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Hilfe, der Mensch ist kaputt!

„Zwischen der Bewegung des Lebens, die nie ruht, und dem Raum der Erde, der sich nicht ändert, besteht ein Widerspruch. Aus diesem Widerspruch wird der Kampf um Raum geboren. (…) Der viel missbrauchte und noch mehr miss- verstandene Ausdruck Kampf ums Dasein meint eigentlich zunächst Kampf um Raum“ (Ratzel 1901, S. 165) 

Als ich über dieses Zitat von dem Anthropogeographen Friedrich Ratzel gestolpert bin sind einige Gedanke in meine Kopf ins rollen gekommen und genau darüber möchte ich in diesem Eintrag schreiben.

Zu erst einmal legt Ratzel dar, dass „unser“ Raum, der Platz hier auf der Erde, begrenzt ist. Allerdings steht das im Widerspruch zu unserer kapitalistische Gesellschaft, der Sucht danach immer höher, schneller und weiter zu kommen. Eine Gesellschaft die stetig wächst und in der Stillstand gleich Rückschritt und Verlust bedeutet.

Wer also kurz sehen bleibt um Luft zu holen verliert in unserer Gesellschaft, schließlich ist der Platz für uns Menschen auf der Erde limitiert. Und genau daraus entsteht der Kampf um den Raum.

Wer ist also privilegiert genug und trägt zu genügend Fortschritt bei um in diesem Raum leben und ihn gestalten zu dürfen? Wer sagt wer bleibt… und vor allem wer geht? 

Sollte in unserer Gesellschaft denn nicht genug Platz für alle sein?

Um sich dieser Fragen nähern zu können muss man sich vor das Auge halten wie Raum überhaupt entsteht und worin dieser unterschieden wird…

Natürlich gibt es zum einen den geographisch klar abgetrennten Raum anhand von visuellen Grenzen wie die Hecke zum Nachbarn, bis hin zu nicht visuellen Grenzen wie zum Beispiel die auf Landkarten. 

Auf diese Art von Räume möchte ich allerdings nicht viel näher eingehen sondern mich mehr auf den sozial- und kulturell-geprägten Raum konzentrieren. Raum der sich über Ländergrenzen hinweg gestaltet hat und sich permanent in einem Wandel befindet.

Wie sich dieser Raum bildet ist nicht nur eine fundamentale Kulturwissenschaftliche Frage sondern greift auch tief in die Bereiche der Geographie, Theologie, Psychologie und Soziologie ein.

Im Verlauf meines Studiums werde ich mir hoffentlich weitere und umfassendere Perspektiven erarbeiten um ein ausgeprägteres Verständnis dieses doch sehr komplexen Phänomen zu entwickeln.

Raum wird von den dort lebenden Menschen geprägt. Wir gestalten ihn uns selbst und passen uns an. Diese Räume entstehen überall, im urbanen, rualen und privaten.

Wer sich nicht Anpasst und seine sexuelle Orientierung oder Herkunft (etc.) nicht unterdrückt  verzichtet auf die von uns in diesem Raum geschaffenen Privilegien und wird somit automatisch Minderheiten zugeordnet die in dem System des Raumes benachteiligt sind und denen das Recht entzogen wird diesen Raum mit zu beanspruchen oder zu gestalten. (Systeme innerhalb von Räumen können unterschiedlich sein und hängen unteranderem von kulturellen- oder einkommens- Differenzen ab.)

Raum bietet uns also ein System das es ermöglicht von der Unterdrückung von Minderheiten zu Profitiren. Und genau da sehe ich ein großes Problem denn der Mensch ist evolutionär so geprägt dass nur die stärksten überleben. (Survival of the fittest)

Doch gibt das jetzt beispielsweise körperlich benachteiligen Menschen nicht das recht zu existieren oder in der Gesellschaft benachteiligt zu sein? Nein! Der Mensch ist kaputt. Oder viel mehr ein Egoist.(Hier stellt sich die Frage ob das Wesen des Menschen denn nun gut oder böse sei…) Menschliches Handeln orientiert sich daran was es für einen selbst als Individuum braucht und nicht was es für den Gegenüber oder die Allgemeinheit braucht…Wann fängt der Mensch an zu sehen dass sich sein eigenes Sein in keiner Weise von dem seines Gegenübers unterscheidet?

Der von uns kreierte Raum ist keine Parkbank auf der wir sitzen und entscheiden können wer neben uns Platz nimmt in dem wir ihn verscheuchen oder selber aufstehen und gehen…

Minderheiten werden keinen Platz in unserer Gesellschaft finden wenn wir nicht anfangen ihnen eine Plattform bieten, wenn wir diesen Raum nicht mit ihn teilen können und nicht breit sind ihn zu zuhören und uns klar zu machen wie verdammt privilegieret wir als weiße, cis-gender Gesellschaft sind!

Kämpfe sind immer Kacke aber leider ist kein Kampf grundlos. Wenn man also den Kampf um Raum beenden möchte muss zunächst jeder gleicher maßen das Recht haben auf Raum als solchen zugriff zu haben. Denn ein jeder hat das Recht zu existieren.

Kerstin Hirland