Vorgestellt: Die Zivilklausel, eine Selbstbindung für den Frieden. Der AStA macht seine Stellungnahme.
Die Zivilklausel ist eine Erklärung der Universität, dass diese bzw. der akademische Rat jede Beteiligung über ihre Forschung mit dem Militär ablehnt. Das bezieht auch mit ein, dass keine Gelder vom Militär oder militärdienenden Gesellschaften angenommen werden. Aber gerade diese Klausel soll nun verändert werden oder sogar gänzlich abgeschafft werden. Da werden so einige Stimmen unter den StudentInnen laut. Insbesondere bei der AStA geht man nun in die Offensive. Was die AstA dazu meint und was sie vor hat, das klärten wir gleich in einem Interview mit Sören Böhrnsen.
Stefan:
Kannst du dich vielleicht mal vorstellen und sagen was der AStA ist?
Sören:
Ich bin Sören Böhrnsen und arbeite hier im AStA. Der AStA ist der Allgemeine Studierendenausschuss und ist damit die gewählte Studierendenvertretung. Der AStA wird jährlich vom Studierendenrat gewählt, welcher wiederum von den Studierenden gewählt wird. Dies geschieht meist im Sommersemester.
Stefan:
Man kann auf eurer Internetseite verfolgen, dass ihr euch für die Zivilklausel einsetzt und versucht sie in der Öffentlichkeit durchzusetzen. Warum ist das euch so wichtig?
Sören:
Zwei Gründe: Zum Einen wollen wir die Zivilklausel in die Öffentlichkeit führen, da wir diese als ein sehr gutes und wichtiges Instrument halten um eine zivile und friedliche Universität zu bekommen. Leider ist die Universität nicht mehr 100% Zivilorientiert, diese 100% wollen wir gerne für die weitere Zukunft gewährleisten. Die Zivilklausel ist nämlich eine Selbstbindung und die Universität Bremen hat sich selbst gebunden, dass sie nur für friedliche und zivile Zwecke forscht. Und es wichtig dass man sich dies regelmäßig ins Bewusstsein ruft, denn eine Selbstbindung ist ja nichts, was man tagtäglich erlebt. Neue Lehrende und Arbeitende in der Universität müssen damit vertraut gemacht werden, aber auch die Personen, die schon länger in der Universität arbeiten, müssen es sich ins Bewusstsein rufen und die Studierenden sollen dafür sensibilisiert werden. Das wäre der allgemeine Punkt.
Zweiteres wäre der Zeitpunkt 2009, wo die Universität das Ehepaar Fuchs von der OHB Technology geehrt hat. OHB ist ein Satellitenhersteller, dessen Produkte großteils und häufig vom Militär genutzt wird. Sie sagen selber, dass die Bundeswehr ein guter und wertvoller Kunde sei. Dass sind ihre persönlichen Worte, zum Beispiel sei da das Galileo-Satelliten-Projekt, dass im zivilen Breich genutzt wird, aber auch zur Grenzüberwachung. Für uns ist dieses Unternehmen ein klares Rüstungsunternehmen. Und diese wurden nun mit der Ehrenbürgerwürde 2009 ausgezeichnet, was auf Proteste bei den Studierenden führte, da man der Meinung war, dass Menschen die für Rüstungszwecke arbeiten, nicht ausgezeichnet werden sollten. Der Rektor hatte sich anschliessend bereit erklärt mit einen sogenannten Friedensforscher weiterzudiskutieren. Ja, schön, tolles Angebot… Als erstes sollte er die Zivilklausel nicht einfach übersehen, sondern die Leute daran erinnern, dass es diese Selbstbindung gibt. Man kann die Leute nicht damit alleinelassen. Schön zu wissen wenn sowas klappen würde, aber es klappt halt nicht immer. Und zudem wurde im akademischen Rat ein Antrag gestellt, indem die Zivilklausel nochmals ins Bewusstsein gerufen wurde und gefragt wurde, ob man sich noch dran halten solle. Diese Entscheidung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Ja und kurz eben nach dieser Diskussion kommt die Universität an mit dem Vorschlag eine Stiftungsprofessur zu gestalten, gesponsort von OHB Technology.
Daraufhin ging das alles an die Presse und wurde in den Medien veröffentlicht. Man könnte an dieser Stelle noch sehr ausführlich werden, was jedoch nun der Fakt ist, dass OHB bzw. das Ehepaar Fuchs gefordert hat, entweder schafft man die Zivilklausel ab oder man könnte es mit der Stiftungsprofessur vergessen. Tja, und ein Tag später stand dann in der Zeitung drin, der Rektor möchte gerne die Zivilklausel ändern. Und da gehen wir nun in die Offensive, denn wir haben nunmal die Zivilklausel genau dafür und daran soll sich gehalten werden. Wir verteidigen die Zivilklausel nicht, denn wir haben sie bereits, warum soll diese geändert werden?
Stefan:
Und was konntet ihr denn bisher unternehmen oder was werdet ihr noch unternehmen um euer Ziel zu erreichen?
Sören:
Ja, zum Einen haben wir, was sehr gut verlaufen ist, öffentlichen Druck erreicht durch Presseberichterstattungen. Das wären zum Beispiel der Weser-Kurier oder die taz. Aber nicht nur regionale Medien haben darüber berichtet, denn wir haben es glücklicherweise geschafft, dass das Thema so hohe Wellen geschlagen hat, dass auch andere überregionale Medien darüber berichtet haben. Zum Beispiel die Frankfurter Rundschau hat einen Artikel verfasst, die Zeit Campus, Spiegel Online und in Der Welt gabs einen großen Artikel dazu. Das wäre die erstere Aktion.
Ansonsten haben sich desweiteren 66 WissenschaftlerInnen gegen die Stiftungsprofessur ausgesprochen und das merkt man auch an den Stellungnahmen, die nun die Universität herausgibt, welche nun in die Defensive gedrängt worden ist. Wenn man sich diese Stellungnahmen anschaut merkt man schon dass es nicht so läuft wie sie sich es vorgestellt hat. Wir wollen natürlich auch inhaltliche Aufklärung leisten und werden deswegen am 31. Oktober eine Podiumsdiskussion veranstalten. Dafür konnten wir 4 ReferentInnen gewinnen, welche dann zu verschiedenen Aspekten der Zivilklausel Stellung nehmen werden. Ob nun geschichtlich oder aktuell, die Militarisierung in der Gesellschaft soll ein Thema sein. Die Universität wird auch ähnliche Veranstaltungen halten, wenn auch eher im globalen Kontext. Diese ganzen Informationen werden dann im Dezember zur Debatte des Akademischen Rates hinzugezogen und man darf gespannt sein, ob es dann einen Antrag gibt, ob die Zivilklausel geändert werden soll oder ob man sich gänzlich von der Selbstbindung der Zivilklausel entfernt.
Und dafür wollen wir halt viele Studierende erreichen und mobilisieren. Natürlich wollen wir diese erstmal aufklären. Wir haben bereits eine Onlinepetition erstellt, wo wir auffordern dass die Universität die Zivilklausel weiterhin befolgt. Später wollen wir eben diese Petition auch auf Papierform weiterführen und damit Studierende hier direkt an der Uni ansprechen. Wir möchten gerne mit ihnen ins Gespräch kommen und die Leute die Interesse an einer zivilen, friedlichen Universität haben, diesen friedlichen Gedanken weiterzutragen und mit uns an der Veranstaltung teilzunehmen. Letztes Mal waren es 60 Studenten die aus Protest teilgenommen haben und diesen zum Ausdruck gebracht haben. Und unser Ziel ist es bei der nächsten Sitzung des akademischen Rats mit 500 oder mehr Leuten auszudrücken, dass der Beibehalt der Zivilklausel nicht nur ein paar Spinner im AstA haben wollen, sondern wirklich die Masse der Studierenden.
Ich möchte mich recht herzlich für das Interview bedanken. Doch natürlich bin ich auch auf eure Meinung gespannt. Denn Alles hat zwei Seiten und man kann natürlich durchaus anderer Meinung sein. Also postet eure Meinung in den Kommentaren direkt unter dem Artikel hier, ich würde mich freuen.
Solltet ihr euch für die Podiumsdiskussion interessieren, dann habe ich hier nochmal die genauen Daten der Veranstaltung:
25 Jahre Zivilklausel – Militarisierung der Universität? Nein Danke!
Am: 31. Oktober 2011 – 18 Uhr
Wo?: GW2 B3009
Ich – meinerseits nicht Student, sondern pensionierter Hochschullehrer der Chemie an dieser Uni – benutze diese Seite, um meine Stellungnahme auszudrücken, habe auf die Schnelle keine bessere Möglichkeit gefunden, mich kurzfristig zu äußern. Ich habe seinerzeit öffentlich angekündigt, – auch per Leserbrief im Weserkurier – dass ich bislang nicht bereit war, gegen die Einrichtung einer OHB-gesponsorten Stfitungsprofessur zu opponieren, in der Meinung, OHB würde sich, – wie übrigens im angelsächsischem Raum bei solchen Anlässen üblich -, vornehm der direkten Einflussnahme auf das Forschungsprogramm einer solchen Stiftung enthalten. Nun entnehme ich heute morgen dem Interview im WK mit dem Kollegen Fischer-Lascano, dass dem nicht so ist: OHB bestünde darauf, die berühmte Zivilklausel der Uni Bremen abzuschaffen bzw. stark im Sinne der Firma OHB (bis zur Unkenntlichkeit?) zu „modifizieren“. Darüber soll morgen, Mittwoch, 25. 1. 2012, im AS debattiert werden. Ich bin entsetzt und empört, – so war das nicht gemeint. Ich erkläre nunmehr öffentlich, dass ich ab sofort meine Meinung ändere unter diesen Bedingungen, die mir nicht so vorher bekannt waren: Für den Fall, dass tatsächlich morgen im AS eine Mehrheit gewonnen werden sollte, die Zivilklausel zu ändern im Sinne einer feigen Anpassung an die Fa. OHB-Bremen, um an das Geld zu kommen, bin ich gegen die Einrichtung dieser Stiftungsprofessur in der ausschließlichen Absicht, bei Aufgabe hehrer Grundsätze der Universität Bremen erhebliche Fremdmittel einzuwerben. Ich höre übrigens, dass man anderenorts in deutschen Universitäten und Hochschulen dabei ist, eine Bremen ähnliche Zivilklausel in der entsprechenden Satzung aufzunehmen bzw. schon aufgenommen hat. Es wäre wirklich beschämend mitzuerleben, dass eine besondere bewährte Eigenheit der ursprünglichen Bremer Reform-Universität groteskerweise im gleichen Moment abgeschafft wird, d. h. dem Mammon geopfert wird, wo andere Universitäten gerade diese besondere Eigenheit Bremens zu übernehmen bereit sind.
Wolfram Thiemann
Schließe mich komplett meinem Vorredner an.
Abschaffen der Zivilklausel geht gar nicht!! Wer möchte denn bitte an einer Uni studieren die im Begriff ist, eine pazifistische Klausel abzuschaffen?! Schönen Dank auch!
„Es wäre wirklich beschämend mitzuerleben, dass eine besondere bewährte Eigenheit der ursprünglichen Bremer Reform-Universität groteskerweise im gleichen Moment abgeschafft wird, d. h. dem Mammon geopfert wird, wo andere Universitäten gerade diese besondere Eigenheit Bremens zu übernehmen bereit sind.“
Es wär mal interessant zu wissen, wie das an anderen Unis ist.
Ich hab gehört,. dass sich gester alle recht einig gewesen sein sollen. Wenn das stimmt: Bestand jemals wirklich die Gefahr, dass die Zivilklausel abgeschafft wird? Wurde vonseiten des AStA oder anderer Kritiker mal mit den neinzelnen AS-Mitgliedern im Vorfeld gesprochen und hat man versucht, herauszufinden, ob eine Mehrheit gegen die Klausel überhaupt möglich wäre?
Der Protest hatte auf jeden Fall ein gutes Ziel, es wäre aber spannend, zu erfahrne, ob dafür Protest nötig war, oder ob man als AStA einfach mit den einzelnen AS-Mitgliedern hätte reden können und herausgefunden hätte, dass es kein Problem gab. Dafür, so wurde mir erzählt, ging das doch alles ganz shcön leicht mit der Beibehaltung, oder?