Auf dem Weg zum nationalen Marinechampion?

Beim Thema Schiffbau denken viele ja zunächst an Containerschiffe, Kreuzfahrtschiffe oder vielleicht noch Luxusyachten. Im Bremen spielt aber auch der Militärschiffbau eine große Rolle: Die traditionsreiche Lürssen Werft aus Vegesack baut u.a. militärische Schnellboote und Korvetten für die Bundeswehr und den Export. Lürssen hat in den letzten Jahren u.a. die Peene-Werft in Wolgast (MV) und Blohm & Voss aus Hamburg übernommen und gehört damit zu den größten Marineschiffbauern in Deutschland. Um den deutschen Kriegsschiffbau vor internationaler Konkurrenz zu schützen wurde er im Februar zur „nationale Schlüsseltechnologie“ erklärt. Die taz nord berichtet nun über Pläne für eine „Deutsche Marine Weft“ unter Führung von Lürssen. Mit der Hochstufung zur nationalen Schlüsseltechnologie wird es künftig möglich sein, marine Rüstungsaufträge nicht mehr international ausschreiben zu müssen, sondern direkt an inländische Weften zu vergeben. Das ist in der Rüstungsindsutrie nicht unüblich, aber im Militärschiffbau hatte sich der internationale Wettbewerb in den letzten Jahren offenbar verschärft. Der Schritt im Februar ist laut taz auch auf die erfolgreiche Lobby-Arbeit der sog. „Küsten-Gang“ im Bundestag zurückzuführen, ein Zusammenschluss von Abgeodneten aus den Küstenländern (hat jemand Interesse zu deren Arbeit einen Blogbeitrag zu schreiben?).

Der geplante Werftenverbund soll von den beiden Kieler Schiffbauern German Naval Yards und Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) und eben Lürssen gebildet werden und sich auf Bau und Wartung von Marineschifffen spezialisieren. Damit könnte ein sog. nationaler Champion entstehen, also ein Branchenführer, der in besonderem Maße von der nationalen Wirtschafts- und Vergabepolitik unterstützt wird.

Politikwissenschaftlich und politökonomisch ist das interessant, weil wir es hier mit einer besonderen Mischung aus Standort- und Verteidigungspolitik zu tun haben. In der vergleichenden Kapitalismusforschung (varieties of capitalism) wird auf die besondere Bedeutung von sozialen und politischen Institutionen für die Funktion verschiedener Kapitalismustypen hingewiesen. Im deutschen koordinierten Kapitalismus ist die Zusammenarbeit von großen Unternehmen, die eigentlich auch im Wettbewerb miteinander stehen, ein prägendes Element, das z.B. auch im Autobau beobachtet werden kann. Hinzu kommen dann auch noch Fragen nach der Rüstungsexportpolitik, die nicht nur normativ höchst umstritten ist, sondern auch erhebliche Konsequenzen für den Schiffbau und die Hafenwirtschaft hat, gerade in Bremen.

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