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In dem vorliegenden Fallbeispiel geht es um den Schüler Mirko. In der Klasse findet individualisierender Unterricht statt, die meisten SuS sitzen an Gruppentischen. Mirko aber muss an einem Einzeltisch mit Blick zur Wand sitzen. Dadurch wird er zwar von Ablenkungen ferngehalten, aber auch von der Klasse abgeschnitten. Zudem kann er nicht sehen, was hinter seinem Rücken passiert. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass er neben der Tür zum Nebenraum sitzt und somit oft MitschülerInnen hinter ihm lang laufen. Das gibt ein Gefühl, beobachtet zu werden. Mirko ist nicht mehr Teil der Klassengemeinschaft in dieser Situation.

Als Mirko erklärt, er brauche Hilfe bekommt er diese nicht. Stattdessen weist die Lehrerin ihm zwei andere Aufgaben zu. Eine davon ist das Aufräumen von Material, was erstens nicht während der Lern- und Arbeitsphase geschehen sollte, schon gar nicht bei einem leistungsschwächeren Schüler, der die Praxis braucht, und zweitens ist diese viel zu umfangreich. Eine weitere Aufgabe ist mit Selbstkontrolle. Trotzdem traut die Lehrerin ihm das nicht zu, macht da auch kein Geheimnis draus. Stattdessen stellt sie Mirko die Schülerin Emma zur Seite. Mirko beteuert er schaffe die Aufgabe allein, aber die Lehrerin hört nicht zu. Meiner Meinung nach geht so ein Verhalten überhaupt nicht. Die Lehrerin sollte vielmehr auf ihren Schüler eingehen. Schon im Vorfeld hätte sie ihm bei der ersten Aufgabe Hilfestellung geben sollen, die Aufräumaufgabe halte ich für totale Verschwendung, gerade für Mirko, der ja lieber an der vorherigen Aufgabe weiterarbeiten könnte. Mirko bekommt keine Chance sich bei der neuen Aufgabe erst einmal zu beweisen. Dadurch wird er herabgesetzt und bloßgestellt. Auch Emma ist mit der Situation unzufrieden, wagt es aber nicht, Mirko zu verteidigen. Vermutlich hätte das auch nichts gebracht. Sie versucht jedoch, Mirko die Aufgabe alleine lösen zu lassen – und das gelingt! Die Lehrerin glaubt dies jedoch wieder nicht, womit sie noch einmal betont, wie „schlecht“ Mirko ist. Auch in die „gute“ Schülerin Emma setzt sie kein Vertrauen. Die Frage ist hier, warum die Lehrerin überhaupt Emma dahin gesetzt hat. Ich glaube, dass sie Emmas Schilderungen akzeptiert hätte, wenn Emma Mirko als schlecht und hilfsbedürftig beschrieben hätte. Da Emma das aber nicht tat und die Lehrerin dieses Bild von Mirko nicht hat, kontrollierte sie selbst noch mal.  Interessieren würde es mich, ob Mirko dann noch Lob von der Lehrerin bekommen hat.

Er wird allgemein total herabgesetzt, die Mitschüler werden als höher gestellt angesehen. Ihm wird weder Gehör noch Vertrauen geschenkt und somit wird sein Selbsbewusstsein zerstört. Ich finde die gesamte Situation einfach unglaublich schlimm für ihn und auch die gesamte Klasse.

1 Kommentar

  1. Markus

    Hallo Sarah,
    ich beginne mal mit Deiner letzten Aussage, in der Du feststellst, dass die Situation für alle unglaublich schlimm ist. Da stimme ich Dir total zu. Auf der einen Seite für Mirko, der durch die Lehrerin wiederholt bloßgestellt wird. Auf der anderen Seite eben auch für den Rest der Klasse, die diese Bloßstellungen immer wieder miterleben oder teilweise, wie in dem Beispiel Emma, in die Situation involviert werden. Dadurch werden alle über Mirko gestellt, wie Du treffend bemerkt hast.
    Weiterhin stimme ich Dir auch zu, was Deine Analyse der Chancen von Mirko betrifft. Das Aufräumen nimmt ihm doch grad die Chance, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren. Wohlgemerkt Aufgaben, die er anscheinend ja alleine rechnen kann. Nur die Lehrerin traut ihm das nicht zu. So wird Mirko doch gerade suggeriert, dass er schlecht ist. An dieser Stelle würde ich die Leistungsbewertung durch die Lehrerin sogar als unprofessionel bezeichnen, da sie sich von ihren Voreinstellungen leiten lässt, die unabhängig von der Situation entstanden sind.
    Zu Deiner treffenden Analyse möchte ich noch hinzufügen, dass durch die Beispielsituation für Mirko doch grad die wichtige Selbstreflexion in Bezug auf die eigene Leistung genommen wird. Sogar nachdem er alles richtig hatte, wurde ihm Unvermögen unterstellt.
    Ich möchte meinen Kommentar damit beenden, dass ich sogar Deine Spekulationen über das Verhalten der Lehrerin teile, obwohl ich mich dabei sonst gerne stark zurückhalte.

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