Blogbeitrag Nr. 15: Warum eine eingestürzte Brücke in Dresden Bildung gefährdet

In Dresden kooperiert das Projekt isekim mit der 101. Oberschule „Johannes Gutenberg“, die Dresdner Kinder und Jugendliche mit Wurzeln in Deutschland und vielen anderen Ländern auf den ersten und mittleren Schulabschluss vorbereitet. Im Projekt isekim konnten wir diese als eine Schule kennenlernen, die sich in vorbildlicher Weise um Bildungschancen für alle Schüler und Schülerinnen bemüht – auch für diejenigen, deren Eltern sie wenig unterstützen können, z.B. weil sie erst seit kurzer Zeit in Deutschland leben.

Mit großer Begeisterung wurden uns auch die Planungen für einen Schulneubau gezeigt, in dem das Konzept der Schule noch bessere räumliche Rahmenbedingungen finden sollte. Für diesen Neubau sind nun im Haushaltsplanentwurf keine Mittel mehr vorhanden, wie die Schule in einem Video aufzeigt. Zugleich wird im derzeitigen Gebäude ein Gymnasium aufgebaut, das mit jedem neuen Jahrgang mehr Klassenräume benötigt. Es wird schlechter statt besser.

Hintergrund ist der Einsturz einer Dresdner Elbbrücke, deren Wiederaufbau viel Geld kosten wird. Sicher sind Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur wichtig – am Besten kontinuierlich, bevor eine Brücke einstürzt. Aber auch kontinuierliche und verlässliche Investitionen in die Bildungsinfrastruktur sind wichtig. Denn ohne Bildung fehlen in der Zukunft die Menschen, die zum Beispiel stabile Brücken bauen und erhalten können.

Yasemin Karakaşoğlu und Dita Vogel

Mehr dazu in einer e-petition

 

Blogbeitrag Nr. 14: Logbücher und Schulplaner – viele Zwecke auf einen Schlag erreichen?

Wie werden eigentlich Schulplaner und Logbücher, wie sie uns die isekim-Kooperationsschulen zur Verfügung gestellt haben, in der Schule-Eltern-Kommunikation genutzt? Beispiele finden Sie hier. Unser Eindruck: Die gebundenen Hefte oder Ringbücher wollen ganz schön viel erreichen.

Nachrichtenkanal: Es gibt Felder, in denen sich Eltern und Lehrkräfte gegenseitig Nachrichten zukommen lassen.

Orientierung über schulisches Lernen: Eltern können im Logbuch einen Eindruck bekommen, worum es gerade in der Schule geht, besonders wenn die Logbücher auch für Lerndokumentationen oder als Hausaufgabenhefte genutzt werden.

Informationshandbuch: Außerdem sind je nach Schule eine Vielzahl von Informationen abgedruckt wie z.B. schulische Kontaktadressen, Schulordnungen, Elternrechte und -pflichten.  Wir fragen uns, ob ein Heft auf Papier, dass die Kinder zwischen Schule und Elternhaus hin und her tragen, dafür das richtige Medium ist. Sind Flyer oder Hefte zum Schulbeginn dafür geeigneter? Oder werden Logbücher auf Papier bald komplett von Eintragungen in internen Lernplattformen abgelöst?

Dita Vogel und Pia Grimpo

 

Blogbeitrag Nr. 13: Elterncafé – von Eltern, für Eltern, nur für bestimmte Gruppen?

                                                                        Bild: Elterncafé an der Offenen Schule Köln

Elterncafés werden oft als Maßnahme empfohlen, damit Eltern Erfahrungen miteinander austauschen und mit der Schule in Kontakt treten können, z.B. von der Kultusministerkonferenz. Aber was bedeutet das konkret, und warum sollten sich Eltern ein solches Angebot wünschen? In der pädagogischen Literatur und auch in einigen Interviews im isekim-Projekt tauchen  „Elterncafé“ und „Elternstammtisch“ als informelles Angebot von Eltern für Eltern auf, das je nach Zusammensetzung der Elternschaft in der Schule auftauchen und wieder verschwinden kann.

Elterncafés werden aber auch von Schulen initiiert und durch pädagogische Fachkräfte und Honorarkräfte aus der Elternschaft unterstützt, wenn sich Schulen dadurch bessere Kontakte vor allem mit zugewanderten Eltern erhoffen. So äußert eine schulische Beschäftigte der Duisburger Kooperationsschule im isekim-Interview, dass ein Elternfrühstück oder Elterncafé als eine Möglichkeit gesehen wird, eine zentrale Frage zu lösen: „Wie kriegen wir unsere Eltern hier eingebunden?“ Dabei scheinen regelmäßige, anlasslose Termine nur kleine Teile der Elternschaft anzusprechen, während ein Muttertagsfrühstück mit kleinen Geschenken durch die Kinder die Mensa der Schule gefüllt hat.

Angeregt durch das Duisburger Beispiel soll in der Oberschule Johannes Gutenberg in Dresden eine andere Variante eines Elterncafés getestet werden. Elterngespräche könnten sich künftig auf einen Tag im Monat konzentrieren, an dem die Schüler*innenfirma ein Café-Angebot bereitstellt. Es geht also darum, dass Eltern sich in der Schule willkommen fühlen sollen und nicht auf dem Flur warten oder gleich nach einem Gespräch wieder gehen müssen.

Ein „thematisches Elterncafé“ wird in einer Projektbroschüre aus Brandenburg beschrieben: Eine Schule hat regelmäßig Vorträge zu erziehungsrelevanten Themen in türkischer Sprache angeboten, über die im Anschluss bei Tee und Gebäck gesprochen werden konnte. Dies habe auch Lehrkräfte dazu bewogen, Elternabende umzugestalten und die Elternpartizipation von „türkeistämmigen“ Eltern gestärkt. Dass das immer so ist, bezweifelt die Erziehungswissenschaftlerin Ellen Kollender, die viel zur Elternpartizipation geforscht hat. Sie sieht die Gefahr, dass die Tendenz zur Zweiteilung der Elternschaft verstärkt wird: „– im (zugespitzten) Sinne von: Die ›migrantischen Eltern‹ spielen im Elterncafé Bingo, während die ›deutschen Eltern‹ über die programmatische Entwicklung der Schule mitbestimmen.“

Die zentrale Frage dürfte sein: Schätzt die Schule die Wünsche und Bedarfe von Müttern, Vätern und anderen häuslichen Kontaktpersonen der Schule richtig ein?

Dita Vogel

 

Kollender, Ellen (2023): Eltern in der Schule der Migrationsgesellschaft – eine rassismuskritische Perspektive. In: Georgi, Viola B./Karakasoglu, Yasemin (Hrsg.): Allgemeinbildende Schulen in der Migrationsgesellschaft. Diversitätssensible Ansätze und Perspektiven. 1. Auflage. Stuttgart: Kohlhammer. S. 98–113, S. 106