind. Ich denke zwar, dass die Darstellung der Kultur durch Musterbeispiele ermöglicht werden sollte, jedoch nützt es der interkulturellen Kompetenz wenig, wenn sich daraus Stereotype bilden.

 

3. Formulieren Sie eine kurze Aufgabenstellung in einem Ihrer Fächer, die zu einer fachübergreifenden Projektarbeit zum „Coronavirus“ als kulturelles Phänomen passen würde.

In dem Fach Politik würde ich folgende Aufgaben formulieren, um das Coronavirus als kulturelles Phänomen darzustellen.

Die Schüler*innen erhalten zwei Textausschnitte, in dem die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Deutschland und China erläutert werden.

  1. Beschreiben Sie, inwiefern das kulturelle und individuelle Leben in China und Deutschland aktuell eingeschränkt werden und arbeiten Sie die unterschiedlichen Maßnahmen der Regierungen heraus.
  2. Stellen Sie die politischen Maßnahmen Chinas und Deutschlands gegenüber und analysieren Sie diese hinsichtlich der unterschiedlichen Regierungsformen.
  3. Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile einer sozialistischen Staatsform in China und einer parlamentarischen Demokratie mit der föderalen Vielfalt in Deutschland während der aktuellen Situation.

 

4. Gerade in der Behandlung von Kultur(en) und Gesellschaft(en) im Fremdsprachenunterricht kann die im Klassenraum vorhandene Heterogenität einbezogen werden. Wie bewegen Sie diese Schülerinnen und Schüler dazu, ihr Vorwissen und ihre Kompetenz einfließen zu lassen?

Die Schule ist ein Ort, der von Heterogenität geprägt ist und daher nicht alle Schüler*innen über die gleichen Voraussetzungen verfügen, besonders auch bei den sprachlichen Kompetenzen. Hinzukommend ist das Bildungssystem einseitig ausgerichtet, was bedeutet, dass sich die Unterrichtsinhalte nur auf national orientierte Themen beschränken.

Aus diesem Grund sollte es zur Aufgabe des Fremdsprachenunterrichts werden, eine große Bandbreite an verschiedenen fremden Kulturen zu bieten. Somit könnte erreicht werden, Vorurteilen sowie Benachteiligungen entgegen zu wirken und ein Zugehörigkeitsgefühl aller Schüler*innen zu schaffen. Ebenso sollte man die Perspektiven aufzeigen, wo man kultureller Vielfalt auch außerhalb des Klassenraums begegnet. Aufgrund der steigenden Zahl der Schüler*innen mit einem Migrationshintergrund eröffnet sich die Möglichkeit, diese Vielfalt mit in den Unterricht einzubinden. So könnte man die Erfahrungen der Schüler*innen, deren Eltern aus einem anderen Land stammen, nutzen, in dem sie Merkmale ihrer Kultur im Unterricht teilen. Demnach können die Schüler*innen einen individuellen Eindruck der Kultur erhalten. Die Umsetzung dazu könnte daher so aussehen, dass man Rollenspiele entwickelt oder auch Partnerarbeiten konstruiert, bei denen sich die Schüler*innen gegenseitig interviewen und der Klasse eine Art Berichterstattung geben. In jüngeren Klassenstufen könnte man die Schüler*innen auch Steckbriefe erstellen lassen, wobei dann die gesamte Klasse erraten muss, zu wem dieser gehört.

Diesbezüglich wäre eine Mischform aus Wissensvermittlung sowie interaktiven Aufgaben eine ideale Lösung. So kann man erreichen, dass ein reger Austausch von Meinungen und Erfahrungen verschiedenster Kulturen stattfindet und dass den Schüler*innen die Chance geboten wird, eine individuelle Sichtweise von der Sprache und der Kultur zu entwickeln.

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Umgang mit Heterogenität in der Schule

1.Bitte begründen Sie unter Rückgriff auf die Ausführungen in der Präsentation, warum Heterogenität im schulischen Kontext häufig als ́Herausforderung ́, die bewältigt werden muss, wahrgenommen wird?

Der Umgang mit Heterogenität stellt den schulischen Kontext und somit auch die Lehrpersonen vor mehreren Herausforderungen. Heterogenität meint im allgemeinen Gebrauch die Differenzen zwischen Personen in Bezug auf soziokulturelle Merkmale, wie Geschlecht, ethische Herkunft oder etwa auch Behinderung und dient oft für eine ideale Normvorstellung. Im Bereich der Schule wird der Begriff jedoch noch um den Aspekt der Bildungsungleichheit erweitert. Dies spiegelt sich in der Schülerschaft meist durch lern- und leistungsbezogene Unterschiede wider, aber auch die Eltern und die soziale Herkunft bewirken einen hohen Einfluss auf die Schüler*innen.

Die Organisation des Schulsystems legt bereits Homogenität fest, in dem beispielsweise ein einstimmiges Curriculum oder ein einheitliches Schuleingangsalter bestimmt wird. Entspricht ein Schüler oder eine Schülerin nicht diesem Konzept, wird dieser meist in eine andere Klasse runtergestuft oder an eine andere Schule verwiesen. Doch dadurch verschwinden nicht die eigentlichen Hürden einer Lehrperson. Die Lehrpersonen arbeiten mit vielen unterschiedlichen Kindern zusammen, sollen diese aber nach einem einheitlichen Lehrplan unterrichten. Ist dies nicht ein Widerspruch in sich?

Daher stellt sich aus didaktischer Perspektive die Frage, wie man mit dieser Heterogenität sinnvoll im Unterricht umgeht und aus pädagogischer Sicht, wie man die Individualität der einzelnen Schüler*innen bestmöglich fördern kann. Es wird von den Lehrenden erwartet, dass sie innerhalb einer Unterrichtsstunde neben der Vermittlung des Lerninhalts, individuelle Lernangebote konzipieren, den Zusammenhalt stärken und gleichzeitig Chancengleichheit schaffen. Zwar existieren bereits Fördermaßnahmen in Form von Projektunterricht oder jahrgangsübergreifender Unterricht, um die Lehrkräfte zu unterstützen, jedoch reichen diese oftmals nicht aus.

Daher lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Lehrpersonen den Anforderungen nicht immer gerecht werden können und somit vor großen Herausforderungen stehen. Ebenso sollte eine Verbesserung des Unterrichtskonzept stattfinden, dass den Lehrenden und vor allem den Schüler*innen gerecht wird, um somit individuelle Fördermaßnahmen und gleiche Bildungschancen zu schaffen.

 

2. Was ist damit gemeint, wenn von dem ́Konstruktionscharakter ́ von Heterogenität die Rede ist? 

Der Konstruktionscharakter von Heterogenität ässt sich auf die Sicht der Gesellschaft zurückführen. Heterogenität existiert nicht einfach ohne Grund, sondern wurde von der Gesellschaft sozial konstruiert und steht eng im Zusammenhang zur Homogenität. Homogenität charakterisiert Gruppen von Menschen, die sich anhand von gleichen Merkmalen zusammensetzen und somit Perosnen in Kategorien eingeordnet werden. Der Konstruktionscharakter meint damit, dass eine bestimmte Norm- und Wertevorstellung zum gesellschaftlichen Maßstab gemacht wird und Abweichungen als andersartig charakterisiert werden. Was dabei als heterogen empfunden wird, ist von dem Maßstab abhängig, womit eine bestimmte Homogenität als Normalität definiert wird.

 

3b. Die aktuellen Erfahrungen im Umgang mit der Corona-bedingten Ungleichheit der Bildungschancen von Schüler*innen  im eigenen Umfeld mit Bezug auf die Stellungnahme der Bildungswissenschaftler*innen.

Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Weltbevölkerung aktuell vor einer großen Aufgabe, dessen Ausmaß heute noch nicht klar ist. Auch in Deutschland sorgt diese Pandemie für lebenseinschränkende Maßnahmen. Seit der 12. Kalenderwoche sind in allen Bundesländern die Schulen und Kindertagesstätten geschlossen, um somit die Infektionsketten weitestgehend zu unterbrechen. Auf der einen Seite will man damit der Corona-Pandemie entgegenwirken, doch auf der anderen Seite entstehen neue Probleme.

Wie bereits mehrere Vergleichsstudien (PISA) bestätigen, sind die schulischen Leistungen der Schüler*innen in Deutschland oftmals abhängig von der sozialen Herkunft. Doch gerade die letzte PISA-Studie bestärkte eine Besserung beim Umgang der ungleichen Bildungschancen (Dohmen/Hurrelmann: 2020). Ist dies aufgrund der Corona-bedingten Schulschließungen hinfällig?

Die beiden Bildungsforscher Hurrelmann und Dohmen sowie 80% der befragten Lehrer*innen sind der Meinung, dass der Anteil der Bildungsungleichheit unter den Schüler*innen wieder deutlich ansteigen wird. Dafür ursächlich sind mehrere nicht optimale Bedingungen, die den digitalen Unterricht erschweren. So fehlt es vielen Schüler*innen an der technischen Ausstattung, die für eine digitale Umsetzung erforderlich ist. Hinzukommend sind einige Schüler, besonders aus dem Bereich der Grundschule sowie den Haupt-, Real- und Gesamtschulen, nicht in der Lage, selbstständig und diszipliniert für mehrere Stunden am Tag zu lernen und sind deshalb auf Unterstützung angewiesen. Aus diesen Gründen gehen die befragten Lehrkräfte davon aus, dass man diese Verzögerungen nicht bis zum Schuljahresende aufgeholt haben wird (Dohmen/Hurrelmann: 2020).

Da ich keine jüngeren Geschwister habe und der Großteil meiner Freunde nicht mehr zur Schule geht, kann ich eher weniger persönliche Erfahrungen aus der Perspektive eines Schülers zur Zeit erleben. Jedoch wird mir durch eine Bekannte, die bereits Grundschullehrerin ist, ein Blick auf die Sicht der Lehrer ermöglicht. Die größte Herausforderung gestaltet sich ihrer Meinung nach bei der Kommunikation mit Schüler*innen und Eltern. Da sie als Grundschullehrerin an einer Schule im sozialen Brennpunkt arbeitet, kann sie nicht davon ausgehen, dass alle Schüler*innen über technische Geräte verfügen, weshalb sie keinen digitalen Unterricht gestalten kann. Aus diesem Grund gestaltet sie für jede/n Schüler*in eine Materialsammlung, die wöchentlich zu bestimmten Zeitslots in der Schule abgeholt werden können. Doch auch dabei gestaltet sich die Umsetzung nicht optimal, da die Informationsweitergabe besonders bei Eltern, bei denen Deutsch die Zweitsprache ist, schwer fällt. Trotz allem versucht sie ihre Schüler*innen weiterhin zu motivieren, indem sie persönliche Briefe oder auch Geburtstagskarten verschickt.

Dies zeigt wiederum nur eine Methode, um den Schulstoff bestmöglich zu vermitteln, und kann, wie ich davon ausgehe, je nach Klassenstufe und Schulform variieren und andere Probleme entstehen lassen. Ebenso existieren auch gewisse Unterschiede beim „Homeschooling“ einzelner Schüler*innen. Dabei kommt es darauf an, inwieweit die Schüler*innen Unterstützung von ihrem häuslichen Umfeld erhalten. Allerdings kann die Mehrheit der Eltern diese „Doppelbelastung“ nicht tragen, da sie entweder keine fachliche Unterstützung bieten können oder nicht die Möglichkeit des Homeoffices haben (Dohmen/Hurrelmann: 2020). Somit lässt sich erahnen, dass die Präsenz einer Lehrkraft und einer Bildungsinstitution positiv zum Lernprozess dazu beiträgt und somit eine wichtige Rolle spielt. Aufgrund dessen gehe ich davon aus, dass die Corona-bedingten Schulschließungen stark zur Heterogenität in der Schule und zur Ungleichheit der Bildungschancen beitragen wird.

 

Literaturverweis:

Dohmen, Dieter/Hurrelmann, Klaus (2020): Corona-Krise verstärkt Bildungsungleichheit. Text abrufbar unter: https://deutsches-schulportal.de/stimmen/das-deutsche-schulbarometer-hurrelmann-dohmen-corona-krise-verstaerkt-bildungsungleichheit/ (Zugriff am 24.04.2020).

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