Projekte
Gesamtziel des Vorhabens – Zusammenfassung
Basierend auf Vorarbeiten im Rahmen des BMBF-geförderten lea.-Projektes (Förderkennzeichen 01AB072901, Projektlaufzeit: 2008-2010) soll die existierende und in der Alphabetisierungs-Praxis eingesetzte Online-Diagnostik otu.lea (http://otulea.de) an die aktuellen didaktischen und technischen Anforderungen durch Alphabetisierungskräfte und Teilnehmer/innen angepasst und um berufsspezifische Förderelemente erweitert werden. Das in dem lea.-Projekt entwickelte Kompetenzmodell wurde inzwischen in das Rahmencurriculum des DVV aufgenommen, dient für diverse Akteure (z.B. Mittelgeber) als Bezugspunkt und bildet die Grundlage der leo.-Studie. Die diagnostische Basis des Projektes bildet somit ein deutschlandweit etabliertes, validiertes und einzigartiges Kompetenzmodell.
Der Projektplan ist dabei so gestaltet, dass erste zentrale Verbesserungen und Erweiterungen bereits im ersten Jahr der Projekt-Laufzeit zur Verfügung stehen.
Folgende Verbesserungen und Erweiterungen von otu.lea sind als lea.online vorgesehen:
- lea.App: Bereitstellung als App für Smartphones und Tablets (iOS & Android) sowie als responsive HTML5-Webanwendung für Desktops;
- lea.Dashboard: vereinfachtes Diagnostikmanagement von Alpha-Leveln für die Kursarbeit im Grundbildungsbereich für Einstiegs-, Verlaufs- und Erfolgs-Assessment;
- lea.Lernen: Digitalisierung der nur als Papierversion vorhandenen lea.- Lernmaterialien und Verknüpfung mit der Online-Diagnostik zu einer umfassenden Förderdiagnostik;
- lea.Beruf: Erweiterung um berufsfeldbezogene Lern- und Diagnoseaufgaben für ausgewählte Berufsfelder.
Wissenschaftliche und/oder technische Arbeitsziele des Vorhabens: lea.online als Erweiterung und Verbesserung von otu.lea
Der Einsatz in der Alphabetisierungspraxis sowie die Rückmeldungen von Alphabetisierungskräften und Lernenden haben mehrere Verbesserungsmöglichkeiten von und Erweiterungsanforderungen an otu.lea deutlich gemacht. Das folgende Schaubild zeigt eine schematische Darstellung der lea.-online-Module und eine kurze Zusammenfassung der Potenziale.
Das Gesamtsystem wird an die Bedingungen einer Smartphone-Anwendung angepasst (kleinerer Bildschirm, Touch-Bedienung, überwiegend mobiler Nutzungskontext). In der lea.app wird ein Microlearning-Ansatz umgesetzt, bei dem anhand der Kann-Beschreibungen kleine Lern- und Übungseinheiten sowie Lern- und Übungsaufgaben mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad umgesetzt werden. Die Lernenden bekommen – ggf. im Sinne einer Gamification realisiert – eine visuelle Rückmeldung über ihren Lernverlauf, indem ihre literale Kompetenzsteigerungen visualisiert werden. Hier werden unterschiedliche Visualisierungsstrategien mit der Zielgruppe bezüglich der Akzeptanz und Motivierung erprobt.
Den Lehrenden steht über die Desktopanwendung ein sog. Dashboard zur Verfügung, über welches sie ihre Kurse aber auch einzelne Personen administrieren können. Die Ergebnisse, die von Kursteilnehmenden bei der Durchführung der Lern- und Diagnostikaufgaben sowohl mit lea.online als auch der lea.app erzielt werden, können von Kursleitenden gesammelt und im Sinne eines Portfolio-Ansatzes aufbereitet werden. Die Ergebnisse können dann zu weiteren Förderinitiativen als auch zur gemeinsamen Reflexion genutzt werden. Auch der Lernverlauf wird übersichtlich dargestellt. Kursleitende und Lernende können otu.lea, lea.Lernen und lea.Beruf sowohl modular nutzen als auch zu einem umfassenden Förderdiagnoseinstrument verknüpfen.
Zusammenfassend entspricht die (Weiter-)Entwicklung von lea.online und der lea.app den Bedarfen und Herausforderungen der Alphabetisierung auf vielfältige Weise: Durch die zeitlich und räumlich unabhängige Nutzungsmöglichkeit sowie insbesondere durch den kostenlosen Zugang kann das geringe Angebot von Alphabetisierungskursen tendenziell kompensiert werden. Innerhalb der Kurse können Kursleitende individueller und effizienter fördern. lea.online und lea.app können durch eine Social-Media-Strategy und die umfassende Vernetzung mit Alphabetisierungskräften umfassend in allen deutschsprachigen Ländern bekannt gemacht werden. Möglicherweise vorhandene Schamgefühle und daraus resultierende mangelnde Nutzungsbereitschaft seitens der Betroffenen können durch die anonyme Nutzung sowie die Bereitstellung als App zur privaten Nutzung auf dem persönlichen Smartphone reduziert werden. Lernende können somit ihre literalen, mathematischen und ggf. berufsbezogenen Kompetenzen auch anonym und im privaten Kontext fördern.
Mit lea.online und der lea.app stehen den Alphabetisierungskräften Instrumente kostenfrei zur Verfügung, mit denen die geforderte Einstufung in die Alpha-Level unkompliziert und valide möglich ist. Den Instrumenten liegt ein validiertes Kompetenzmodell zu Grunde, welches einen Bezug zum GER ermöglicht und zunehmend in Curricula verankert wird, so dass in lea.online und der lea.app etablierte Standards der Grundbildung abgebildet werden. Aufgrund der verschiedenen Module und der umfassenden Validierung haben lea.online und die lea.app das Potenzial, in Kursen einheitlich genutzt zu werden. Mit den verankerten Alpha-Level ist zudem eine qualitative aber dennoch schwierigkeitsgradbezogene Lernzielformulierung möglich. Aufgrund der Verwendung moderner technischer Standards und der Orientierung an modernen zielgruppenspezifischen Designprinzipien ist davon auszugehen, dass beide Instrumente eine hohe Akzeptanz sowohl von Lehrenden als auch Lernenden erfahren.
Zusätzlich können ggf. Gamification-Aspekte und die stärkenorientierte Rückmeldung die Testangst vermindern und zur vermehrten Nutzung motivieren. In der leo.-Studie wurden folgende Berufe mit einem hohen Anteil an funktionalen Analphabet/inn/en an allen Beschäftigten dieser Berufsgruppe identifiziert: Bauhilfsarbeiter für Gebäude (56,0%), Führer von Erdbewegungs- und verwandten Maschinen (46,4%), Hilfskräfte und Reinigungspersonal in Büros, Hotels und sonstigen Einrichtungen (40,3%), Transportund Frachtarbeiter (34,1%), Personenkraftwagen-, Taxi- und Kleinlastkraftwagenfahrer (32,3%) sowie Hausmeister, Hauswarte und verwandte Berufe (30,3%), aber auch Hilfsarbeiter in der Fertigung, Gärnter, Köche, Maler, Tapezierer und Fahrer schwerer Lastkraftwagenfahrer weisen einen Anteil von 25% oder höher auf.
Für lea.online soll in Absprache mit der Koordinierungstelle Dekade für Alphabetisierung sowie Fachvertretern der Alphabetisierung und beruflichen Bildung der Sozialpartner drei Berufsfelder identifiziert werden, welche eine möglichst hohe Abdeckung eines berufsbezogenen Alphabetisierungsangebotes verspricht. Als mögliches Anschlussprojekt wäre es möglich, in Zusammenarbeit mit ExpertInnen aus dem DaZ (Deutsch als Zweitsprache)-Bereich und SprachwissenschaftlerInnen ein weiteres Modul – lea.daz – für die Förderung von Personen zu entwickeln, die Deutsch als Zweitsprache lernen. Aufgrund der verbreiteten Nutzung von Smartphones gerade bei Geflüchteten (während der Flucht werden Smartphone, Akku und SIM-Card nach Aussage der Geflüchteten zum wichtigsten Besitz (MiCT 2016)) wäre auch hier die Aufbereitung zu einer App sinnvoll und könnte Lernende sowohl bei selbstgesteuerten informellen Lernprozessen als auch bei formalen Weiterbildungsaktivitäten (z.B. die Erlangung eines Deutschzertifikats) unterstützen.