1. Erläutern Sie den Einfluss von Intelligenz und Vorwissen auf den Lernerfolg. In welchem Verhältnis stehen diese beiden Heterogenitätsdimensionen? Was muss man tun, um ihren jeweiligen Einfluss empirisch zu untersuchen? Und was bedeuten die Befunde für Schule und Unterricht?

Die beiden Dimension Intelligenz und Vorwissen sind nicht ganz unabhängig voneinander zu betrachten, denn sie stehen immerhin in Beziehung zueinander. Allgemein kann man aber laut Langfeldt davon ausgehen, dass sie beide Einfluss auf den Lernerfolg haben können (Langfeldt, 2006, S. 39-41). Jedoch ist hier das Alter der Stichprobe entscheidend. Es ist offenbar zu beobachten, dass mit fortschreitendem Alter von SuS die Intelligenz weniger mit schulischem Lernerfolg korreliert, als das Vorwissen, welches immer als Basis für neu zu erwerbendes Wissen dienen kann (vgl. Langfeldt, 2006, S. 40). Im Grundschulalter ist jedoch eine höhere Intelligenz der SuS eher für den Lernerfolg verantwortlich. Trotzdem ist es wichtig, daneben einige Schwierigkeiten zu erwähnen. Den Lernerfolg als reine Dichotomie von Vorwissen und Intelligenz zu betrachten, ist wenig sinnvoll, wenn man anderen Faktoren wie dem Selbstkonzept und Lernmotivation keine Beachtung schenkt (vgl. Langfeldt, 2006, S. 41). Daneben ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, nach welcher Definition von „Intelligenz“ und „Vorwissen“ man arbeitet und wie man diese strukturiert. Beispielsweise kann es Sinn ergeben, den Begriff in verschiedene fachspezifische Anforderungen aufzuschlüsseln, um abweichende Korrelation mit dem Lernerfolg in verschiedenen Fachgebieten zu identifizieren (vgl. Langfeldt, 2006, S. 37).

Konkret auf die Arbeit der Schule bezogen kann dies also bedeuten, dass die Schule selbst einen höheren Einfluss auf den Lernerfolg der SuS haben kann, als deren „vererbte“ Intelligenz. In nächster Konsequenz muss die Arbeit im Unterricht nun danach streben, Unterschiede im Vorwissen möglichst zu minimieren und Fehlannahmen zu identifizieren und zu korrigieren (Langfeldt, 2006, S. 41).

 

  1. Einige Befunde der heutigen Sitzung waren für Sie möglicherweise überraschend. Oder Sie sehen einige der Forschungsergebnisse kritisch in Bezug auf Schule und Unterricht. Welche (Forschungs-)Fragen ergeben sich daraus (z.B. für Ihr nächstes Praktikum)? Und wie können Sie diese Fragen beantworten?

Zu einem gewissen Maße hat mich die Unterteilung in „prozedurales“ und „deklaratives“ Wissen (Langfeldt, 2006, S. 40) irritiert, da nach meinem Verständnis das Prozedurale Wissen eine Teilmenge der „fluiden Intelligenz“ (Langfeldt, 2006, S. 32) ausmachen kann. Dies würde wiederum bedeuten, dass die Begriffe „Vorwissen“ und „Intelligenz“ nicht genau voneinander zu trennen sind und diese Tatsache das Korrelationsverhältnis im Bezug auf den Lernerfolg verschieben könnte. Eine Mögliche Untersuchung hinsichtlich der Frage, inwieweit das prozedurale Wissen mit der fluiden Intelligenz Zusammenhängt, könnte wie folgt aussehen: Eine Gruppe von SuS soll sich mit einem gänzlich unbekannten Thema vertraut machen, bei dem angenommen werden kann, dass kein Vorwissen vorhanden ist. Dazu wird nicht nur ein Grundstock an Vorwissen, sondern auch eine konkrete Strategie zur Aneignung von zusätzlichem Wissen und zu Bewältigung einer nachstehenden Aufgabe formuliert. Das Ergebnis eines abschließenden Leistungstestes könnte man nun mit den Ergebnissen eines zusätzlichen Intelligenztests abgleichen. Selbstverständlich sollte dieser Test mit verschiedenen Fachspezifischen Anforderungen durchgeführt werden.

 

  1. Am Ende des Vortrags wurden zwei verschiedene Adaptionsmodelle (Weinert, 1997; Leutner, 1992) dargestellt. Finden Sie zu jeder der in den Modellen genannten Reaktionsmöglichkeiten bzw. Adaptionsformen Praxisbeispiele.

Zunächst sind die verschiedenen Adaptionsmodelle von Weinert (Schmidt-Borcharding, 2021, F. 30) zu betrachten, welche sich alle ganzheitlich auf das Konzept Unterricht, bzw. Beschulung stützen. Das passive Adaptionsmodell ist genau betrachtet kein Modell der Adaption, sondern vielmehr der Ignoranz, denn es beschreibt das Arbeiten ohne Rücksicht auf Lernunterschiede, also einem Unterricht auf einem universellen Niveau.

Weiterhin beschreibt das substitutive Modell statt einer Angleichung des Unterrichts an die SuS eine invertierte Adaption (vgl. Schmidt-Borcharding, 2021, F. 30). Die SuS sollen durch homogenisierende Zusammenfassungen in Gruppen verschiedener Niveaus an den Unterricht angepasst werden. Das kann geschehen durch verschiedene Schulformen, die bestimmten Niveaus zugeordnet werden. Es gibt allerdings auch Beschulungsmodelle im Ausland, welche innerhalb einer Schule Unterschiedliche Leistungsniveaus von SuS zu Klassen zusammenfassen.

Die nächste Stufe, das aktive Adaptionsmodell, kehrt diese Anpassung um (vgl. Schmidt-Borcharding, 2021, F. 30). Hier steht im Mittelpunkt, dass der Unterricht einer Leistungsheterogenen Klasse auch auf die verschiedenen Leistungsniveaus ausgerichtet sein muss. Dies ist ein Konzept, welches in Gesamt- beziehungsweise Oberschulen beobachtet werden kann. So kann zum Beispiel mit verschiedenen Aufgabenniveaus gearbeitet werden, welchen die Schüler zugeordnet sind. Auch eine Formulierung eines unterschiedlichen Lernziels ist möglich.

Schließlich ist die letzte Stufe des Modells nach Weinert das proaktive Adaptionsmodell, welches den Leitgedanken des aktiven Modells noch erweitert (vgl. Schmidt-Borcharding, 2021, F. 30). Diese Erweiterung kann sich darin niederschlagen, dass nicht nach Leistungsniveaus, sondern den Bedürfnissen einzelner SuS gearbeitet wird und er Unterricht diesen Bedürfnissen durch unterschiedliche Fördermethoden gerecht wird. Vermutlich sind aber verschiedene Faktoren entscheidend, um dieses Modell umsetzen zu können. Als eine Voraussetzung sehe ich beispielsweise die Lerngruppengröße an, da in kleineren Lerngruppen diesem Modell vermutlich deutlich besser Rechnung getragen werden kann.

 

 

Verwendete Literatur:

Langfeldt, H.-P. (2006). Psychologie für die Schule (1. Aufl.). Beltz, PVU.

Schmidt-Borcharding, F. (2021). RV11 Die kognitiven Dimensionen von Lernerfolg: Intelligenz vs. Vorwissen Präsentation im Rahmen der Ringvorlesung des Moduls BA-UM-HET im SoSe 2021. Universität Bremen.