Eine nationale Orientierung des Bildungssystems bedeutet, dass jede Nation ein eigenes, an die Nation angepasstes Bildungssystem besitzt. Strukturell geht dann jedes Bildungssystem davon aus, dass ein einziges nationales Bildungssystem mit einer zeitlichen und räumlichen Kontinuität durchlaufen wird. Das heißt im Optimalfall wird ein Kind in einem Land eingeschult und durchläuft in diesem einen Land das dort etablierte Bildungssystem bis zu einem entsprechenden Abschluss. Demzufolge gibt es beispielsweise in jeder Nation für jede Altersstufe eines Kindes die entsprechend passende Klassenstufe, was unter anderem davon abhängt, wann die Einschulung in der jeweiligen Nation passiert.  Wie ich in meiner eigenen Kindheit erlebt habe, ist diese altersentsprechende Klassenzuweisung national orientiert, was für Kinder, die in andere Länder ziehen, weitreichende Folgen hat. Nachdem ich in Deutschland geboren wurde, bin ich mit meiner Familie nach Großbritannien gezogen, wo ich im Alter von fünf Jahren eingeschult wurde, was dem dortigen Schulsystem entspricht. Als ich im Alter von acht Jahren nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in Großbritannien und den USA zurück nach Deutschland kam, hatte ich in den USA bereits die dritte Klasse abgeschlossen, sodass ich demnach in die vierte Klasse hätte gehen sollen. Nach dem deutschen Schulsystem war ich vom Alter her jedoch ein Jahr jünger als andere Viertklässler, sodass ich in Deutschland in die dritte Klasse aufgenommen wurde, auch um mir den Einstieg in der deutschen Schule zu erleichtern.

Durch meinen eigenen Wechsel zwischen den Schulsystemen verschiedener Länder habe ich weitere Charakteristiken eines national orientierten Bildungssystems kennengelernt: vor allem im inhaltlichen Bereich musste ich feststellen, dass ich zu Beginn meiner Schulzeit in Deutschland viele Dinge nie gelernt hatte, die für gleichaltrige Kinder, die seit der Geburt in Deutschland lebten, selbstverständlich waren. Dementsprechend musste ich einige Themen gesondert nachholen.

Als ich nach Deutschland zurückkam, konnte ich Deutsch sprechen und auch größtenteils schreiben. Dies war aus meiner Sicht ein entscheidender Vorteil: die Sprache des “neuen” Landes zu beherrschen, erleichtert den Einstieg in das nationale Bildungssystem massiv. Die Sprachbarriere ist meiner Meinung nach einer der größten Herausforderungen von Migration für die Schule. Daher ist es auch dieses Thema, welches ich am stärksten im öffentlichen Diskurs bzw in den öffentlichen Medien im Zusammenhang mit “Migration als Herausforderung für die Schule” und “Schüler mit Migrationshintergrund” wahrnehme. Es werden die Möglichkeiten diskutiert, wie die Eingliederung von schulpflichtigen Kindern bestmöglichst gelingen kann, vor allem im Hinblick auf das Erlernen der neuen Sprache. Dabei geht es auch um die Kommunikation zwischen Schule und Eltern, denn beispielsweise Elterngespräche sind nur schwer möglich, wenn die Eltern kein Deutsch sprechen.  

In der Vorlesung habe ich viele mir bereits bekannte Informationen gehört. Eine neue Perspektive wurde mir eröffnet beim Überlegen, was es als Lehrer/in für ein Handeln erfordert bzw was es für Lehrer/innen bedeutet, wenn in der Schulklasse Kinder mit Migrationshintergrund sind. Dies war für mich ein neuer Blickwinkel auf die Thematik. Außerdem fand ich die in der Vorlesung genannten Zahlen eindrucksvoll. Die Tatsache, dass jede 4. Person in Deutschland einen Migrationshintergrund hat, zeigt wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Migration zu befassen.

Doing Culture bedeutet, dass man einen Menschen aufgrund persönlicher Vorstellungen einer Kultur zuordnet. In dem Beispiel schreibt die Lehrerin Bertül eine kulturelle Zugehörigkeit aufgrund ihrer nationalen Herkunft zu. Bertül äußert, dass die Lehrerin eine türkische Kultur von ihr erwartet hat, da sie Türkin ist. Allerdings fühlt Bertül sich dem von der Lehrerin erwarteten Kulturgut nicht zugehörig, sodass sie die von der Lehrerin geäußerten Erwartungen nicht erfüllt. Insgesamt ordnet die Lehrerin Bertül einem Stereotypen zu, welchen die Lehrerin in ihrem Denken konstruiert hat. Das Beispiel zeigt zudem, dass jede/jeder selbst entscheiden welche Kultur er/sie sich zugehörig fühlt und dass die kulturelle Zugehörigkeit nicht mit der nationalen Herkunft übereinstimmen muss.