Theoretische Erkenntnisse
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Vortrag ‚Englischunterricht – Zwischen Selektion und Integration‘. Besonders das Ideal des Native Speaker und der damit Verbunden ‚Fetisch Sprachrichtigkeit‘ habe ich selbst als Kind erlebt. In Verbindung mit meinen Fächern (Germanistik und Inklusive Pädagogik) fallen mir mehrere Dinge dabei auf.
Zum Einen, dass diese gewünschte Sprachrichtigkeit gerade in der Grundschule oft ein Konstrukt ist, welches Beinah utopisch ist, denn oft fehlen Fachkräfte, die auf Native Speaker-niveau sprechen können. Auch ist dieser Wunsch nach der einen Sprachrichtigkeit ausschließend und lässt sich nicht mit der Vorstellung des Mehrsprachigen Klassenzimmers vereinbaren. Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen oder auch Kinder, die körperlich oder kognitiv nicht in der Lage dazu sind, werden womöglich ausgeschlossen. In fast allen Fächern wird auf die Heterogenität der Klasse eingegangen, jedoch im Englischunterricht herrscht noch immer überwiegend diese Starrheit. Wenn man sich dazu die Standards der Inklusion anschaut, insbesondere Punkt 1) Ethnokulturelle Gerechtigkeit ausüben und Antirassismus stärken (Reich 2014: Inklusive Didaktik – Bausteine für eine inklusive Schule, S. 32), so steht der starre Englischunterricht dem entgegen, denn jemand, der beispielweise amerikanisches Englisch oder australisches Englisch spricht, wird in diesem Setting diskriminiert und seine/ihre Sprache wird als ‚falsch‘ deklariert.
Des Weiteren ist mir dazu eingefallen, dass es eine gesellschaftliche Wertigkeit der Sprachen gibt. Sprachen wie Türkisch oder Arabisch gelten oft als Hindernis bei Kindern, die diese Sprache mit in die Grundschule bringen. Würde ein Kind hingegen Englisch als Erstsprache mitbringen, würde das vermutlich als etwas Positives angesehen werden. Dabei ist auch die Erstsprache Türkisch oder Arabisch etwas Positives und sollte von Lehrkräften auch als sowas angesehen werden. Anforderungen an Lehrkräfte sollten also sein:
- eine Gleichwertigkeit der Sprachgewohnheiten vermitteln
- Wertschätzung sprachlicher Vielfalt vermitteln
- kulturelle Stereotypisierung vermeiden (Wiese et al., 2014: Deutsch ist vielseitig: Aus‐ und Fortbildungsmodule zur Sprachvariation im urbanen Raum).
Jedoch wurden uns auch in der Veranstaltung didaktische Ansätze gezeigt, wobei ich ein Ansatz besonders interessant fand. Der Ansatz der die kulturelle Heterogenität berücksichtigt und zwar das Konzept der Transkulturalität.
Faktoren zum Umgang mit Heterogenität
Ein Faktor, den ich besonders spannend finde, ist die Leistungsheterogenität. Das gleichzeitige Ausgleichen und Fördern aller SchülerInnen ist für die Schule ein interessantes Spannungsfeld. Der sozio-ökonomische Status der Kinder und ihrer Familien spielt bei der Leistung eine große Rolle. In meinem ersten Praktikum, durfte ich eine Schule in Osterholz-Tenever besuchen und konnte beobachten, wie unterschiedlich die Leistungen innerhalb einer Klasse waren. Auch in den darauffolgenden Praktika verfestigte sich dieser Eindruck. Wie also mit dieser Heterogenität umgehen? In den verschiedenen Praktika dürfte ich auch unterschiedliche Umgangsformen kennenlernen. In Osterholz-Tenever ist man besonders auf ‚außerschule Bedürfnisse‘ der Kinder eingegangen. Beispielweise hat die Klassenlehrkraft engen Kontakt zu den Eltern gehabt, gerade bei Familien, die vom Jugendamt begleitet wurden und viele ‚Päckchen‘ zutragen hatten. Dadurch entstand vertrauen, was auch die Kinder gespürt haben. Durch einen sicheren Ort in der Schule, haben sich auch Raum gehabt, vielleicht erstmal ihre Gefühle zu verarbeiten (wenn Beispielsweise nachts die Polizei in die Familie eingreifen musste). Diesen Raum finde ich wichtig, denn ein Kind kann nicht lernen, wenn es sowas in der Nacht zuvor erlebt hat. Durch Verständnis der Lehrkraft waren sie aber stets bemüht zu lernen, weil sie auch keinen negativen Bezug zum Lernort Schule hatten.
Ein weiterer Punkt, den ich im Praktikum erleben durfte, war eine inklusive Klasse mit fünf Kindern mit Förderbedarf. Dort konnte ich beobachten, dass Leistungsstarke Kinder mit Leistungsschwachen zusammengearbeitet haben, beispielweise in Gruppenarbeiten. Das Konzept der integrativen Beschulung finde ich wichtig und richtig. Denn dort konnte ich auch beobachten, wie ein sehr leistungsstarker Schüler Probleme hatte mit Leistungsschwächeren zu arbeiten. Dieser Schüler hatte auch noch zu lernen und zwar im Bereich soziale Kompetenz. Ich finde, dass zeigt, dass auch ein leistungsstarkes Kind noch Dinge zu lernen hat.
Wünsche
In der Veranstaltung hätte ich mir noch das Spannungsfeld Religion und Curricula gewünscht, Beispiel dafür wäre der Sexualunterricht, der von manchen Eltern abgelehnt wird, aufgrund ihrer Religion. Wie geht man damit um, auch gerade in Bezug auf den Respekt an die Religion der Eltern. Aber auch die Pflicht als Lehrkraft, seine Klasse mach curricularen Vorgaben zu unterrichten. Ein weiter Punkt den ich gerne Vertieft hätte ist das Spannungsfeld inklusive Pädagogik und Erziehungswissenschaft. Für mich stellt sich bei dieser Veranstaltung (Umgang mit Heterogenität) die Frage, warum die Erziehungswissenschaft keine Inklusive Pädagogik ist.