„Frontalunterricht“ = „Normalunterricht“ = „fataler Unterricht“

In der besagten Sitzung von Prof. Dr. Sebastian Idel wurden mir zwei grundverschiedene Schul- und somit Unterrichts- und Lernformen eröffnet. Besonders interessant fand ich die neue Perspektive, die mir auf den im Volksmund sogenannte „Frontalunterricht“ gegeben wurden ist, der eine Unterrichtsform beschreibt, der die ganze Klasse einschließt.

Die Lehrkraft leitet bei diesem Klassengespräch die Klasse frontal an. Diese Form des Lehrens hat sich erst seit dem 1900 durchgesetzt, da mit diesem Jahrhundert Bildung immer mehr für die Masse des Volkes zugängig gemacht und somit die Form der Massseninstruktion notwendig wurde. Diese Form der Instruktion funktioniert auf dem Prinzip, dass sich jeder auf Grund des allen bekannten Reglements, der Fremddisziplinierung also, selbstdiszipliniert und sich somit an die Regeln hält, oder dies zu mindestens versucht.

Diese Art der Wissensvermittlung ist eine stark homogenisierende, da die Klasse von der Lehrkraft als kollektiv Subjekt begriffen wird und deshalb alle Lernenden gleichbehandelt werden, oder zu mindesten alle möglichen Anstrengungen unternommen werden dies zu gewährleisten.

Jedoch hat diese Bemühung alle gleichbehandeln zu wollen, genau den entgegengesetzten Effekt. Es findet also, bei genauerem Hinschauen keine Gleichbehandlung, sondern eine Ungleichbehandlung statt. Dieser Widerspruch ergibt sich auf Grund der Tatsache, dass alle Schülerinnen und Schüler als eine Gruppe von Individuen begriffen werden müssen, die einiges eint, gleichzeitig aber auch um so mehr unterscheidet. Diese individuellen Faktoren, wie etwa unterschiedliches Alter, Herkunft, Sprachkenntnissen, Hobbys und der Gleichen zu missachten, in dem alle Schülerinnen und Schüler weitestgehend gleich behandelt werden sollen, hat also einen heterogenisierenden Effekt, da eben nicht auf die unterschiedliche Bedürfnisse nach Forderung und Förderung eingegangen werden kann.

De-facto werden die Schülerinnen und Schüler also nicht gleichbehandelt, da nicht alle auf dem gleichen Stand sind und nicht jeder Einzelne dort abgeholt wird, wo er steht. Somit werden also, obwohl die Idee der Gleichbehandlung, eine löbliche sein mag, einige Schüler, Anderen gegenüber bevorzugt.

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass dieser „Fehler“ des Systems, Einer ist, der dem System selbst innewohnt. Eine absolute Gleichbehandlung ist also eher eine Utopie. Durch individualisierten Unterricht, bei dem Schülerinnen und Schüler nach ihrem eigenen Tempo einen individualisierteren Lernplan absolvieren und Aufgaben nach ihren Vorlieben bearbeiten dürfen, ist also ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, jedoch noch lange nicht des „Rätsels“ Lösung.

Gender! – Gender?

Diese Inszenierung hat dazu geführt, dass mir noch einmal direkt vor Augen geführt wurden ist, in welch großem Widerspruch mein Bild von „der“ Frau im Verhältnis zu der deutschen Gesellschaft und der damit einhergehenden Sozialisation steht.

Meine Vorstellung von „der“ Frau orientiert sich eher an die, der subsaharischen Mythen. Frauen wurden in diesen Uhrkulturen respektiert und wertgeschätzt, sie waren selbstbestimmt und gleichberechtigt. So wird in vielen Schöpfungsmythen “die“ Frau auf Grund ihrer Fähigkeit Leben zu gebären, anders als in den monotheistischen Religionen, als erstes geschaffen. Des Weiteren wurden ihr Attribute, wie etwa ein einfühlsames Gemüt und eine hohe Affinität zur Spiritualität zugesprochen. Durch das hohe Ansehen, dass sie in der Gesellschaft genoss, bekleidete sie in vielen Tribes eine Führungsposition, auf Grund der oben genannten Eigenschaften, war dies oft, die des Ratgebers.

Diese Stellung hat sich jedoch drastisch geändert und die Position, die Frauen heute in dieser Region Afrikas haben, steht ganz im Gegensatz zu der eben Beschriebenen. Mit der Ankunft der Europäer und der damit einhergehenden Kolonialisierung, hatte dieses harmonische nebeneinander ein Ende. Die Konquistadoren haben den Kontinent eingenommen, den Uhrvölkern ihre Kultur weggenommen und diese gezwungen ihre eigene patriarchisch geprägte Kultur zu übernehmen.

Und auch Jahrzehnte nach Beginn der Emanzipation der Frau, leben wir in einer männerdominiert Welt, die gewisse Geschlechterrollen diktiert. Dort so wie hier bei uns in Deutschland.

Die Inszenierung hat mit ihrem Stück 3 Stereotypen von Frauen dargestellt. Zum einen die oberflächliche, selbstbewusste, weibliche, die fürsorgliche, eher zurückhaltende, ordentliche und zu guter Letzt, die burschikose, trotzig, entschlossene Frau.

Geschlechterrollen sind zwar nur Schablonen, diese werden aber schon im Kindesalter, an die Kinder angelegt und sie werden so besonders in der Grund- und Mittelstufe geprägt.
Und sich als Lehrkraft dieser Tatsachen bewusst zu sein, ist für den Umgang mit den jungen Mädchen und Jungen sehr entscheidend.

Meines Erachtens nach muss man die jungen Mädchen befähigen, vorgegebene Rollen nicht einfach als unveränderbar nicht nur hin- sondern sogar für sich anzunehmen. Denn die von der Gesellschaft vorgezeichneten Verhaltensmuster und Charaktereigenschaften sind nicht naturgegeben. Sie müssen also wissen, dass sie diesen nicht entsprechen müssen, um “fraulich“ zu sein. Sie müssen wissen, dass sie, so sein dürfen wie sie sind!

Doppelte Heterogenität bedeutet doppelt so viel Arbeit, mit halb so viel Lehrpersonal, in der Hälfte der Zeit.

Die „doppelte Heterogenität“, die bei den Schülern vorzufinden ist, verlangt der Lehrkraft gleichermaßen doppeltes Hinschauen, doppeltes Engagement und doppelte Kreativität ab. In jedem Fach, in jeder Stunde Rücksicht auf dieses Prinzip zu nehmen, ist meines Erachtens nach aber ein nahezu unmögliches Unterfangen.

Denn der Lehrkraft wird demzufolge abverlangt, nicht nur die erste, offensichtlichere Ebene der Heterogenität, welche Faktoren wie etwa das Alter, Ethnie oder auch eine Mehrsprachigkeit mit einbezieht, sondern auch eine zweite, eher verborgende, die Charaktereigenschaften, Vorwissen, Interesse und andere, durch die jeweilige Sozialisation bedingte Faktoren, mit ins Bild nimmt. So müsste die Lehrkraft diese Aspekte mit in die Unterrichtsplanung einbeziehen, um diesen somit „passgenau“ auf die Individualität der Lernenden zuschneiden zu können. Zudem müsste sie den Unterricht auch dementsprechend nachbereiten, um zu ermitteln, ob sie den diversen Ansprüchen gerecht geworden ist, und, um den folgenden Unterricht wiederum vorbereiten zu können.

Dies ist jedoch, mag ich zu behaupten, keiner Lehrkraft mit der großen Anzahl an zu Beschulenden und der limitierten Arbeitszeit auch nur annähernd, in dem Maße möglich, in dem es realisiert werden sollte, um ein optimales Lernklima und somit den Weg zu einem optimalen Lernerfolg ebnen zu können.

Doch nehmen wir der Einfachhalbhalter mal an, dass es einer Lehrkraft möglich sei den Unterricht nach diesem Prinzip auszudifferenzieren. Wenn es also in einer Klasse Schüler gibt, deren Eltern aus dem ehemaligen „Commonwealth“ stammen, dann muss die Lehrerkraft, Interpretationen dieser Schüler, eines literarischen Textes oder historischer „Fakten“, anerkennen und nicht gar als falsch deklarieren, weil sie mit der Eigenen oder die des Lehrbuches nicht übereinstimmen. Genauso wie ein Mathematiklehrer sich nicht anmaßen darf, ein richtiges Ergebnis als falsch zu deklarieren, weil der Schüler einen Anderen, als bei ihm erlernten Lösungsansatz genutzt hat. Denn das würde ja Voraussetzen, dass es nur diesen Einen richtigen Lösungsweg gibt.

Da wir aber wissen, dass viele Wege nach Rom führen, gilt es zu aller Letzt noch einmal zu erwähnen, dass die Lehrerkraft die verschiedenen Lösungsansätze nicht in jedem Falle antizipieren und durch die limitierte Vor- und Nachbereitungszeit, und die gleichermaßen begrenzte  Unterrichtszeit und dem nicht ausreichenden Lehrer-Schüler-Schlüssel nur schwer auf diese Heterogenität eingehen kann.