SHIFT + ENTER für die Lehre: Wie JupyterHub an der Universität Bremen neue Spielräume eröffnet

Das Bild zeigt eine futuristische Darstellung von Datenanalyse und Technologie. Im Zentrum steht ein Würfel mit dem Jupyter-Logo, einem Werkzeug für interaktive Datenwissenschaft. Im Hintergrund sind Diagramme, Grafiken und vernetzte Punkte zu sehen, die ein komplexes digitales Netzwerk symbolisieren.

Die Welt von Jupyter – Notebook, Lab, Cloud-Service

In der Welt von Jupyter sind die Notebooks das zentrale Element. Wie im ersten Abschnitt beschrieben, sind sie interaktiv: Die Interaktion findet in den Zellen statt, von denen beliebig viele in ein Jupyter-Notebook eingebaut werden können. In die Zellen können Text, Code oder Markdown-Befehle zur Formatierung von Text geschrieben werden. Der nicht unabsichtlich gewählte Titel dieses Artikels „SHIFT + ENTER“ ist gleichzeitig der Befehl zur Ausführung des Zelleninhalts und das Ergebnis wird im Notebook angezeigt. Dies kann eine einfache Berechnung, die Auswertung und Visualisierung einer Datenreihe oder formatierter bzw. unformatierter Text sein. Zelle an Zelle ergibt sich so eine fortlaufende Programmierung, eine thematische Abhandlung oder bereits die Vorlage für eine Veröffentlichung.

Jupyter-Notebooks werden im sogenannten JSON-Format gespeichert. „JSON“ steht für „JavaScript Object Notation“ und ist besonders in Webanwendungen gängig, wo es zur Datenübertragung zwischen Server und Client dient, etwa in APIs (Application Programming Interfaces1Eine API (Application Programming Interface) ist eine Schnittstelle, die es verschiedenen Softwareanwendungen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren und Daten oder Funktionen auszutauschen, ohne dass die internen Details der jeweiligen Programme bekannt sein müssen.) und Webservices. JSON ist außerdem von Menschen gut lesbar und lässt sich leicht bearbeiten.

Jupyter ist ein Akronym, das sich aus den Programmiersprachen Julia, Python und R zusammensetzt. Jupyter entstand 2014 aus dem IPython-Projekt2Das IPython-Projekt https://ipython.org/ (abgerufen am 13.11.2024) und ist als Open-Source-Software Programmiersprachen-agnostisch. Laut Projektwebseite werden bis zu 40 gängige Programmier- und Skriptsprachen mit entsprechenden Paketen und Bibliotheken unterstützt. Konkret heißt das, dass man in Jupyter-Notebooks in verschiedenen Programmiersprachen arbeiten kann – sogar in mehreren Sprachen innerhalb desselben Notebooks. Python ist aktuell besonders populär und hat sich weltweit zu einer der beliebtesten Programmiersprachen entwickelt.3GitHub – Top 50 Programming Languages Globally: https://innovationgraph.github.com/global-metrics/programming-languages (abgerufen am 13.11.2024) Diese Popularität hängt mit dem starken Wachstum im Bereich Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und Data Science zusammen, aber auch mit der steigenden Anzahl von Datenanalyst:innen, die Jupyter-Notebooks und Python nutzen.

Die Einführung von JupyterLab im Jahr 2018 als erweiterte Arbeitsumgebung für Jupyter-Notebooks könnte zu dieser wachsenden Nutzerzahl beigetragen haben. JupyterLab bietet zusätzliche Funktionen, die über die eines klassischen Notebooks hinausgehen, denn hier können mehrere Notebooks, Terminals, Textdateien und andere Medien parallel geöffnet und bearbeitet werden. Dank Drag-and-Drop lässt sich der Arbeitsbereich individuell gestalten und Aufgaben können auf verschiedene Fenster verteilt werden.

Mit einem verbesserten visuellen Dateiverzeichnis behalten die Nutzer:innen den Überblick. Gängige Dateiformate wie CSV (in einer verbesserten Tabellenansicht), TXT, DOCX und PDF werden angezeigt und können bearbeitet werden. Auch Bilder und Videos lassen sich einfügen und betrachten. Syntax-Highlighting und Autovervollständigung erleichtern das Programmieren und machen es effizienter. Erweiterungen können über den Extension Manager einfach nachinstalliert werden, und es ist möglich, in Echtzeit kollaborativ zu arbeiten.

Die Cloud-Anwendung von Jupyter heißt JupyterHub und wurde bereits 2015 eingeführt. Sie unterstützt die Nutzung innerhalb von Schulen, Universitäten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen. JupyterHub ermöglicht mehreren Nutzer:innen den Zugriff auf eine Jupyter-Installation über eine Webseite. Jede:r Nutzer:in erhält eine eigene, isolierte Jupyter-Notebook-Umgebung, die unabhängig von den Umgebungen anderer läuft, nicht lokal installiert werden muss und deren Daten und Arbeitssitzungen auch nach dem Abmelden oder Neustarten des Servers verfügbar bleiben. 

Wie andere Cloud-Anwendungen verfügt JupyterHub über eine zentrale Administration, die Nutzer:innen, Berechtigungen und Ressourcen (CPU-, Speicher- und Netzwerkauslastung) verwaltet. Es können Gruppen für Klassen, Teams oder Forschungsgruppen eingerichtet und individuell gestaltet werden.

Verschiedene Authentifizierungsmethoden (z. B. OAuth, PAM, LDAP*4Die mit Asterisk gekennzeichneten Verfahren und Eigenschaften kamen bei der Installation von Jupyter an der Universität Bremen zu Einsatz.  und andere) stehen zur Verfügung, sodass JupyterHub an die Bedürfnisse der jeweiligen Einrichtung angepasst und skaliert werden kann. Die Ausführung der Notebooks erfolgt in Containern (z. B. Docker oder Kubernetes*), was eine flexible Skalierung ermöglicht, sodass viele Benutzer:innen gleichzeitig arbeiten können, ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen.

An der Universität Bremen bildet der JupyterHub auf Basis einer LDAP-Authentifizierung die technische Grundlage. In Kombination mit dem Lernmanagement-System Stud.IP und dem vom DataLab der TU Wien entwickelten Grader Service5Dokumentation des Grader Service der TU Wien: https://grader-service.readthedocs.io/en/latest/ steht Lehrenden und Studierenden ein leistungsfähiges, flexibel anpassbares digitales Werkzeug für die Lehre zur Verfügung.

Vom InnovationLab in die ganze Universität 

Im von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderten Projekt SKILL-UB sind in verschiedenen Teilprojekten, sogenannten InnovationLabs, nachhaltige und später skalierbare Maßnahmen ergriffen worden, um die entsprechenden Fachbereiche oder Studiengänge in Hinblick auf Digitalisierung, kollaboratives Studieren und Studienzentriertheit weiterzuentwickeln.

Jupyter war ein zentraler Aspekt des InnovationLabs des Fachbereichs Geowissenschaften. Jupyter wurde von Prof. Dr. Heiko Pälike in seinen Veranstaltungen eingesetzt, der der federführende Antragssteller des InnoLabs war.6Das InnovationLab des Fachbereich 5, Geowissenschaften: https://www.uni-bremen.de/skill-ub/innovation-labs-1/innolab-fachbereich-5 (abgerufen am 13.11.2024)

Die Themen Digitalisierung, Visualisierung und Analyse großer Datensätze spielen in unserem Fachbereich eine sehr große Rolle. Insbesondere Programmierung, reproduzierbare Datenanalyse, die Erstellung wissenschaftlicher Abbildungen und Zeitreihenanalysen sind integrale Bestandteile der Module „Digital Competences“ im Bachelorstudiengang Marine Geosciences und Geowissenschaften sowie „Advanced Digital Competences“ im Masterstudiengang Applied Geosciences und Marine Geosciences. Für viele dieser Zwecke ist das JupyterHub System ideal geeignet, und die Entwicklung im Rahmen der InnovationLabs hat es uns ermöglicht, viele Aspekte, auch mit neuen Methoden, auf der Basis von JupyterHub durchzuführen. Ich hatte in meiner Lehre die Open-Source-Software schon eingesetzt und im kleinen Stil für meine Veranstaltung eine Nutzerverwaltung aufgesetzt. Somit konnte ich erste technische und didaktische Erfahrungen beitragen.“

In Zusammenarbeit mit dem ZMML wurde nun ein JupyterHub, das Multi-User-System von Jupyter, aufgesetzt und in Kooperation mit dem Zentrum für Netze der Uni Bremen mit einer Anmeldung über Shibboleth versehen. Auf diese Weise können sich nun alle Angehörigen der Universität mit ihrem Uni-Account auf dem JupyterHub anmelden. Aus SKILL-Projektmitteln wurden zudem leistungsstarke Server angeschafft, so dass eine große Anzahl von Nutzer:innen gleichzeitig auf dem Hub arbeiten können. 

 „Im Rahmen der InnovationLabs haben wir auch konkret die Studierenden eingebunden: Es wurden erste Schulungsmaterialien entwickelt und den Lehrenden zur Verfügung gestellt. In mehreren Workshops habe ich meine Erfahrungen mit dem Tool mit meinen Kollegen geteilt, und die Vor- und Nachteile diskutiert. Die Erleichterungen in der Lehre überwiegen nicht nur den Aufwand auf die Umstellung auf Jupyter Notebooks und vor allem langfristig, aber erlauben auch den Einsatz moderner Analysemethoden, die unsere Studierenden optimal in den Feldern Programmierung und (Forschungs-) Datenanalyse vorbereiten. Auch in der Forschung sind diese Fähigkeiten mittlerweile extrem wichtig und Standard“

Heiko Pälike

Auch für das InnovationLab Digital Data Literacy & Analysis (DiDaLiA)7InnovationLab des ZeMKI, https://www.uni-bremen.de/skill-ub/innovation-labs-1/innolab-fachbereich-9 im ZeMKI des Fachbereichs 9 wurde Jupyter eine Alternative zu kommerziellen Tools. Neben einer umfangreichen Einführung in die quantitative Datenanalysen R und RStudio8„Einführung in quantitative Forschungsdesigns und Datenanalyse“: https://pzerrer.pages.git.zmml.uni-bremen.de/einfuehrung_datenanalyse_in_r/Home.html wird in den Modulen die Jupyter-Umgebung genutzt.

Parallel zu den InnoLabs wurde und wird Jupyter auch schon in fünf weiteren Fachbereichen eingesetzt (Stand Mai 2025). In einer Übungsveranstaltung zur Einführung in Python, in Veranstaltungen zur Robotik und zu maschinellem Lernen in der Informatik, zu biometrischen, numerischen Methoden und zur Optimierung im Studiengang Mathematik, zu quantitativen und qualitativen Methoden und zur Marktforschung mit RStudio, einer Einführung in R im Studiengang Public Health und in Seminaren in zu Computational Methods.

Die inhaltliche Diversität zeigt die fachübergreifenden Einsatzmöglichkeiten von Jupyter.

Die Lehrenden berichten, dass es nach einer kurzen Umstellung spürbar weniger Zeitaufwand bei der anfänglichen technischen Betreuung gab. Auch die einfache Verteilung von Materialen wird als große Entlastung empfunden. Mehr Fokus liegt auf den Inhalten. Viele der Lehrende sehen auch die weite Verbreitung von Jupyter als großen Vorteil an, zumal die Notebooks auch über das Studium hinaus wieder- und weiterverwendet werden können.

Quellen

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