Die unten abgebildeten Karikaturen zeigen zugespitzt drei Situationen, in denen Eltern mit Migrationsgeschichte auf defizitäre Zuschreibungen ihnen gegenüber in Schule reagieren. Angeregt wurden sie durch Schilderungen der Erfahrungen von Mitgliedern migrantischer Elternorganisationen in isekim-Interviews. Solche stereotypen Annahmen beeinflussen die Kommunikationsatmosphäre und können sich damit auf die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrkräften negativ auswirken. Auf diese Bedeutung defizitorientierter Zuschreibungen machen erziehungswissenschaftliche Studien bereits seit Langem aufmerksam (z.B. Fürstenau/ Gomolla 2009).
Wie eine differenzsensible und diskriminierungskritische Kommunikation mit Eltern gestaltet werden kann, lässt sich in dem immer noch aktuellen, erstmals 2009 veröffentlichten Ratgeber von Altan/Foitzik/Goltz nachlesen (Altan u.a. 2011). Die umfangreiche Publikation mit vielen praktischen Beispielen kann als Reflexionshilfe genutzt werden, mit der Lehrkräfte und Sozialarbeitende sich selbst auf defizitorientierte Sichtweisen prüfen und einen ressourcenorientierten Blick auf Erziehungsberechtigte mit Migrationserfahrungen weiter entwickeln können.
Unsere schulischen Kooperationspartner in isekim sind bemüht um eine gute Balance: Sie erkennen besondere Beratungsbedarfe bei neu zugewanderten Eltern und suchen über die zusätzliche Akquise von Mitteln nach Möglichkeiten, ihnen besser gerecht werden zu können. Sie nehmen aber auch wahr, dass gerade bei Geflüchteten eine große Spannbreite an Ressourcen mitgebracht wird, die es gilt, in Schule anzuerkennen und aufzugreifen. Das können im Herkunftskontext erworbene Qualifikationen im akademischen oder praktischen Bereich sein – etwa das hohe Bildungskapital der ehemaligen Schuldirektorin einer prestigeträchtigen ausländischen Privatschule oder die handwerkliche Kompetenz und Mehrsprachigkeit eines Arbeiters mit Grundschulbildung der sich für seine Kinder bessere Bildungsmöglichkeiten wünscht. Nicht zuletzt verfügen viele über eine hohe Resilienz im Umgang mit unvorhergesehenen Situationen.
Die drei Karikaturen können auch in der Lehrkräfteausbildung oder Weiterbildungsworkshops genutzt werden, z.B. mit folgenden Fragen:
- Überlegen Sie zu jeder Karikatur. Worauf könnte die Zuschreibung zurückzuführen sein? Versetzen Sie sich in die Person, die mit der Zuschreibung konfrontiert ist. Wie würden Sie sich fühlen? Wie könnte das Gespräch in eine konstruktive Richtung gebracht werden?
Von Dita Vogel und Yasemin Karakaşoğlu
Fürstenau, Sara/Gomolla, Mechtild (Hrsg.) (2009): Migration und schulischer Wandel: Elternbeteiligung. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwissenschaften. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-531-91487-9
Altan, Melahat/Foitzik, Andreas/Goltz, Jutta (2011): Eine Frage der Haltung. Eltern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft ; eine praxisorientierte Reflexionshilfe. 2. Auflage. Stuttgart: Aktion Jugendschutz (ajs) Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg. https://www.ajs-bw.de/media/files/gewalt/veroeffentlichungen/ajs_frage_der_haltung.pdf
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