Am 24. April 2019, 6 Jahre nach dem Einsturz des Rana Plaza Gebäudekomplexes in Bangladesch, fand in Bremen auf dem Marktplatz ein Event statt, welches alle nochmal daran erinnern sollte, dass die Modeindustrie sich ändern muss.
Als Teil des Begleitprogramms für die derzeit laufende Ausstellung ‚use-less‘ im Hafenmuseum Speicher XI sollte das Programm eine Atmosphäre erzeugen, welche Teilnehmenden und Interessierten nahelegen würde, was in der Modeindustrie alles so hinter ihrem Rücken passiert und was dagegen getan werden kann.
Neben den Interviews mit Ansprechpersonen rund um das Begleitprogramm und der Ausstellung selbst gab es vielfältige Aktionen zum Mitmachen, sowie Informationsaktionen rund um die Thematik „Textilproduktion, Kleiderkonsum und Alternativen“ (Pressemeldung Hafenmuseum Speicher XI). Selbst mitgebrachte T-shirts konnten mit der Batikaktion im Rahmen der Upcycling-Thematik neu designt werden, Fotoaktionen und Informationsstände waren vorhanden und ein XL-Jenga Spiel wurde angeboten. Der bekannte Wollator war auch vor Ort, welcher aus Stoffresten selbstgemachte Aufnäher zauberte.
„Komm vorbei! Mach mit!“ war das Motto für die Veranstaltung, welche vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung konzipiert und umgesetzt wurde.
Und diese Idee des Mitmachens war es, die uns, dem Team der Aktion Transparency Games, als Leitfaden diente.
Die Tombola Aktion sollte das herkömmliche Konzept des Informationsstandes mithilfe von aktiver Teilnahme an einem Spiel erweitern. Und es entstand etwas, was den Teilnehmenden das Spiel was mit ihnen in der Modeindustrie gespielt wird, zeigen sollte.
Es gab also sozusagen einen integrierten Zweifachfokus: Die Information selbst und dann die Horizonterweiterung – eine Art Wachrüttelaktion, welche zeigen sollte, wie es sich anfühlt bei einem Spiel regelrecht hintergangen zu werden.
Das Spiel beinhaltete die Auseinandersetzung mit schwierigen Realitäten: Für eine Wahl aus 10 Modeunternehmen, wie H&M und Tommy Hilfiger, bekam man ein gratis Los. Die erste seltsame Realisation war dann, dass anscheinend alle einen Hauptgewinn hatten.
Erhält man normalerweise auf dem Freimarkt ein Los mit einem Hauptgewinn kommt nun sofort die Idee vom großen Stofftier, das wahrscheinlich gar nicht ins Auto passen wird. Jedoch freut man sich jedesmal. „Toll, ein Hauptgewinn.“ Dann kam die kleine Enttäuschung.
Der Hauptgewinn war nämlich lediglich die Information, wie schlecht das gewählte Modelabel beim Transparenz Rating von Fashion Revolution im Jahr 2018 abgeschnitten hatte. Und da keine Marke höher als 60% abgeschnitten hatte, war es jedesmal eine Enttäuschung. Natürlich kam dann erstmal die Frage „Was soll das Ganze?“ auf. Diese konnte mit Hilfe der Mitarbeiterinnen aber auch von der Broschüre beantwortet werden.
Mit einem Team von 10 aktiven Helferinnen haben wir das Projekt durchgeführt. Und ich persönlich empfand es als sehr spannend, manchmal sogar verblüffend.
Die Teilnehmenden wollten diese Infos nämlich haben, bestanden sogar darauf. Sie wollten mehr über diese Machenschaften wissen, forderten teilweise sogar weitere Informationen von uns und empfanden die Details der Realitäten, welche so oft nicht preisgegeben werden als schockierend, grauenvoll, traurig aber teilweise auch irgendwie nicht überraschend.
Man bräuchte mehr Druck, mehr Forderungen nach Transparenz. Dies erklärte mir ein Teilnehmer. Er fand es traurig, dass wir es kaum merken, wie man mit uns spielt.
Und genau das war die Message unserer Aktion.
Wir haben keine Toleranz für diese Spiele. Viele von uns möchten diese Umstände nicht unterstützen und finden es ungerecht, dass man uns ständig für die schrecklichen Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter aufgrund unserer Teilhabe an der Konsumwelt als schuldig erklärt, vor allem wenn so viel getan wird, um uns die Realitäten NICHT zu zeigen.
Man sollte sich fragen… Warum ist das so?
Warum spielt man so mit uns? Denn in der Frage liegt die Antwort… für einen selbst und für die weitere Entwicklung sozialer Gerechtigkeit.
Willst du wirklich an diesem Spiel teilnehmen?
Unser Projekt wird von der Stiftung der Universität Bremen und der Dr. Heino-Rose Stiftung gefördert und ist in Kooperation mit dem Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung, dem Hafenmuseum Speicher XI und den Engagierten und Studierenden der Hochschule für Künste Hannover, welche die Ausstellung auf die Beine gestellt haben, entstanden. Wir sind sehr dankbar für die Förderung und dass wir an dem Program teilnehmen durften.