Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf?

Werden Kinder mit Förderbedarf ausgesondert fehlen ihnen Vorbilder, beispielsweise in den Bereichen Sprachentwicklung, motorische Entwicklung, Lernentwicklung sowie emotionale-soziale Entwicklung. Allgemein benötigen Kinder und Jugendliche Vorbilder in ihrer Entwicklung; dies fällt weg, wenn sie nur mit anderen SuS mit Förderbedarf in einer Klasse lernen. Nur die Lehrer als Vorbilder reichen nicht aus. Außerdem wirkt sich eine Aussonderung von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf negativ auf das Selbstwertgefühl dieser SuS aus. Sie werden mit einem Label versehen, was impliziert, dass sie nicht in eine reguläre Schulklasse gehen können. Im Allgemeinen versagt das Prinzip der Inklusion völlig, wenn SuS mit Förderbedarf ausgesondert werden. Somit ist die Aussonderung von SuS mit Förderbedarf nicht hilfreich.

 

Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Grundsätzlich sind die Diagnosen “Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung” und “Förderschwerpunkt Lernen” wenig aussagekräftig. Innerhalb dieser Diagnosen gibt es eine Vielzahl von individuellen Charakteristiken des Kindes, die aus diesen oberflächlichen Diagnosen nicht hervorgehen. Aus den Diagnosen geht nicht hervor, wie man sich selbst bzw seinen Unterricht auf das Kind abstimmen kann. Man erfährt lediglich, dass ein Defizit im jeweiligen Bereich vorliegt; welche Art von Defizit erfährt man nicht. Die Diagnosen bzw die Zuschreibung einer Kategorie sind zu allgemein, man muss genaue Informationen über das einzelne Kind erfahren. Beispielsweise, welches Defizit genau vorliegt, welche Stärken das Kind hat, wie das Lebensumfeld des Kindes ist und so weiter. Es werden Details benötigt, die nur auf das eine Kind zutreffen, es aber nicht einfach einer großen heterogenen Gruppe zuordnen. In der in der Vorlesung verwendeten Grafik von Berndt-Schmidt u.A. wird dies beschrieben als sein Interesse dem  “Kind mit seinen physischen und psychischen Voraussetzungen, seinen Fähigkeiten, Interessen, Handlungsstrategien, Bedürfnissen und mit seinen besonderen Förderbedürfnissen” zu zuwenden. Diese detaillierten Informationen sind notwendig, um den eigenen Unterricht auf ein Kind mit Förderbedarf anpassen zu können.

 

Wie können Sie der Vielfalt der Schüler/-innen gerecht werden und welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Grundsätzlich sollte man vor allen Dingen im ständigen Austausch mit dem Kind selbst sowie deren Eltern stehen, um sich bestmöglich auf dessen Bedürfnisse einstellen zu können. Außerdem stehen die Schulleitung sowie andere LehrerInnen zur Verfügung, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie man bestmöglich auf alle Schüler eingehen kann. Nicht nur die Kooperation mit den Eltern kann eine Hilfe sein, sondern auch die Mitschüler in der Klasse. SuS können sich beispielsweise gegenseitig Dinge erklären. Zudem gibt es eine Vielzahl technischer Hilfen, die speziell auf die Bedürfnisse eines Kindes mit Förderbedarf zugeschnitten sind bzw zugeschnitten werden können. Über den Austausch mit anderen Schulen und anderen LehrerInnen können speziell für die Bedürfnisse von Kindern mit einem gewissen Förderbedarf  entwickelte Unterrichtsmaterialien untereinander ausgetauscht werden, sodass eine Vielzahl von LehrerInnen im Unterricht davon einen Nutzen haben.Lehrkräfte brauchen im Allgemeinen Unterstützung durch Personen oder durch angepasste Lernmaterialien und technische Hilfen, um der Vielfalt der Schüler in einer inklusiven Klasse gerecht werden können.

 

Warum stellte die Entwicklung der Sonderschulen historisch betrachtet einen Fortschritt dar? (vgl. Feuser in Müller 2018)

In seinem Interview in Müller 2018 erzählt Georg Feuser wie er die Martin-Buber-Schule in Gießen als erste Schule für Geistigbehinderte, eine Schule für Praktisch Bildbare (Sonderschule), aufbaute. Er beschreibt wie SuS mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf nur über den Weg der Sonderschulen ins Bildungssystem integriert werden konnten, so dass dies deshalb ein großer Fortschritt war. Feuser beschreibt die Entwicklung der Sonderschulen als eine Befreiung der Kinder und Jugendlichen aus den sehr schlechten Bedingungen in Landeskrankenhäusern und Psychiatrien. Bei seiner Etablierung der Martin-Buber-Schule orientiert sich Feuser an den Lehren Martin Bubers und sieht dies als eine Widerlegung dafür, dass eine kategoriale Segregierung behinderter Menschen vernünftig wäre und zu Erfolg führt. Das Ausgrenzen von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf vom Bildungssystem beschreibt Feuser folgendermaßen. Er sagt, dass “die bildungsmäßige Verelendung schwer beieinträchtigter und tiefgreifend entwicklungsgestörter Menschen psychische Euthanasie sei und sie durch Ausgrenzung und Verwahrung unter menschenunwürdigen Bedingungen die Rolle von Ersatzjuden wahrnehmen würden” (Feuser in Müller 2018, S. 73). In seinem Bestreben eine Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf aufzubauen, gibt Feuser diesen Schülern die Möglichkeit am Bildungssystem teilzunehmen. Feuser hatte mit große Missgunst seiner Idee zu kämpfen, aber dennoch stellte die Entwicklung der Sonderschulen unter den genannten Umständen einen großen Fortschritt dar.

  • Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

Ein für mich sehr zentraler theoretischer Aspekt der Vorlesung war die Entwicklung des Begriffs Inklusion nach Sander (2002). Von der Exklusion, über Separation/Segregation, Integration bis hin zur Inklusion wird diese Entwicklung beschrieben. Die fünfte Phase der Entwicklung bezeichnet Sander als “Begriff Inklusion überwunden”; diese Phase sei jedoch aktuell noch nicht erreicht. Aus meiner Sicht ist diese Abstufung der Phasen der Inklusion entscheidend um differenzieren zu können, was Inklusion tatsächlich ausmacht bzw in welcher Phase der Entwicklung sich die Gesellschaft, ein Land, ein Bundesland etc. befindet. Zudem erscheint mir die Abgrenzung des Begriffs Inklusion vom Begriff Integration entscheidend, da mir vor der Vorlesung nicht klar war, dass das Konzept der Inklusion über das Konzept der Integration hinausgeht und daher als “optimierte und erweiterte Integration” bezeichnet werden kann.

Als zweiter zentraler theoretischer Aspekt wurde der Begriff der “inkludierenden Exklusion” (nach Stichweh 2009 und Seitz/Scheidt 2012) eingeführt. Dieses Konzept beschreibt die Facetten der praktizierten Inklusion, welche dennoch zu einer Exklusion führen. Alle SuS haben gleichermaßen ein Recht auf Teilhabe an Bildung und Erziehung in Institutionen, sodass hier alle SuS inkludiert werden sollen, jedoch findet noch immer Exklusion einerseits durch die Organisation für SuS mit besonderem pädagogischen Förderbedarf und andererseits beispielsweise durch eine Sonderbehandlung solcher SuS im Unterricht statt. Die Idee der inkludierenden Exklusion ist meiner Meinung nach sehr treffend und hilfreich, wenn es darum geht zu beurteilen, ob Inklusion ausreichend und für alle gleichermaßen stattfindet. Somit stellen auch die genannten Punkte des Inklusionsverständnis einen zentralen  theoretischen Aspekt dar, da man sich klar sein muss, was Inklusion bedeutet, um evaluieren zu können inwieweit diese stattfindet.

 

  • Betrachten Sie bitte Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen im Gemeinsamen Unterricht und reflektieren Sie kritisch folgende Fragen:
  • Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (z.B. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

In meiner Schulzeit wurden in meiner Klasse SuS mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt unterrichtet, bei denen Autismus oder ADHS diagnostiziert wurde. Diese beiden Diagnosen lassen sich vorrangig in die Förderschwerpunkte “emotionale und soziale Entwicklung” und “Lernen” einordnen. Die Erfahrungen, die ich im Umgang mit diesen SuS gemacht habe, unterstützt dabei das soziale Modell der Behinderung. Diese SuS wurden vielfach in Pausen oder im Umgang der SuS untereinander diskriminiert bzw ausgegrenzt, weil sie entweder sehr lebhaft waren oder ihnen der soziale Kontakt zu anderen Menschen sehr schwer fiel. Man merkte jedoch, dass wenn einer der anderen SuS oder ein Lehrer sich ganz viel Zeit und Ruhe genommen hat, um auf einen dieser SuS einzugehen, dass diese extrem aufmerksam sein konnten. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sehr viel Zeit, Ruhe und ein sensibles Vorgehen dazu führt, dass man in (guten) Kontakt zu den SuS mit Autismus oder ADHS kommen kann. Demnach sind vor allen Dingen diese “Diagnosen” aus meiner Sicht keine, die durch individuelle Anpassung der Betroffenen in der Gesellschaft gelöst werden können, sondern ein sozialer Wandel dazu führt, dass auf diese SuS eingegangen werden kann.

 

  • Welchen Meinungen zur Inklusion sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen an Schulen, insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien, begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Mir sind bisher nur positive Meinungen im Hinblick auf die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien begegnet. Demnach werden solche SuS als Bereicherung empfunden und vor allem wird die Meinung vertreten, dass es viele SuS, denen einen sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert wurden dennoch die Vorrausetzungen haben, das Gymnasium zu besuchen. Daher sollte es diesen SuS nicht aufgrund ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs verwehrt werden, das Gymnasium zu besuchen.

Ich bin ähnlicher Meinung: es sollte definitiv Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien stattfinden. Die Bandbeite der möglichen Förderschwerpunkte impliziert meiner Meinung nach, dass nicht alle SuS mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt mit einem einzigen Label “nicht fähig aufs Gymnasium zu gehen” behaftet werden sollten. Innerhalb der Gruppe “SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf” gibt es Unterschiede und individuelle Schwächen und Stärken der einzelnen SuS. Somit kann man meiner Meinung nach nicht pauschal sagen, dass alle SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht das Gymnasium besuchen können/dürfen. Es muss differenziert werden. Es wirkt sich auch negativ auf das Selbstwertgefühl der SuS aus, die in die Gruppe “SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf” eingeteilt werden, wenn dieses Label ihnen ein Besuch des Gymnasiums unmöglich macht. Auch SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollte die Möglichkeit gegeben werden, das Gymnasium zu besuchen.

 

  • Was sind ihrer Meinung nach die größten Chancen und Herausforderung der schulischen Inklusion?

Eine der größten Chancen der Inklusion ist, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf nicht mehr als nur negativ betrachtet wird, sondern diese SuS als eine Bereicherung und Repräsentation der Vielfalt der Gesellschaft aufgefasst werden. Durch die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen werden den Mitschülern Werte wie Toleranz, Offenheit und Akzeptanz vermittelt; es wird “normal”, dass es SuS in der Klasse gibt, die gewisse Defizite haben, aber auch Stärken mitbringen, die ihren Mitschülern bisher unbekannt waren. 

Abgesehen von der Chance für die Mitmenschen, bietet die schulische Inklusion große Chancen für die SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf, da diese gleiche Chancen auf Bildung und keine Sonderbehandlung bekommen. Sie werden nicht mehr ausgegrenzt, sondern fühlen sich als gleichwertiger Teil der Gesellschaft.

Dennoch stellt die schulische Inklusion sowohl die Schule (LehrerInnen etc) als auch die Mitschüler vor Herausforderungen. LehrerInnen müssen sich auf die SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf einstellen, dürfen diese jedoch auch nicht mit einer Sonderbehandlung unterrichten, da dies dann wieder nicht der Idee der Inklusion entspricht. Es muss somit ein Mittelmaß gefunden werden. Für die Mitschüler ist es zu Beginn eine neue Situation, mit der sie konfrontiert werden, doch meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass vor allem Kinder neugierig und offen auf gleichaltrige Kinder zugehen und sie ein sonderpädagogischer Förderbedarf eines SuS nicht davon abhält. In den älteren Klassenstufen ist demnach die Herausforderung durch Vorurteile oder Diskriminierung durch die Mitschüler vergleichsweise groß.

 

  • Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für zukünftige Praktika. Entweder zur schulischen Inklusion oder zur beruflichen Inklusion bzw. zum Übergang Schule-Beruf.

Ist eine Sonderbehandlung der SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Form von Ausgrenzung, Diskriminierung o.Ä. sichtbar oder sind diese SuS vollständig in die Klassengemeinschaft eingebunden?

 

1.Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen diesbezüglich zu?

Generelle Unterschiede in Leistungen von SuS sind definitiv unvermeidbar, da diese die Individualität eines jeden widerspiegeln; jeder SuS hat andere Interessen und Fähigkeiten. Mathematik ist ein Fach, dessen Inhalt auch im Alltag eine Bedeutung hat. Meiner Meinung nach ist ein eigenständiges Leben ohne ein Grundverständnis in Mathematik nur schwer möglich. Ein großes Beispiel, wo Mathematik im Alltag eine Bedeutung hat, ist der Umgang mit Geld. Wie PISA 2000 gezeigt hat, konnte zu dem Zeitpunkt ein Viertel der 15 Jährigen “als Risikogruppe eingestuft werden, deren mathematische Grundbildung nur bedingt für die erfolgreiche Bewältigung einer Berufsausbildung ausreicht” (Artelt et al. MPI, Berlin 2001). Ohne ein gewisses mathematisches Grundwissen ist es nicht nur schwierig einen eigenständigen Alltag zu leben, sondern SuS mit einer nach PISA sehr niedrigen Kompetenzstufe haben auch Schwierigkeiten im Berufsleben Fuß zu fassen und davor eine Berufsausbildung zu absolvieren. Um eine eigenständige Zukunft zu leben, ist es meiner Meinung nach in jedem Fall notwendig ein mathematisches Grundwissen vorweisen zu können, sodass die Leistungsunterschiede in Mathematik von SuS definitiv ein Grund zur Sorge sind; dabei vor allem die doch recht große Gruppe an SuS, die ein geringen Kompetenzbereich vorweisen können.

Das zweigliedrige Schulsystem hat unter den Grundbedingungen der Leistungsunterschiede in Mathematik die Aufgabe ein mathematisches Grundwissen an alle SuS zu vermitteln. Hier ist dann vor allen Dingen, die Oberschule gefragt, denn wie man anhand einer Studie aus Frey et al, 2010 sehen kann, sind am Gymnasium eher die SuS, die einen höheren Kompetenzbereich (IV bis VI) vorweisen können, zu finden. In der gleichen Studie sieht man, dass an der integrierten Gesamtschule (Oberschule) mehr SuS den Kompetenzbereich III aufweisen als auf dem Gymnasium. Das heißt vor allem die Oberschule schult vorherrschend Schüler in diesem Kompetenzbereich. Um ein mathematisches Grundwissen an alle SuS trotz vorherrschender Leistungsheterogenität zu vermitteln, sollte Schule meiner Meinung nach auch versuchen den Mathematikunterricht abwechslungsreicher zu gestalten, um den SuS mehr Freude daran zu vermitteln. Die Grundstimmung zu Mathematik ist bei den meisten SuS eher schlecht bzw ablehnend; das Schulfach Mathematik hat, so wie ich es in meiner eigenen Schulzeit wahrgenommen habe, eher einen schlechten Ruf. Hier wäre definitiv ein Ansatzpunkt, um die Leistungsunterschiede in Mathematik zu minimieren.

 

2.Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Das in der Vorlesung besprochene Fallbeispiel 3 “Lea und die reichhaltige Lernumgebungen” hat unter Anderem gezeigt, dass die Motivation innerhalb der Lerngruppe größer war, wenn im Mathematikunterricht handlungsorientierte Unterrichtsphasen stattfanden. Im Gegensatz dazu ließ die Motivation bei der Behandlung abstrakter mathematischer Inhalte nach. Handlungsorientierte Unterrichtsphasen können beispielsweise durch mathematische Spiele verwirklicht werden. Für die Lehrende Person bedeutet die Entwicklung solcher Unterrichtsphasen mit spielerischen Methoden zwar einen größeren Arbeitsaufwand in der Vorbereitung und Konzeption, doch wenn das Spiel dazu führt, dass mehr SuS einfacher und schneller den Inhalt verstehen, minimiert es nach Hinten raus den Erkläraufwand und das Überwinden der Frustrationsgrenzen der SuS. Somit denke ich, dass Spielen im Mathematikunterricht ein Ansatz ist, jedoch sollte dies nicht die einzig verwendete Unterrichtsmethode sein. Angesichts der Leistungsheterogenität innerhalb einer Lerngruppe gibt es Schüler, die mit handlungsorientierten Methoden (z.B. Spielen) besser lernen können und andere, denen ein abstraktes Erklären der Unterrichtsinhalte hilfreicher ist. Somit sollte eine Mischung gefunden werden. Spielen ist für SuS generell eine Methode, die nicht mit dem klassischen Verlauf von Mathematikunterricht in Verbindung gebracht wird und somit für die SuS neue Motivation an dem Fach hervorrufen kann.

 

3.Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz.  Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.

Nutzt man ein Spiel als Einstieg in ein neues Thema oder zum Verständnis eines davor theoretisch besprochenen Unterrichtsinhaltes, so kann man den SuS nachdem sie einige Runden gespielt haben, die Aufgabe geben eine Taktik bzw Strategie zu überlegen, welche ihnen zu einem Sieg im Spiel verhilft: “Wie musst du Spielen, um zu gewinnen? Gibt es eine Strategie, die dich Gewinnen lässt?” Hierbei wird das mathematische Denken angeregt. Die Strategien der Schüler können dann im Spiel erprobt werden und zudem noch im Unterrichtsgespräch besprochen werden. Hat sich eine überlegte Strategie im Spiel als nicht zielführend erwiesen, kann dann weiter überlegt werden, warum diese Strategie nicht funktioniert hat.

Außerdem kann man das Denken mit dem Spiel verknüpfen, indem man die SuS nach dem mathematischen Kerninhalt bzw dem Themenbezug des Spiels fragt: “Welches mathematische Themengebiet wird im Spiel verwendet? Welche mathematischen Kenntnisse sind erforderlich, um das Spiel spielen bzw verstehen zu können?” Besonders, wenn ein Spiel als Einstieg in ein Thema genutzt wird, kann man so als lehrende Person zur theoretischen Behandlung des Themas überleiten.

 

4.Benennen Sie zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

  1. Mathematik Bingo: alle SuS schreiben Zahlen ihrer Wahl in ein 3×3 Quadrat auf ihr Blatt. Die lehrende Person nennt Aufgaben, welche die SuS im Kopf lösen sollen. Findet sich die Lösungszahl in ihren aufgeschriebenen Zahlen wieder, so streichen sie diese durch. Wer drei durchgestrichene Zahlen in einer Reihe hat, hat ein Bingo.
  2. Terme formen: Die Lerngruppe wird in gleichgroße Gruppen eingeteilt. Alle SuS erhalten eine Karte auf der entweder eine Zahl oder ein mathematischer Befehl (plus, minus, mal, geteilt oder Klammern) abgebildet ist. Die lehrende Person nennt eine Zahl, die das Ergebnis des zu formenden Terms sein soll. Die SuS müssen sich nun so in einer Reihenfolge aufstellen, dass sie mit den auf ihren Karten abgebildeten Zahlen und Rechenoperationen einen Term formen, dessen Ergebnis die genannte Zahl ist. Die Gruppe, die am schnellsten einen richtigen Term aufgestellt hat, gewinnt.  

Ich habe in meiner eigenen Grundschulzeit individualisierenden Unterricht erlebt und kannte somit bisher nur die Schülerperspektive auf diese Form des Unterrichts. Die Vorlesung hat mir viele positive Einsichten auf den individualisierenden Unterricht aus schultheoretischer Sicht eröffnet. Eine wichtige Einsicht für mich war, inwieweit es doch Schwierigkeiten mit sich bringt individualisierenden Unterricht anzubieten. Nach der Vorlesung erscheint die einfachere durchzuführende Unterrichtsform der Unterricht als Klassengespräch zu sein, doch dieser entspricht der Logik der Homogenisierung, was eindeutig der offensichtlichen Heterogenität einer Lerngruppe widerspricht. Der individualisierende Unterricht geht auf die Heterogenität innerhalb der Lerngruppe ein und passt sich dieser an. Eine wichtige Erkenntnis für mich war zu erfahren, dass es innerhalb des individuell absolvierten Lerntempos feste Bausteine gibt, die alle SuS absolvieren müssen, sodass trotzdem am Ende eines Schuljahres alle SuS die gleiche Basis an Lernstoff erlernt haben. Der weiterführende Stoff, den alle SuS individuell je nach Lerntempo und Lernkapazität erlernen können, erlaubt darüber hinaus eine Option für lernstarke Schüler ausreichend gefördert zu werden.

Grundlegend führt der individualisierende Unterricht in vielen Faktoren zu einer positiven Individualisierung, doch die Individualisierung kann auch negative Komponenten haben. Die Kehrseite des individualisierenden Unterrichts, welche in der Vorlesung anhand des Fallbeispiels von Nele und Tarkan veranschaulicht wurde, ist eine gewisse Isolation der einzelnen SuS. Jeder arbeitet für sich an seinen Aufgaben und auch wenn in dem Konzept Austausch und Hilfe zwischen den SuS angedacht ist, muss dies nicht zwingend stattfinden. Dass ein SuS mehr Aufgaben in der gleichen Zeit geschafft im Vergleich zu einem anderen kann auch zu Abgrenzung und Hierachieverhältnissen innerhalb der Lerngruppe führen. Demnach ist individualisierender Unterricht auch kritisch zu betrachten; diese kritische Betrachtung war für mich eine wichtige Einsicht der Vorlesung.

So sehr individualisierender Unterricht jedes Individuum einer Lerngruppe einzeln fordert und fördert, so muss meiner Meinung nach die Gemeinschaft einer Lerngruppe ebenso gefördert sowie gestärkt werden. Im Extremfall könnte der individualisierende Unterricht zu einer vollständigen Isolation aller SuS führen, wo jegliche Interaktion fehlt. Ebenso kann der unterschiedliche Lernfortschritt ein Grund für Mobbing sein. Letzteres scheint eher im Fall des individualisierenden Unterrichts eine naheliegende Idee zu sein, da hier offensichtlich alle SuS auf einem anderen Lernstand sind, doch betrachtet man den Unterricht als Klassengespräch, liegt der Grund für die Ausgrenzung eines Schülers/einer Schülerin ebenso nahe. Hier wird davon ausgegangen, dass alle SuS zur gleichen Zeit auf dem gleichen Lernstand sind. Ist ein Mitglied der Lerngruppe weit hinterher oder weit voraus fällt dies besonders auf. Im Falle des individualisierenden Unterrichts ist es ein Grundsatz, dass alle auf einem unterschiedlichen Lernstand sind. Somit lässt sich die kritische Sichtweise auf den individualisierenden Unterricht, welche in der Vorlesung als “ambivalente kompensatorische Hilfe und interne Ausgrenzung” formuliert wurde, auch in gewisser Weise auf den Unterricht im Klassengespräch übertragen, denn dort fällt es noch mehr auf, wenn einer/eine vom “Standard” abweicht.

Es ist unbestreitbar, dass individualisierender Unterricht eine höhere Komplexität im Bezug auf Unterrichtsplanung und -organisation darstellt. Eine kritische Sichtweise vor allem bezogen auf diese Punkte hilft meiner Meinung nach deutlich die Herausforderung des individualisierenden Unterrichts zu meistern. Die Auseinandersetzung mit individualisierendem Unterricht in beiderlei Weise fördert zudem einen guten Umgang mit Leistungsheterogenität in einer Lerngruppe. Anhand einer solchen Auseinandersetzung ist es möglich zu reflektieren, inwieweit es hilfreich ist, die Leistungsheterogenität innerhalb einer Lerngruppe hervorzuheben oder die Lerngruppe versuchen zu homogenisieren. Daraus kann dann auch eine Mischung aus dem Unterricht als Klassengespräch und individualisierendem Unterricht entwickelt werden. Aus einer kritischen Sichtweise auf individualisierenden Unterricht lässt sich zudem schlussfolgern, was Schule im Hinblick auf individuelle Förderung überhaupt in der Lage ist zu leisten.

 

Fragen für die Beobachtung in Praktika basierend auf einer schul- und unterrichtstheoretischen Sicht auf individualisierenden Unterricht

  • Wie wird der Unterricht durchgeführt?
  • Inwieweit wird hier individualisierender Unterricht praktiziert?
  • Welche Elemente des beobachteten Unterrichts sind individualisierend und welche basieren auf einer Homogenisierung der Lerngruppe?
  • Lässt sich ein Muster in der Motivation der Schüler basierend auf der verwendeten Unterrichtsform/Unterrichtsmethode erkennen?
  • Konnten Ausgrenzungen innerhalb der Lerngruppe aufgrund von Leistungen beobachtet werden?
  • Wie ist der Klassenraum gestaltet und angeordnet? In welcher Form hat dies Auswirkungen auf den Unterricht?
  • Wie ist die Interaktion zwischen den Schülern?
  • Beteiligen sich alle SuS gleichermaßen am Unterrichtsgeschehen? Wie lässt sich die Beobachtung mit den verwendeten Unterrichtsmethoden in Verbindung setzen?