Abschlussreflexion

  1. Im Rückblick auf die gesamte Vorlesung zum Umgang mit Heterogenität in der Schule, fällt auf, dass mein Bild vom an die Lehrkraft gekoppelten (personenbezogenen) Umgang mit Heterogenität bereits in der zweiten Sitzung maßgeblich verändert worden ist. Das eigentliche Problem liegt weitaus tiefer in der bestehenden Struktur unseres Bildungssystems, das durch eine starke nationale Orientierung ein homogenes Raster festlegt, indem es die deutsche Kultur als Grundlage eines jeden Unterrichts nimmt. So kommt es häufig zu einer schnellen Verknüpfung von einem geringen Bildungsstatus und Migrationshintergrund. Verstärkt wird dieses Phänomen auch durch eine Kategorisierung des Lernniveaus („innere Differenzierung“, „äußere Differenzierung“). Es entsteht eine Art Teufelskreis auf einem schmalen Grat zwischen Exklusion, Inklusion und Integration, wobei Bildung als Menschenrecht häufig aus dem Fokus verschwindet. Anhand von acht Förderschwerpunkten legen Administrative Vereinbarungen den sonderpädagogischen Förderbedarf von Jugendlichen und Kindern fest. Das entspricht der sogenannten outcome-Orientierung (zu erreichende Kompetenzen), die als allgemeines Ziel gilt. Standardisierungen dieser Art (und vergleichbare) erschweren es ein flexibles Schulsystem zu bewahren in Anbetracht der vielen verschiedenen Voraussetzungen und Begabungen seitens der SchülerInnen. Ihre Lern-, Sprach-, motorische und emotionale-soziale Entwicklung kann erst durch und mithilfe von Vielfalt gefördert werden. Die lebensweltlichen Assoziationen der Schülerschaft sollten hierbei durch einen fachlichen Kontext, der viele Perspektiven umfasst, erweitert werden. Besonders deutlich wird das bei dem Phänomen der (inneren) Mehrsprachigkeit. Für die Gesamtheit aller SchülerInnen bedeutet der Eintritt in die Schule auch die Einführung einer andersartigen Sprache – der Bildungssprache. In der Regel unterscheidet sich diese formelle Register von ihrem alltäglichen Sprachgebrauch und ist entscheidend für den Erwerb fachlicher Kompetenzen. Um nun im spezifischen auf die Didaktik meiner beiden Fächer (Kunst und Biologie) zu sprechen zu kommen, so wird es für mich später besonders wichtig sein den Eigenwert der individuellen Vorerfahrungen, der Schülervorstellungen bezüglich bestimmter Sachverhalte und der individuellen Wahrnehmungsweisen und Assoziationen zu schätzen und diese in die Unterrichtsplanung einzubeziehen. Individuelle Differenzen (besonders auf kultureller Ebene) werde ich keineswegs als Defizit, sondern vielmehr als Ressource behandeln. Des Weiteren halte ich es für wichtig in jeder Art von Unterricht eine gendersensible Perspektive zu bewahren. Beispielsweise möchte ich im Kunstunterricht darauf achtgeben, dass bei der Auswahl von Kunstwerken oder Aufgabenstellungen keine Geschlechterstereotypen reproduziert werden. Auch im aufklärenden Biologieunterricht (z.B. Sexualkunde) ist besondere Vorsicht diesbezüglich geboten. Für alle SchülerInnen sollte ein Identifikationsangebot (in allen Bereichen) bestehen. Um Motivation im Unterricht aufrechtzuerhalten ist es wichtig vermehrt Handlungs-produktionsorientierte Ansätze anzuwenden, bei denen Eigenaktivität und Kreativität der Klasse im Fokus stehen.

 

  1. Es gibt zwei erziehungswissenschaftliche Fragen, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind, und die mich weiterhin beschäftigt haben. Einerseits die Leitfrage der sechsten Sitzung in der Ringvorlesung: „Meint Inklusion wirklich alle? – Aktuelle Diskussionslinien und praktische Umsetzung“, und andererseits die der siebten Sitzung: „Auf dem Weg zu einer Schule für alle – gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand oder gemeinsame Lernsituationen?“. Obwohl ich mit beiden Thematiken zunächst größtenteils Positives assoziiert habe, entwickelte ich in der weiteren Auseinandersetzung eine kritischere bzw. deutlich differenziertere Meinung. Vor allem, dass eine Interaktion in Form von Sonderbehandlung und die zugrundeliegende Organisation durch Ausbildung spezifischer Schultypen (Sonderschulen) sich negativ auswirken kann und teilweise zu starker Exklusion führt war mir neu. Diese und ähnliche Aspekte ins Bewusstsein gerufen, möchte ich mich tiefgreifender mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die Einstufung / Beurteilung von SchülerInnen anhand der acht Förderschwerpunkte zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs gerechtfertigt ist. Des Weiteren interessiert mich die Wirkung von Inklusion sehr. Empirische Studien darüber, inwieweit Sensibilisierung gegenüber Berührungsängsten und Vorurteilung in inklusiven Klassen stattfindet und die Sicht betroffener SchülerInnen stellen spannende Anhaltspunkte dar. Ich bin auch interessiert daran Methoden zu lernen, die mir helfen Informationen über das Verhalten eines Kindes/Jugendlichen, sein soziales Umfeld und seine eigentliche Lebenswirklichkeit ohne Vorurteile auszuwerten. Dabei geht es mir darum individualisierte Lern- / Lehrmethoden für den Unterricht zu finden.

 

  1. Für mich persönlich wird es im späteren Beruf auf jeden Fall eine große Herausforderung sein, dem Druck allen SchülerInnen in jeder Situation grecht zu werden (oder die zumindest zu wollen). In der vierten Sitzung der Ringvorlesung wurde ein Fallbeispiel vorgestellt. Es ging dabei um eine Lehrerin und Ihre SchülerInnen Tarkan und Nele. Schon beim ersten Lesen wurde mir klar, dass ich mich im späteren Leben als Lehrerin beziehungsweise bereits beim Orientierungspraktikum sehr ähnlichen Situationen gegenübersehen werde. Die Wirkung solcher Fälle sind für mich und wahrscheinlich auch andere nicht leicht zu erschließen. Ohne schlechte Absichten trennt die Lehrkraft den Schüler oder die Schülerin durch das Einzelgespräch räumlich von seinen MitschülerInnen, um eine Aufgabe zu lösen. Auf diese Weise erfährt das betroffene Kind eine Sonderbehandlung, die zusätzlich durch eine vereinfachte Aufgabenstellung verstärkt wird. Verdeutlicht wird dieses Empfinden z.B. in der Situation mit Nele, welche Tarkan im kurzen Gespräch mit der Lehrerin als kreative Schülerin gegenübersteht. Die Auswahl und das Angebot individuell angepasster Lernmöglichkeiten, die auf einer vorherigen Erfassung der verschiedenen Lernvoraussetzungen der SchülerInnen beruhen, klingt in der Theorie nach einem guten Konzept. Es bezieht sich auf die Logik, die mit einer heterogenen Schülerschaft einhergeht und angewandt werden sollte, allerdings wirkt das Konzept im angeführten Fallbeispiel als ambivalente kompensatorische Hilfe und veruracht interne Ausgrenzung. Es besteht folglich eine Herausforderung für die Lehrkraft, deren Anforderungen sich durch eine Steigerung der Komplexität im Unterrichts vervielfältigen. Sie muss ihre analytischen Fähigkeiten anwenden, um den Förderbedarf der einzelnen SchülerInnen zu erkennen und auf ihn einzugehen. Das Einteilen in und anwenden von verschiedenen Kategorien stellen in diesem Zusammenhang eine Problematik dar. Besonders wenn man sich mit der Frage auseinandersetzt, ob alle SchülerInnen individuell gefördert werden sollten, oder ob nur für die Leistungsschwächeren eine abhelfende Förderung geboten werden soll. Mir liegt etwas daran immer wieder das Gespräch und den Kontakt mit SchülerInnen, ehemaligen Lehrkräften und SonderpädagogInnen zu suchen, um verschiedenste Ideen, Perspektiven, Anregungen und Meinungen zu sammeln, sowie um unterschiedliche didaktische Methoden berücksichtigen zu können. Ich muss darauf achten, dass ich einen zu hohen Selbstanspruch vorbeuge und mir immer wieder vergegenwärtigen, dass es keinen idealen Lern-/Lehrweg gibt.

Englischunterricht

  • Reflektieren Sie, welche Fähigkeiten ein*e „gute*r Fremdsprachenlerner*in“ in Ihrer Schulzeit mitbringen musste.

Während meiner Schulzeit gab es fünf Kompetenzbereiche anhand derer die Fähigkeiten von FremdsprachenlernerInnen gemessen wurden. Sie umfassten mündliche Ausdrucksfähigkeit, Textverständnis, Textproduktion, Mediation und Hörverständnis. Um sich in all diesen Kompetenzbereichen immer weiter zu verbessern war vor allem eines wichtig: Ausdauer. Sie ist notwendig, um kontinuierlich Aussprache zu verbessern, den Wortschatz zu erweitern und Grammatik zu verinnerlichen. Für die SchülerInnen, denen dies schneller gelang, bzw. denen das Erlernen der Sprachen leicht(er) fiel, nahm die Fremdsprache oft auch im Privatleben einen anderen Stellenwert ein. Serien und Filme in dieser Fremdsprache wurden angesehen, Bücher wurden gelesen. Es war auch deutlich, dass das außerschulische Beschäftigen mit der Sprache große Lernerfolge im entsprechenden Schulfach mit sich brachte.

Mir persönlich hatte es beim Lernen von Fremdsprachen oft geholfen, bereit für Fehler zu sein. Aus ihnen konnte ich gut lernen. Häufig kam es auch vor, dass Lehrer solche Fehler provozierten, um an ihren Beispielen richtige Grammatik bzw. Rechtschreibung zu erklären.

  • Entwerfen Sie einen Englischunterricht der Zukunft, der einen idealen Umgang mit Heterogenität pflegt. Welche Kriterien wären für Sie wichtig?

Es scheint mir wichtig, dass die Lehrkraft ihren Unterricht bedürfnisorientiert gestaltet. Gerade bei einer Fremdsprache (wie in diesem Fall Englisch) ist es sehr schwierig dem Unterricht zu folgen, wenn einmal der Anschluss verloren wurde. Deshalb sollten sich LehrerInnen auf unterschiedliche Lernfähigkeit und Wissensbestände bei SchülerInnen einlassen und diese möglicherweise mithilfe von verschiedenen Schwierigkeitsstufen im Aufgabenmaterial oder verschiedenen Methoden im sprachlichen Umgang mit den SchülerInnen berücksichtigen. Auch ist es meiner Meinung nach wichtig, dass Lehrkräfte bereit sind, sollte dies notwendig sein, von ihrer Unterrichtsplanung abzuweichen, um Lernerfolg zu gewähren.

  • Diskutieren Sie, welche Veränderungen der Rahmenbedingungen, Einstellungen etc. es für die Umsetzung Ihres Entwurfs bräuchte.

Ich denke es ist sehr wichtig eine lockere Fehlerkultur zu etablieren. SchülerInnen sollen wissen, dass es menschlich ist Fehler zu machen und dass diese eine Chance sind zu lernen und sich zu verbessern. Auch sollte LehrerInnen ausreichend Zeit zur Verfügung stehen um den Unterricht bedürfnisorientiert zu gestalten. Die fremdsprachige Interaktion zwischen SchülerInnen hat mir in meinem Englisch-LK damals auch sehr geholfen. Aus Unterrichtsdiskussionen auf Englisch ohne strenge theoretische Leitung der Lehrkraft habe ich viel mitgenommen.

Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung

 

  • An Ihrer Schule gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Realschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Ich denke, dass die SchülerInnen in der Klassengemeinschaft verbleiben sollten. Bei guten Ausgangsvoraussetzungen können allgemeinsprachliche Kompetenzen innerhalb von sechs Monaten erworben werden. Da das Erlernen der Bildungssprache ein Prozess ist, der sich über Jahre vollziehen kann, sollten die SchülerInnen zusätzliche Zeit und Möglichkeiten dafür bekommen. Neben dem Unterricht am Gymnasium könnte es beispielsweise eine zusätzliche Sprachförderung am Nachmittag geben, damit alle SchülerInnen den Unterrichtsstoff in vollem Ausmaß lernen und verstehen können. Es gibt auch die Möglichkeit, dass sich SchülerInnen während des Unterrichts gegenseitig helfen, indem man Tandempartner bildet. So können Muttersprachler SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache bei Bedarf den Unterrichtsinhalt näher erklären. Auf diese Weise fördert man zum einen die Klassengemeinschaft, und der Lehrstoff wird sowohl in Bildungssprache, als auch im allgemeinen Sprachgebrauch vermittelt.

  • Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und(oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung

Während meiner gesamten Schulzeit waren SchülerInnen mit mehrsprachigem Hintergrund in meiner Klasse oder in meinen Kursen. Während ich dies in der Grundschule und der Mittelstufe noch stärker wahrnahm, erinnere ich mich nur an wenige mehrsprachige SchülerInnen auf dem Gymnasium.

Von der Grundschule an bis hin zur Oberstufe waren in meinem schulischen Umfeld Kinder mit Migrationshintergrund. Manche davon in anderen Ländern geboren, andere in Deutschland mit Verwandtschaft aus dem Ausland. Häufig kam es allerdings vor, dass auch Kinder, die in Deutschland geboren wurden mit einer anderen Erstsprache aufwuchsen. Da das Lernen in der Grundschule noch sehr spielerisch geprägt war, habe ich als Schülerin die Sprachbarriere dort zu SchülerInnen mit geringeren Deutschkenntnissen nicht als problematisch wahrgenommen. Im Rückblick ist es aber doch auffällig, dass verhältnismäßig viele meiner Klassenkameraden mit Deutsch als Zweit- oder Drittsprache eine Klasse in der Grundschule wiederholen mussten. Als dann in späteren Schuljahren der Leistungsdruck stieg und Noten in den Vordergrund rückten, sowie der bevorstehende Schulwechsel zeigte sich, dass viele der SchülerInnen ohne Deutsch als Erstsprache den Wechsel aufs Gymnasium nicht schafften.

Von der siebten bis zur zwölften Klasse waren andere mehrsprachige SchülerInnen in meinem Umfeld. Viele beherrschten Deutsch als Bildungssprache besser als manch ein Muttersprachler. Im Unterricht wurde die Mehrsprachigkeit nicht bewusst gefördert bzw. genutzt, nur in den Pausen fiel auf, dass sich in der jeweiligen Muttersprache unterhalten wurde. Ich empfand tatsächlich immer ein wenig Neid, da sie spielerisch zwischen Sprachen wechseln konnten und so u.a. über Themen sprechen konnten, ohne dass andere sie verstanden.

  • Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Ich sehe Mehrsprachigkeit im Allgemeinen eher als eine Bereicherung/Chance für eine Klasse, als ein Hindernis, weshalb ich versuchen werde es mir zur Aufgabe zu machen andere Sprachen in den Unterricht zu integrieren. Die Schwierigkeit hierbei wird meine eigene Unkenntnis sein. Z.B. kann ich, wenn Schüler eine mir fremde Sprache sprechen, nicht beurteilen, ob sie über unterrichtsrelevante Themen sprechen. Was wissenschaftliche Quellen betrifft können mehrsprachige SchülerInnen sicherlich Einblicke in andere Blickwinkel ermöglichen.

  • Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein. Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

Es ist notwendig, dass alle SchülerInnen die Bildungssprache erlernen, um dem Unterricht richtig folgen zu können. Deutsch-Muttersprachler können dabei vieles aus ihrem alltäglichen Sprachgebrauch ableiten, während mehrsprachige SchülerInnen selten die Bildungssprache und ihre Grammatik von ihrer Erstsprache ableiten können. Das erhöht de Lernaufwand um einiges. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass man das Verständnis dafür in unserer Gesellschaft erbringt, was im Idealfall schon während der Schulzeit geschieht. Es sollte Förderunterricht für SchülerInnen mit Deutsch als Zweit- oder Drittsprache nach der regulären Unterrichtszeit geben, in dem auch Hausaufgaben und Unterrichtsfragen besprochen werden können. Außerdem sollte Mehrsprachigkeit im Unterricht zum Vorteil aller gesehen und eingebunden werden.

Vorstellungen und politisches Bewusstsein als Ausgangspunkt sozialwissenschaftlichen Lernens

1)Diskutieren Sie die Relevanz der Arbeitshypothese der „doppelten Heterogenität“ für eines Ihrer Fächer und stellen Sie dies anhand einen konkreten Unterrichtsinhaltes dar. Eine graphische Darstellung der Hypothese finden Sie in den Vorlesungsfolien.

Unter „Doppelter Heterogenität“ versteht man, dass bestimmte „unstrukturierte“ Begriffe Raum für mehrere Interpretationsmöglichkeiten lassen, wenn sie beispielsweise vor dem Hintergrund verschiedener Vorstellungen unterschiedlichen Inhalten zugeschrieben werden.

Besonders im Schulunterricht sind durch diese Heterogenität Missverständnisse möglich.

Zwar sind die meisten Fachbegriffe im Biologieunterricht relativ genau definiert, dennoch ist es möglich, dass SchülerInnen eine alternative Vorstellung oder Assoziation mit einem Fachbegriff in Verbindung bringen.

Ein konkretes Beispiel dafür ist das Konzept der „ökologischen Nische“. Unter „Nische“ verstehen viele SchülerInnen zunächst eine Ortsangabe und es ist oft eine Herausforderung für Lehrkräfte die Schülervorstellungen vom Räumlichen wegzubewegen und sie dazu zu bringen es mehr als ein Konzept zu betrachten.

Im Kunstunterricht werden SchülerInnen häufig mit Analysen und Definitionen konfrontiert, die häufig sehr subjektiv sind und viel Spielraum für alternative Deutungen lassen. Hier ist es dann nicht die Aufgabe der Lehrkraft die Schülervorstellung auf einen einzigen konformen Nenner zu bringen, sondern sich die verschiedenen Assoziationen und Interpretationen zu beispielsweise einem Gemälde anzuhören, und analytische Begründungen zu fordern (Analysewege herauszuarbeiten).

2)Skizzieren Sie unter Bezugnahme auf einen konkreten Unterrichtsinhalt drei methodische Varianten zur unterrichtspraktischen „Erhebung“ von Schüler*Innenvorstellungen.

Im Biologieunterricht könnte man die bestehenden Vorstellungen von SchülerInnen erheben, indem man sie mit einem Fachbegriff konfrontiert (wie zum Beispiel dem der Ökologischen Nische) und dazu auffordert dieser Vorstellung z.B. schriftlich, in einer Mind-Map oder zeichnerisch Ausdruck zu verleihen. Die Ergebnisse werden dann ausgetauscht und diskutiert und können im späteren Verlauf des Unterrichts immer wieder zum Vergleich herangezogen werden.

3)Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe in Bezug auf unterschiedliche Sprachwirklichkeiten von SchülerInnen und Lehrer.

Wie stellt die Lehrkraft sicher, dass die SchülerInnen ein einheitliches (korrektes) Verständnis von einem klar definiertem Fachbegriff haben und wieviel Aufmerksamkeit / Zeit schenken Lehrkräfte dieser „Doppelten Heterogenität“ im Schulalltag?

„Anderssein“

Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf?

Dadurch, dass die SchülerInnen (aus-)sortiert und getrennt unterrichtet werden, kann ihr Selbstwertgefühl sinken. Das „Anderssein“ wird ihnen aufgebunden und vermittelt und sie werden ständig wieder daran erinnert. Außerdem hat diese Aussonderung eine Auswirkung auf Schulabschlüsse, die womöglich nicht erreicht werden können. So wird ihr gesamtes späteres Leben durch diese Aussonderung mitbeeinflusst durch beispielsweise eingeschränkte Möglichkeiten in der Berufswahl.

Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung&Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Förderschwerpunkte sind nicht gänzlich repräsentativ für die jeweilig festgelegten Kategorien. Der FS (Förderschwerpunkt) „Wahrnehmung und Entwicklung“ bezieht sich auf SchülerInnen, die Probleme mit Motorik und/oder Akustik haben. Für SchülerInnen, denen das schulische Lernen schwerfällt, gibt es den FS „Lernen“. Es gibt kein Rezept für den Umgang mit SchülerInnen mit Förderbedarf, weshalb man sich im Idealfall mit jedem Kind einzeln beschäftigen muss, um herauszufinden, welche Bedürfnisse und welchen Unterstützungsbedarf es hat.

Folgendes kann dabei helfen:

  • Um über verschiedene Perspektiven vom Stand und Fortschritt der Förderung aufgeklärt zu werden, kann es von großer Hilfe sein, wenn man nicht nur die Beobachtungen und Einschätzungen der Lehrperson betrachtet, sondern auch MitschülerInnen und Eltern hinzuzieht
  • Zurückgreifen auf Ressourcen, die der Lehrkraft zu Verfügung stehen

Wie können Sie der Vielfalt der Schüler/-innen gerecht werden und welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

  • SuS inklusiv mit einbinden
  • Angebote machen
  • Schulübergänge systematisch Gestalten bspw. mit der Grundschule im Umfeld
  • kleine Gruppen inklusiv gestalten
  • anschauliche Eläuterungen
  • Sprache und Visualisierung kombinieren
  • Technische Hilfen verwenden
  • Erfahrungen und Material mit anderen Schulen austauschen ⇒ Vernetzung mit anderen Schulen, Lehrkräften und Eltern

Warum stellte die Entwicklung der Sonderschulen historisch betrachtet einen Fortschritt dar? (vgl. Feuser in Müller 2019)

Historisch gesehen stellt die Entwicklung der Sonderschulen einen Fortschritt dar, da der Schulbesuch an Regelschulen ermöglicht wurde und so betroffene SchülerInnen Integration erfuhren. Durch die Lehrpersonen können die SchülerInnen im Klassenverband speziell gefördert werden, ohne dabei den Schulalltag zu verpassen, ausgegrenzt zu werden oder sich nicht voll entfalten zu können.

Mathematisches Lernen

1.Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen diesbezüglich zu?

Ich würde sagen, dass die Leistungsunterschiede akut nicht problematisch sind. Man findet sie in allen Fächern und kann den Unterricht an unterschiedlich leistungsstarke Gruppen anpassen. Ich denke nicht, dass dem zweigliedrigen Schulsystem diesbezüglich eine besondere Bedeutung zukommt. Schließlich existiert es nicht nur aufgrund der Differenzen im Matheunterricht. Ich selbst habe auch ein Gymnasium besucht, obwohl man mich im Fach Mathematik während meiner Schullaufbahn immer zur leistungsschwacheren Gruppe zählen konnte.

2.Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Ich glaube fest daran, dass ein spielerischer Ansatz in Mathematik notwendig ist. Viele SchülerInnen stehen jeder neuen Thematik (in persönlich weniger beliebten Fächern oder solchen die ihnen schwerfallen) von Beginn an mit einer Abwehrhaltung gegenüber, was den Lernerfolg im Verlauf des Unterrichts beeinflusst. Wenn man nun mit einem überraschenden, spielerischen oder lustigen Ansatz in eine neue Thematik einsteigt, so wird dem Ganzen der Zwang genommen und besagte SchülerInnen können sich womöglich besser darauf einlassen. Ich denke, dass spielerische Ansätze auf der Seite der SchülerInnen und auf der der LehrerInnen zu gesteigerter Motivation führt.

3.Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz.  Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.

-Wie ist die spielerische Aufgabe aufgebaut? Arbeitet sie wirklich mit anspruchsvollen Fragestellungen? Wird die Thematik erarbeitet oder stofflich nur „angekratzt“ und das Handeln steht im Mittelpunkt?

-Wie gut können die Lernenden das im Spiel erlernte Wissen im Nachhinein noch anwenden? Bleiben viele Fragen offen? Muss Stoff wiederholt werden?

4.Benennen Sie zweiunterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können

Ich denke es ist immer eine Motivation für Schüler, wenn man sie darauf vorbereitet, dass das Wissen, welches bei dem Spiel erworben werden soll, zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgerufen werden muss. Es bringt zwar nichts schon bei der Einführung einer Thematik mit der Klausur zu drohen, aber wenn man es schafft den Schülern bewusst zu machen, dass in der nächsten Unterrichtseinheit auf die spielerisch erarbeitete Grundlage aufgebaut wird, so sollte das eine gute Anregung sein.

Es ist sinnvoll sich einen Lernpfad zu überlegen, in den die Spiele eingebettet sind. So besteht die Chance, dass SchülerInnen noch während des Erarbeitens kleine Erfolgsmomente haben und erkennen wie das gelernte in der nächsten Aufgabe anwendbar ist. Schwierig hierbei kann eine starke Leistungsheterogenität sein. Wenn sehr Leistungsstarke SchülerInnen schon im Voraus erkennen was das Ziel des Spiels / des Lernpfads ist und beginnen sich zu langweilen oder anderen Lösungen verraten.

Intelligenz und Vorwissen

  1. Erläutern Sie den Einfluss von Intelligenz und Vorwissen auf den Lernerfolg. In welchem Verhältnis stehen diese beiden Heterogenitätsdimensionen? Und was muss man tun, um ihren jeweiligen Einfluss empirisch zu untersuchen?

Zwei anerkannte Heterogenitätsdimensionen im Schulalltag sind Intelligenz und Wissen. Da sie verhältnismäßig abhängig voneinander sind, ist ihr Zusammenspiel sehr wichtig. Zum Beispiel bringt einem ein umfassendes und qualitativ gutes Vorwissen nichts, wenn man nicht weiß, wie man es gut anwenden kann. Wenn beide Faktoren kombiniert werden, ist es möglich ein intelligentes Lernen zu entwickeln. Man darf bei SchülerInnen also nicht nur auf vorhandenes Wissen achten (und testen), die Anwendung dessen und die selbstständige Weiterbildung auf der erarbeiteten Grundlage sind wichtig. Die beiden anfänglich genannten Dimensionen – Intelligenz und Wissen – müssen also gleichwertig ermittelt und gefördert werden. Ihre empirische Untersuchung gestaltet sich in der Realität leider als Herausforderung. Um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen müssen Breitbandstudien durchgeführt werden und es braucht verschiedene Tests, um beide Dimensionen zu untersuchen.

  1. Wie sind Sie bisher mit dem heterogenen Vorwissen der SchülerInnen umgegangen und welche möglicherweise negativen Erfahrungen haben Sie schon mit mangelnder Kenntnis oder falschen Annahmen über den (Vor-) Wissensstand der SchülerInnen gemacht?

Ich habe bisher noch nicht eigenständig unterrichtet, sondern nur bei einem Praktikum in der Grundschule Erfahrungen sammeln können. Schon dabei hat sich allerdings gezeigt, dass das Vorwissen von Kindern teilweise sehr unterschiedlich und individuell ist. Vor allem bei der Einführung einer neuen fachlichen Thematik war es dann schwierig an bereits vorhandenes Wissen (oder eben nicht) anzuknüpfen. Teilweise wurden von einzelnen SchülerInnen Fragen gestellt, deren Beantwortung nicht für die gesamte Klasse von Interesse war. Schnell kam dann bei einigen Langeweile und Unruhe auf. Im Unterrichtsgespräch konnten dann die mit bestehendem Vorwissen die Fragen der anderen beantworten. Ich halte es allerdings für schwierig in der Unterrichtsplanung das Vorwissen der SchülerInnen korrekt abzuschätzen.

  1. Einige Befunde der heutigen Sitzung waren für Sie möglicherweise überraschend oder Sie sehen einige der Forschungsergebnisse kritisch in Bezug auf Schule und Unterricht. Welche Forschungsfragen ergeben sich daraus (z.B. für Ihr nächstes Praktikum)?

Mich würde vor allem interessieren wie man den Stand des Vorwissens ermitteln kann (um daran anzuknüpfen) und welche Möglichkeiten eine vorliegende Heterogenität im Vorwissen bezogen auf verschiedene Unterrichtsmethoden ermöglicht.

Empirisch Erfahrene Heterogenität

In einer Konferenz in Ihrem Fachbereich in Ihrem Fach an Ihrer Schule diskutiert das Kollegium über Maßnahmen zum Umgang mit Heterogenität. Sie erinnern sich kurz an diese Vorlesung: nennen Sie zwei empirisch überprüfte Fakten zum Umgang mit Heterogenität, die der Diskussion dienen könnten!

Eine bewiesene Tatsache, die ich als produktiven Beitrag zu einer solchen Diskussion zählen würde ist, dass Leistungsschwache SchülerInnen sowohl emotional als auch kognitiv von heterogenen Gruppenbildungen profitieren können. Leistungsstärkere SchülerInnen (und die mittleren Niveaus) profitieren aber eher von homogenen Gruppen.

Des Weiteren wurde beobachtet, dass selbstgesteuertes Lernen als Methode nur mit gewissen thematischen Vorkenntnissen und bereits vorhandenen Lernstrategien/-kompetenzen auf Seite der SchülerInnen effektiv einsetzbar ist.

Erläutern Sie, welches Unterrichtsmuster Sie in Ihrer bisherigen Erfahrung selbst als das wirkungsvollste erlebt haben! Diskutieren Sie Ihre Beobachtung vor dem Hintergrund der Vorlesung!

Persönlich konnte ich in der Schule besonders effektiv lernen, wenn die LehrerInnen eine neue Thematik mithilfe von Frontalunterricht oder durch einheitliche Textarbeit eingeleitet haben, und die so erarbeiteten Grundlagen interaktiv zusammengefasst wurden. So hatten alle SchülerInnen ein ähnliches Grundwissen als Basis, dass dann in Form von Referaten, Lernzirkeln und Gruppenarbeit vertieft werden konnte. Bei diesen nun individuelleren Formen des Lernens und der Präsentation war es aber immer noch wichtig in Absprache mit den LehrerInnen zu stehen und regelmäßiges Feedback zu bekommen, damit keine Lücken im Fachwissen der Einzelnen bestehen blieben.

Entwickeln Sie eine kurze Aufgabe mit drei gestuften Lernhilfen, die Sie in Ihrem Fach morgen im Unterricht einsetzen könnten! Erläutern Sie die gestuften Lernhilfen und beschreiben Sie, wie sie im Unterricht erkennen können, ob diese erfolgreich gewählt sind.

Im Kunstunterricht soll perspektivisches Zeichnen methodisch geübt und erprobt werden.

Leistungsschwächere, ungeübte oder demotivierte SchülerInnen können sich mithilfe von weiterem Informationsmaterial (nach meiner Einleitung/Erklärung in der letzten Sitzung), klar gegliederten Vorlagen, und intensiver Unterstützung meinerseits praktisch an einfachen Aufgabenstellungen (wählbar) am Zeichnen verschiedener geometrischer Körper im Raum erproben und ein Gefühl für die verschiedenen Techniken erfahren. Es sollen mehrere verschiedene oder eine ausführliche Studie angefertigt werden.

Für SchülerInnen, bei denen das theoretische Wissen schon etwas mehr gefestigt ist und die sich am perspektivischen Zeichnen vielleicht auch schon ausprobiert haben, gibt es eine Auswahl an Aufgaben, die in richtigen Zeichnungen resultieren (beispielsweise der Blick in eine imaginäre Straße mit Häusern an beiden Seiten). Auch hier begleite ich mit Feedback und der Beantwortung von Fragen

Für zeichnerisch sehr erfahrene SchülerInnen bzw. solche, die sich schon ausführlicher mit der Thematik auseinandergesetzt haben, gibt es entweder Aufgaben, die dem zuletzt Besprochenen ähneln, oder welche, die sich an der Realität orientieren. Bei zweiterem soll eine real existierende Szenerie (mit deutlicher Perspektive) gezeichnet werden. Für Rücksprache und bei Fragen stehe ich zur Verfügung.

 

Eine Kollegin sagt: „Gesamtschulen sind ja immer mal wieder der letzte Trend, ob wir sie nun Oberschulen nennen oder Sekundarschulen, die Idee ist doch dieselbe. Alle werden gemeinsam unterrichtet, was für eine Ideologie. Dabei zeigt doch die empirische Forschung klar, dass das Gymnasium nur von den besten SuS besucht werden sollte. Die schlechten fühlen sich hier doch viel zu schnell überfordert und das frustriert sie so sehr, dass sie vollkommen abschalten.“ Was antworten Sie der Kollegin?

Der Grund aus dem sich die „Schlechten“ in Ihrem Unterricht überfordert und frustriert aus dem Geschehen zurückziehen (und damit die vielleicht sogar gar nicht vorhandenen Differenzen in der Leistungsstärke noch vergrößern) liegt vermutlich auch in Ihrer Weise zu Unterrichten. Wenn man die Heterogenität in den Gymnasialklassen annimmt und die Lehrmethoden an gemischte Gruppen anpasst, dann gibt es im Idealfall keine SchülerInnen, die sich überfordert fühlen. Ich halte es nicht für sinnvoll eine Elite zu schaffen, indem man SchülerInnen vorschreibt welche Schulform sie besuchen sollten und dabei nur die besten ans Gymnasium lässt.

Gesellschaftliche Veränderungen und die Reaktion von Schule

  1. Was ist gemeint mit einer ´nationalen Orientierung des Bildungssystems´? Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen, Inhalte/Fächer, Strukturen?

Die Begrifflichkeit ´nationale Orientierung des Bildungssystems´ ist ein Ausdruck dafür, dass deutsche Schulen meist nur auf das Unterrichten deutscher Schüler, deutscher Geschichte und anderer deutscher oder europäischer Inhalte ausgerichtet sind. Wenn es um die in dieser Beziehung so homogen betrachtete Zielgruppe der „deutschen“ Schüler geht, dann wird davon ausgegangen, dass sie alle ein ähnliches Kulturverständnis haben. Die meisten Schulen berücksichtigen nur nationale oder christliche Feiertage. Die anderer Kulturen werden in den seltensten Fällen angesprochen oder erklärt. Ich selbst habe das in meiner gesamten Schulzeit nur ein- bis zweimal erlebt. Es war dann die Aufgabe eines Schülers, der Klasse in Form eines Referats Hanukkah oder Ramadan näher zu bringen. Die Schule selbst, oder die Lehrer trugen wenig dazu bei. Wenn man die regulären Lerninhalte und Lehrpläne betrachtet, so ist deutlich zu sehen, dass sich diese fast ausschließlich mit Themen auseinandersetzen, die in der deutschen Geschichte oder Literatur eine Rolle spielen (oder die auf die deutsche Kultur übertragen werden können). Gerade was den Geschichtsunterricht betrifft erkennt man, dass (von kurzen Einblicken in die Antike oder das Alte Ägypten abgesehen) fast ausschließlich die deutsche Geschichte behandelt wird. Einige Themen oder Epochen werden über die Jahre hinweg immer wieder besprochen. Ich will damit nicht behaupten, dass es nicht wichtig wäre beispielsweise das Dritte Reich ausführlich zu besprechen, aber ich persönlich habe dies in meiner Schulzeit mehrfach getan und stelle immer wieder fest, dass ich woanders Wissenslücken habe. Ich weiß nichts über die Geschichte Asiens, habe erst nach meiner Schulzeit von anderen europäischen Diktaturen (z.B. Italiens oder Portugals) erfahren und bin mir sicher, dass es viele weitere interessante geschichtliche/politische Aspekte gibt, aus denen wir lernen können und die man auf das hier und jetzt anwenden kann, die jedoch nicht in der Schule angesprochen wurden, da sie angeblich keinen Einfluss auf den Verlauf der deutschen Geschichte hatte. Betrachtet man allgemein die Literatur, die in allen Fächern auf die ein oder andere Weise verwendet wird (sei es in Form von Lehrbüchern), so sieht man auch hier eine starke Fokussierung auf deutsche Kultur (oder wenn es denn dazu kommt, die Kultur anderer mitteleuropäischer Länder). Abgesehen vom Fremdsprachenunterricht wurden in meiner Schulzeit auch nur deutschsprachige Dramen, Romane oder Gedichte gelesen und diskutiert.

Stelle man sich allerdings das Gegenteil vor: Die Geschichte und Kultur aller möglichen Länder würde in der Schule angesprochen und diskutiert werden. Das würde schlichtweg alle Rahmen sprengen. Wo würde man die Grenze ziehen zwischen „wichtigen“ und „unwichtigen“ Inhalten? Wenn man internationale Inhalte in den Vordergrund setzt: Wie sehr kann man in die Tiefe gehen? Würde das die den Schülern nicht nur ein sehr weit gefächertes, aber nur sehr allgemeines Wissen bewirken? So gesehen finde ich es besser mit einem national orientierten Bildungssystem aufgewachsen zu sein, als mit einem orientierungslosen und oberflächlichen, auch wenn beides nicht ideal ist.

 

  1. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ´Migration als Herausforderung für die Schule´ und über sog. ´Schüler mit Migrationshintergrund´ als Informationen wahr und inwiefern hat die Vorlesung für sie andere/neue Perspektiven dazu eröffnet?

Zuerst möchte ich bemerken, dass das Wort Herausforderung meiner Meinung nach recht negativ ist und ich mich auch im Laufe der Vorlesung immer wieder an dieser Formulierung gestoßen habe, vor allem da verdeutlicht wurde wie allgegenwärtig und teilweise unbeobachtet Migration in den verschiedensten Bereichen ist. Dabei oft so selbstverständlich, dass sie ein Teil unserer Kultur und unseres Alltags geworden ist. Wenn Migration als Oberbegriff nun verallgemeinert im Kontext der Schule als Herausforderung bezeichnet und als Hürde oder Problem im Bildungssystem dargestellt wird, möchte ich dem nicht zustimmen. Gerade da mir auch während der Vorlesung noch einmal die Augen geöffnet wurden, dass Migration nicht nur vor Problemhintergründen geschieht, sondern dass sie auch zwischen wohlhabenden Ländern ohne Krieg oder andere schwerwiegende Gründe aus verschiedensten Motiven stattfindet. Auch dass tatsächlich die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat war mir neu. Dass trotzdem das deutsche Kulturgut so streng als Norm gehandhabt wird ist in diesem Kontext schockierend. Ansonsten habe ich aus der Vorlesung einige überraschende Zahlen im Kopf behalten. Beispielsweise, dass es erst seit 2016 offiziell das Recht geflüchteter Kinder und Jugendlicher auf schulische Bildung unabhängig von Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive gibt, was entgegen meiner Erwartung erschreckend spät geschehen ist.

 

  1. Inwiefern kann das Beispiel von Betül (Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie) als Ausdruck von ´DoingCulture´ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden? Schülerin Birgül über die Reaktion ihrer Deutschlehrerin bei der Rückgabe einer Klausur zu Shakespeares „Romeo und Julia“:

Ich möchte mich hier auf „DoingCulture“ im Sinne der Betonung des Konstruktionscharakters von Kultur beziehen. Die Lehrerin in dem Beispiel nimmt verallgemeinernd an, dass etwas – wovon sie möglicherweise nur flüchtig gehört hat und was gut ein unfreundliches Klischee sein kann – generell auf die Türkei als Land mitsamt der Gesamtheit seiner Anwohner bezogen werden kann. Damit schafft sie ein Schubladendenken oder schließt sich diesem zumindest an. Sie sieht ihre Schülerin als Türkin, obwohl diese eventuell nur äußerlich „türkische Züge“ hat und geht automatisch davon aus, dass die Schülerin mit der türkischen Kultur aufgewachsen ist und sie gelebt hat. Die Schülerin selbst sieht sich als Deutsche, da sie als solche erzogen wurde und aufgewachsen ist. Die Lehrerin mit Ihrem Schubladendenken folgt wahrscheinlich auch nur einem Bild, das sie sich entweder ohne hinreichende Grundlage selbst geschaffen hat oder welches ihr (noch schlimmer) präsentiert wurde, woraufhin sie es einfach hinnahm. Die Betonung liegt hierbei auf dem Wort Bild. Einem Bild als Konstrukt – als Idee oder Darstellung von etwas, was nicht im Entferntesten der Realität entsprechen muss und es in diesem Beispiel auch nicht tut.

Hallo Welt!

Willkommen auf Uni-Bremen Blogs. Dies ist dein erster Beitrag. Bearbeite oder lösche ihn, dann lege mit dem Bloggen los!
Benötigst Du Hilfe beim Schreiben neuer Artikel? Auf der Supportseite des Blogssystems findest Videotutorials, die Dir den Einstieg so einfach wie möglich machen sollen:
http://blogs.uni-bremen.de/support/