1. Reflektieren Sie, inwiefern Ihr eigener Englisch- (bzw. Fremdsprachen-)Unterricht funktionale und formale Aspekte beinhaltete.
2. Diskutieren Sie davon ausgehende, welche Fähigkeiten ein „guter Fremdsprachenlerner“ in Ihrer Schulzeit mitbringen musste und inwiefern dies den curricularen Vorgaben für die Grundschule (funktionaler Fokus: „Entwicklung der Sprachfähigkeit“) entsprechen würde.
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Anfänglich, als ich gesehen habe, dass die Vorlesung RV11 zum Thema Englisch stattfinden wird und ich noch einen Blog schreiben muss, war ich (ehrlich gesagt) nicht so begeistert. Als ich mir jedoch das Video der Vorlesung angeschaut habe, hat sich das ins Gegenteil geschlagen, ich war total interessiert. Gerade beim Thema ‚fetisch‘ Sprachrichtigkeit habe ich mich wiedergefunden. Auch wenn ich Serien teilweise auf Englisch gucke und im Urlaub mich mit Englisch verständige, habe ich große Probleme Englisch zu sprechen, weil ich nicht akzentfrei (native-speaker English) sprechen kann.
Auch kann ich bestätigen, dass der Englischunterricht in der Grundschule viel ausgefallen ist, deswegen fokussiere ich mich bei Frage 1 auf dem Unterricht der Sekundarstufe 1. Der Unterricht bei mir damals bestand häufig aus formalen Aspekten, gerade auch in den ersten Jahren. Mit einem LeherInnenwechsel änderte sich das jedoch und auch funktionale Aspekte wurden mehr berücksichtigt. Jedoch wurde auch nicht wirklich das Sprechen an sich bei allen gefördert. Kinder wie ich, die in Grammatiktests immer gute Noten hatten, jedoch mündlich eine 4 (denn fehlerfreies Schweigen war in meinen Augen besser), wurden dann als schlecht abgestempelt und der Unterricht fand mit den mündlich leistungsstarken Kindern statt.
Ich glaube, ein/-e gute/-r FremdsprachenleherIn sollte diese Kultur durchbrechen und eine Atmosphäre schaffen in der Kinder sich trauen auch zu sprechen. Ich konnte auch erleben, dass SchülerInnen, die eher amerikanisches Englisch (anstatt britisches Englisch) gesprochen haben (durch beispielsweise ein Austauschjahr) Punktabzüge bekommen haben oder bei der mündlichen Note eine Note schlechter bekamen, zudem auch Bemerkungen der Lehrkraft, dass das ja nicht richtig sei. Diese Einstellung halte ich für falsch, auch wenn die curricularen Vorgaben das britische Englisch vorgeben, so sollte es kein Hindernis sein, wenn jemand ein anderes Englisch spricht und großes Interesse an der Sprache zeigt. Starre Strukturen der Schule und auch des Englischunterrichts schließen viele Kinder aus, was nicht so sein sollte.
Besser wäre es ein Raum (im Englischunterricht) zu schaffen, der ein Ausprobieren aller zulässt. Gerade auch in Hinblick auf Inklusion wird es SchülerInnen geben, die vielleicht nie das Ziel der perfekten Aussprache beherrschen können. Diese auszuschließen und abzuschreiben, sollte nicht das Ziel sein. Ich finde die Mehrsprachigkeit der Klassen, die sich immer mehr entwickelt, bietet enormes Potenzial einen toleranten Raum für die verschiedensten Sprachen zu schaffen.
2 Antworten auf „RV11: Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion“
Liebe Jennifer,
vielen Dank für deinen sehr gelungenen Blogbeitrag! Ich finde deine Aspekte sehr interessant und finde auch meine eigenen Erfahrungen darin wieder. Auch vieles von dem, was in der Vorlesung aufgeführt wurde, habe ich ähnlich erlebt. Mein Englischunterricht war in der ersten Zeit sehr stark von funktionalen Aspekten geprägt, und auch an das Lehrwerk „Playway“ erinnere ich mich sehr gut. Erst ab der 6./7. Klasse kann ich mich daran erinnern, dass wir gezielt auch die englische (und vor allem britische!) Grammatik erarbeitet haben. Aus dieser Zeit erinnere ich mich an das Übungsbuch „English Grammar in Use“, welches ich ehrlich gesagt nicht sehr gern bearbeitet habe, da der Unterricht dadurch sehr trocken und langweilig wurde.
Zudem fand ich deinen Gedankengang sehr spannend, dass du zunächst nicht so begeistert vom Thema Englisch warst, denn mir ging es auch so. Jedoch hat sich meine Meinung schlagartig beim Beginn der Vorlesung geändert und mir ist bewusst geworden, wie wichtig der Englischunterricht für die heutige Zeit eigentlich wirklich ist. Insbesondere unter Betrachtung der vorangegangenen Vorlesung zum Thema Mehrsprachigkeit wird mir nun bewusst, wie wichtig es auch beim Erlernen der englischen Sprache ist, die Sprachvielfalt und /-variationen anzuerkennen und wertzuschätzen.
Denn genau dies war auch in meinem Englischunterricht nicht der Fall: Wir lernten ebenfalls nur das britische Englisch und SuS, die aus einem Auslandsjahr aus Amerika zurückkamen bekamen trotz guter sprachlicher Ausdrucksfähigkeiten stets den Hinweis, dass wir eigentlich das britische Englisch sprechen sollen. Bei uns in der Schule galt es außerdem als besonders peinlich, wenn man das „th“ nicht richtig aussprechen konnte und stattdessen „se“ gesagt hat. So kam es auch bei mir nach einiger Zeit an: Lieber gar nicht sprechen, dann kann ich auch nichts falsch machen und werde mich nicht vor allen blamieren. In einem Gespräch mit einem Freund habe ich einen weiteren interessanten Aspekt erfahren. Beim Teamspeak mit anderssprachigen Leuten hat er sich bereits einen russisch-englischen Akzent angewöhnt, da der deutsche Akzent allgemein als peinlich gilt. Ich finde das sagt schon einiges…
Wie in der Vorlesung schon gesagt wurde: Eigentlich macht der Lothar Matthäus alles richtig – er traut sich zu sprechen, er hat einen der Situation angemessen ausgebauten Wortschatz und kann sich verständlich ausdrücken. Ich fand es selbst erschreckend, wie verankert es auch in mir war, sich über diesen Akzent lustig zu machen. Ich finde dies sehr schade, da ich dadurch merke, wie sehr die eigene Wahrnehmung durch Äußeres (in diesem Fall dem Englischunterricht) beeinflusst werden kann. Ich denke, dass das was Lothar Matthäus macht, eigentlich die wichtigsten Voraussetzungen sind, die Lernende im Englischunterricht mit sich bringen sollten. Dabei sollte nicht ein bestimmter Akzent als falsch deklariert werden, sondern es wäre wichtig, diese Variation des Dialektes / ggf. auch der Grammatik zu besprechen und dadurch gleichzeitig anzuerkennen. In vielen Fällen sollte auch berücksichtigt werden, dass auch die Lehrkräfte in einigen Fällen selbst keine „Native-Speaker“ sind, und dass es daher meiner Meinung nach relativ haltlos wäre, den Anspruch eines perfekten britischen Dialekts zu erheben. Auch wenn das Curriculum das britische Englisch vorgibt, wäre es meiner Meinung nach wichtig die verschiedenen Sprachvariationen mit aufzunehmen, um wirklich angemessen die funktionalen Aspekte im Fach Englisch erlernen zu können – was bringt es mir, dass ich gelernt habe, wie man sich mit dem britischen Englisch im Alltag verständigen kann, wenn ich andere Akzente aus anderen Gegenden, beispielsweise im Urlaub, nicht verstehe und ggf. vorher noch nie gehört habe?
Wie im Deutschunterricht auch bin ich der Meinung, dass ein heterogenitätssensibler (Fremdsprachen-)Unterricht von besonderer Bedeutung ist, um das Interesse der Kinder an Fremdsprachen zu wecken. Durch zu starre curriculare Vorgaben fühlen sich einige Kinder nicht angemessen wertgeschätzt in dem, was sie bereits beherrschen und können. Dies lese ich jedenfalls in deinem und auch in meinem Beispiel heraus – die immer bestimmende Angst, englische Wörter oder Sätze nicht richtig aussprechen zu können und potentiell Fehler zu machen. Denn eigentlich verstehe ich die englische Sprache sehr gut und in stressfreien Situationen mit Leuten, die ich kenne, kann ich auch gut Englisch sprechen. Wenn es aber darum geht, vor Fremden oder in institutionellen Kontexten zu sprechen, so bekomme ich ein Schamgefühl und mir fallen viele Wörter einfach nicht mehr ein. Daher bin ich auch der Meinung, dass ein heterogenitätssensibler Fremdsprachenunterricht eigentlich eine gute Möglichkeit wäre, Toleranz für verschiedenste Dialekte und Variationen zu schaffen und diese auch als Potential für den Unterricht zu nutzen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist meiner Meinung nach auch immer die Selbstreflexion des Lehrpersonals!
Ich wünsche dir eine schöne Woche und liebe Grüße,
Ronja
Niveauvoller Beitrag, exzellenter Kommentar. Für solche ertragreichen Interaktionen haben wir uns diese Studienleistungsform gedacht! Danke
cf