Mit Systemaufstellungen dem evolutionären Sinn von Organisationen auf der Spur

Am 16. November 2019 trafen sich ca. 120 Menschen in Zürich zu einem Workshop mit dem Titel: „We Discover Purpose!“ Die Schweizer Beraterin und Systemaufstellerin Romy Gerhard hat zu dieser Veranstaltung eingeladen, um Menschen neue Erfahrungen zu verschaffen, was denn der evolutionäre Sinn sein könnte, den Frederic Laloux in seinem bekannten Buch „Reinventing Organizations“ als Durchbruch zur integralen Stufe von Unternehmen sieht. Laloux selbst führte in einer Videobotschaft in die Thematik ein. Die Methode des Tages waren Systemaufstellungen, eine Methode, die fast alle Teilnehmenden schon kannten und erfahren hatten. Auch wenn viele gekommen waren, um unter dem thematischen Dach der Suche nach dem „purpose“ die alten Fragen nach den Erfolgsfaktoren zu stellen (warum funktioniert mein Geschäft nicht so, wie ich es gerne hätte; was muss ich tun, um noch erfolgreicher zu sein?), so blieb doch genau der Raum erhalten, in dem die neuen Erkenntnisse sich zeigen konnten.

Durch die Einführung von Frederic Laloux habe ich verstanden, dass der evolutionäre Sinn eine Informationseinheit ist, die nicht von den Menschen einer Organisation gesetzt werden kann. Unternehmensgründer/innen und Unternehmensgestalter/innen können einen Sinn propagieren, in über das Unternehmen legen und in den Selbsterzählungen beständig wiederholen. Das erfolgt dann zumeist in Mission Statements, Visionen und Unternehmensgrundsätzen. Wenn die Sinnproduzenten in ihren Persönlichkeiten sehr präsent sind, kann der propagierte Sinn sehr nah an dem evolutionären Sinn liegen. Tatsächlich, so die Botschaft, ist der evolutionäre Sinne eine spirituelle Informationseinheit, eine Absicht, die von einer höheren Intelligenz einer Organisation zugewiesen wird.

Eine solche Vermutung ist sicherlich übernommen von einem sehr spirituellen Menschenbild, welches davon ausgeht, dass jeder Mensch mit einer besonderen Lebensaufgabe zur Welt kommt. Diese gilt es zu finden und zu leben, um einen wertvollen Beitrag zu einem größeren Ganzen zu leisten. Vermutlich ist das dann auch die schwierigste Vermittlungsaufgabe eines evolutionären Sinns: Warum sollten soziale Systeme jeder Art zu einem höheren Sinn beitragen? Reicht es nicht aus, wenn sie ihre Zwecke erreichen und dabei so wenig Nebenwirkungen wie möglich erzeugen. Es braucht ein holonisches Weltbild, um eine Idee davon zu bekommen, dass jedes Ganze zugleich Teil eines größeren Ganzen ist. Ich teile die Ansicht, dass sich hier die große Aufgabe zeigt, die alle Systeme, Institutionen und  Unternehmen in der vollen und komplexen Welt bewältigen müssen: ihre eigenen selbstgesetzten Zwecke mit den evolutionären Zwecken einer höheren Einheit abstimmen. Das ist für viele Unternehmen und vor allem für viele Unternehmer/innen und Führungskräfte eine große Herausforderung: den eigenen Zwecken einen Sinn und eine Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit zu geben. Nun, die Hälfte aller Produkte und Dienstleistungen, mit denen heute Geld verdient wird,  müssten dann vom Markt verschwinden, weil sie außer Einkommen für wenige mehr Schaden als Bedeutung erzeugen.

Zurück zu dem Workshop auf der Suche nach dem evolutionären Sinn: In einer meiner Aufstellungen, die ich für die Fragen anderer geleitet habe, haben wir versucht,  Stellvertreter/innen für die Schweizer Banken, für deren evolutionären Sinn und für Transparenz miteinander ins Gespräch zu bringen. Die Aufstellung war verdeckt, die Stellvertreter/innen wussten nicht, welches Element sie repräsentierten. Der evolutionäre Sinn war unser zu fokussierendes Element und er teilt uns zuerst mit, dass er sehr an Geld, Macht und Einfluss interessiert sei. Im Verlaufe der Aufstellung wurde dem evolutionären Sinn immer klarer, dass er wie ein Trichter ist, der aus einer anderen Welt mit Informationen versorgt wird. Die Zuhörer/innen suchten ihre Interpretationen für einen evolutionären Sinn, der seine Informationen aus einer anderen Welt zieht, dann aber ganz weltlich an Geld, Macht und Einfluss interessiert ist. Meine These, die ich als Interpretation anbieten möchte, lautet: Das Schweizer Bankensystem ist Potenzialität für Macht und Einfluss, wofür das Geld aber eingesetzt werden soll, ist nicht Teil der Information. Wir müssen uns als Gesellschaft immer noch selbst entscheiden, was wir bewirken wollen und wie eine humane und integrale Lebensweise gefüllt werden kann. Der evolutionäre Sinn verweist uns auf die Essenz der Systeme, die Abstimmung eines Systems mit dem höheren System muss immer noch durch Menschen erfolgen, die beides zugleich denken können: Individualinteresse und Gemeinwohl.

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