Abschlussreflexion

16.08.2019 von Yeliz Kurban

  1. Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf

a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und

b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.

Wenn ich mich an die Ringvorlesung zurückerinnere, ist das erste Thema, was mir einfällt, die Heterogenität in einer Klasse. Mit diesem Begriff sind viele Kommilitonen*innen, so wie ich, bereits vorher vertraut geworden, besonders die Studierenden mit dem Fach Inklusive Pädagogik. Uns wurde oftmals vor Augen geführt, wie wichtig es als angehende Lehrkraft sei, die Heterogenität zu berücksichtigen. Jedoch war es größtenteils unklar, was die Heterogenität alles umfasst. Mithilfe der Ringvorlesung „BAUMHET – Umgang mit Heterogenität“ wurde mir nun klar, wie weit der Aspekt Heterogenität reicht.

Mein erstes großes Fach in meinem Studium ist die Germanistik. In diesem Fach war die gendersensible Literatur von großer Bedeutung, denn die stereotypischen Rollenverteilungen sollen in der Schule nicht weiter gefördert werden. Gerade im Deutschunterricht, z.B. bei der Auswahl von Lektüren, sollen die stereotypischen Rollenverteilungen dringend vermieden werden. Bei der Auswahl von (Grund-)Schullektüren soll also berücksichtigt werden, dass keine typischen Rollenverteilungen vertreten sind. Da ich zurzeit an einer Grundschule tätig bin, habe ich beobachten können, dass die Lehrkräfte bereits auf solche Aspekte Rücksicht nehmen. Auch während meiner Vorbereitung auf das POE im Fach Deutsch habe ich erkennen können, dass unsere Seminarleitung, die auch eine Grundschullehrerin ist, gegen die stereotypischen Rollenverteilungen vorgeht und verschiedene Bilderbücher zur Auswahl stellt, in denen z.B. Mädchen gerne Fußball spielen oder Jungen leidenschaftlich gerne Lesen. Aus ihrer Auswahl können sich ihre Schüler*innen letztendlich für eines der Lektüren entscheiden, an denen sie besonders interessiert sind.

Auch werden immer mehr Lehrer für das Fach Deutsch gesucht, um die Anzahl an männlichen Lesevorbildern zu vergrößern, damit die Vorstellung, dass Mädchen lieber, mehr und besser Lesen, als die Jungen, widerlegt werden kann. Das Lesen soll nicht als eine „weibliche Kulturpraxis“ erhalten bleiben, sondern durch die männlichen Lesevorbilder Jungen dazu begeistern (vgl. Schmitt-Rößer, 2011).

Ein weiterer großer Aspekt der Heterogenität war die Mehrsprachigkeit der Schüler*innen mit Migrationshintergrund. Während sicherlich viele Lehrkräfte dazu tendieren würden, die deutschsprachigen Defizite als Nachteil anzusehen, gibt es manch andere, die sich auf das konzentrieren, was die betroffenen Schüler*innen schon können und wie man daran ansetzen kann, um die Defizite dieser Kinder zu decken (vgl. Andrea Daase, Folie 26). Um die Gefahr zu senken, dass die Schüler*innen mit Deutsch als Erstsprache von den sprachlichen Defiziten der Kinder mit Migrationshintergrund profitieren, sollten also die Leistungen der Kinder nicht an ihren Deutschkenntnissen festgelegt werden, denn sonst würde für die mehrsprachigen Schüler*innen keine Chancengleichheit bestehen, da sich der Erwerb der bildungssprachlichen Kompetenz über mehrere Jahre hinzieht (vgl. Andrea Daase, Folie 23).

Mit Bezug auf mein zweites großes Fach Sachunterricht wurde die Frage „Welche Heterogenitätsdimensionen spielen für die naturwissenschaftlich-technischen Perspektiven des Sachunterrichts eine besondere Rolle und inwiefern?“ behandelt. Kurz gefasst war die Antwort auf diese Frage sowohl der Aspekt Gender, als auch die sprachliche Heterogenität. Unter Gender fallen die Punkte Interessenentwicklung und Identitätsentwicklung/ Selbstkonzept. Wie auch im Deutschunterricht besteht im Sachunterricht die Gefahr, dass die stereotypische Rollenverteilung die wahren Interessen der Kinder durch z.B. Gruppenzwang unterdrückt und die Schüler*innen dementsprechend in eine Richtung lenkt. Während die Mädchen sich nicht (mehr) für Naturwissenschaften interessieren könnten/ würden, würden sich die Jungen z.B. vom Malen, Lesen, Stricken etc. distanzieren.

Bezüglich des Faches Erziehungswissenschaften fand ich erstaunlich, dass weitaus mehr als nur die Lehrkraft Einfluss auf die schulischen Leistungen der Schüler*innen hat. Die Lehrperson trägt 21% auf den Einfluss bei, des Weiteren 18% der Unterricht und 14% das Elternhaus, 20% der Curricula, 10% die Schule und 17% die Lernenden (vgl. Zierer, 2015). Das bedeutet, dass alle bzw. viele Faktoren mitwirken müssen, damit ein guter Einfluss auf die schulischen Leistungen der Kinder besteht.

Eine weitere interessante Studie lernte ich in dem Vortrag von Herrn Schmidt-Bocherding kennen, in der Schneider, Körkel und Weinert im Jahre 1989 mithilfe eines Tests überprüften, ob das Vorwissen oder die Intelligenz der Kinder für eine bessere Aufgabenlösung sorgten. In dem Versuch stellte sich heraus, dass Kinder mit Vorwissen und weniger Intelligenz die Aufgaben besser lösten als Kinder mit hoher Intelligenz und wenig bzw. keinem Vorwissen. Nichtsdestotrotz ist die Zusammenwirkung von Intelligenz und Vorwissen die beste Voraussetzung für die Leistungen der Schüler*innen.

 

  1. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium in Bezug auf das Modulthema BAUMHET. Bitte begründen Sie Ihre Wahl?

Als größte Herausforderung sehe ich den Umgang mit Mehrsprachigkeit der Schüler*innen mit Migrationshintergrund an. Dies ist ein sehr komplexes Thema und bedarf viel Zeit und Mühe zur Lösungsfindung. Ich finde es sowohl interessant, als auch schwer, einen Weg zu finden, mit gegebenem Personal, Zeit und Materialien den sprachlich benachteiligten Kindern die Chance zu geben, genauso gut sein zu können wie Kinder, die in ihrer Erstsprache unterrichtet werden. Ich möchte verstehen, wie meine Lehrer*innen es damals geschafft haben, mir diese Möglichkeit zu geben und möchte es selber noch besser machen. Ich finde es bewundernswert, dass Kinder in einem jungen Alter eine neue Sprache und gleichzeitig die Unterrichtsinhalte lernen und möchte ihnen mit dabei mit meiner Hilfe und Unterstützung gerne ihre Arbeit erleichtern.

Ein weiterer Themenbereich, der mein Interesse weckt, ist „Leistungen wahrnehmen, rückmelden und beurteilen“. Für mich ist es wichtig, fair zu sein und den Kindern eine gerechte Rückmeldung geben zu können. Zurzeit finde ich es noch schwer, alle Schüler*innen einer Klasse gleichzeitig im Auge zu behalten. Außerdem möchte vermeiden, dass Schüler*innen gute Leistungen mit Freude und Belohnungen, schlechte Leistungen hingegen mit Ärger und Angst verbinden. Dazu gehört besonders die Zusammenarbeit mit den Eltern, da diese ihre Kinder für schlechte Leistungen nicht selten mit z.B. Hausarrest bestrafen. Ich möchte mich mit einem reinem Gewissen mit den Schülern*innen, als auch mit ihren Eltern über die Leistungen und die Mitarbeit in der Schule austauschen können und Verbesserungsvorschläge machen oder entgegennehmen wollen.

 

  1. Welche in den Vorlesungseinheiten von BAUMHET thematisierten Problematiken/Aspekte sehen Sie für sich persönlich als besondere Herausforderung? Wie könnten Sie sich, im Uni-Kontext oder auch darüber hinaus, auf diese Herausforderungen vorbereiten?

Wie ich bereits zuvor in der dritten Aufgabe erwähnt hatte, sind meine Interessengebiete gleichzeitig auch Herausforderungen für mich. Den richtigen Umgang mit Mehrsprachigkeit sehe ich persönlich als meine größte Herausforderung. Viel zu oft bekommt man davon zu hören, dass aufgrund von Lehrermangel bei der Abwesenheit der zugehörigen Lehrkraft bspw. aufgrund von Krankheiten Fächer wie z.B. Deutsch benachteiligt werden, da keine Vertretungskräfte gefunden werden können. Auch fehlt oft Personal für Nachhilfeprogramme oder ähnliches, was die Möglichkeit einschränkt, die Kinder mit Förderbedarf, in diesem Falle Flüchtlingskinder oder Kinder mit Migrationshintergrund im Fach Deutsch, zu fördern.

Ich denke, dass im Uni-Kontext nicht mehr als Seminare und Vorlesungen zu diesem Thema gemacht werden kann. Jedoch fehlt uns die praktische Erfahrung zu dieser Art von Problemen. Daher denke ich, dass es hilfreich ist, während des Studiums an einer Grundschule zu arbeiten, da ich viele Aspekte erst dann gesehen und verstanden habe.

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