Elinas Blog

Umgang mit Heterogenität in der Schule

Von Tischen, Königen und Politikleuten – „Doppelte Heterogenität“

Filed under: Allgemein — Elina at 10:36 am on Freitag, April 20, 2018  Tagged

Es ist nicht verwerflich, heterogene Merkmale innerhalb einer Klasse, einer Schule etc. vorzufinden. Viele Menschen würden da sofort an religiöse Unterschiede oder an Herkunft des/der jeweiligen Schülers/Schülerin denken. Allerdings gibt es auch noch einen anderen Aspekt der Heterogenität: Vorstellungen, Präkonzepte, Stereotypen. Was bringt ein*e Schüler*in an Wissen mit in die Schule und dementsprechend mit in den Unterricht? Was assoziiert ein*e Schüler*in mit einem Begriff?

 

Allgemein befasst sich die sogenannte „Doppelte“ Heterogenität mit unstrukturierten Begriffen. Begriffe, deren Bedeutung rein interpretativ ist. Begriffe, welche jeweils anders gedeutet werden können. In einigen Fächern ist dies stärker ausgeprägt als in anderen. Besonders in den „Laber-Fächern“ wie Politik und Geschichte ist dies der Fall. Da sich Professor Klee bereits in der Vorlesung zum Fach Politik geäußert hat, gedenke ich, Geschichte zu wählen. Auch im Geschichtsunterricht sammeln sich Begriffe an, die auf unterschiedliche Arten und Weisen gedeutet werden können. Gehen wir doch einmal das Modell der doppelten Heterogenität für den Begriff „Nationalsozialismus“ durch. 

Die Fachlichkeit liefert mir eine Definition. Was ist „Nationalsozialismus“? Der Duden liefert hierbei folgende Definition:

„1. nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland aufgekommene, extrem nationalistische, imperialistische und rassistische politische Bewegung; Kurzwort: Nazismus

2. auf der Ideologie des Nationalsozialismus (1) basierende faschistische Herrschaft von A. Hitler in Deutschland von 1933 bis 1945″

https://www.duden.de/rechtschreibung/Nationalsozialismus ; Letzter Aufruf 18.04.2018, 22:49 Uhr

Da die Definition nicht alles, was den Nationalsozialismus betrifft, hergibt, liegt es an uns, den (angehenden) Lehrkräften, dies zu strukturieren. Womit fange ich zuerst an? Wie muss ich meinen Schülerinnen und Schülern dieses Thema vermitteln? Macht es Sinn, mit einer Vorgeschichte anzufangen? Solche Fragen und noch weitere müssen wir uns stellen, um unseren Unterricht planen zu können. Und dann kommen die Vorstellungen der Schüler. Was wissen meine Schüler bereits darüber? Was assoziieren sie mit dem Nationalsozialismus? Aufgrund dieser Fragen habe ich mit einigen Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren eine kleine Umfrage durchgeführt. Ich habe sie darum gebeten, mir drei Begriffe zu nennen, die sie mit diesem Begriff verbinden. Diese habe ich wie folgt kategorisiert:

Zur ersten Kategorie „Krieg“ treten hierbei 3 Begriffe auf (Totaler Krieg, Krieg, 2. Weltkrieg), die zweite Kategorie bezieht sich auf „Terror“ (Reichskristallnacht, Holocaust, Opfer). Eine weitere Kategorie bezieht sich auf „Personen“ (Hitler, Nazis, Juden). Des Weiteren ist eine Kategorie mit der Überschrift „Politik“ zustande gekommen (Hakenkreuz, Faschismus, Führerprinzip, antidemokratisch, Manipulation, Ideologie, Lebensraumtheorie). Zu guter Letzt ist eine Kategorie „Nach dem Krieg“ zu benennen (Entnazifizierung). 

Allein dies zeigt schon die Relevanz dieses Modells. Aus dieser Umfrage ist zu erkennen, dass ein gewisses Fachvokabular bereits vorhanden ist, auf welchem man bauen kann. Mithilfe dieser Begriffe kann der Unterricht sinnvoll gestaltet werden und auch gewisses Wissen vorausgesetzt werden. Zu wissen, was die Schülerinnen und Schüler bereits wissen, hilft bei der Unterrichtsvorbereitung und auch Unterrichtsplanung, die der Fachlichkeit gerecht wird.

 

Nun ist natürlich hierbei die Frage, inwiefern wir als Lehrer*innen und Lehramtsstudent(inn)en dieses Vorwissen und die mit denen verbundenen Vorstellungen Zugriff darauf haben können. Es gibt einige Methoden, die ich kurz angeben möchte.

1.) Um auf den Nationalsozialismus zurückzukommen, ist es sicherlich sinnvoll, eine Mindmap zu erstellen. Eine Mindmap dient dazu, seine Gedanken, Vorstellungen und sein Vorwissen auf einem Blatt Papier zu ordnen und auch selbst zu erfahren, was man eigentlich selbst weiß. Die bereits im Absatz zuvor benannten Begriffe können Teile dieser Mindmap sein, die auch mit neu erlangtem Wissen erweitert werden kann. Es hilft einem Schüler/einer Schülerin sicherlich auch zur Findung einer eigenen individuellen Definition eines Begriffs wie zum Beispiel beim Nationalsozialismus, der häufig und ab der siebten oder achten Jahrgangsstufe behandelt wird.

2.) Vor allem im Politikunterricht bietet sich eine Gruppendiskussion an. Ob in kleinen Gruppen oder gemeinsam im Plenum bietet eine Diskussion Platz für kontroverse Einstellungen, die den Horizont eines jeden Schülers/einer jeden Schülerin erweitert. Für die jeweilige Lehrkraft ist dies auch eine Bereicherung im Hinblick auf die Unterrichtsvorbereitung. Ebenso bringt dies Schülerinnen und Schüler nicht nur fachlich weiter, sondern steigert ihre soziale Kompetenz und ihre Fähigkeit, zu argumentieren und sich zu artikulieren.

3.) In den naturwissenschaftlichen Fächern wie Physik verbinden Schüler*innen mit dem Begriff „Kraft“ vielleicht nicht unbedingt den physikalischen Begriff so wie er definiert ist. Mithilfe eines Experiments können naturwissenschaftliche Vorgänge veranschaulicht werden, welche auch einen bestimmten Raum für Diskussionen erzeugen. Ein Schüler/eine Schülerin hinterfragt dieses Experiment und kommt zu einer Erleuchtung. Ein einsteigendes Experiment in den höheren Jahrgängen oder regelmäßig durchführbare Experimente in den jüngeren Jahrgängen erachte ich als sinnvoll.

 

Für kommende Praktika ist es interessant zu erfahren, einerseits inwiefern eine Diskussion im Plenum sich von Diskussionen in kleinen Gruppen auf den Schüler/die Schülerin selbst auswirkt und warum welche Lehrkraft genau diese Methode am effektivsten findet. Ebenso wäre für mich interessant, wie Lehrkräfte im Naturwissenschaftsunterricht ihre Experimente wählen, in welcher Regelmäßigkeit dies geschieht und was dies in einem Schüler/einer Schülerin auslöst. Da ich selbst Physik auf Lehramt studiere, ist dies für mich ein guter Einblick und könnte dementsprechend selbst herausfinden, wie wichtig die eine Art und Weise für mich und für die Schüler*innen ist. Letzteres wird mir aber nur möglich sein, sofern ich innerhalb eines Praktikums die Möglichkeit habe, einem naturwissenschaftlichen Fach beizuwohnen.



Ein Kommentar »

3

   Anastasia

23. April 2018 @ 12:11

Liebe Elina,

ich finde deinen Beitrag sehr aufschlussreich. Du bringst hier nicht nur wieder, was in der Vorlesung lief, sondern hast auch noch ein Beispiel mit einer allgemeingeltenden Definition eingebracht. Um dein Beispiel zu untermauern hast du eine kleine private Umfrage gestartet. Das zeigt, dass du dich mit dem Thema beschäftigt hast.
Die Beispiele für die 3 Methoden gefallen mir gut, besonders das, das sich auf den Physikunterricht bezieht. In Naturwissenschaftlichen Fächer ist weniger Spielraum möglich, um Begriffe unterschiedlich zu definieren, denn diese folgen Gesetzmäßigkeiten. Den Unterricht mit einem Experiment zu unterstützen ist ein guter Vorschlag und hilft bestimmt eine gemeinsame Definition zu finden.

Für dein Praktikum wünsche ich dir, dass du die Möglichkeit bekommst.
Alles Gute,
Anastasia

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