Frage 1: Was ist gemeint mit einer ´nationalen Orientierung des Bildungssystems´? Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen, Inhalte/Fächer, Strukturen?
Mit einer nationalen Orientierung des Bildungssystems ist gemeint, dass sich der Unterricht hauptsächlich auf die Hintergründe des eigenen Landes konzentriert. Dies wird z.B. daran deutlich, dass an den meisten deutschen Schulen der Unterricht auf Deutsch und nicht in anderen Sprachen stattfindet oder, dass im Musikunterricht hauptsächlich deutsche bzw. europäische Musiker/-innen behandelt werden. Im Geschichtsunterricht wird dies auch deutlich, da dort vor allem die deutsche Geschichte Thema ist. Ein weiterer struktureller Aspekt einer nationalen Orientierung des Bildungssystems ist der Erwerb von Abschlüssen die nur national anerkannt werden und somit auch den Wechsel zwischen zwei Schulsystemen schwierig machen.
Frage 2: Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ´Migration als Herausforderung für die Schule´ und über sog. ´Schüler mit Migrationshintergrund´ als Informationen wahr und inwiefern hat die Vorlesung für sie andere/neue Perspektiven dazu eröffnet?
Migration wird oft als Herausforderung für die Schule betrachtet, da oftmals eine Sprachbarriere auftritt. Diese wird dadurch hervorgerufen, dass die Schüler mit Migrationshintergrund häufig die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, der Unterricht aber fast ausschließlich auf Deutsch gehalten wird. Für die Lehrer/-innen besteht also die Herausforderung darin den Schülern mit Migrationshintergrund, die noch nicht sehr gut deutsch sprechen können, dasselbe Wissen zu vermitteln wie den Schüler deren Muttersprache Deutsch ist. Für eine/-n Lehrer/-in allein ist dies nicht zu bewältigen, hier bedarf es zusätzlichen Deutschunterricht für die Schüler mit Migrationshintergrund oder eine strukturelle Veränderung des Bildungssystems. Die Vorlesung hat mir gezeigt, dass Migration nicht ausschließlich eine Herausforderung für die Schule ist, sondern auch neue Möglichkeiten eröffnet um Schule und auch unsere Gesellschaft offener und internationaler zu gestalten.
Frage 3: Inwiefern kann das Beispiel von Betül als Ausdruck von ´DoingCulture´ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden?
„DoingCulture“ verdeutlicht den Konstruktionscharakter von Kultur. Kultur ist ein Produkt menschlicher Entwicklung und wurde sozusagen vom Menschen konstruiert und war nicht einfach von Anfang an da. Eine Kultur wird auch erst durch die Abgrenzung zu anderen Kulturen deutlich. Im Fallbeispiel hat die Lehrerin eine Vorstellung von der türkischen Kultur, welche auf Vorurteilen basiert. Durch diese Vorstellung schreibt sie Betül einen kulturellen Hintergrund zu, hinterfragt aber nicht, ob ihre Vorstellung der Realität entspricht und erwartet somit in der Klassenarbeit eine Antwort von Betül, die sich von denen der deutschen Schülern/Schülerinnen unterscheidet. Die Lehrerin konstruiert hier also kulturelle Unterschiede, die es in der Realität vielleicht gar nicht gibt.