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RV05: Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für den Mathematikunterricht

1. Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule/Gymnasium) in Bremen diesbezüglich zu?

Leistungsunterschiede der Schülerinnen und Schüler sind im Mathematikunterricht, genauso wie in allen anderen Fächern, nicht zu vermeiden. Beispielsweise sind die soziale Herkunft oder verschiedene persönliche Präferenzen Gründe für unterschiedliche Leistungsstärken in einzelnen Fächern.                                                                               Dennoch ist nicht außer Acht zu lassen, dass die Streuung der mathematischen Kompetenzen in Deutschland signifikant höher ausfällt, als der internationale OECD- Durchschnitt. Diesbezüglich hat das Land Bremen mit seinem zweigliedrigen Schulsystem bestehend aus Oberschule und Gymnasium meiner Meinung nach eine geeignete Struktur etabliert.                                                                                     Ab der 7. Jahrgangsstufe werden die Schülerinnen und Schüler der Oberschule entsprechend ihrer individuellen Leistungsfähigkeiten in dem Fach Mathematik (und Englisch) auf grundlegendem oder erweitertem Anforderungsniveau in klassenübergreifenden Kursen unterrichtet. So arbeiten Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus nach ihren individuellen Leistungsständen. Bei leistungsstärkeren Schüler*innen des Gymnasiums hingegen wird ein erhöhtes Lerntempo vorausgesetzt. Zudem werden sie auf einheitlichem Leistungsniveau unterrichtet.

2. Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Spielen im Mathematikunterricht scheint für mich, angesichts der bestehenden Leistungsunterschiede, ein probates Mittel zu sein.             Zunächst weichen gemeinsame Mathespiele unter den Schüler*innen vom eigentlichen Frontalunterricht ab, der unmittelbare Leistungsdruck entweicht. An dessen Stelle tritt nun gemeinsames, kommunikatives und entdeckendes lernen. Diese veränderte Zugangsweise liefert nun ganz individuelle Sichtweisen auf die behandelte mathematische Thematik und fördert/fordert die kognitive Aktivierung der Schülerinnen und Schüler.                                              Zudem sind die verschiedenen Phasen des Spielens nach Timo Leuders (2009) definitiv zu beachten. Besonders die Reflexion der Spielstrategien und Begründungen von Erfolg und Misserfolg sind wichtige Prozesse um Lernstufen und ihre Bezüge zum Mathethema herzustellen.                                                                                             Demnach ist es als Lehrkraft sehr wichtig, den einzelnen, lernenden Schüler*in und die über das Spiel zu vermittelnden, fachlichen Inhalte im Blick zu behalten.                                                                               Sollte dies gelingen, sind Spiele im Mathematikunterricht definitiv ein guter Ansatz. Sie verbinden Oberflächenstrukturen mit Tiefenstrukturen, was zu einer Strukturierung der Lerngegenstände führt. Die Schülerinnen und Schüler gelangen über den gemeinsamen Spieleprozess zu eigenständigen Erkenntnissen, welche sie im folgenden, gelöst vom spielerischen Kontext, auf rein inhaltliche Zusammenhänge anwenden können.

3. Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz. Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen Helfen können. mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten. 

  1. Gelingt es den Schüler*innen und Schülern eigenständig, Zusammenhänge zwischen dem Spiel und der inhaltlichen Thematik herzustellen, oder ist es ihnen nicht möglich, aus bereits gelernten Inhalten, nutzen, im Bezug auf einen Erfolg im Spiel, zu ziehen?
  2. Erkennen leistungsstärkere Schüler*innen Schwächen/Fehler des Gegenübers und weisen auf Verbesserungsvorschläge hin? Nehmen die leistungsschwächeren Spieler*innen diese an und versuchen, Strategien zur eigenen Verbesserung zu entwickeln?

4. Benennen Sie zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend von Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

Schüler*innen könnten, gerade gen Ende einer mathematischen Thematik, eigenständig Spiele entwickeln, die das Thema aufgreifen und auf vereinfachte Art und Weisen grundlegende Zusammenhänge verdeutlichen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, bewusst falsche Rechnungen, Darstellungen oder Lösungen  mit richtigen Aufgaben bereitzustellen. Schüler*innen müssen nun gemeinsam herausfinden, welche Aufgaben richtig und welche falsch sind. Diese müssen im Anschluss eigenständig korrigiert werden. So wird gemeinsam überlegt und diskutiert, sowie geprüft, ob bereits Erlerntes so verstanden wurde, dass externe Fehler erkannt werden. Ebenso können leistungsschwächere Schüler*innen Erkenntnisse durch Fehleranalysen bekommen.

 

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rv02 – (Welt-) Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule

1.) Ein national orientiertes Bildungssystem zielt vorrangig auf der Aufrechterhaltung des eigenen Wertesystems sowie dem Wachstum der eigenen Nation. So wird jede neue Generation an Schülerinnen und Schülern an den Stand der vorherrschenden, nationalgesellschaftlichen  Normen und Prinzipien herangeführt. Hierdurch werden jedoch oftmals transnationalen Eindrücken und überregionalen Aspekten einen geringeren Stellenwert zugeschrieben, weshalb diese nur sehr oberflächlich behandelt oder komplett außer Acht gelassen werden.

Ich muss rekapitulierend feststellen, dass mir diese nationale Orientierung des Bildungssystems jetzt erst im Nachhinein unter genauerer Betrachtung bewusst wird. Gerade in den Fächern Geschichte oder Politik wurde in meiner Schulzeit fast ausschließlich nur über die vorherrschenden oder früheren, nationalen Verhältnisse gesprochen und diese immer wieder unter neuen Gesichtspunkten erörtert. Besonders in Religion fällt mir auf, dass neben dem ausführlich thematisierten Christentum zwar andere Religionen genannt und kurz angeschnitten wurden, dennoch wurde mir häufig der unterschwellige Eindruck vermittelt, anderweitige Religionen seien „fern“ oder „fremd“, aufjedenfall nicht gängig.                                        Im Nachhinein hätte ich mich über eine deutlich vielseitigere und transnationale Betrachtung wichtiger Themen, gefreut, um diese noch besser zu Verstehen und dem Aspekt der Migration als Realität an Schule offen zu begegnen.

2.) Denn erst durch den öffentlichen Diskurs über „Migration als Herausforderung für die Schule“ wird mir bewusst, in welchem geringen Maße die Schulen das Thema Migration strukturell mit einbeziehen. Eine nationalstaatliche Orientierung des Bildungssystems ist in diesem Ausmaß lange nicht mehr zeitgemäß, denn transnationale, familiäre Bindungen und Migration als prägende Kraft der Gesellschaft sollten auch im schulischen Rahmen eine wichtige Rolle spielen. Demnach ist es für mich von Nöten, das sozial selektive Bildungssystem so zu modellieren, dass auch Kinder aus neu zugewanderten Familien, Kinder mit einem sog. Migrationshintergrund oder Kinder aus sozial schwächeren Familien die gleichen Bildungschancen und Voraussetzungen haben.                                       Auch die aktive Beschäftigung mit dem Thema Migration schon ab dem frühen Alter birgt für mich einige schöne Perspektiven. So würde das Verstehen von differenzierten Gründen der Migration und der überregionalen Auseinandersetzung mit diesem alltagsrelevanten Thema hoffentlich das Bild eines negativ konnotierten Begriffs geprägt von Armut und Problemen beseitigen.

3.) Das beschriebene Fallbeispiel der Schülerin Birgül verdeutlicht eindeutig den Ausdruck von „Doing Culture“ seitens der Lehrerin. Es ist sehr fragwürdig, in welchem Maße Stereotype und Vorurteile in den Köpfen der Menschen verankert ist. Rücksichtslos projiziert die Lehrerin angebliche kollektive Verhaltensweisen einer Kultur auf eine ihrer Schülerinnen, die sich mit möglichen Merkmalen dieser Kultur jedoch in keiner Weise identifiziert, was die Lehrkraft jedoch als selbstverständlich annimmt.

Auch ich habe zu meiner Schulzeit eine ähnliche Erfahrung gemacht. Einige meiner Mitschüler haben sich über einen anderen dunkelhäutigen Klassenkameraden im Sportunterricht lustig gemacht, da dieser beim 100 Meter-Sprint nicht so gut abgeschnitten hatte, „obwohl ja eigentlich alle dunkelheutigen Menschen schnell sind, aufgrund ihrer Genetik“, es stimme also irgendetwas mit ihm nicht.       Dies bekam jedoch unser Lehrer mit, stoppte sofort alle Schüler*innen und diskutierte eine ganze Weile mit uns allen im Plenum, wie es zu so welchen Vorurteilen komme und weshalb die beiden Jungs diese negativen Bemerkungen tätigten. Sichtlich peinlich berührt und ihrer Tragweite dieser Äußerungen nicht bewusst entschuldigten sich die Täter und der Unterricht ging weiter.                                                      Dieses Handeln des Lehrers ist mir mit Nachdruck im Gedächtnis  hängen geblieben, da es für mich der richtige Umgang in dieser Situation war und er interkulturell kompetent reagierte.