RV08: Professor Dr. Frank J. Müller: Auf dem Weg zu einer Schule
Reflektieren sie die Konsequenzen der Aussonderung von SchülerInnen mit Förderbedarf
Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt, Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten?
Wie können Sie der Vielfalt der SuS gerecht werden und welche Verbündeten können Sie dazu gewinnen?
SchülerInnen mit Förderbedarf auszusondern, bringt einige Probleme mit sich. Das Wohl des Einzelnen wird hierbei gefährdet – spezielle Förderbedürfnisse der zu fördernden SchülerInnen werden übersehen, was im späteren Verlauf der Schullaufbahn problematisch werden kann. Dazu kommt die Tatsache, dass die Förderschüler meist alle zusammen in eine Klasse sortiert werden, in der allein der Lehrer Hilfestellung anbieten kann. Besser wäre es, wenn sie von SchülerInnen lernen könnten, die keine Förderung brauchen, ja vielleicht sogar gefordert werden müssen. Das gegenseitige voneinander Lernen und sich Unterstützen sind Prozesse, die immer wieder wichtig werden, ganz besonders im Schulalltag. Davon abgesehen sollte sich kein Kind fühlen, wie ein Sonderling, der sich auf eine negative Art von den Anderen Kindern einer Regelklasse unterscheidet.
Jedes Kind ist einzigartig, so auch die speziellen Förderschwerpunkte. In einer großen Gruppe Förderschüler, gilt es, zwischen Kindern mit Problemen in der Wahrnehmung und Entwicklung, und Kindern mit Problemen bei Lernprozessen, zu unterscheiden. Tut ein Kind sich schwer damit, zu lernen, ist der Förderbereich ein grundlegend Anderer, als der der Kinder mit Entwicklungs- und Wahrnehmungsstörungen. Die Zuordnen ist ein immens wichtiger Schritt, der von uns Lehrkörpern schwer zu gehen wird – dafür sollte man genau wissen, wen man vor sich hat, wo die individuellen Förderbedürfnisse liegen, welche Hintergründe mit zu berücksichtigen sind, etc. Der Austausch mit den Eltern der SchülerInnen ist dabei von entscheidendem Vorteil, denn niemand kennt sie so gut, wie die Personen, die tagtäglich mit ihnen unter einem Dach leben. Alles diesbezüglich Aufschlussreiche sollte mit in die Überlegungen einbezogen werden, so auch eventuell vorliegende Patientenakten, Berichte von Medizinern, oder Therapeuten.
Der Vielfalt der SchülerInnen gerecht zu werden, scheint mir eine nahezu unmögliche Aufgabe zu sein. Dennoch kann ich mich als Lehrerin bemühen, niemanden meiner Lerngruppe auszulassen, Themensprünge erst zu wagen, wenn wirklich alle das vorherige Thema verstanden haben und dafür zu sorgen, dass innerhalb meiner Klasse eine kreative Symbiose zwischen Förder- und Forderkindern herrscht. Die Kinder sollten sich auch untereinander helfen können, besonders, wenn ein spezielles Thema schwer zu erlernen ist und ich die Menge der Fragen nicht alleine bewältigen kann.
Zum Glück kann ich immer meine Kolleginnen und Kollegen konsultieren, die -hoffentlich- hilfsbereit versuchen, Lösungen mit mir auszutüfteln, oder zumindest wissen, an wen ich mich im Notfall noch wenden kann.
Hallo Lucia,
ich stimme dir zu, dass es für SuS mit Förderbedarf wichtig ist, von anderen lernen zu können. Auch die Ausgrenzung spielt bei Förderschulen eine große Rolle. Dies bezieht sich dann nicht mehr nur auf die Schule, bei der SuS mit Förderbedarf in gesonderten Klassen unterrichtet werden, sondern auch auf den Alltag. Die SuS in Regelklassen lernen nämlich gar nicht den Umgang mit SuS mit Förderbedarf, so dass es nur sehr schwer zu einem Austausch zwischen den beiden Gruppen kommt und jede quasi in ihrer eigenen Welt lebt. Durch gemeinsamen Unterricht in einer Schule für alle könnte dieses Muster durchbrochen werden.
Auch in diesem Punkt kann ich dir nur zustimmen, denn SuS mit dem Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung benötigen eine ganz andere Förderung als SuS mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Dabei ist es sehr wichtig zu wissen, wie stark der Förderbedarf der jeweiligen SuS ist, damit man sie weder über- noch unterfordert und ihnen so einen bestmöglichen Unterricht bieten zu können. Dafür spielt auch die Kommunikation mit den Eltern der SuS eine große Rolle, da sie, wie du bereits beschrieben hast, am besten über ihre Kinder Bescheid wissen. Von ihnen kann man also am besten die Informationen zum individuellen Förderbedarf erhalten. Dabei kann man auch herausfinden, was bereits für persönliche Erfahrung gemacht wurden: Was hat das Kind für Interessen, wie lernt es am effektivsten etc.
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass es für eine Lehrkraft unmöglich ist, allen SuS gerecht zu werden. Trotzdem gibt es einige Möglichkeiten, um dem so nah wie möglich zu kommen. Dazu würde ich deinen bereits genannten Punkten hinzufügen, dass es wichtig ist, sich bestmöglich mit den SuS auseinanderzusetzen, ihnen Empathie und Vertrauen entgegen zu bringen, um so auch ein gutes Lernklima zu schaffen. Außerdem sollte man die SuS gut beobachten, um zu sehen, was ihnen Spaß macht und was ihnen beim Lernen hilft.