von Lee Wittig, Miriam Kahrs und Julie Direnga — Bild: © Fadri Bischoff / Universität Bremen
Lehrpersonen verstehen sich zunehmend mehr als Lernbegleitende denn als Wissensvermittelnde und möchten gezielter auf die unterschiedlichen Bedarfe von Studierenden eingehen. Durch die Hierarchien im Hochschulsystem fällt es in der erlernten sozialen Rolle als Studierende jedoch schwer, Bedürfnisse gegenüber Lehrpersonen zu äußern. Hier setzt unser Format an.
Stellen Sie sich vor, es ist die erste Sitzung Ihrer Lehrveranstaltung. Die Beteiligten kennen einander noch nicht. Nach der ersten gemeinsamen Stunde haben sie sich jedoch bereits in einer ungezwungenen Atmosphäre über ihre Lernbedürfnisse ausgetauscht und geübt diese zu kommunizieren. Was ist hier passiert?
Die Studierenden haben „Mensch, was brauchst du?“ gespielt, ein von uns im Projekt SKILL‑UB entwickeltes Spiel zum Austausch über Lernbedürfnisse. Es kann mit einer physischen Version oder einem digitalen Spielbrett gespielt werden. Ausgehend von Konzepten wie „Unconditional Teaching“ und „Beziehungsreiche Lehre“ zielt die Spielidee darauf ab, Studierende dabei zu unterstützen, ihre individuellen Vorstellungen und Wünsche von guter Lehre zu reflektieren, zu formulieren und für Lehrende sichtbar zu machen.
Für einen niedrigschwelligen Einstieg basiert die Spielmechanik auf dem bekannten Gesellschaftsspiel „Mensch, ärgere dich nicht!“, wird jedoch erweitert durch „Aktionskarten“ mit Austausch- und Reflexionsimpulsen zu Lernbedürfnissen. Durch den Austausch erleben Studierende, wie unterschiedlich Bedürfnisse und Lernbedarfe ausfallen können. Lehrende gewinnen durch die Dokumentation auf dem Reflexionsboard wertvolle Hinweise und dialogische Anknüpfungspunkte, um ihre Lehrpraxis studierendenorientierter zu gestalten.
Einsatzmöglichkeiten
Das Spiel wurde als Open Educational Ressource konzipiert. Lehrende können das Spiel in der ersten Sitzung ihrer Lehrveranstaltung oder zu anderen Zeitpunkten in ihrer Lehre einsetzen. Es besteht auch die Möglichkeit, das Spiel von Studierenden zur Vorbereitung einer Veranstaltung in Gruppen spielen zu lassen.
Zum Spielen in Präsenz können die bereitgestellten Materialen ausgedruckt werden. Zusätzlich benötigt es Spielfiguren und Würfel.
Die digitale Version des Spiels wird mithilfe eines Videokonferenztools mit Breakout-Räumen und eines digitalen Whiteboards umgesetzt.
Jedes Spielbrett ist (in beiden Varianten) für maximal sechs Teilnehmende ausgelegt. Es können jedoch mehrere Spielgruppen parallel stattfinden, sodass das Spiel für Lehrveranstaltungen mit beliebig vielen Teilnehmenden geeignet ist.

Es wird empfohlen ca. 45–60 Minuten für die Durchführung des Spiels einzuplanen und sich an dem folgenden Beispielablauf zu orientieren:
- Intro: Einführung des Spiels, inkl. Erläuterung der Zielsetzung (5‘–10‘)
- Spiel: Einteilung der Gruppen und Spielzeit (20‘–40‘)
- Outro: Reflexion und Abschluss, inkl. Ankündigung zum weiteren Vorgehen (5‘–10‘)
Insbesondere die Dokumentation der Reflexionsergebnisse der Studierenden ermöglicht es Lehrenden, einen Eindruck zu erhalten, welche Lernbedürfnisse die Studierenden im Spiel thematisiert haben und was ihnen wichtig ist. Dies bietet die Grundlage dafür, mit den Studierenden in einen Dialog über ihre Lernbedürfnisse zu treten und die Gestaltung der Lehrveranstaltung gezielter an der jeweiligen Gruppe auszurichten.
Darüber hinaus kann das Spiel für Lehrende eine wertvolle Gelegenheit zum Perspektivwechsel bieten, indem sie das Spiel selbst spielen und sich dabei in die Rolle der Studierenden versetzen. Ebenso haben sie die Möglichkeit, Teile des Spiels individuell anzupassen und somit andere Austauschschwerpunkte zu setzen als in der Ursprungsversion.
Das Spiel ist unter der Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0 lizensiert.
Sollten Sie weitere Fragen haben oder neue Einsatzszenarien entwickeln, kontaktieren Sie uns unter wwub@uni-bremen.de.


