1. Fassen Sie die im Text dargestellten unterschiedlichen Positionen in Bezug auf die Religionsausübung zusammen. (Option 2: Können Frauen Rabbinerinnen sein?

Im vorliegenden Text wird eine Pro- und eine Contra-Position zum Thema „Können Frauen Rabbinerinnen sein?“ erläutert.

Im ersten Teil des Textes befürwortet die Autorin Rabbinerinnen im orthodoxen Judentum. Auch wenn Frauen in ihrer Rolle als Rabbinerin noch nicht alle Aufgaben ihrer männlichen Kollegen (z.B. Hochzeiten zelebrieren) ausführen dürfen, wird im Text dargestellt, dass Frauen wie Männer in der Lage sind Rat zu erteilen und Religion zu unterrichten, sodass sie die Grundvoraussetzung einer Rabbinerin erfüllen. Bereits bevor die Autorin des Textes sich als “Rabbinerin” bezeichnen durfte, hat sie die Aufgaben einer religiösen Führungspersönlichkeit ausgeführt. Der Titel mache für sie keinen großen Unterschied, doch dieser verleihe ihr als weibliche religiöse Führungsperson in einer jüdischen Einrichtung mehr Autorität. Für die weiblichen Personen in einer solchen Einrichtung ist es oft einfacher sich mit speziellen Themen an eine weibliche Vertrauensperson zu wenden, sodass dieses Bedürfnis gestillt wird, wenn es auch Rabbinerinnen gibt. Dieser Punkt wird von der Autorin weiter verstärkt, indem sie darauf eingeht, dass es möglich sein sollte dass Frauen Rabbinerin werden, wenn die Religionsgemeinschaft dies befürwortet. Abschließend sagt die Autorin, dass es zeitgemäß ist, dass auch Frauen Rabbinerin werden können.

Im Gegensatz dazu argumentiert die Autorin im zweiten Teil des Textes gegen Frauen in der Rolle der Rabbinerin. Ihre Meinung basiert auf der Grundlage, dass ein Rabbiner sehr viele Aufgaben hat, z.B. den Gottesdienst abhalten, Religionsunterricht leiten etc, die sehr zeitintensiv sind und sich daher schwer mit der Versorgung von den Kindern vereinbaren lässt. Die Autorin argumentiert weiter, dass nur die Frau die Eigenschaften habe, sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern und ein “ harmonisches Zuhause zu erschaffen, wo sich Mann und Kinder am allerwohlsten fühlen”.  Demnach sollte die Frau nur arbeiten, wenn es finanziell nicht anders möglich ist; sie soll aber trotzdem nicht in einem zeitintensiven Beruf arbeiten, der außerhalb von Zuhause praktiziert wird, wie z.B. der Beruf der Rabbinerin.

 

  1. Wenden Sie die drei Grundannahmen des religionswissenschaftlich-kulturwissenschaftlichen Ansatzes (interne Diversität, Religion als beeinflusst von historischen Prozessen, Religion als Teil soziokultureller Strukturen, s. AB 1) auf den Text bzw. die im Text beschriebenen Haltungen und Praktiken an. Die beiden letzteren sind eventuell eher subtil und implizit im Text angelegt.

Die interne Diversität wird im Diskussionsthema “Frau als Rabbinerin” deutlich, da in den verschiedenen Strömungen des Judentums unterschiedliche Einstellungen zu dem Thema zu finden sind. Die Ordination der ersten Rabbinerin fand in den drei Strömungen liberal, konservativ und orthodox zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Außerdem sieht man anhand des Textes, dass es innerhalb einer Strömung des Judentums, hier orthodox, unterschiedliche Meinungen zu der Frau in der Rolle der Rabbinerin gibt. Demnach kann man nicht pauschal sagen, dass das gesamte Judentum eine einheitliche Meinung zu Frauen als Rabbinerinnen hat.

Die zweite Grundannahme des religionswissenschaftlich-kulturwissenschaftlichen Ansatzes wird darin deutlich, dass in den verschiedenen Strömungen des Judentums die erste Ordination einer Rabbinerin zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt fand. Im Jahr 2009 wurde Sara Hurvitz als erste Frau weltweit bei den orthodoxen Juden zur Rabbinerin ordiniert. In den anderen Strömungen fand dieses Ereignis bereits früher statt. Demnach kann man sehen, dass aufgrund von historischen Veränderungen, beispielsweise in der Rolle der Frau, Änderungen in der Ausübung der Religion stattfanden.

Ebenso wird anhand des Beispiels Religion als Teil soziokultureller Strukturen sichtbar. Durch eine veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft ändert sich auch ihre Rolle in der Religion.

  1. Beschreiben Sie Ihre eigene Verortung gegenüber dem im Text angelegten Phänomen. Gehen Sie dabei auf die Fragen auf AB 2 ein.

Mein Wissen zum Thema Judentum habe ich größtenteils aus der Schule (und einen damit verbundenen Ausflug in das Konzentrationslager Bergen-Belsen) und dem Konfirmandenunterricht. Zusätzlich bin ich im Laufe meiner Erziehung mit Büchern und Ähnlichem zum Thema Judentum vertraut gemacht worden, sodass ich auch daher mein Wissen darüber habe. Meine Haltung zu Religionen ist sehr offen und neugierig; ich interessiere mich für die Praktiken und Prinzipien verschiedener Religionen. Demnach bin ich grundsätzlich tolerant gegenüber diversen Praktiken  einer Religion. Dennoch habe ich kein Verständnis dafür, wenn Praktiken einer Religion diskriminierend sind oder sogar die Menschenwürde angreifen. Meiner Meinung nach ist es diskriminierend, wenn Frauen verboten wird, Rabbinerin zu sein. Meiner Meinung nach sollte keine Diskussion über das Thema “Frauen als Rabbinerinnen” notwendig sein, da es selbstverständlich sein sollte, dass Frauen in diesem Punkt die gleichen Rechte haben wie Männer. Dies basiert aus meiner Sicht auf dem Prinzip der Gleichberechtigung. Demnach löst ein Vorbehalt gegenüber Rabbinerinnen in mir ein Gefühl der Unverständlichkeit aus.

4.Entwickeln Sie eine schriftliche pädagogische Reflexion zum Umgang mit den folgenden Szenarien:

Wenn Sie Option 2 gewählt haben: Im Rahmen von Antisemitismusprävention hat Ihre Schule eine Rabbinerin eingeladen. Ein Schüler (von dem Sie nicht wissen, ob er jüdisch ist oder nicht) sagt, er halte Frauen für diese Position ungeeignet und sei nicht bereit, an diesem Unterrichtsvorhaben teilzunehmen.

Grundsätzlich denke ich, dass es für die Situation vollkommen irrelevant ist, ob der Junge Jude ist oder nicht. Meiner Meinung nach sollte man das Gespräch mit dem Schüler suchen. Dieser sollte angeregt werden, seine Meinung differenziert zu begründen und seine eigene Verortung darzustellen.  Auch wenn der Junge von seiner Haltung gegenüber Frauen als Rabbinerinnen grundlegend überzeugt ist, kann das Zusammentreffen mit der Rabbinerin dennoch eine Bereicherung für ihn sein. Je nachdem woher der Junge sein Wissen über das Judentum beziehungsweise seine Meinung darüber hat, dass Frauen als Rabbinerin ungeeignet sind, ist es möglicherweise das erste Mal, dass der Junge persönlich mit einer Jüdin spricht. Der Junge sollte dazu animiert werden, an dem Unterrichtsvorhaben teilzunehmen, da ihm dadurch die Möglichkeit des direkten Gesprächs mit einer jüdischen Person ermöglicht wird. Er kann sich direkt mit der Rabbinerin über seine negative Meinung gegenüber Frauen als Rabbinerinnen austauschen und diese reflektieren.  Meiner Meinung nach ist es wichtig, dem Schüler mitzuteilen, dass er keinesfalls mit allem was die Rabbinerin sagt einverstanden sein muss, er aber trotzdem viel Interessantes und Wissenswertes aus erster Hand über das Judentum erfahren und dann im Anschluss zweifelsohne kritisch hinterfragen kann.