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Heterogenitätskategorie Gender

Erläutern Sie das in der Vorlesung thematisierte Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Zuschreibung in Bezug auf Genderdynamiken und -pädagogik in der Schule.. Nehmen Sie dafür Bezug auf die in der Vorlesung genannten theoretischen Ansätze.

Kinder kommen mit bestimmten Rollenvorstellungen in die Schule, die sie von Zuhause, aus der Kita und/oder aus der Gesellschaft (Freunde, nachbarliches Umfeld, Medienkonsum) mitbringen. Diese Rollenzuschreibungen (Jungs sind stark, weniger emotional, weniger fleißig und weniger ordentlich, während Mädchen sozial kompetent, angepasst, fleißig sind…)

Diese Rollenbilder werden unterbewusst durch die Erziehung unterstützt, indem man Mädchen länger emotionale Aufmerksamkeit schenkt und ihnen häufig einen kleineren Aktionsradius gewährt, sie vorsichtiger sein müssen und man mit ihnen vorsichtiger ist, weil sie sich z.B. verletzen könnten.

Jungen lässt man schneller von der „emotionalen Leine“, weil man ihnen als Eltern oft zuschreibt, dass sie die emotionale Zuwendung nicht in dem Maß brauchen und wollen wie Mädchen. Es ist eher erwünscht, dass sie abenteuerlustig sind, auf Bäume klettern und wilder sind etc., weil Jungen eben so sind. Tatsächlich sind es aber nicht die Kinder, die diese Vorstellungen einfordern, weil es ihrer Natur entspricht, sondern sie entwickeln sich so, weil das Umfeld ihnen diese Vorstellungen zuschreibt.

In Bezug auf Schule sehen diese Rollenzuschreibungen leider häufig so aus, dass Mädchen die fleißigen, ordentlichen, ruhigen, vernünftigen sind, während Jungen häufiger stören, unordentlicher sind und ihre schulischen Leistungen hinter denen der Mädchen anstehen, obwohl es faktisch gar nicht so ist und vor allem nicht so sein muss.

Hier greift die gendersensible Pädagogik, indem sie in der Schule nicht das Mädchen oder den Jungen, sondern das Individuum sieht und sich an den Ressourcen und nicht an den Defiziten der Kinder orientiert. Schule sollte nicht die Vorstellungen von Rosa und Blau, starkes und schwaches Geschlecht reproduzieren, sondern im Gegenteil verdeutlichen, dass allen Menschen alle Emotionen zustehen und dass in Bezug auf Unterricht Mathematik und Naturwissenschaften für Mädchen genauso so interessant sein können und Jungen natürlich auch gut lesen können. Jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Schwächen und die gilt es herauszufinden und zu fördern und zu fordern.

 

Reflektieren Sie ihre bisherigen Praxiserfahrungen aus der eigenen Schulzeit und ersten Praktika zum schulischen „Genderplay“, möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung, Inklusion.

Im Vergleich zu meiner eigenen Schulzeit (Einschulung 1984), in der ich beispielsweise als fußballinteressiertes und-spielendes Mädchen eine ziemliche Außenseiterin war und sich Leistungsstärke auf das Gros der Mädchen, aber nur auf einen Bruchteil der Jungen bezog, hat sich im Vergleich zu den Kindern, die ich im Orientierungspraktikum kennen gelernt habe vieles verändert. Zwar haben die Jungen immer noch gerauft, gestört und sich aufgespielt, aber die meisten Mädchen standen ihnen in nichts nach. Und natürlich waren die Mädchen im Schriftbild eher ordentlich und die Mehrzahl war im Unterricht aufmerksam, aber diese Zuschreibungen hat man genauso bei den Jungen der Klasse gefunden. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass sich die Verhaltensweisen der Kinder eher angeglichen haben.

Von Seiten der Lehrkräfte wird auch versucht auf das Individuum zu schauen, und Formulierungen wie: „welche zwei starken Jungen können mir beim tragen helfen“, die in meiner Schulzeit selbstverständlich waren, sind mir im Praktikum nicht mehr begegnet. Da wo das Geschlecht allerdings eine Rolle spielt und das ist meines Wissens an beinahe jeder Grundschule so, ist bei der Sitzordnung. Hier scheint sich der positive Effekt der Junge/Mädchen-Paarbildung durchgesetzt zu haben.

 

Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Thema „gendersensible Pädagogik“, auch hier möglichst unter Bezugnahme auf mindestens ein anderes Heterogenitätsfeld der Ringvorlesung, wie Sprache, soziokultureller Background, Leistung,

Inklusion, um deutlich zu machen, dass die Kategorie Gender nicht für sich steht, sondern andere Dimensionen von Heterogenität oftmals wesentlich mit beeinflusst.

Ohne eine ausgereifte Forschungsfrage formulieren zu können, würde ich die Beobachtungsaufgabe sehr interessant finden, wie Lehrkräfte mit dem Spannungsfeld von Rollenvorstellungen geflüchteter Kinder bzw. Kindern aus traditionell geprägten Elternhäusern mit einem Migrationshintergrund und dem Erziehungsauftrag den Kindern die Gleichberechtigung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft zu vermitteln.

Diese Frage resultiert ebenfalls aus den Praktikumserfahrungen in einer dritten Klasse. Dort gab es drei Flüchtlingskinder, zwei Jungen und ein Mädchen, mit denen ich regelmäßig Übungen außerhalb des Klassenverbands gemacht habe. Sehr schnell wurde deutlich, dass alle Kinder bereits ein sehr verfestigtes Rollenverständnis verinnerlicht hatten, dass bei dem Mädchen dazu führte, dass sie wenig oder gar keine Zeit für die Schulaufgaben und Übungen Zuhause aufwenden durfte, weil sie im Haushalt helfen musste und dementsprechend z.B. Diktate ungeübt schreiben musste, was bei den Jungen nicht so war.

Auch war für die Jungen selbstverständlich, dass sie z.B. Antworten vor dem Mädchen geben durften. Da ist über die Vermittlung des eigentlichen Stoffes hinaus noch viel zusätzliche Arbeit bzgl. politischer und gesellschaftlicher Bildung zu leisten, die nicht zu unterschätzen ist.

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