Zu Hause sein… -Lillith

Zuhause zu sein ist wohl mit eines der schönsten Gefühle die es gibt, etwas das wir alle kennen. Obwohl jeder etwas anderes damit verbindet ist das Gefühl das wir empfinden doch dasselbe: Wärme, Geborgenheit, Sicherheit…                                                                                                  Für meinen ersten Blogeintrag habe ich mir überlegt,  wie genau so ein „Zu Hause Gefühl“ geschaffen wird, was passiert wenn sich sein eigenes zu Hause auf einmal ändert oder auflöst und wie wir damit überhaupt umgehen können.

Wir alle haben bestimmte Orte oder auch Personen bei denen wir uns zu Hause fühlen: Ob es die Familie ist, die engsten Freunde oder das Haus unserer Kindheit mit dem großen Garten in dem man früher immer gespielt hat… Wenn dieses zu Hause sich plötzlich verändert, macht das natürlich etwas mit uns. Wir werden aus unserem gewohnten Umfeld gerissen, und in ein ganz Neues geworfen, indem wir uns auf einmal so schnell wie möglich ein neues zu Hause schaffen müssen (das oft ganz alleine). Das ist erstmal ziemlich gruselig finde ich und ich denke damit bin ich nicht alleine. Wir alle im Erstsemester kennen dieses Gefühl im Moment wahrscheinlich besser als jeder andere. Wir kommen aus der Schule an die Uni, eine ganz neue und uns bis vor kurzem noch wildfremde Welt: Neue größere Gebäude und Räume, andere Uhrzeiten, Vorlesungen statt Unterricht, Eigenverantwortung statt vorgegebenem Lerhrplan… Wir ziehen also aus von „Zu Hause“. Keine Mutter und kein Vater mehr die uns versorgen, uns sagen, dass wir anfangen zu lernen, was wir im Haushalt tun müssen und was nicht oder wann wir den nächsten Arzttermin haben. Wir müssen nun selbst für uns Sorgen (alleine Kochen, Waschen, Einkaufen, sauber machen etc.). Und als wäre das nicht alles schon genug, müssen wir auch noch als komplett Fremde in einer uns (meist) fremden Stadt einen komplett neuen sozialen Kreis aufbauen, uns  neu „SOZIALISIEREN“. Neue Leute kennenlernen… Das war schon immer eine Sache die mich persönlich sehr gestresst und mit Fragen gequält hat: Wie komme ich bei Leuten an? Werde ich schnell neue Freunde finden? Was ist wenn ich am Ende alleine dastehe?

All diese neuen Eindrücke und Reize, all die Fragen und Verantwortungen die man jetzt hat, machen es um ehrlich zu sein erstmal nicht leicht ein neues Gefühl von „zu Hause“ zu entwickeln. Für mich war es beispielsweise die ersten Tage sehr schwer mich einzuleben und diese mir völlig fremde Stadt, ihre Menschen und meine neue, teils noch ziemlich kahle und unmöblierte Wohnung wirklich als mein neues zu Hause anzunehmen. Trotzdem gab es Dinge die mir über die letzten Wochen geholfen haben: Zunächst einmal  war das Wichtigste, dass ich Menschen kennengelernt habe mit denen ich meine Zeit verbringen kann: Menschen die dieselben Einstellungen, Interessen, Ansichten und Vorstellungen vom Leben haben wie ich. Mit denen ich zusammen in der Cafeteria essen oder zwischen den Vorlesungen gemeinsam etwas für die Uni machen kann. Menschen mit denen ich auch außerhalb des Unilebens rausgehe, um die aufregenden Seiten des Studentenlebens zu genießen.

Ich habe nun schon mit einigen tollen Leuten mehr Zeit verbracht, aber was mir im Allgemeinen immer wieder aufgefallen ist und mich erstaunt hat, ist die vorherrschende Positivität an der Uni. Alle behandeln sich gleich,  und mit gegenseitigen Respekt. Es gibt keine Unterteilung mehr in „Cool“ und „Uncool“ so wie in der Schule. Keine homogene Gruppe und ein paar Außenseiter am Rande. Alles erscheint so viel diverser und offener. Anstatt von Wellenstein Jacken und Michael Korse Taschen umgeben zu sein sehe ich nun bunte Frisuren, Jutebeutel, Regenbogen Fahnen und Sticker gegen jegliche Intoleranz oder Inakzeptanz, die an den Uni Ständen verschenkt werden. Ich sehe Modestyle der verschiedensten Art: Ob Grunge, Punk oder Indie… Alles ist repräsentiert. Die Freundesgruppen sind auf einmal ganz unterschiedlich und gemischt, ganz im Gegensatz zur vorher herrschenden Einseitigkeit. Sie sind offen indem wer sie sind und wozu sie stehen.

Ich habe das Gefühl, dass im Allgemeinen eine weitverbreitete Toleranz da ist, die sich durch die ganze Stadt  hindurch zieht. Für mich ist das etwas sehr besonderes, da ich aus einer Stadt komme die nicht annähernd so progressiv ist und leider eher für ihre Rechte Szene bekannt ist, als für ihre Toleranz. Es ist ganz schlicht und einfach erfrischend für mich dies so zu mitzuerleben, ich merke selbst wie ich mich plötzlich von meinem Umfeld inspiriert fühle und Lust bekomme mich mehr zu entfalten. Ich habe endlich nicht mehr das Problem ständig die Luft anhalten zu müssen, sondern das erste Mal das Gefühl richtig aufatmen zu können.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich mich bei den Dozenten und Dozentinnen in der Uni sehr wohl und aufgenommen fühle. Man wird nicht mehr wie in der Schule wie ein unwissendes Kind behandelt, dass man belehren oder formen muss. Auch hier in diesem Bereich gilt ein viel größerer Entfaltungsfreiraum. Die eigene Kompetenz und das Potential wird gesehen und anerkannt, was für mich unglaublich motivierend gewirkt hat.                    Vielleicht sind das auch nur meine naiven, romantisierten ersten Eindrücke des Lebens an der Uni und in Bremen. Vielleicht schaue ich auch am Ende des Semesters auf diesen ersten Blogeintrag mit einem belächelnden Kopf schütteln zurück. Das kann natürlich gut sein. Nichts desto trotz finde ich es wichtig und auf eine gewisse Weise  durchaus therapeutisch meine ersten Eindrücke so runter zu schreiben und festhalten zu können. Es ist einfach schön einen völlig neuen Einblick von gegenseitigem Respekt, Diversität und Positivität zu sehen. Denn dies sind die Einblicke, die mir das Gefühl gegeben haben angekommen zu sein in Bremen und mir dadurch schließlich ein Stück weit Zu Hause gegeben haben. Ein ganz anderes, neues Zu Hause, so wie ich es bisher noch gar nicht kannte. Ein sozusagen „Zweites zu Hause“.

Trotz alle dem komme ich immer noch gerne nach Dortmund zurück. In mein geliebtes Ruhrgebiet! Da wo alles irgendwie weitergeht, aber trotzdem sich nicht wirklich viel verändert. Dortmund ist immer noch derselbe Ort, mit denselben Menschen, denselben  hässlichen 60er Jahre Großbauten, derselben von den Kohle und Stahlwerken verpesteten  Luft und demselben schwarz gelben Stadion. Das Stadion, das jedes Mal auf mich wartet, wenn ich mit der U-Bahn vom Bahnhof komme und  mich sofort daran erinnert, dass ich jetzt zu Hause bin. Das gewohnte alte Zu Hause eben: Mit meiner Familie, meinen engsten Freunden, dem Haus meiner Kindheit mit dem großen Garten indem ich früher immer gespielt habe…

 


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