7.Vorlesung: Genderorientierte Lernaufgaben
Ermitteln Sie in einer Lehrbuchreihe Ihrer Wahl Aufgaben, die Ihrer Ansicht nach besonders Jungen oder besonders Mädchen ansprechen. Versuchen Sie diese Aufgabe(n) mit einer umgekehrten Gender-Orientierung umzuformulieren.
Zuallererst ist anzumerken, dass ich während meiner eigenen Schulzeit nie den Eindruck hatte, dass es spezielle Aufgaben für Jungen oder für Mädchen gibt. Viel mehr wurden diese Aufgaben eher geschlechtsneutral formuliert, wie zum Beispiel:“ Olaf kauft auf dem Markt 3 kg Äpfel für x€ und 2 kg Kartoffeln für y€. Wie viel € hat er im Durchschnitt für 1 kg Obst und Gemüse ausgegeben.“ Auch in anderen Fächern ist mir nie eine Genderfizierte Aufgabenstellung aufgefallen.
Während meiner Recherche bin ich nun aber auf „PONS-Rechenübungen für Jungs-100 Aufgaben, die Jungs wirklich begeistern“ und das Pendant „PONS-Textaufgaben für Mädchen-100 Aufgaben, die Mädchen wirklich begeistern“ gestoßen, bei denen deutlich wird, wie sich eine klassische Genderorientierte Lernaufgabe vorgestellt wird. Das Buch für Jungen ist eher in Blau- und Grüntönen gehalten, während das Buch für Mädchen eher Rosa und Rot aussieht. Auch die Aufgaben sind an Genderklischees angepasst. Bei den Mädchen wird eher auf Prinzessinnen, Feen und freundlichen Märchengestalten Bezug genommen und mit diesen Aufgaben erstellt, bei den Jungen eher auf Piraten, Sport und Ritter.
Auf Seite 29 des Jungenspezifischen Buches ist die Aufgabe 19 zu finden, die folgendermaßen lautet:“Mit 7 Jahren verlässt ein Ritterjunge seine Eltern und wird Page auf einer Burg. Dort muss er viel lernen und arbeiten. Hier siehst du den Tagesplan des Pagen Kunibert.“ Umformuliert für Mädchen könnte diese lauten: „Die Prinzessin Kunigunde ist 7 Jahre und muss jeden Tag viel lernen, um später eine gute Königin neben ihrem König werden zu können. Hier siehst du ihren Tagesplan.“
Für mich wirkt diese Klischeehafte Rollenverteilung eher wie ein Versuch, alte Rollenbilder weiter aufrecht zu erhalten und nicht darüber nachzudenken, dass auch Mädchen Piraten und Sport mögen können und Jungen Märchen und Rosa. Doch durch das fest in unserer Gesellschaft verankerte Rollenbild würde sich ein rosanes Buch für Jungen weniger gut verkaufen, denn Rosa und Feen sind ja „nur was für Mädchen und Schwule“, da Kindern schon von Anfang an dieses Klischee mitgegeben wird. Kleinen Mädchen schenkt man eher etwas freundliches, niedliches und kleinen Jungen eher etwas, dass mit Beschützen und Abenteuern zu tun hat. Ich denke daher, dass PONS hier versucht auf eben diesen Klischees aufzubauen und eher auf Eltern abzielt als auf Kinder, denen es in diesem Alter (noch) nicht so wichtig sein wird, wie so ein Buch aufgebaut ist, sondern eher, ob das Rechnen Spaß macht.
Man kann also abschließend sagen, dass solche Lehrbuchreihen zwar ihre Berechtigung haben, es jedoch auf lange Sicht besser wäre diese nach Themen zu unterteilen und nicht nach Geschlechtern. Also zum Beispiel „100 Aufgaben rund um Piraten, Ritter und Co“ oder „100 Aufgaben rund um Prinzen, Märchen und Co“, sodass sich Kinder diese Bücher nach ihren eigenen Interessen aussuchen können und nicht unterbewusst weiter in ein Rollenbild gedrängt werden.