1. Kritik über den Rückgriff auf Stereotypen bei der Fremdsprachenvorstellung 

    Bei der Vorstellung der zweiten Fremdsprache auf dem Elternsprechtag haben viele meiner Kolleg*innen in ihrer Präsentation auf landesspezifisch etablierte Stereotypen zurückgegriffen: ich sah Franzosen mit Baskenmütze und Baguettes unter’m Arm . Das ist eine bequeme Art und Weise, kulturelle Unterschiede zu verdeutlichen und einen möglichen Reiz für die jeweilige Fremdsprache zu vermitteln, aber doch eine sehr armselige Reduktion auf verbreitete Vorurteile. Sollte es nicht unsere Aufgabe als Lehrende sein, genau solche Stereotypen zu durchbrechen und durch die reiche Vielfalt von Gemeinsamkeiten und der besonderen Bedeutung von Sprache als Ausdrucksmittel für kulturelle Feinheiten zu ergänzen? Diese kontrastive Herangehensweise über internationale Differenzen vernachlässigt zudem die intranationalen Differenzen und die vielen Aspekte der Transkulturalität, die durch eine heterogene Gesellschaft und durch eine eben nicht lineare historische Nationalentwicklung herrscht.
    Byram postulierte 1997 ein Modell über die interkulturelle kommunikative Kompetenz, die glücklicherweise nicht nur im Klassenraum entsteht, sondern durch eigene außerschulische Erfahrungen mit der Kultur – etwa im Schüleraustausch oder im Urlaub – ergänzt wird und mit Stereotypen bricht. Entscheidend für die Sprachenwahl ist das Verständnis darüber, was in Sprache (abgesehen des rein informativen Inhalts) implizit mitschwingt: soziolinguistisches Verständnis, genauso wie der Umgang im Diskurs sind kulturelle Aspekte, die sich eben nicht einfach durch eine Baskenmütze und ein Baguette repräsentieren lassen.

  2. Inhaltliche Bestandteile des eigenen Fremdsprachenunterrichts 

    Ich besinne mich auf meinen eigenen Englischunterricht zurück. Zu Beginn lag der Fokus vorrangig im rein sprachlichen Erwerb. Durch die Augen von gleichaltrigen Jugendlichen im Buch haben wir Situationen im englischen/amerikanischen/australischen/… Alltag kennengelernt und simuliert. In höheren Klassen wurde dies immer weiter ergänzt durch kulturelle Kompetenz. Abgesehen von vielen landeswissenschaftlichen, geographischen und geschichtlichen Aspekten englisch-sprachiger Länder (Entstehung und Verfall sowie Folgen des „British Empire“) haben wir auch häufig die politische Aktualität besprochen und diskutiert. Meiner Meinung nach ist dies ein sehr erfolgreiches Beispiel einer vielseitigen und distinktiven Aneignung der Sprache mit soziokultureller Einbettung.

  3. Projektarbeit zu Corona als kulturelles Phänomen 

    Man kann Corona als kulturelles Phänomen betrachten, sollte hierbei allerdings nicht in Vorurteile verfallen, wie „alle Spanier küssen sich zur Begrüßung, deshalb haben sie sich schneller angesteckt“.  Es ist ein sehr vielseitiges mehrdimensionales Phänomen, das auch als solches betrachtet werden sollte.
    Um diesen entgegenzuwirken sollen sich meine Schüler*innen im Mathematikunterricht komparativ mit der Statistik sozialer Kontakte in Wuhan, sowie in Mailand befassen und einen mathematischen Zusammenhang mit der Anzahl an Corona-Infizierten widerlegen.

  4. Vorhandene Heterogenität im Unterricht einfließen lassen 

    In jedem Klassenzimmer Deutschlands findet man kulturelle Heterogenität.
    Die Grundlage, um dieses Vorwissen und diese schon vorhandenen kulturellen Kompetenzen in den Unterricht einfließen zu lassen, ist diese Heterogenität als Bereicherung anzusehen. Man sollte einen Raum für Diskurs und Austausch schaffen und den Schüler*innen beibringen, differenziert und reflektiert zu berichten und zu kommentieren. Sprachliche Nuancen können humoristisch verglichen werden, Entstehung von Wörtern, Begriffen und Floskeln untersucht: machen diese Unterschiede oder Entwicklungen eigentlich an Landesgrenzen halt? Dazu können polarisierende Bilder, aktuelle Zeitungsberichte oder Karikaturen herbeigezogen werden, die ausführlich und von vielen Perspektiven besprochen werden sollen. Verstehen unterschiedliche Menschen diese verschieden? Von wem und warum? Man kann konkrete Stereotypen eines Landes durch nationale Repräsentant*innen in der Klasse relativieren, widerlegen oder bestätigen.
    Allgemein soll das Ziel hierbei sein, eine Wahrnehmung für die vorhandene Transkulturalität zu schaffen. Aus diesem Verständnis heraus entsteht eine intrinsische Motivation für interkulturelle Kompetenz.