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Von einem Sonderling

Denke ich an ihn – ich bin fasziniert. Ich kann es nicht anders sagen.

Während andere weich werden – er hält durch. Es kann regnen, es kann gießen – er hält durch.

Während sich andere Kratzer zuziehen – er bleibt stark. Man kann ihn treten, ja man kann auf ihn trampeln – er hält durch, er bleibt stark.

Er kann Geschichten erzählen, ohne Ende Geschichten erzählen. Wo er nicht schon überall war. Gut, zu den Zeiten war er noch kleiner, wohl auch noch unvollkommen. Doch in seinem Körper vereint – so viele Erfahrungen, so viele Storys.

Fordert er Aufmerksamkeit ein? Man könnte es erwarten. Nein. Er ist genügsam, er drängt sich nicht auf. Er drängt sich nicht in den Vordergrund. Er zieht sich gar zurück, solange bis er wieder Fremde zu schützen gerufen wird. Bis er seine Fürsorglichkeit leben kann. Er ist altruistisch.

Woran es ihm fehlt? Ist es das Selbstbewusstsein? Ich gebe zu, ich weiß es nicht. Womöglich fehlt es ihm an nichts. Er ist hässlich. Nein, er ist nicht hässlich. Ich finde ihn nicht hässlich. Die anderen finden ihn hässlich. Er fühlt sich vielleicht hässlich. Ich kenne ihn nicht gut genug, um von seinen Gefühlen erzählen zu können. Seine Haut ist grau. Naja, eher bläulich grau. Damit nicht genug. Schaut man näher ist sie bläulich grau mit bunten Punkten. Es sind nicht wirklich Punkte, eher Flecken – Stellen. Bunte Stellen. Seine Haut ist dünn und zart. Und doch so ziemlich unverletzlich. Er ist schlaksig, aber gelenkig. Groß und dünn. Größer als die meisten. Länger als die meisten.

Die meiste Zeit lebt er am Rande der Gesellschaft, förmlich in der Abstellkammer der Gesellschaft. Isoliert mit anderen, die sich ohne adäquate Wertschätzung im Alltag entgegengebracht zu bekommen bei Bedarf ausbeuten lassen. Jedenfalls lässt er sich ausbeuten. Seine FreundInnen werden wohl eher ausgebeutet. Ich kann es als Beobachter bloß vermuten.

Ein miserables Leben, das er wohl aus dem Blickwinkel vieler führt. Ich weiß nicht warum er es tut. Vielleicht hält ihn sein Glaube an einen Gott (oder mehrere Götter) zum Weitermachen an. Vielleicht einfach die bedingungslose Liebe zu Jederfrau, Jedermann. Vielleicht – ja, ich vermute es – das gepaart mit einer Abneigung gegenüber der Gesellschaft, die er nur von Zeit zu Zeit zu Gesicht bekommt. Nee, keine Abneigung. Ich denke dann könnte er keine Freude, oder, wie beschrieben, Liebe entwickeln. Hm, entwickelt er überhaupt Liebe? (So, jetzt habe ich langsam meine Gedanken gesammelt) Ich vermute dadurch, dass er die meiste Zeit außerhalb steht, gelingt ihm eine ganz andere, weitere Sicht auf die Dinge, auf die Gesellschaft. Er ist empfänglich dafür die großen Widersprüche zu bemerken, weil er weniger in ihnen lebt.

Während er Gutes tut kann er beobachten und doch nach kurzer Zeit weitesgehend zurückkehren aus dem Schlamassel.

Von wem ich erzähle? Dem Maler-Abdeckvlies:)

 

Timo

Eine Antwort auf „Von einem Sonderling“

Dein Beitrag hat in meinen Ohren, so wie ich ihn gelesen habe, schon fast etwas poetisches und ich habe es genossen deinen Text zu lesen.
Allerdings hatte ich bis zum Ende keine Ahnung von was oder wem hier die Rede ist und da mir „Abdeckvlies“ im ersten Moment nichts gesagt hat habe ich das getan was jede*r (der/die nach 2000 geboren ist) machen würde. Ich habe es bei google in die Suchleiste eingetippt. Als ich dann die mir vorgeschlagenen Ergebnisse angeschaut habe musste ich lachen 🙂

Kerstin

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