Beitrag zur Vorlesung 7

Inklusion ist ein Thema, dass sowohl im allgemeinen wie auch im akademischen Diskurs stark umstritten ist. Vor allem steht die Frage offen, welche Form der Einbindung von SuS mit Förder- oder Betreuungsbedarf für die Kinder und ihre Mitschüler*innen das beste Modell darstellt. So wird von einigen zum Beispiel die „Full Inclusion“ gefordert. In diesem Konzept würden SuS mit einer Behinderung komplett in den Regelunterricht eingebunden und könnten die gleichen Abschlüsse erreichen wie alle anderen. Dafür wäre ein kompletter Schulsystemwechsel von Nöten, der Stellen für Betreuungskräfte und Sonderpädagogen schaffen würde, um allen SuS die Möglichkeit zu geben den Regelschulalltag mitzuerleben. Der Two-Track Approach ist ein weiteres Modell, das versucht alle SuS möglichst gleichberechtigt und entsprechend ihrer/seiner Bedürfnisse zu behandeln. Der Unterschied zur Full Inclusion besteht vor allem darin, dass eine Art zweigleisiges System darstellt. Einerseits sollen durch das Mainstreaming Ungleichheiten zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen in allen schulischen Bereichen abgeschafft werden, andererseits sollen SuS mit einer Behinderung durch spezifische Projekte befähigt werden, volle Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Beide „tracks“ haben das Ziel, gleiche Rechte und Möglichkeiten für alle SuS und die Befähigung zur Teilhabe aller zu schaffen.

Die Umsetzung beider Ansätze würde, besonders vor dem Hintergrund der 16 verschiedenen Bildungspolitiken in Deutschland, ein Mammutprojekt und eine gewaltige Umwälzung bedeuten. Leider verhält es sich mit der Bildungspolitik wie in vielen anderen Lebensbereichen. Zwar gibt es ein Idealbild, auf das sich die meisten in abweichenden Formen einigen können, allerdings reichen die finanziellen Mittel nicht aus (oder werden nicht bereitgestellt) um dieses auch zu verwirklichen. Ein perfektes Beispiel ist Bremen: Der Plan, alle SuS in einer gemeinsamen Schule zu unterrichten und den Klassen zusätzlich zur Lehrkraft Betreuungskräfte zuzuteilen ist zunächst einmal großartig. Leider gibt es nicht genug entsprechend ausgebildete Personen, die diese Aufgaben wahrnehmen können. Ich persönlich denke, dass man das Projekt der Inklusion nicht aus reinem Aktionismus so schnell wie möglich durchboxen sollte. Ich denke eine schrittweise und planmäßige Einführung eines solchen Schulsystems ist eine sinnvolle Variante dessen was aktuell diskutiert wird.

Eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika könnte darin bestehen, dass ich mir genau anschaue, welche Änderungen es im Bremer Schulsystem gegeben hat und pro Änderung bestimmte Indikatoren herausarbeite, die mir zeigen könnten, welche Wirkung sie gehabt oder auch nicht gehabt hat.

Beitrag zu Vorlesung 6

Besonders im konfessions- und religionsübergreifenden Religionsunterricht ist es wichtig bestimmte Aspekte zu beachten. Hier spielt das Konzept der Begegnungspädagogik eine Rolle. Die Lehrkraft versucht, SuS mit verschiedenen religiösen und kulturellen Hintergründen, zum Austausch in Bezug auf ihren Glauben zu bringen. Hierbei ist besonders zu beachten, dass SuS dabei nicht in Kategorien gedrängt werden, da durch die möglicherweise stark ausgeprägte religiöse Heterogenität in einer Klasse Generalisierungen teils schwer zu vermeiden sind. Beispielsweise kann eine Klasse aus 5 Christ*innen, 5 Muslim*as und 10 nicht-religiösen SuS bestehen. Würde man hier nur auf die Religionen eingehen, würden die unterschiedlichen Konfessionen innerhalb dieser Religionsgruppen unbeachtet bleiben. Außerdem würden individuelle Unterschiede im persönlichen Glauben ausgeklammert werden. Wichtig ist also, die religiöse und konfessionelle Diversität in der Klasse zu erkennen, aber gleichzeitig in der Begegnungspädagogik nicht zu kategorisieren, bzw. in Schubladendenken zu verfallen oder dieses gar an die SuS zu vermitteln.

Denke ich an meinen eigenen Religionsunterricht zurück, stelle ich fest, dass extrem zwischen religiösen Gruppen unterschieden wurde. Es gab konfessionellen Unterricht, was in der Praxis bedeutete, dass SuS entsprechend ihrer Konfessionszugehörigkeit in Kurse eingeteilt wurde. Der Regelunterricht bestand aus evangelischer Religionslehre, zusätzlich gab es katholischen Religionsunterricht und den Kurs „Werte und Normen“ (Ethik). Hier wurde man also schon durch die bestehende Struktur in Kategorien eingeteilt, ein Austausch konnte schlicht nicht stattfinden. Entsprechend ist es auch schwierig hier von tatsächlicher Begegnungspädagogik zu sprechen. Hinzu kam, dass weder der Ethik- noch der katholische Religionsunterricht jemals stattfanden, weil entsprechende Lehrkräfte fehlten. Ich möchte nicht leugnen, dass ich auch oder besonders aus diesem Grund immer den katholischen Unterricht gewählt und bis zur Oberstufe entsprechend keinen Religionsunterricht besucht habe. In der Oberstufe war ich schließlich im Religions-Leistungskurs. Dieser wurde ökumenisch unterrichtet und stellt für mich nach wie vor ein Musterbeispiel für gelungene Religionspädagogik dar. Hier wurde vollkommen neutral auf alle Weltreligionen und wichtige Untergruppierungen eingegangen. Dies hat meiner Meinung nach stark geholfen den institutionellen Charakter von Religion zu verringern und uns als SuS die Möglichkeit gegeben entweder einen individuellen Glauben zu entwickeln oder aber Religion oder Glaube an eine höhere Macht generell abzulehnen. Es wurde also Hintergrundwissen zu Religionen vermittelt, ohne dass Religionszugehörigkeiten von SuS überhaupt Thema waren. Auf diese Weise wurde umgangen SuS zu kategorisieren. Niemand musste sich wegen seines oder ihres Glaubes rechtfertigen, gleichzeitig lernte man aber mehr über religiöse Ansichten der anderen SuS der Klasse und der Weltbevölkerung im Allgemeinen.

In kommenden Praktika möchte ich speziell darauf schauen, wie religiöse Unterschiede von SuS wahrgenommen oder angesprochen werden, wenn ich als Lehrkraft diese gar nicht zum Thema mache, sondern lediglich neutral über verschiedene Religionen spreche. Auf diese Weise kann dann jeder Schüler/ jede Schülerin, die/der gerne über eigene Erfahrungen oder Ansichten sprechen möchte, einen Beitrag leisten.