BeLeSen

Digitale Berufsfeldbezogene Lese- und Schreibförderung

Hauptansprechpartner(Verbundkoordination) Weitere Verbundbeteiligte

Universität Bremen

Prof. Dr. Karsten D. Wolf

Universitätsboulevard 11/13

28359 Bremen

Email: wolf@uni-bremen.de

Tel.: +49 421 218-69140

PH Weingarten
Prof. Dr. Ilka Koppel
Kirchplatz 2

 

 

88250 Weingarten

Email: koppel@ph-weingarten.de

Tel.: +49 751 501-8516

 Zielgruppe: Direkte Zielgruppe sind Lehrende in Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen sowie in niedrigschwelligen Ausbildungsberufen (ca. 20.000 Personen in D). Durch die direkte Zielgruppe sollen Jugendliche und junge Erwachsene mit niedriger Literalität (ca. 180.000 Personen/Altersjahrgang in D) förderpädagogisch erreicht werden.

Kommunikationskanäle: In der ersten Phase des Projektes werden bestehende Kontakte in der beruflichen Lehrer:innenbildung in den Bundesländern Bremen und Baden-Württemberg für die partizipative Entwicklung der Handreichungen und Schulungsmaterialien bzw. Workshopkonzepte genutzt. In der zweiten Phase des Projektes werden nationale Kommunikationsnetzwerke der beruflichen Bildung wie das BIBB, die Alphadekade sowie die KMK für die Bekanntmachung eingebunden (sowie natürlich die Joachim Herz Stiftung). Die Materialien werden als OER-Material öffentlich auf einem Server der Universität Bremen sowie über OER-Verzeichnisse wie ZUM, Lehrer Online, OER.Schule sowie edutags verfügbar gemacht.

HAUPTZIEL DER FÖRDERUNG

Wir möchten Lehrende in Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen in die Lage versetzen, Jugendliche und junge Erwachsene bei der Verbesserung ihre Lese- und Schreibkompetenzen niedrigschwellig zu unterstützten. Dazu sollen im beantragten Projekt durch die Erstellung und Bereitstellung digitaler pädagogischer Handreichungen sowie Videotutorials und Online-Schulungen der extracurriculare Einsatz vorhandener digitaler Werkzeuge für eine neue Zielgruppe erschlossen werden.

Problemstellung und Vorarbeiten

Rund ein Fünftel aller Schulabgängerinnen und Schulabgänger (ca. 160.000 Personen pro Jahr) haben große Probleme beim Lesen und Verstehen sowie beim Verfassen selbst einfacher Texte. Im Übergangssystem wie z.B. in Berufsvorbereitungsklassen sowie in der schulischen Berufsausbildung fehlt es an systematischen Angeboten zur notwendigen Sprachförderung. So scheitern auch Auszubildende an den schriftsprachlichen Anforderungen der Ausbildungsprüfungen, obwohl sie durchaus praktisch begabt sind. Ohne eine grundlegende Sprachkompetenz bzw. Literalität sind berufliche und gesellschaftliche Teilhabe stark eingeschränkt.

Eine besondere Herausforderung im Kontext der berufsvorbereitenden Übergangssysteme sowie der schulischen Berufsausbildung ist es, adressatengerechte Fördermaterialien bereitzustellen, welche motivierend und altersgerecht sind. Lehrkräfte in der beruflichen Bildung sind häufig nicht speziell für die Sprachförderung qualifiziert und es fällt ihnen schwer, Schriftsprachförderungen an die jeweils individuellen Bedarfe der jungen Erwachsenen anzupassen und extracurricular einzubinden. Trotz eines hohen Bedarfs fehlt es also an pädagogischen Fördermaßnahmen gering literalisierter Personen.

In dem vorgeschlagenen Projekt sollen deshalb neu verfügbare digitale Fördermaterialien der Alphabetisierungspraxis für den Kontext Berufsvorbereitung / Übergangssystem zugänglich gemacht werden sowie Lehrende im Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen sowie in der Berufsausbildung dabei unterstützt werden, diese zielgerecht und unterstützend zur Sprachförderung einzusetzen.

In dem von den Antragsteller:innen durchgeführten, vom BMBF geförderten Projekt lea.online (https://blogs.uni-bremen.de/leaonline/anwendungen/) wurde bisher für die außerschulische Alphabetisierungspraxis ein digitales Sprachförderinstrument entwickelt, mit dem ältere Jugendliche und Erwachsene ihre Lese- und Schreibkompetenzen selbstständig im privaten sowie im institutionellen Kontext verbessern können. Nutzer:innen können dabei zwischen authentischen Aufgabenstellungen zur Alltags- und Berufswelt am Beispiel der Berufsfelder Pflege, Produzierendes Lebensmittelgewerbe sowie Technik / Technische Berufe wählen. lea.online ist ein Verbund unterschiedlicher softwarebasierter Anwendungen, die dafür konzipiert und entwickelt wurden, sowohl Kursleiter:innen der Alphabetisierung als auch erwachsene Lernende zu unterstützen.

Abb. 1: Übersicht des Anwendungsverbundes

lea.online umfasst drei Anwendungen: (a) Die Online-Diagnostik otu.lea, (b) die lea.App für Lernende sowie (c) das lea.Dashboard für Lehrende. Die Anwendungen können miteinander kombiniert oder einzeln verwendet werden. Ziel ist es, durch dieses Lern- und Diagnoseinstrument (otu.lea und lea.App) die Selbstkompetenz von Menschen mit geringer Literalität als auch Arbeitnehmer:innen mit Grundbildungsbedarf für ihren zukünftigen (beruflichen) Weg zu stärken, Teilhabechancen zu verbessern und der Aus- und Weiterbildung ein niedrigschwelliges Instrument bereitzustellen. Die Online-Diagnostik otu.lea (a) stellt ein breites Spektrum an Testaufgaben in den Bereichen Lesen, Schreiben, Sprachgefühl und Rechnen bereit. Lernende können eigenständig oder begleitet durch eine Lehrkraft diese Tests absolvieren und erhalten auf Basis der lea.-Kompetenzmodelle, welche speziell für die Grundbildung entwickelt wurden, Rückmeldung. Mit dem lea.Dashboard (b) können Lehrende die Testergebnisse der Lernende automatisiert und gleichzeitig differenziert und individuell auswerten. Das Dashboard ist niedrigschwellig gestaltet, sodass die Lehrenden mit verschiedenen Filtermöglichkeiten und Interaktionen intuitiv Förderbedarfe der Lernenden ableiten können. Die lea.App (c) bietet Lernenden die Möglichkeit, eigenständig und im privaten Raum (Smartphone) Übungsaufgaben zu absolvieren und ihre Kompetenzen zu verbessern. Alle Aufgaben der lea.App basieren auf den lea.-Kompetenzmodellen (Vorläufer der LEO-Studie unter https://leo.blogs.uni-hamburg.de) und haben einen Berufsfeldbezug. Dieser speist sich aus dem niedrigschwelligen Sektor, d. h. es werden Tätigkeiten einbezogen, die ohne oder mit einem niedrigen Bildungsabschluss ausgeführt werden können und bei denen der Bedarf an literalen Grundkompetenzen dementsprechend gegeben ist. Die Lern- und Diagnoseaufgaben wurden in Zusammenarbeit mit der Praxis um berufsfeldbezogene Aufgaben ergänzt. In der lea.App stehen zusätzliche Aufgaben bereit für die Berufsfelder Pflege, produzierendes Lebensmittelgewerbe sowie technische (Helfer-)Berufe bereit. Die Software steht unter aGPL-Lizenz als Open Source öffentlich zur Verfügung (https://github.com/leaonline/).

Am Beispiel der Vielfalt ausbildungsvorbereitender Bildungsgänge im Bundesland Bremen (https://www.iaw.uni-bremen.de/f/38addd3315.pdf) stellt sich eine große Breite an Förderbedarfen dar. Fokussieren Werkstufe auf die Förderung einer grundlegenden sozialkommunikativen Berufsfähigkeit bereits am der 9. Klasse, werden in Sprachförderklassen mit Berufsorientierung sowie Berufsorientierungsklassen mit Sprachförderung Schüler mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen adressiert. Berufsorientierungsklassen führen zu einer Ausbildungsfähigkeit hin, Praktikumsklasse begleiten den ersten Einstieg in die Berufspraxis.

Gemein ist den Angeboten, dass die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen häufig mit schwerwiegenden schriftsprachlichen Defiziten in die Berufsvorbereitung eintreten, welche nicht systematisch aufgearbeitet werden können. Lehrende fühlen sich dabei häufig überfordert und können nicht gezielt genug unterstützen.

Konzeptidee und Umsetzung:

Anknüpfend an die oben dargestellte Ausgangslage und Problemstellung sollen drei Arbeitspakte umgesetzt werden:

AP1: Erweiterung der Handreichung für Berufsschullehrer:innen

AP2: Online-Tutorials für Akteure in Berufsschulen

AP2.1: Online-Tutorials Für Berufsschüler:innen

AP2.2: Online-Tutorials für Berufsschullehr:innen

AP3: Dissemination und Vermarktung – Infopakete für Berufsschulen

AP1 – Erweiterung der Handreichung für Berufsschullehrer:innen: Wie oben dargestellt ist die Handreichung zum Einsatz von lea.online primär für Akteure in der Grundbildung konzipiert, d.h. für Personen, die ausschließlich Grundbildungsbemühungen unternehmen und ein umfassendes Vorwissen für die Herausforderungen der Sprachförderung bei Erwachsenen und die Zielgruppe mitbringen. Berufsschullehreri:innen sind primär nicht dafür ausgebildet, den Schriftspracherwerb zu fördern. Die Handreichung soll daher um den Teil “Einsatz von lea.online für niedrigschwellige Ausbildungswege sowie Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen” erweitert werden. Die Erweiterung wird explizit an den

  • Kompetenzen von Berufsschullehrer:innen
  • Kompetenzen von Berufsschüler:innen
  • gängigen Problemstellungen bzw. Herausforderungen in Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen
  • Zielen der Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen

ausgerichtet.

In der Erweiterung der Handreichung werden exemplarische Ziel- und Problemstellungen aus den Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen aufgegriffen und in Szenarien überführt. Anhand der Szenarien wird den Lehrpersonen aufgezeigt, wie sie lea.online im Unterricht und SchülerInnen auch außerhalb des Unterrichts lea.online zur Förderung von Sprachkompetenzen nutzen können. Um dieses Ziel zu erreichen, werden für die Erweiterung der Handreichung Berufsschullehrer:innen sowie Wissenschaftler:innen einbezogen. Die Vertreter:innen aus der Praxis werden zu mindestens zwei Zeitpunkten befragt, um erstens das Konzept zu validieren und ggf. zu modifizieren sowie zweitens zur Umsetzung befragt zu werden. Die Wissenschaftler:innen werden bedarfsorientiert befragt zu Erfahrungen und Förderbedarfen in den Übergangs- und Berufsvorbereitungsmaßnahmen. Die Handreichung wird digital zum Download (PDF) sowie als kompakte Mini-Website zur Verfügung gestellt.

AP2: Der Einstieg und die Nutzung von lea.online soll zudem über online abrufbare Videos angeregt werden. Die Videos sollen kurz (höchstens drei Minuten) sowie niedrigschwellig und modular abrufbar und speziell sowohl für Berufsschüler:innen als auch Berufsschullehrer:innen konzipiert sein:

AP2.1 – Online-Videos für Berufsschüler:innen: Um die Nutzung von lea.online sowohl im Unterricht als auch außerschulisch zu bewerben, werden Online-Tutorials für Berufsschüler:innen erstellt. Die Tutorials geben den Schüler:innen Anregungen und Ideen, wie die einzelnen Bestandteile von lea.online sie dabei unterstützen können, ihre Literalität zu fördern und welche Perspektiven Ihnen dadurch eröffnet werden. Zusätzlich werden Imagefilme für YouTube Shorts, Instagram und TikTok erstellt, die sich speziell an Jugendliche und junge Erwachsene richten. Bei der Konzeption und Umsetzung wird die Lebenswelt der Berufsschüler:innen einbezogen, indem lebensweltbezogene Themen, digitale Anwendungen und Nutzungsgewohnheiten berücksichtigt werden. Um die Lebensweltbezogenheit sicherzustellen, wird mindestens eine Round-Table-Diskussion mit Schüler:innen abgehalten und es werden aktuelle Studien wie die JIM-Studie berücksichtigt.

AP2.2 – Online-Videos für Berufsschullehrer:innen:  In den Videos für Lehrpersonen werden aktuelle Problemstellungen aus der Praxis aufgegriffen. Anhand der exemplarischen Problemstellungen wird aufgezeigt, wie lea.online eine Unterstützung für die Sprachförderung im Berufsalltag darstellen kann. Hierfür werden sowohl leo.online als Gesamtanwendung als auch jeweils die einzelnen Bestandteile (otu.lea, lea.App, lea.Dashboard) in den Blick genommen.

AP3 – Dissemination und Vermarktung – Infopakete für Berufsschulen und Online-Workshops: Um möglichst viele Berufsschulen auf lea.online aufmerksam zu machen, werden Pakete mit Informations- und Werbematerial zusammengestellt und an Berufsschulen verschickt. Im Rahmen einer möglichen Förderung aufgrund der Preisverleihung wird sich in der ersten Phase (Monat 1. – 6.) auf die Regionen Bremen (und Umland) sowie Baden-Württemberg konzentriert. Sofern die Disseminations- und Vermarktungsstrategie positive Resonanz (z.B. in Form von Rückmeldung und einem Anstieg der Nutzung von lea.online) führt, werden weitere Bemühungen angestellt, um lea.online bundesweit stärker bekannt zu machen. Gleichzeitig werden die bereits bestehenden Netzwerke z.B. der AlphaDekade (www.alphadekade.de), Metavorhaben Digitalisierung im Bildungsbereich (https://digi-ebf.de/) sowie weiterer aktueller Projekte mit Praxispartnern, z.B. WiBeG (http://wibeg-online.de), Alpha-Invest (http://alphainvest-projekt.de/) genutzt. In der zweiten Phase (Monat 7. – 12.) werden regelmäßige monatliche Online-Workshops zur Multiplikatorenschulung durchgeführt.

Die Erweiterung von lea.online zeigt somit einen innovativen Weg zur Entwicklung bildungssprachlicher Kompetenzen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, um die Befähigung junger Menschen zur persönlichen Verwirklichung in Bildung und Beruf, zur Entwicklung der eigenen Identität und zur selbstbestimmten Teilhabe an einer demokratischen Gesellschaft zu unterstützen.

Projektteam

Das Projektteam besteht aus den beiden Antragsteller:innen sowie ihren jeweiligen Lehrstuhlteams sowie einer Aufstockung eines bestehenden Vertrages einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin (Imke Meyer) an der Universität Bremen. Zusätzlich soll eine SHK das Projekt unterstützen.

Erfolg und Nachhaltigkeit des Projektes

Das Projekt erfüllt eine direkte Anforderung aus der Praxis, wie bisherige Gespräche mit Kolleg:innen an verschiedenen Berufsschulen ergeben hat. Es bedarf lediglich einer gewissen finanziellen Unterstützung, um im Anschluss an das auslaufende Projekt des Alphabetisierungsförderprogrammes der Alphadekade die vorhandenen Mittel für eine große Zielgruppe zu erschließen. Die Nachhaltigkeit des Projektes ergibt sich aus den Forschungs- und Lehrprogrammen der beiden beteiligten Professuren, welche die Weiterentwicklung und weitere Dissemination auch in weiteren Anträgen anstreben.

Dokumentation und Ergebnissicherung

Alle erstellten Materialien werden als OER (inkl. Quelldateien) mit CC-BY veröffentlicht.