In der Klax Grundschule werden wir schon im Eingangsbereich von einem Info-Bildschirm persönlich willkommen geheißen. Vorm Betreten der mit Teppich ausgelegten Flure und Räume werden wir gebeten, blaue „Plastiksocken“ über unsere Schuhe zu ziehen. Auf dem Weg in den Klassenraum, in dem wir eine erste Einführung in das pädagogische Konzept der Schule erhalten und wo ein Kaffee- und Teebuffet auf uns wartet, kommen wir an einem Bildschirm vorbei, in dem sich die Kinder selbstständig mit ihrer eigenen ID einloggen und so ihre Anwesenheit bestätigen.

Klax leitet sich von einer Malschule in Berlin ab, die ursprünglich von einer Erzieherin gegründet wurde, um die Kreativität von Kindergarten- und Schulkindern zu fördern. Die Malschule ist heute eine Kreativwerkstatt und das Klax Unternehmen ist seitdem deutlich gewachsen: Mehrere Krippen, KiTas in Berlin, Hannover und Schweden, die Grund- und Oberschule, eine Fachschule, das Klax-Institut, eine Kinderkunstgalerie, ein Indianerdorf in Mecklenburg-Vorpommern, der eigene Buchverlag „Bananenblau“ und der Caterer „Löwenzahn“ bilden zusammen die Klax Gruppe. Das Grundprinzip der Klax-Pädagogik mit vier tragenden Säulen zieht sich dabei durch alle Einrichtungen und ist die Grundlage für alle MitarbeiterInnen. Die erste Säule bilden individualisierte Lernwege, für die Begeisterung, Kreativität und Herausforderung besonders wichtig sind. Die zweite Säule ist die soziale Gemeinschaft, die Respekt, Beteiligung und Regeln bedarf. Der authentische Erwachsene ist die dritte Säule. Hier sind die Überzeugung vom Gelingen, das Verständnis der eigenen Rolle als LernbegleiterIn und die Reflexion besonders bedeutend. Die vierte und letzte Säule ist die gestaltete Umgebung, die Sicherheit, Anregung und Sinnhaftigkeit bieten soll. Übergeordnet steht die gemeinsame Vision eines in der Gesellschaft erfolgreich agierenden Menschen.

Für die interne Weiterbildung aller MitarbeiterInnen gibt es verschiedenste fest verankerte Formate wie pädagogische Foren, Kompetenztreffen, den pädagogischen Salon, den pädagogischen Playground und eine Teamschulung. Neue MitarbeiterInnen oder QuereinsteigerInnen werden mithilfe von Strukturen wie einer Einarbeitungswoche, einem Paten-System und regelmäßigen Gesprächen eingearbeitet und begleitet. So soll das Konzept im gesamten Unternehmen gesichert werden. Gleichzeitig wird die Identität mit dem Unternehmen gestärkt. Sowohl unter den MitarbeiterInnen als auch unter den SchülerInnen wird die gegenseitige Wertschätzung durch Loben gefördert. Jeden Donnerstag ist „Lobetag“, das heißt, die Kinder malen oder schreiben sich gegenseitig Lobe-Zettelchen. Dieses System existiert auch für die MitarbeiterInnen, die zudem noch die Möglichkeit haben, ein „digitales Lob“ oder einen pinken Elefanten als Symbol für besondere Anerkennung zu vergeben. Außerdem gibt es ein Board, an dem sowohl die Lehrkräfte als auch die Kinder ihre Glücksmomente der Woche anheften können.

Die von uns besuchte Grundschule bildet also nur einen Teil der großen Klax Gruppe und unterscheidet sich von anderen Schulen durch eine starke Unternehmenskultur. Nach dem Gespräch mit der Erzieherin, die gleichzeitig Klax-Trainerin und Apple-Coach ist, werden wir in drei Gruppen von zwei Schülern und einer Schülerin durch die Schule geführt. Die sechs Grundschulklassen sind in zwei Lernfamilien eingeteilt, die jeweils einen Flur und ihre Fachräume gemeinsam nutzen. Lernfamilie 1 wird von den Klassen 1 – 3 und der Willkommensklasse gebildet, in der Kinder mit Deutsch als Zweitsprache jahrgangsübergreifend Deutsch lernen. Die zweite Lernfamilie bilden die Klassen 4 – 6. Jede Klasse hat ihren eigenen Klassenraum, der gleichzeitig einen Fachraum darstellt (z.B. für Deutsch, Mathe, Englisch oder Sachunterricht), der von den anderen Klassen der Lernfamilie mitgenutzt wird. In allen Räumen findet sich neben dem jeweiligen sehr gut sortierten Fach-Material auch eine Sofa-Ecke.

Der wohl beeindruckendste Ort ist die von der Galerie im 1. Stock aus einsehbare Schulcafeteria, in deren Mitte zwischen Steinen und einem plätschernden Wasserspiel zwei Bäume in die Höhe ragen. Das darüber gelegene große Glasdach sowie die Glastüren und Fensterfronten in allen Räumen vermitteln ein Gefühl der Offenheit. In der Cafeteria wird das gemeinsame Frühstück, Mittagessen und Vesper vom eigenen Catering-Unternehmen für die zwei Lernfamilien gestaffelt angeboten. Zudem gibt es einen Kiosk mit frisch Gebackenem.


Der Ursprung als Malschule spiegelt sich in der Grundschule durch den kreativen Schwerpunkt wider; es gibt verschiedene Werkstätten (z.B. Kunst-, Holz- Näh-, Ton- und Filmwerkstatt) und mehr Kunststunden als an staatlichen Schulen vorgesehen im Stundenplan. Eine weitere Besonderheit der Schule ist der Medienschwerpunkt: Die Klassenräume sind mit Bildschirmen und Tablets ausgestattet und im so genannten „Makerspace“ können die Schülerinnen und Schüler sich am Programmieren von Robotern probieren und die Funktionen eines 3D-Druckers kennenlernen.

Um den Tag zu strukturieren und Gelerntes festzuhalten, arbeiten die Kinder mit farbenfrohen Logbüchern. Dort notieren sie regelmäßig, was gemacht und gelernt wurde. Zusätzlich nutzen die SchülerInnen Schrittpläne, in denen sie ihre Ziele in kleinen Schritten notieren und so immer wissen, auf welchem Stand sie gerade sind und was sie noch lernen müssen. In der ersten Klasse werden die Schrittpläne noch von den Lehrkräften geschrieben; später schreiben die SchülerInnen ihre Pläne selber. Als weitere Reflexionsmöglichkeit dient den Kindern ein „Geschafft/Gelernt“- Zettel, auf dem sie notieren, was sie gelernt haben und wozu das Gelernte gut ist. Diese Zettel und die Schrittpläne werden im eigenen Portfolio abgeheftet – ein Ordner, in dem alle wichtigen Dinge gesammelt werden. Freundlicherweise hat uns eines der Kinder erlaubt, sein Portfolio anzugucken (da es sich bei dabei um eine Zusammenstellung sehr persönlicher Unterlagen handeln, ist es wichtig, dass das Kind erst gefragt wird!). Nach dem Deckblatt mit Namen, Geburtstag und Tag der Einschulung, entdecken wir Selbstportraits und Steckbriefe, welche jedes Halbjahr neu ausgefüllt werden. Darauf beantwortet das Kind, was gerade seine oder ihre Lieblingsfarbe ist, wofür es sich gerade in der Schule interessiert oder auch was es mal können möchte. Neben Erlebnisberichten und vielen Fotos finden wir auch einige Zettel, auf denen die SchülerInnen ihre allgemeinen Ziele notieren und sich mit ihrer sozialen Entwicklung auseinandersetzen. Zu jedem Fach gibt es Stufenblätter mit passenden Kompetenzen, wie zum Beispiel eine Tabelle mit den Kompetenzen Sprechen, Zuhören, Lesen und Schreiben im Fach Deutsch. Hier werden passende Beispiele gegeben (z.B.: „ Ich kann einfache Wörter lesen“ oder „Ich kenne das Alphabet“) und die SchülerInnen schätzen ihren eigenen Lernstand ein. Anschließend beurteilt die Lehrkraft, wie weit das Kind schon mit dem Lernen ist. So haben die Kinder immer einen genauen Überblick, wo sie gerade stehen und woran sie noch arbeiten müssen. Dadurch lernen sie, sich und ihre eigene Arbeit einzuschätzen und zu reflektieren.

Wir beenden den Tag in der Klax-Grundschule mit einem Gespräch mit dem Schulleiter. Dort wird noch einmal zusammengefasst, welche Vorteile diese Schule für Schülerinnen und Schüler bietet: Neben kleinen Lerngruppen mit gutem Betreuungsschlüssel, der Orientierung am Stand des Kindes und der Möglichkeit, selbstständig und im eigenen Tempo zu lernen, statt frontal unterrichtet zu werden, ermöglicht der „Makerspace“ und die gute Ausstattung mit digitalen Medien wie Tablets und Laptops eine umfangreiche Förderung der Medienkompetenz der Kinder. Ein Großteil der Lehrkräfte arbeitet zudem nur 80-90% der Stunden einer vollen Stelle aktiv am Kind, sodass ihnen mehr Zeit für die Vorbereitung bleibt. Dies wird dadurch möglich, dass an der Klax-Schule als Privatschule ca. 3 bis 4 LehrerInnenstellen mehr als an öffentlichen Schulen bestehen. Doch auch das Klax-Konzept entwickelt sich ständig weiter; es finden regelmäßig Hospitationen bei Partnereinrichtungen in Dänemark und Schweden statt. Hätte er eine Millionen Euro zur Verfügung, würde der Schulleiter allen KollegInnen den Besuch an einer dänischen Schule ermöglichen, deren Konzept ihn besonders begeistert. Er hält einen regelmäßigen Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Schulen für elementar wichtig. Außerdem möchte er sich noch stärker an den so genannten „21st century skills“ orientieren, eine Reihe von Kompetenzen und Fähigkeiten, die benötigt werden, um in der schnelllebigen, digitalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts erfolgreich zu sein.