Ein Beitrag von Maike Bockwoldt und Jule Rump
Der Konsum von Tabak in Europa lässt sich bis in das Jahr 1492 zurück verfolgen, als Columbus Amerika „entdeckte“. Hier wurde Tabak, schon lange bevor die Europäer Amerika erreichten, als Genussmittel konsumiert. Letztendlich ist die Einführung von Tabak in Europa den Spaniern zu verdanken, welche 1518 die Verwendung von Tabak übernahmen und mit nach Spanien brachten. Auch heute ist der Konsum von Tabak noch weit verbreitet. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 23% der deutschen Erwachsenen Tabak konsumieren. In Bezug auf das Hafenseminar möchten wir uns in dem folgenden Blogbeitrag mit dem kolonialen Produkt Tabak auseinander setzen.
Tabak als Kolonialware – Was sind überhaupt koloniale Produkte?
Zu den Kolonialwaren werden überseeische Lebensmittel, aber auch Genussmittel wie zum Beispiel Kaffee, Tabak, Kakao, Tee und viele weitere gezählt. Unter Kolonialware können alle Rohstoffe fallen, welche in Kolonien vorzufinden sind und mit welchen gehandelt wird. Den Kolonialwarenhandel grenzt man statistisch vom Produktenhandel ab. Bei dem Produktenhandel geht es um den Handel mit den Erzeugnissen aus dem eigenen Land. Der Begriff Kolonialwarenladen wurde noch bis in die 1970er Jahre verwendet. Bremen besitzt mit dem Kolonialwarenladen „Wllhelm Holtorf“ den letzen Kolonialwarenhandel in ganz Deutschland. Der Begriff Kolonialwarenhandel ist eng mit den Begriffen „Ausbeutung durch Industrieländer“, „unfaire Arbeits- und Handelsbedingungen“ sowie „Sklaverei“ verknüpft. Dies lässt sich auf die Zeit des Kolonialismus zurückführen.
Die Geschichte des Tabaks
Tabak ist ein pflanzliches Produkt und es gibt ca. 75 verschiedene Arten dieser Pflanze. Hiervon haben jedoch nur zwei eine Bedeutung für die Produktion von Tabak. Diese Pflanze kann man überwiegend in China, Amerika, Südostasien, Balkan und Europa finden. Ursprünglich kommt die Pflanze aus Amerika, aber durch Seeleute im 16. Jahrhundert wurde die Pflanze und somit auch der Tabakkonsum nach Europa gebracht.
Diese Pflanzenart wurde ursprünglich für spirituelle Rituale und für zeremonielle Zwecke genutzt. Tabak kann in vielen verschiedenen Arten konsumiert werden. Zum einen kann man es rauchen und schnupfen, aber es kann auch gegessen werden. Der Konsum von Tabak begann mit der „Entdeckung von Amerika“. Tabak wurde sehr schnell zu einem teuren und bedeutenden Handelsgut, was auch an der medizinischen Wirkung lag. Außerdem förderte der dreißigjährige Krieg die Verbreitung von Tabak, da schwedische Soldaten die Sitte des Rauchens in Europa verbreiteten. Im 17. Jahrhundert war den Menschen schon bewusst, das der Konsum von Tabak schädlich ist und deswegen wurde der Tabakkonsum an vielen Orten verboten, doch die große Nachfrage verhalf dem Handel immer wieder zu größeren Umsätzen.
Ende des 16. Jahrhunderts versuchte England ein Verbot für Tabak in Kraft zu setzen, indem sie die Verzollung um 4000 % erhöht wurde. Dies führte dazu, dass der illegale Handel wuchs und somit wurden die erhöhten Zölle wieder gesenkt. In Deutschland wurde im 17. Jahrhundert in vielen Kleinfürsttümen ein Verbot für Tabak eingeführt. Ausnahme war der Kauf in Form von Medizin in Apotheken. Dieses Verbot wurde zurück genommen, als der Staat erkannte, dass Tabak den Staatshaushalt verbesserte.
Bremen als traditioneller Rohtabak-Handelsplatz
Seit 1801 gab es in Bremen um die 59 Tabakfirmen. Damit ist Bremen schon seit Jahrhunderten als ein traditioneller „Rohtabak-Handelsplatz“ gekennzeichnet. 1852 war Bremen Haupteinfuhrplatz für den Rohtabak in Nordeuropa. Zeitgleich arbeiteten 10 000 Bremer in der Zigarrenfabrikation.
Vogelsang und die Martin Brinkmann AG Europas größte Fabrik
Im Jahr 1857 eröffnete Christian Friedrich Vogelsang einen Tabakwaren-Kleinhandel in der großen Johannisstraße 127, in Bremen. An diesen Laden wurde drei Jahre später eine Tabakfabrikation angegliedert. Unter der Leitung von Kannengießer, welche der Laden 1914 kaufte, entwickelte sich die Firma zu einem der bedeutendsten Tabakwarenherrsteller. 1925 wurde eine Fabrik in der Industristraße erbaut. Ender der 1930er Jahre wurde Vogelsang zu den größten und vor allem bekanntesten Tabakfabriken in Deutschland gezählt. Nach dem zweiten Weltkrieg jedoch, konnte die Firma nicht mehr an den Erfolg der Vorkriegszeit anknüpfen und schloss sich schlussendlich im September 1965 mit der Martin Brinkmann AG zusammen. Die Brinkmann AG wurde 1813 gegründet. Anfang 1900 siedelte sich die Firma in Woltmershausen an und so entstand hier in Bremen die größte Zigarettenfabrik in ganz Europa. Hier fanden rund 6000 Bremer Arbeit.
Auch der Sohn von Vogelsang – Heinrich Vogelsang- ist sehr bedeutungstragend für die Tabakgeschichte in der Kolonialzeit. Er arbeitete mit dem Tabakhändler Adolf Lüderitz zusammen und war Leiter der ersten Lüderitz Expedition nach Angra Requena (heutiges Namibia). Lüderitz und Vogelsang gründeten die erste deutsche Kolonie in Afrika. In Bremen ist eine Straße nach Vogelsang benannt, aufgrund der voranschreitenden Aufarbeitung der Kolonialgeschichte ist dies aber sehr umstritten.
Auch an Die Brinkmann AG wird sich bis heute erinnert. Im Bremer Hauptbahnhof kann man das Brinkmann-Mosaik an der Wand betrachten. Das Mosaik wurde 1951 von der Brinkmann AG gestiftet. Es wurde lange Zeit hinter einer Holzverkleidung versteckt. 2002 wurde es wiederentdeckt und kann seitdem betrachtet werden. Es ist ein Abbild der Bremer Rolle im Kolonialismus. Ebenfalls ist es ein weiteres Beispiel dafür, dass Bremen durchzogen von kolonialen Spuren ist.
Die Bremer Tabakbörse
Ende der 50er Jahre verlegte sich dann das Zentrum des indonesischen Tabakhandels von den Niederlanden nach Bremen. Darauf folgend gründeten drei alte Bremer Rohtabakhandelsfirmen mit den indonesischen Partnern die „Deutsch-indonesische Tabakhandelsgesellschaft“ im Jahr 1959. Dieser Zusammenschluss besteht noch heute. Ebenfalls finden zweimal jährlich große Tabakauktionen in der Bremer Tabakbörse statt, welche extra für die Tabakauktionen im Jahr 1961 gegründet worden ist.
Tabak und die Gesundheit
Abschließend möchten wir noch einmal auf das Thema „Tabak und die Gesundheit“ eingehen. Der Konsum von Tabak ist auch heute noch sehr weit verbreitet und zählt bei vielen Menschen zu einer alltäglichen Beschäftigung. Trotzdem zieht es erwiesenermaßen viele Risiken und Gesundheitsschäden mit sich. Rund 6. Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen von Tabak. Davon sterben ca. 10% durch passives rauchen.
Literatur:
- Atzendorf, Josefine, (September 2019),Gebrauch von Alkohol, Tabak, illegalen Drogen und Medikamenten Schätzungen zu Konsum und substanzbezogenen Störungen in Deutschland, München, Deutsches Ärzteblatt
- su, hanseatischer Tabakhändler aus Passion, Die Welt, 2001 aus: https://www.welt.de/print-welt/article442477/Hanseatischer-Tabakhaendler-aus-Passion.html (Stand: 21.06.20)
- Bremer Tabakbörse, 2019, aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Bremer_Tabakb%C3%B6rse (stand: 22.06.20)
- Martin Brinkmann AG, 2020 aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Brinkmann_AG (Stand: 21.06.20)
Beim Tabak sieht man, ähnlich wie bei anderen früheren Kolonialwaren, auch heute noch ein etabliertes Muster globaler Arbeitsteilung: Der Anbau findet i.d.R. in ehemaligen Kolonien statt während die Verarbeitung und Veredlung (bei der die meiste Wertschöpfung anfällt) in den ehemaligen Kolonialmächten des globalen Nordens stattfindet. Warum hält sich dieses Muster?
Gibt es in Bremen heute eigentlich noch Tabakhandel und -verarbeitung?
Nach über 200 Jahren Tabakgeschichte schließt die Brinkmann-Produktion in Bremen-Hemelingen zum Sommer 2021. Betroffen sind hierbei 74 Mitarbeiter, für die es einen Sozialplan geben soll. Als Grund für die Schließung werden Überkapazitäten bei der Produktion von von Gizeh Raucherbedarf mit Sitz in Gummersbach bei Köln, zu der Brinkmann gehört, genannt.
Der Geschäftsführer Christian Hinz berichtete bereits im letzten Jahr über die große Konkurrenz und den hart umkämpften Markt: „Allein in Polen gibt es 20 Hülsenproduzenten. Sie müssen qualitativ besser sein als die anderen Wettbewerber.“ Dazu komme zusätzliche Konkurrenz aus anderen osteuropäischen EU-Ländern wie Rumänien.
https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-brinkmann-schliesst-sein-werk-_arid,1939013.html