05 Formänderung, Verformung, Verfestigung

Zusammenfassung von Jonas und Mathias

 

Es gibt die plastische Formänderung und die elastische Formänderung. Beide folgen unterschiedlichen Gesetzen und Gegebenheiten. Ihr markantester Unterschied liegt demnach in einer bleibenden, plastischen, vorübergehenden und elastischen Formänderung.

 

Elastische Formänderung:

Die elastische Formänderung ist eine Änderung der äußeren, sichtbaren Form, die nach dem Zurücknnehmen der formändernden Kraft vollständig in ihre Ausgangsform zurückkehrt. Die Feder eines PKW-Stoßdämpfers beispielsweise arbeitet im elastischen Bereich, bei der sie nach jeder Bodenwelle in ihre Ausgangslänge zurückkehrt. Dabei nimmt sie zunächst Kraft auf, speichert sie und gibt sie dann wieder ab.

Dieser Vorgang lässt sich mit der Hookschen Formel berechnen.

F = D · Δx

Wobei, F = notwendige Kraft; D = Federkonstante und Δx = Dehnung aus der Ruhelage ist.

Zu erwähnen sei, dass es 2 Kraftrichtungen gibt. Die Normalkraft und die Querkraft. Die Normalkraft zieht oder staucht den betrachteten Körper. Und die Querkraft schert den betrachteten Körper.

In den meisten Fällen wird die Normalkraft betrachtet, bei der PKW-Stoßdämpferfeder wäre die Federbelastung im Normalfall die Normalkraft. Für Scherbelastungen ist die Feder im Grunde nicht gedacht.

Eine Scherbelastung tritt auf, wenn eine Schraube quer zu ihrer Längsachse belastet wird. Diesen Fall findet man bei Befestigungsschrauben eines Wohnzimmer Regales wieder. Da diese Belastung bei Schrauben öfter eintreten, gibt es zu jeder Norm-Schraube auch entsprechende Berechnungsparameter.

Auf molekularer bzw. atomarer Ebene ist es wichtig zu wissen, dass sich bei der elastischen Formänderung lediglich die Winkel zwischen den Atomen ändern. Wird also ein Körper im elastischen Bereich belastet kann dies nur so stark erfolgen wie die Bindungskräfte der Atome eine reine Winkelveränderung zulassen, ohne ins Gleiten zu kommen. Erfolgt jedoch eine stärkere Belastung kommt es zu einer plastischen Formänderung die hier als nächstes beschrieben wird. Die Grenze zwischen Elastizität und Plastizität nennt man die Elastizitätsgrenze, bzw. Streckgrenze.

Plastische Formänderung:

Die plastische Formänderung ist eine Änderung der inneren und sichtbaren Form, die nach dem Zurücknehmen der formändernden Kraft, nicht mehr in ihre Ausgangsform zurückkehrt. Folglich ist die plastische Formänderung also irreversibel. Der Körper erfährt somit eine anhaltende Formänderung, deren Energie nicht mehr abgegeben werden kann.

Mikroskopisch gesehen werden bei plastischen Verformungen einzelne bestehende Bindungen zwischen den Atomen und Molekülen im Festkörper aufgehoben, die bei Vorhandensein freier Platzwechselmöglichkeiten, neue Bindungen eingehen. Das Vorhandensein freier Plätze, die sich im Festkörper als Kristallbaufehler, Fehler an Phasengrenzen oder eingelagerte amorphe Bereiche bezeichnen, werden allgemein als Störungen einer idealen Kristallstruktur Dieses Auftreten ist eine Voraussetzung für die sogenannte Plastizität.

Eindimensionale Gitterfehler werden in Stufenversetzungen und Schraubenversetzungen unterschieden. Eine Stufenversetzung kann wie eine zusätzlich in das Gitter eingeschobene Halbebene verstanden werden, wodurch eine Scherspannung zwischen den Netzebene entsteht.

Eine Schraubenversetzungen ist eine Versetzung, die durch Drehung des Kristallgitters um die Versetzungslinie gekennzeichnet ist. Durch diese Torsion entsteht beim Umlauf um die Versetzungslinie herum der Burgers-Vektor, der parallel zur Versetzungslinie liegt.

Bild 5-1: Schraubenversetzung

Der Burgersvektor [b→] beschreibt die Richtung, in der die Versetzungsbewegung unbedingt vorkommt. Sein Betrag entspricht der Entfernung zwischen zwei benachbarten Atomen in dieser Richtung. Seine Richtung wird von der Kristallstruktur des Materials diktiert.

Versetzungen sind Träger der plastischen Verformung. Bei dieser Verformung gleiten Versetzungen über eine Gleitebene. Sie sind vor allem für das Gleiten metallischer Kristalle und somit für die mechanischen Eigenschaften von Metallen von großer Bedeutung, so ermöglichen sie bei Metallen erst die plastische Verformung. Bewegt sich eine Versetzung durch ein Gitter, so werden vor ihr lokale Verbindungen geöffnet und dahinter geschlossen. Ein Kristall ohne eine Versetzung oder einer unbeweglichen Versetzung hat eine hohe Festigkeit, sie verhält sich wegen der fehlenden Plastizität vollkommen spröde. Versetzungen sind auf 3 Ursprünge zurück zu führen: Dazu gehören zufällige Fehlorientierungen bei der Entstehung von Kristallen, das Ausscheiden von überflüssigen Leerstellen und der Abbau von Spannungen durch das bilden von Versetzungen.

Bild 5-2: Plastische Verformung eines metallischen Kristalls (Läpple, 2011)

 

Die Frank-Read-Quelle ist der Mechanismus, der es ermöglicht, den im unter einer Schubspannung stehenden Realkristall bei Vorhandensein von unbeweglichen Versetzungsknoten mit einer einzigen Versetzungslinie, sehr große Abgleitungen zu erhalten. Es kann sich dabei auch um Versetzungen handeln, deren Beweglichkeit unter den praktisch auftretenden Spannungen so gering ist, dass sie als solche Verankerungen wirken können. Bei genügend großer Schubspannung werden sich die Versetzungsstücke zwischen zwei Knoten so ausbreiten, dass schließlich ein positives und ein negatives Versetzungsstück mit gleichen Burgers-Vektoren aneinander kommen. Die von den Versetzungslinien eingeschlossenen Schnittflächen können dann miteinander verschmelzen; die beiden Linienstücke heben sich weg und es stellt sich im Wesentlichen wieder die ursprüngliche Versetzungsanordnung ein.

Durch diesen Mechanismus der Versetzungsquellen können immer neue, vom Netz abgelöste Versetzungsringe erzeugt werden. Damit ist es möglich, die in Metallen zu beobachtene große Verformbarkeit zu erklären

Verfestigungsmechanismen

Sind Mechanismen die zur Verfestigung (Festigkeitssteigerung) von metallischen Werkstoffen beitragen und wirksam ein Versetzungsgleiten behindern. Einfach gesagt, steigt mit zunehmender plastischer Verformung die benötigte Kraft zur weiteren Verformung, solange bis ein Bruch eintreten wird.

Die Festigkeit eines metallischen Werkstoffes ist immer eng mit den darin enthaltenen Versetzungen verbunden. Um ein Material in seiner Festigkeit zu steigern, gilt es daher, die Bewegung der Versetzungen zu erschweren bzw. zu behindern oder im günstigsten Fall zu verhindern. Die wichtigsten dafür zur Verfügung stehenden Möglichkeiten werden nachfolgend kurz beschrieben

1. Versetzungsverfestigung (Knotenbildung, Umformverfestigung):
Netzwerke von „verhakten“ Versetzungen machen ein Material spröder und härter, weil durch die Gitterspannungen anderer Versetzungen die Versetzungsbewegung gehemmt wird. Netzwerke werden vor allem bei der Bearbeitung eines Materials gebildet .

Durch Kaltverformung (Kaltverfestigung) kann in einem Material also ein deutlicher Zuwachs an Versetzungen erreicht werden, wodurch die Versetzungsdichte enorm ansteigt. Die zahlreichen bei der Umformung eingebrachten Versetzungen behindern sich gegenseitig in ihrer Bewegung und das Material wird kaltverfestigt.

2. Korngrenzenverfestigung:
Beim Auftreffen einer wandernden Versetzung auf einer Grenze zwischen zwei gegeneinander missorientierten Kristallkörner ist folglich die Periodizität gestört. Die ursprüngliche Gleitebene setzt sich nicht „nahtlos“ fort. Der Grad der Behinderung hängt von der Größe der Missorientierung ab. Ein kleineres Korn kann durch eine gezielte Wärmebehandlung oder durch Behandlung der Schmelze mit Kornfeinungsmittel bzw. Impfen erzielt werden.

3. Mischkristallverfestigung (Legierungsverfestigung, Verfestigung durch Einbau von Fremdatomen):
Die Fremdatome, insbesondere mit deutlich unterschiedlicher Größe, stellen ein Hindernis beim Versetzungsgleiten dar. Dieser Effekt wird durch das, um ein Fremdatom umgebende, Spannungsfeld noch verstärkt und kann zum Festhalten der Versetzung führen.

Die Festigkeitssteigerung durch Mischkristallverfestigung kann wesentlich wirksamer sein als die Verfestigung durch Umformen oder durch Kornfeinung, sprich. einer lineare Überlagerung der Festigkeit von zwei Elementen gemäß ihrer prozentualen Zusammensetzung. Folglich liegt der tatsächliche Verlauf deutlich über dieser Linie. Als Beispiel sei das System Cu-Ni genannt, wobei die Elemente im gesamten Konzentrationsbereich vollständig mischbar sind. Der Einbau von Fremdatomen anderer Größe erzeugt im Kristallgitter Zug- oder Druckspannungen, die zu einer Behinderung der Versetzungsbewegung führen.

4. Teilchenverfestigung (Ausscheidungshärtung, Dispersionshärtung):

Größere dispergierte Teilchen stellen stärkere Hindernisse dar: Das Gleiten wird von nahen beieinander liegenden Teilchen behindert. So werden weitere Versetzungsringe erzeugt (Orowan-Mechanismus). Enthält ein Metall nichtmetallische Einschlüsse, z. B. Oxide, dann wird die Versetzungsbewegung durch diese Partikel hindurch verhindert. Der einzig mögliche Verformungsmechanismus besteht darin, dass die Versetzungen die Hindernisse umgehen müssen.

Wandernde Versetzungen bleiben an ausgeschiedenen Partikeln (mit einer anderen Struktur) hängen. (Beispiel: Cu-Al): Bei hohen Temperaturen feste Lösung, bei tiefen Temperaturen Ausscheidungen von Partikeln mit Al2Cu-Strukur). Dieser Mechanismus ist natürlich in mehrphasigen Materialien besonders wirksam.
Die Phasengrenze zwischen Ausscheidung und Matrix kann sowohl inkohärent als auch teilkohärent sein. Inkohärente Phasen wirken auf Versetzungen wie unüberwindbare Korngrenzen, weshalb diese Phasen genauso effektiv sind wie Partikel oder Dispersoide. Bewegt sich eine Versetzung durch eine kohärente Ausscheidung, so wird das Teilchen abgeschert, weil die Versetzung die Atome auf der einen Seite der Gleitebene verschiebt (Kelly-Fine-Mechanismus). Durch das Abscheren entstehen zusätzliche Phasengrenzflächen, deren Energie beim Schneiden des Teilchens durch die angelegte Spannung aufgebracht werden muss.

Die Scherspannung während des Schneidens der Teilchen ist proportional zur Wurzel aus der Teilchengröße. Jedoch kann sie nicht größer werden als die Orowan-Spannung, da sonst die Versetzung das Teilchen leichter umgehen kann als wenn sie dieses schneidet.