Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf?

Werden Kinder mit Förderbedarf ausgesondert fehlen ihnen Vorbilder, beispielsweise in den Bereichen Sprachentwicklung, motorische Entwicklung, Lernentwicklung sowie emotionale-soziale Entwicklung. Allgemein benötigen Kinder und Jugendliche Vorbilder in ihrer Entwicklung; dies fällt weg, wenn sie nur mit anderen SuS mit Förderbedarf in einer Klasse lernen. Nur die Lehrer als Vorbilder reichen nicht aus. Außerdem wirkt sich eine Aussonderung von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf negativ auf das Selbstwertgefühl dieser SuS aus. Sie werden mit einem Label versehen, was impliziert, dass sie nicht in eine reguläre Schulklasse gehen können. Im Allgemeinen versagt das Prinzip der Inklusion völlig, wenn SuS mit Förderbedarf ausgesondert werden. Somit ist die Aussonderung von SuS mit Förderbedarf nicht hilfreich.

 

Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Grundsätzlich sind die Diagnosen “Förderschwerpunkt Wahrnehmung & Entwicklung” und “Förderschwerpunkt Lernen” wenig aussagekräftig. Innerhalb dieser Diagnosen gibt es eine Vielzahl von individuellen Charakteristiken des Kindes, die aus diesen oberflächlichen Diagnosen nicht hervorgehen. Aus den Diagnosen geht nicht hervor, wie man sich selbst bzw seinen Unterricht auf das Kind abstimmen kann. Man erfährt lediglich, dass ein Defizit im jeweiligen Bereich vorliegt; welche Art von Defizit erfährt man nicht. Die Diagnosen bzw die Zuschreibung einer Kategorie sind zu allgemein, man muss genaue Informationen über das einzelne Kind erfahren. Beispielsweise, welches Defizit genau vorliegt, welche Stärken das Kind hat, wie das Lebensumfeld des Kindes ist und so weiter. Es werden Details benötigt, die nur auf das eine Kind zutreffen, es aber nicht einfach einer großen heterogenen Gruppe zuordnen. In der in der Vorlesung verwendeten Grafik von Berndt-Schmidt u.A. wird dies beschrieben als sein Interesse dem  “Kind mit seinen physischen und psychischen Voraussetzungen, seinen Fähigkeiten, Interessen, Handlungsstrategien, Bedürfnissen und mit seinen besonderen Förderbedürfnissen” zu zuwenden. Diese detaillierten Informationen sind notwendig, um den eigenen Unterricht auf ein Kind mit Förderbedarf anpassen zu können.

 

Wie können Sie der Vielfalt der Schüler/-innen gerecht werden und welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Grundsätzlich sollte man vor allen Dingen im ständigen Austausch mit dem Kind selbst sowie deren Eltern stehen, um sich bestmöglich auf dessen Bedürfnisse einstellen zu können. Außerdem stehen die Schulleitung sowie andere LehrerInnen zur Verfügung, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie man bestmöglich auf alle Schüler eingehen kann. Nicht nur die Kooperation mit den Eltern kann eine Hilfe sein, sondern auch die Mitschüler in der Klasse. SuS können sich beispielsweise gegenseitig Dinge erklären. Zudem gibt es eine Vielzahl technischer Hilfen, die speziell auf die Bedürfnisse eines Kindes mit Förderbedarf zugeschnitten sind bzw zugeschnitten werden können. Über den Austausch mit anderen Schulen und anderen LehrerInnen können speziell für die Bedürfnisse von Kindern mit einem gewissen Förderbedarf  entwickelte Unterrichtsmaterialien untereinander ausgetauscht werden, sodass eine Vielzahl von LehrerInnen im Unterricht davon einen Nutzen haben.Lehrkräfte brauchen im Allgemeinen Unterstützung durch Personen oder durch angepasste Lernmaterialien und technische Hilfen, um der Vielfalt der Schüler in einer inklusiven Klasse gerecht werden können.

 

Warum stellte die Entwicklung der Sonderschulen historisch betrachtet einen Fortschritt dar? (vgl. Feuser in Müller 2018)

In seinem Interview in Müller 2018 erzählt Georg Feuser wie er die Martin-Buber-Schule in Gießen als erste Schule für Geistigbehinderte, eine Schule für Praktisch Bildbare (Sonderschule), aufbaute. Er beschreibt wie SuS mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf nur über den Weg der Sonderschulen ins Bildungssystem integriert werden konnten, so dass dies deshalb ein großer Fortschritt war. Feuser beschreibt die Entwicklung der Sonderschulen als eine Befreiung der Kinder und Jugendlichen aus den sehr schlechten Bedingungen in Landeskrankenhäusern und Psychiatrien. Bei seiner Etablierung der Martin-Buber-Schule orientiert sich Feuser an den Lehren Martin Bubers und sieht dies als eine Widerlegung dafür, dass eine kategoriale Segregierung behinderter Menschen vernünftig wäre und zu Erfolg führt. Das Ausgrenzen von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf vom Bildungssystem beschreibt Feuser folgendermaßen. Er sagt, dass “die bildungsmäßige Verelendung schwer beieinträchtigter und tiefgreifend entwicklungsgestörter Menschen psychische Euthanasie sei und sie durch Ausgrenzung und Verwahrung unter menschenunwürdigen Bedingungen die Rolle von Ersatzjuden wahrnehmen würden” (Feuser in Müller 2018, S. 73). In seinem Bestreben eine Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf aufzubauen, gibt Feuser diesen Schülern die Möglichkeit am Bildungssystem teilzunehmen. Feuser hatte mit große Missgunst seiner Idee zu kämpfen, aber dennoch stellte die Entwicklung der Sonderschulen unter den genannten Umständen einen großen Fortschritt dar.

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