1.Benennen Sie die für Sie zentralsten (mindestens zwei verschiedene) theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich als besonders prägnant mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret sowohl Bezug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächerbeziehen und b.) generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht. Bitte benennen Sie dabei konkret mindestens zwei relevante Literaturquellen an den entsprechenden Stellen in Ihren Ausführungen (Autor*innen, Jahr, Titel).

Viele Aspekte der Ringvorlesung, welche mir besonders wichtig erschienen stehen im Zusammenhang mit Sprachlichkeit. Sowohl die verschiedenen Formen der Sprachvarietäten in Mutter- und Fremdsprachen, als auch die Mehrsprachigkeit an sich sind Elemente die sich im Laufe der Vorlesung für mich und meine spätere Arbeit als relevant herausgestellt haben.

a) Auf meine Fachdidaktiken (Musik und Geschichte) bezogen mir zunächst deutlich geworden, dass die Beschäftigung mit Sprachvarietäten ebenso eine Rolle spielen sollte, wie im Fremdsprachen- oder Deutschunterricht. Gerade in der Geschichte ist es selbstverständlich notwendig, Textquellen auf diastratische, diatopische und vor Allem diachronische Varietäten (Roviro, 2021, Folie 3) hin zu untersuchen und Schüler*innen für deren Bedeutung und Auslegung zu sensibilisieren. Im Fach Musik wird hingegen oft viel spielerischer mit Sprachvarietäten umgegangen. Oft werden sie in bestimmten Stücken wie etwa Musicals charakteristisch herausgestellt und karikiert. Bei der Beschäftigung mit verschiedenen Musikrichtungen, wie etwa Hip Hop oder Punk spielt eine Sensibilisierung für die diastratische Variation der Sprache eine große Rolle, da insbesondere diese Richtungen bestimmten stark abgegrenzten gesellschaftlichen Schichten entspringen.

b) Allgemeiner gefasst sind für mich zunächst die begrifflichen Schwierigkeiten der Begriffe Heterogenität und Differenzierung hervorgetreten. Das Verständnis, dass diese Begriffe weniger als gegebener Zustand und vielmehr als Konstruktion der Lehrkraft zu verstehen sind (Rose, 2015, S. 192ff.), ist essentiell für den späteren „Umgang mit Heterogenität“. Insbesondere die bewusste Formulierung der impliziten Norm, von der aus differenziert werden soll, ist dabei ein wichtiger Aspekt, da diese oftmals mit einer unterbewussten Erwartungshaltung bezüglich der Schüler*innen zusammenhängt (Rose, 2015, S. 193-194).

2. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte, Lehrer*innenhandeln)), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen im Rückblick auf ihre eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Berichte aus der Praxis, ggf. auch schon eigene Praxiserfahrungen) den Schulalltag besonders stark – und warum? Hier können Sie aus Ihrer Sicht besonders gelungene oder auch weniger gelungene Beispiele geben. Inwiefern helfen Ihnen die Inhalte der Vorlesung, eine solche Einschätzung vorzunehmen? Nehmen Sie konkret Bezug auf entsprechende Begriffe, Theorien, Konzepte, die Sie jetzt kennengelernt haben mit Bezug zu Autor*innen, auf die sich die Referent*innen bei der Verwendung dieser Begriffe, Theorien, Konzepte in ihren Präsentationen bezogen haben.

Da ich selbst als Schüler aufgrund einer Sehbehinderung mit Integrationsstatus die Schule besuchte, halfen mir insbesondere die Konzepte des Vortrags von Frau Dr. Schwarzenberg, meine Schulzeit retrospektiv einzuordnen. Dabei sind sowohl Elemente des „individuellen Modells“, wie auch des „sozialen Modells“ von Behinderung deutlich in meiner Bildungsbiographie zu erkennen (Waldschmidt, 2005, S. 20). Viele Maßnahmen wurden durch meine Lehrer*innen ergriffen, welche eindeutig dem individuellen Modell der Behinderung zuzuordnen sind. Dazu gehörten vor Allem einzelne Fördermaßnahmen, wie die Beschaffung gesonderter Arbeitsmaterialien (Leselupe, Leselampe, Mikroskop mit Monitor für den Biologieunterricht). Zweifellos dienten sie dem Zweck, meine Leistung an die Norm der Gruppe der „Schüler*innen ohne Behinderung“ anzugleichen. Diese gesonderte Behandlung brachte daher auch eine gewisse Identitätsbildung als „Schüler mit Behinderung“. Diese Problematik wurde noch weiter durch Konflikte verstärkt, welche um bestimmte Maßnahmen des Nachteilsausgleichs festgelegt wurden. Insbesondere reagierten einige meiner Mitschüler*innen mit großem Unverständnis auf Zeitzugaben bei Schreiben von Klausuren und Abiturprüfungen.

Nichtsdestotrotz bemühte sich meine Schule jedoch auch Bildungsangebote zu machen, durch welche der Umgang mit den Bedürfnissen aller Mitglieder einer Klasse trainiert werden sollte. Diese Angebote, wie etwa das Projekt „Erlebnispädagogik“ passen zu großen Teilen zum sozialen Modell nach Waldschmidt (Waldschmidt, 2005, S. 15-16), da hier die gleichberechtigte Partizipation aller Gruppenmitglieder zur Lösung komplexer Gruppenprobleme hierbei im Mittelpunkt stand.

3. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium in Bezug auf das Modulthema UMHET? Welche haben Sie vermisst? Bitte begründen Sie Ihre Wahl.

Besonders im Gedächtnis ist mir der Vortrag von Herrn Schmidt-Borcharding im Gedächtnis geblieben. Die von ihm thematisierten Einflüsse von Intelligenz und Vorwissen auf den Lernerfolg halte ich insofern für relevant, als dass von vielen falsch priorisiert und ins Verhältnis gesetzt werden. Die Aufschlüsselung des abstrakten Faktors Intelligenz (Schmidt-Langfeldt, 2006, S. 32), den Lehrer*innen vermeintlich wenig beeinflussen können, ist daher ein Thema mit dem ich mich mehr auseinandersetzen möchte. Konkret würde ich mir wünschen mehr Modelle der Intelligenzforschung betrachten und in diesem Zusammenhang auch mehr über Konzepte zu lernen, welche sich in der Schulpraxis an verschieden ausgeprägten Intelligenzen und Vorwissensständen orientieren. Beispielsweise eine dürfte die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Spezialisierungsformen von Intelligenz (z.B. numerische, verbale, etc.) (Schmidt-Borcharding, 2021, Folie 16) im Hinblick auf verschiedene fachdidaktische Fragestellungen interessant sein.

Als zweites Thema möchte ich die Mehrsprachigkeit und sprachliche Heterogenität benennen. In Anbetracht eines sich steigernden Anteils an Schüler*innen deren L1 nicht Deutsch ist, ergibt es sich Sinn, Lernkonzepte zu entwickeln, welche die sprachliche Heterogenität in den Blick nehmen. Da insbesondere der Erwerb von Bildungssprachlichen Kompetenzen (Daase, 2021, Folie 19) in bestimmten Fächern einen erhöhten Lernaufwand für Schüler*innen mit der L2 Deutsch bedeutet (Daase, 2021, Folie 16), ergibt es Sinn, die Vermittlung dessen anzupassen. Des Weiteren müssen abseits der Fachdidaktiken auch die identitätsbildenden Einflüsse von Mehrsprachigkeit in der Schulpraxis Thema sein. Hierbei interessiert mich insbesondere, wie Lehrer*innen die Koexistenz von Sprachen (die sie im Zweifel nicht selbst sprechen) fördern oder auch beispielsweise bei Konflikten moderieren können.

 

Verwendete Literatur:

Daase, A. (2021). RV05 Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt schulischer Bildung in der gymnasialen Oberstufe. Präsentation im Rahmen der Ringvorlesung des Moduls BA-UM-HET im SoSe 2021. Universität Bremen.

Langfeldt, H.-P. (2006). Psychologie für die Schule (1. Aufl.). Beltz, PVU.

Rose, Nadine. 2015. „Differenzierung unter Schüler_innen im reformorientierten Sekundarschulunterricht – oder: warum wir vorwiegend ‚Leistung‘ beobachten, wenn wir nach ‚Differenz‘ fragen“. Zeitschrift für qualitative Forschung 16(2): 191–210.

Roviro, B (2021). RV06 Umgang mit Sprachvarietäten im (Fremd-)Sprachenunterricht: Welches Französisch oder Spanisch soll unterrichtet werden? Präsentation im Rahmen der Ringvorlesung des Moduls BA-UM-HET im SoSe 2021. Universität Bremen.

Schmidt-Borcharding, F. (2021). RV11 Die kognitiven Dimensionen von Lernerfolg: Intelligenz vs. Vorwissen Präsentation im Rahmen der Ringvorlesung des Moduls BA-UM-HET im SoSe 2021. Universität Bremen.

Waldschmidt, A. (2005). Disability Studies: individuelle, sozial und/oder kulturelles Modell von Behinderung? In: Psychologie und Gesellschaftskritik, 29 (1), S. 9-31.