• Benennen Sie bitte die für Sie zentralen theoretischen Aspekte aus der Vorlesung und begründen Sie die Auswahl.

Ein für mich sehr zentraler theoretischer Aspekt der Vorlesung war die Entwicklung des Begriffs Inklusion nach Sander (2002). Von der Exklusion, über Separation/Segregation, Integration bis hin zur Inklusion wird diese Entwicklung beschrieben. Die fünfte Phase der Entwicklung bezeichnet Sander als “Begriff Inklusion überwunden”; diese Phase sei jedoch aktuell noch nicht erreicht. Aus meiner Sicht ist diese Abstufung der Phasen der Inklusion entscheidend um differenzieren zu können, was Inklusion tatsächlich ausmacht bzw in welcher Phase der Entwicklung sich die Gesellschaft, ein Land, ein Bundesland etc. befindet. Zudem erscheint mir die Abgrenzung des Begriffs Inklusion vom Begriff Integration entscheidend, da mir vor der Vorlesung nicht klar war, dass das Konzept der Inklusion über das Konzept der Integration hinausgeht und daher als “optimierte und erweiterte Integration” bezeichnet werden kann.

Als zweiter zentraler theoretischer Aspekt wurde der Begriff der “inkludierenden Exklusion” (nach Stichweh 2009 und Seitz/Scheidt 2012) eingeführt. Dieses Konzept beschreibt die Facetten der praktizierten Inklusion, welche dennoch zu einer Exklusion führen. Alle SuS haben gleichermaßen ein Recht auf Teilhabe an Bildung und Erziehung in Institutionen, sodass hier alle SuS inkludiert werden sollen, jedoch findet noch immer Exklusion einerseits durch die Organisation für SuS mit besonderem pädagogischen Förderbedarf und andererseits beispielsweise durch eine Sonderbehandlung solcher SuS im Unterricht statt. Die Idee der inkludierenden Exklusion ist meiner Meinung nach sehr treffend und hilfreich, wenn es darum geht zu beurteilen, ob Inklusion ausreichend und für alle gleichermaßen stattfindet. Somit stellen auch die genannten Punkte des Inklusionsverständnis einen zentralen  theoretischen Aspekt dar, da man sich klar sein muss, was Inklusion bedeutet, um evaluieren zu können inwieweit diese stattfindet.

 

  • Betrachten Sie bitte Ihre bisherigen Erfahrungen an Schulen im Gemeinsamen Unterricht und reflektieren Sie kritisch folgende Fragen:
  • Wie würden Sie ihre Erfahrungen im Hinblick auf die theoretischen Aspekte aus der Vorlesung einordnen? (z.B. Modelle von Behinderung, „inkludierende Exklusion“).

In meiner Schulzeit wurden in meiner Klasse SuS mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt unterrichtet, bei denen Autismus oder ADHS diagnostiziert wurde. Diese beiden Diagnosen lassen sich vorrangig in die Förderschwerpunkte “emotionale und soziale Entwicklung” und “Lernen” einordnen. Die Erfahrungen, die ich im Umgang mit diesen SuS gemacht habe, unterstützt dabei das soziale Modell der Behinderung. Diese SuS wurden vielfach in Pausen oder im Umgang der SuS untereinander diskriminiert bzw ausgegrenzt, weil sie entweder sehr lebhaft waren oder ihnen der soziale Kontakt zu anderen Menschen sehr schwer fiel. Man merkte jedoch, dass wenn einer der anderen SuS oder ein Lehrer sich ganz viel Zeit und Ruhe genommen hat, um auf einen dieser SuS einzugehen, dass diese extrem aufmerksam sein konnten. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sehr viel Zeit, Ruhe und ein sensibles Vorgehen dazu führt, dass man in (guten) Kontakt zu den SuS mit Autismus oder ADHS kommen kann. Demnach sind vor allen Dingen diese “Diagnosen” aus meiner Sicht keine, die durch individuelle Anpassung der Betroffenen in der Gesellschaft gelöst werden können, sondern ein sozialer Wandel dazu führt, dass auf diese SuS eingegangen werden kann.

 

  • Welchen Meinungen zur Inklusion sind Ihnen im Praktikum / in Praxiserfahrungen an Schulen, insbesondere zu der Frage der Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien, begegnet und welche Auffassung vertreten Sie selbst?

Mir sind bisher nur positive Meinungen im Hinblick auf die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien begegnet. Demnach werden solche SuS als Bereicherung empfunden und vor allem wird die Meinung vertreten, dass es viele SuS, denen einen sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert wurden dennoch die Vorrausetzungen haben, das Gymnasium zu besuchen. Daher sollte es diesen SuS nicht aufgrund ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs verwehrt werden, das Gymnasium zu besuchen.

Ich bin ähnlicher Meinung: es sollte definitiv Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Gymnasien stattfinden. Die Bandbeite der möglichen Förderschwerpunkte impliziert meiner Meinung nach, dass nicht alle SuS mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt mit einem einzigen Label “nicht fähig aufs Gymnasium zu gehen” behaftet werden sollten. Innerhalb der Gruppe “SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf” gibt es Unterschiede und individuelle Schwächen und Stärken der einzelnen SuS. Somit kann man meiner Meinung nach nicht pauschal sagen, dass alle SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht das Gymnasium besuchen können/dürfen. Es muss differenziert werden. Es wirkt sich auch negativ auf das Selbstwertgefühl der SuS aus, die in die Gruppe “SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf” eingeteilt werden, wenn dieses Label ihnen ein Besuch des Gymnasiums unmöglich macht. Auch SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollte die Möglichkeit gegeben werden, das Gymnasium zu besuchen.

 

  • Was sind ihrer Meinung nach die größten Chancen und Herausforderung der schulischen Inklusion?

Eine der größten Chancen der Inklusion ist, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf nicht mehr als nur negativ betrachtet wird, sondern diese SuS als eine Bereicherung und Repräsentation der Vielfalt der Gesellschaft aufgefasst werden. Durch die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen werden den Mitschülern Werte wie Toleranz, Offenheit und Akzeptanz vermittelt; es wird “normal”, dass es SuS in der Klasse gibt, die gewisse Defizite haben, aber auch Stärken mitbringen, die ihren Mitschülern bisher unbekannt waren. 

Abgesehen von der Chance für die Mitmenschen, bietet die schulische Inklusion große Chancen für die SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf, da diese gleiche Chancen auf Bildung und keine Sonderbehandlung bekommen. Sie werden nicht mehr ausgegrenzt, sondern fühlen sich als gleichwertiger Teil der Gesellschaft.

Dennoch stellt die schulische Inklusion sowohl die Schule (LehrerInnen etc) als auch die Mitschüler vor Herausforderungen. LehrerInnen müssen sich auf die SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf einstellen, dürfen diese jedoch auch nicht mit einer Sonderbehandlung unterrichten, da dies dann wieder nicht der Idee der Inklusion entspricht. Es muss somit ein Mittelmaß gefunden werden. Für die Mitschüler ist es zu Beginn eine neue Situation, mit der sie konfrontiert werden, doch meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass vor allem Kinder neugierig und offen auf gleichaltrige Kinder zugehen und sie ein sonderpädagogischer Förderbedarf eines SuS nicht davon abhält. In den älteren Klassenstufen ist demnach die Herausforderung durch Vorurteile oder Diskriminierung durch die Mitschüler vergleichsweise groß.

 

  • Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für zukünftige Praktika. Entweder zur schulischen Inklusion oder zur beruflichen Inklusion bzw. zum Übergang Schule-Beruf.

Ist eine Sonderbehandlung der SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Form von Ausgrenzung, Diskriminierung o.Ä. sichtbar oder sind diese SuS vollständig in die Klassengemeinschaft eingebunden?

 

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