Wissenswerte Grundbegriffe

Ehe

Als Ehe versteht man eine gesetzlich und in vielen Fällen auch kirchlich anerkannte Lebensgemeinschaft zweier Personen, die auf Dauer angelegt ist und zur gemeinsamen Lebensgestaltung dienen soll. Beide Partner entscheiden sich freiwillig zur Eheschließung und sind in der Ehe gleichberechtig. Eine Ehe kann nur wirksam durch eine Trauung vor einem Standesbeamten geschlossen werden. Durch die Eheschließung entstehen für beide Ehepartner gesetzlich festgelegte Rechte und Pflichten.

Offene Ehe

Neben der traditionellen Ehe, gibt es auch das Konzept der offenen Ehe. Dabei kann der Akt der Eheschließung oder Heirat genauso rituell oder gesetzlich geregelt ablaufen und ihren in Ausdruck in Zeremonien finden.
Die Ehe gilt dann als „offene Ehe“ wenn beide damit einverstanden sind, dass das Gegenüber auch Sex mit Menschen außerhalb der Patnerschaft hat, und dies auch explizit ausgesprochen ist. Der Aufbau und die „Regeln“ die sich die Ehepartner für das offene Konzept geben können so unterschiedlich sein, wie die Beweggründe dieses Beziehungskonzept zu leben. Dabei geht es oft um versäumte Erfahrungen oder dem Wunsch nach Abwechslung, vor allem in Beziehungen die schon im Jugendalter entstanden sind oder bereits viele Jahre andauern. Auch Krankheitsbedingt unbefriedigte Bedürfnisse, das Erkunden der Sexualität oder schlichtweg das Entdecken neuer Möglichkeiten können Gründe für die offene Ehe sein. Viele Paare öffnen ihre Ehe erst nach einigen Jahren, andere leben von Anfang an in einer offenen Partnerschaft. Manche leben das Konzept auch in Polyamoren Beziehungen oder Mono-Poly Beziehungen und es gibt neben ihrem Ehepartner/ ihrer Ehepartnerin noch einen oder mehrere weitere feste Beziehungspartner in ihrem Leben. Auch im Betracht auf die Kommunikation des Erlebeten können ganz unterschiedliche Präferenzen ausgelebt werden, von „machen was man möchte, es aber nicht erzählen“ bis zu detaillierten Erlebnisberichten, die die Beziehungspartner gegenseitig für Neues inspirieren.
Das Gerüst der offenen Ehe kann also in jeder Partnerschaft ganz unterschiedlich aufgebaut sein, wichtig ist nur, das im Vorfeld besprochen wird wie man sein eigenes Gerüst bauen möchte, damit dies für alle Beteiligten sicher und stabil bleibt.

Monogamie

Als Monogamie bezeichnet man eine (romantische) Beziehungsform, die man ausschließlich mit einer einzigen weiteren Person teilt. Diese Exklusivität bezieht sich sowohl auf die sexuelle als auch auf die emotionale Treue und wird insbesondere im westlichen Kulturkreis ausgelebt. Als typische Entwicklung einer langfristigen monogamen Beziehung lässt sich die Eheschließung (siehe „Ehe“) einordnen. Allerdings ist auch, durch zunehmende Freiheit in der Partner*innenwahl, ein aufkommender Trend der sogenannten „seriellen Monogamie“ zu beobachten. In dieser Art von Monogamie gehen Menschen mehrere aufeinanderfolgende monogame/exklusive Partnerschaften ein, jedoch nur für einen bestimmten Lebensabschnitt/so lange es für beide Beteiligten richtig und passend erscheint.

Polygamie

Vielehe und oft von patriarchalen Strukturen geprägt, es wird unterschieden zwischen Polygyny (ein Mann, der mit mehreren Frauen lebt) und Polyandry (eine Frau, die mit mehreren Männern lebt).

Polyamorie

Gegenteil des Konzepts der Monogamie. Mehrere Personen gehen eine Liebesbeziehung ein, diese ist gekennzeichnet von Konsens und Gleichberechtigung.

 

Wie leben wir Liebe?

Die heutige Generation wird oft als Beziehungsunfähig bezeichnet. Die chaotische Dating-Welt, der scheinbare Mangel an Commitment, offene Beziehungen und Freundschaft Plus lassen die Frage aufkommen, wie relevant Monogamie heutzutage noch ist und ob Beziehungen vielleicht eher anders gelebt werden als noch vor einigen Jahren. Deshalb haben wir uns die Frage gestellt, ob Monogamie ein Auslaufmodell ist und ob diese Generation überhaupt noch monogam leben möchte. Um einer Antwort auf diese Frage näher zu kommen, haben wir entschlossen Interviews zu führen, um zu schauen, was einzelne Personen konkret über Monogamie, Dating, Beziehungen etc. denken und wie sie diese ausleben. Dazu haben wir Interviewpartner*innen über die Dating-Plattform Tinder gesucht und uns mit ihnen über das Thema ausgetauscht.

 

„What`s the name of the game? Does ist mean anything to you…?“

Unsere Welt ist im stetigen Wandel und so hat auch die Digitalisierung den Datingkosmos stark beeinflusst. Mit Apps wie Tinder haben wir die Möglichkeit, potenzielle Partner:innen auf der ganzen Welt zu finden. Während sich das Datingverhalten früher auf das lokale Umfeld beschränkte und man in den persönlichen Kontakt treten musste, um Romantik oder Körperlichkeit zu erfahren, haben wir heutzutage scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten im Swipeprozess, wen wir sehen, lieben und mit wem wir schlafen wollen.

Der Katalog an potenziellen Partnern scheint unbegrenzt. Auch der Gedanke, dass wenn man irgendwann nicht mehr weiterblättert, wir jemanden oder etwas Besseres verpassen könnten, ist präsent. Mehrere unserer Interviewpartner haben das Gefühl Teil einer „Massenabfertigung“ zu sein.

Ale. (Name anonymisiert) kann sich mit dieser Form von Dating nicht identifizieren. Sie findet die Unterhaltungen und das Verhalten in diesen Situationen künstlich. Auch Ala.(Name anonymisiert) sieht das ähnlich. Sie hat das Gefühl, dass es gerade bei Onlinedates darum geht, sich so gut wie möglich darzustellen, sodass man um die eigenen (und auch fremden) Komplexe herumwandert, was eine ehrliche Verbindung und ein Gespräch auf Augenhöhe unmöglich macht. Geführte Unterhaltungen werden als künstlich beschrieben.

Doch gibt es einen Unterschied zwischen Onlinedating und der Realität? Können wir eine Person noch im realen Leben auf der Straße kennenlernen?

Als wir Ad. (Name anonymisiert) diese Fragen stellten, wurde erst einmal nachgefragt, ob es nicht eine Prämisse wäre, potenzielle Dates online kennenzulernen, um sich danach persönlich zu treffen. Diese Aussage hat uns ehrlich gesagt etwas schockiert. Es gibt also schon Menschen, die ein Kennenlernen in der Realität durch einen Blick oder ein Lächeln ausschließen und auch diese potenziellen Zeichen im Zweifel gar nicht mehr wahrnehmen. Der Fokus ist stark auf den digitalen Bereich gelenkt. Als wir genauer erläuterten erklärt uns Ad. (Name anonymisiert), dass es ja gar nicht mehr vorkommt, dass man auf der Straße angesprochen wird. Selbst wenn einer den Mut hat, dann wird der- oder diejenige wahrscheinlich mit einem abfälligen Blick bestraft und geht mit einer negativen Erfahrung aus der Sache heraus. Ad. (Name anonymisiert) findet das sehr schade.

Online Dating scheint also präsenter zu sein denn je. In den Interviews fiel ebenfalls auf, dass Körperlichkeit eine sehr große Rolle spielt. Die Suche nach neuen Leuten und Spaß ohne Zwang ist bei Männern, als auch bei Frauen im Fokus. Körperlichkeit rückt meist schon früh in den Fokus der Onlineunterhaltungen. Dabei können die Nachrichten sehr direkt und anstößig sein.

Gerade in der Datingszene von Homosexuellen, scheint das ein Problem zu sein. Hier wurde  mehrmals auf die die App „Grindr“ verwiesen. Ad. (Name anonymisiert) Und Os. (Name anonymisiert) erzählen uns, dass dort wirklich reine Körperlichkeit im Fokus stehen soll. Man bekomme anstößige Nachrichten und Bilder, nach denen man nicht gefragt hat, obwohl man jene Dinge vorher klar im eigenen Profil kommuniziert hat.

„Es ist ganz schlimm.“ – Os.

Das hat uns neugierig gemacht. Da wir uns für die Interviews auf die Datingapp Tinder beschränkten, führten wir aus Neugier ein provisorisches Selbstexperiment durch. Wir meldeten uns bei Grindr an. Allerdings hatten wir keine Beschreibung zu uns, kein Bild und nutzen unseren Gruppennamen Paco als Namen. Innerhalb weniger Stunden erhielten wir Nachrichten, Fragen nach schnellen Treffen und auch Bilder, nach denen wir nicht gefragt haben. Dieses Verhalten auf Grindr ist problematisch. Selbstverständlich ist das nicht nur ein Phänomen der homosexuellen Szene. Mit ähnlichen Nachrichten kämpfen Frauen tagtäglich, teilweise ohne sich auf Datingapps zu bewegen.

„Ich habe mich als Frau sehr häufig als Mittel zum Zweck gefühlt. Es sollte nicht Sinn des Lebens und des Datings sein, das Ego zu pushen und Bedürfnisse zu stillen.“ – Ala.

Sie erklärt auch, dass sie Onlinedating nicht verteufelt und dass es sogar ganz cool ist, wenn man Dinge klar kommuniziert. Allerdings ist das häufig nicht der Fall. Ala. (Name anonymisiert) beschreibt es als „Hit or Miss“. Eine gute Selbstdarstellung ist hierbei der Schlüssel. Sie hat das Gefühl, dass viele Männer nach dem gleichen Schema daten. Sie haben die gleichen Fragen, die gleichen Formulierungen und sie hat das Gefühl mit Robotern zu reden.

Doch sind Datingapps im Zweifel nicht auch darauf ausgelegt, schnell und unkompliziert neue Leute zu treffen, die das Gleiche suchen?

Ri. (Name anonymisiert) macht von Anfang an klar, dass es für sie Unterschiede zwischen Dates und Sextreffen gibt. Sie findet es schwierig zu sagen, dass heutzutage alle nur noch „vögeln“ und keine feste Partnerschaft wollen. Ri. (Name anonymisiert) sieht es als Vorteil, dass die Gesellschaft sich in diesen Themen zu öffnen beginnt, da sich die Menschen ausprobieren und für sich entscheiden können, was sie gut finden. Dennoch betont sie auch, dass der Umgang miteinander eine wichtige Rolle spielt.

Wir haben mit unseren Interviewpartnern versucht, auch Dating zu beleuchten, welches sich nicht über Apps oder digitale Plattformen abwickelt. Dabei wurde klar, dass das Kennenlernen von einer Person unabhängig von Onlinedating in einem besseren Licht steht. Gerade wenn die Person aus dem persönlichen Umfeld kommt, lässt man es langsamer angehen. Die Beziehung zueinander entwickelt sich natürlicher als bei einem Onlinedate und es wird auch respektvoller miteinander umgegangen. Das kann daran liegen, dass zum einen der Person von Anfang an persönlich gegenübergestanden und keine Version von sich inszeniert wird und zum anderen da wahrscheinlich ein gewisses soziales Risiko damit einhergeht, wenn ein potenzieller Partner aus dem nahen Umfeld kommt. Nicht nur die Beziehung zueinander ist präsent sondern auch die Beziehung zu Freunden, die den Partner ebenfalls schon kennen. Gerade wenn das soziale Umfeld geteilt wird. Außerdem soll das Vertrauen in den Gegenüber leichter fallen und das Kennenlernen ist spannender, weil sich zuvor kein Bild durch eine digitale Selbstdarstellung gemacht werden konnte.

Wie ABBA schon sagte: „What`s the name of the game? Does it mean anything to you…?“

Liebe ist kompliziert. Dating ist kompliziert. Einige finden die Liebe, andere nicht. Online Dating hat vor und Nachteile und prägt unser menschliches Miteinander. Wie andere Teile der Gesellschaft ist die Welt von potenziellen Partnern schnelllebig. Doch kann es nicht vielleicht auch ein Vorteil sein, diese Freiheit zu haben? Können wir dieses Privileg vielleicht nutzen, um den Gedanken der Selbstverwirklichung zu nutzen und auch Sex, Sexualität und unterschiedliche Lebensweisen in der Gesellschaft zu normalisieren? Ein gesundes und respektvolles Miteinander ist dafür der Schlüssel und es ist wichtig, dass man dem Strom auch entkommen kann, wenn man sich nicht in eine Rolle zwingen lassen möchte. Am Ende sind wir nämlich alle irgendwo Teil des Spiels.