von Miriam Kahrs — Bild: © Fadri Bischoff / Universität Bremen
Das ABC Learning Design ist ein systematischer Ansatz zur kollaborativen Weiterentwicklung von Lehrveranstaltungen und anderen Lehr- und Lerneinheiten. Das Ziel des Ansatzes ist es, Lernaktivitäten sowie Lern- und Prüfungsformate systematisch und passgenau aufeinander abzustimmen.
Die Weiterentwicklung von Lehrveranstaltungen mit dem Ansatz erfolgt in einem Workshop im Kleinteam von etwa drei bis sechs Personen. Um unterschiedliche Perspektiven in den Entwicklungsprozess einzubringen, können unterschiedliche Personenkreise bei der Zusammenstellung des Kleinteams berücksichtigt werden, z. B. Lehrende, Tutor:innen, Studierende, Beratende oder andere fachnahe Personen. Für einen Workshop sollten ca. 120 Minuten eingeplant werden – bei komplexen Vorhaben sollte mehr Zeit eingeplant werden. Ein Workshop kann in Präsenz oder digital durchgeführt werden.
Entwickelt wurde der Ansatz 2015 am University College London (UCL) von Clive Young und Nataša Perović. Eine zentrale Grundlage ist der 2002 von Diana Laurillard entwickelte Conversational Framework. Mittlerweile wird das ABC Learning Design weltweit erfolgreich in Form von kollaborativen Workshops eingesetzt. „ABC“ steht übrigens für:
- Arena ist eine Referenz auf das UCL-Institut, das den Ansatz entwickelt hat.
- Blended verweist auf die Berücksichtigung von analogen und digitalen Aspekten.
- Connected steht für ein „verbundenes“ Curriculum
2022 wurde der Ansatz an der Universität Bremen im Rahmen eines Innovation Labs des Projekts SKILL-UB erfolgreich eingesetzt, um im Bachelor Soziologie zwei Module neu zu gestalten und besser aufeinander abzustimmen.
Und so geht’s
Das Kleinteam arbeitet mithilfe einer Workshop-Moderation an einer ausgewählten Lehrveranstaltung. Der Workshop kann in Präsenz oder online stattfinden. Die moderierende Person sollte nicht selbst Teilnehmer:in sein, sondern den Prozess inhaltsneutral anleiten. Vorab muss das Material für einen Präsenz- oder Digitalworkshop vorbereitet werden (siehe Kasten unten „Benötigtes Material im Überblick“).
Es besteht auch die Möglichkeit den Workshop von einer fachexternen Person moderieren zu lassen, und zwar im Rahmen des Angebots Modulwerkstatt der Universität Bremen.
Der Workshop besteht aus insgesamt drei Phasen:
- Einführungsphase (ca. 15 Minuten)
- Arbeitsphase (ca. 90 Minuten)
- Nachbereitungsphase (ca. 15 Minuten)
1. Einführungsphase
In der Einführungsphase gibt die Moderation allen Teilnehmenden einen Überblick über die zu bearbeitende Lehrveranstaltung, den Ablauf und das Material des Workshops. Insbesondere werden alle Arbeitsschritte einmal als „Trockenübung“ durchgegangen, damit die Teilnehmenden einen Überblick über die Vorgehensweise gewinnen und sich mit dem Material vertraut machen können. Dies erleichtert anschließend den Start in die Arbeitsphase.
2. Arbeitsphase
In der Arbeitsphase werden insgesamt fünf Arbeitsschritte nacheinander durchlaufen, um ein neues Veranstaltungsdesign zu erarbeiten.
Für jeden Schritt sollten in der Regel ca. 10 bis 20 Minuten eingeplant werden (insgesamt max. 75 Minuten). Wichtig ist, dass das Kleinteam sich bei der Bearbeitung nicht in Detailfragen verliert, sondern alle Schritte möglichst zügig bearbeitet. Die Schritte zur konkreten Umsetzung des neuen Designs können nicht innerhalb des Workshops erarbeitet werden.

Schritt 1: Überblick verschaffen
In diesem Arbeitsschritt erarbeitet sich das Kleinteam einen gemeinsamen Überblick über den Status Quo einer Lehrveranstaltung. Dazu wird das Arbeitsblatt „Post and Shape“ bearbeitet.
Empfohlene Dauer: 15 Minuten
Schritt 2: Lernformate auswählen und anordnen
Das Kleinteam entscheidet, welche Lernformate (z. B. Wissensaneignung, Reflexion, Diskussion) in der Lehrveranstaltung mit welchen Anteilen zum Einsatz kommen sollen. Dazu erhält das Team die Lernkarten (Vorderseite = Lernformate, Rückseite = Sammlung von Lernaktivitäten für das Format) und das Storyboard. Die Lernformate werden auf dem Storyboard nach einer selbstgewählten Systematik angeordnet (z. B. nach Wochen, Monaten oder Inhaltsblöcken). Beispielanordnungen können der Einführungspräsentation entnommen werden. Zu diesem Zeitpunkt werden nur die Vorderseiten der Lernkarten verwendet.
Empfohlene Dauer: 20 Minuten
Schritt 3: Lernaktivitäten auswählen
In diesem Schritt werden die auf dem Storyboard angeordneten Lernkarten umgedreht, um passende Lehraktivitäten (z. B. Präsentation, Diskussionsgruppen, Experimente) für die gewählten Lernformate auszuwählen. Diese können angekreuzt werden. Es können auch eigene Lernaktivitäten auf den Karten ergänzt werden.
Empfohlene Dauer: 20 Minuten
Schritt 4: Prüfungsformate auswählen
In diesem Schritt werden erneut die Lernaktivitäten auf den angeordneten Lernkarten in den Blick genommen, um geeignete Prüfungs- und/oder Studienleistungen zu diskutieren und auszuwählen. Zum Beispiel kann die Lernaktivität „Präsentation“ auch als Prüfungs- oder Studienleistung gewählt werden.
Bei der Auswahl sollten Prüfungsabhängigkeiten mit anderen Lehrveranstaltungen im Modul beachtet werden. Zudem ist es wichtig, die Prüfungslast der Studierenden im Blick zu behalten.
Empfohlene Dauer: 20 Minuten
Schritt 5: Abgleich mit dem Status quo
Sind die Arbeitsschritte 1 bis 4 abgearbeitet, sollte die Lehrveranstaltung eine neue Struktur im Hinblick auf die Zusammensetzung der Lernformate, Lernaktivitäten und Prüfungsformate erhalten haben. Um den Unterschied zum Status quo deutlich machen, d. h. Veränderungen auf einen Blick sichtbar zu machen, wird nun erneut das Arbeitsblatt „Post and Shape“ bearbeitet. Dazu wird das gleiche Arbeitsblatt genutzt, auf dem schon der Status quo eingezeichnet wurde.
Empfohlene Dauer: 15 Minuten
3. Nachbereitungsphase
In der Nachbereitungsphase werden erste Umsetzungsschritte für das neue Veranstaltungsdesign abgestimmt. Es empfiehlt sich, diese Schritte schriftlich festzuhalten und konkrete Aufgaben mit Verantwortlichkeiten und Fristen festzulegen.
Zudem sollten die Workshop-Ergebnisse dokumentiert werden, so dass sie anschließend allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden können (z. B. als Fotodokumentation).
Benötigtes Material im Überblick
a. Einführungspräsentation, um das Kleinteam auf den Workshop einzustimmen und die Methode einzuführen
b. Arbeitsblatt „Post and Shape“ für den Arbeitsschritt 1 „Überblick verschaffen“ und Arbeitsschritt 5 „Abgleich mit dem Status quo“
c. Arbeitsblatt „Storyboard“ für den Arbeitsschritt 2 und folgende, um die Lernkarten anzuordnen
d. Lernkarten (Vor- und Rückseite, ca. 6 Sätze), die im Arbeitsprozess dazu genutzt werden, für den Gegenstand besonders passende Lernformate, Lernaktivitäten und Prüfungsformate auszuwählen und aufeinander abzustimmen
e. ggf. Überblicksdokumente wie zum Beispiel Seminarpläne, Lernziel-/Lernergebnisbeschreibungen, Modulbeschreibungen, die während des Workshops als Informationsquelle zum Status quo genutzt werden können
Zur digitalen Durchführung kann das Material in ein digitales Whiteboard nach Wahl (z. B. Conceptboard oder Miro) übertragen werden.
Detaillierte Informationen, auch zur ABC-Historie und der ABC-Community, sind auf der Webseite des ABC Learning Design zu finden.


